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Cheryl Strayed, Der große Trip - Tausend Meilen durch die Wildnis zu mir selbst
(Kailash Verlag, Februar 2013)
448 Seiten, € 19.99 (Hardcover)
ISBN 3-424-63024-1
Originaltitel: "Wild"
Inhaltsangabe (von http://www.randomhouse.de
»Die Frau mit dem Loch im Herzen, das war ich.« Gerade 26 geworden, hat Cheryl Strayed das Gefühl, alles verloren zu haben. Mit Drogen und Männern tröstet sie sich über den Tod ihrer Mutter und das Scheitern ihrer Ehe hinweg. Als ihr ein Outdoor-Führer über den Pacific Crest Trail in die Hände fällt, trifft sie die folgenreichste Entscheidung ihres Lebens: mehr als tausend Meilen zu wandern, durch die Wüsten Kaliforniens, über die eisigen Höhen der Sierra Nevada, durch die Wälder Oregons bis zur »Brücke der Götter« im Bundesstaat Washington – allein, ohne Erfahrungen und mit einem Rucksack auf dem Rücken, den sie »Monster« nennt.
Klapperschlangen und Schwarzbären, Hitze und Strapazen, Abenteurer und Einsamkeit sind Cheryl Strayeds Begleiter auf dieser Reise, die sie fast umbringt, stärkt und schließlich heilt. Das atemberaubende Abenteuer einer Selbstfindung – voller Witz, Wahrhaftigkeit und Intensität, mit einer respektlosen Heldin, die man lieben muss.
Meine Meinung:
Cheryl Strayeds Mutter, stirbt, gerade einmal 45 Jahre alt, an Krebs. Dieses traumatische Erlebnis wirft die Autorin mit Anfang zwanzig komplett aus der Bahn, lässt sie ihre Ehe ruinieren, zu Drogen greifen und ihr vormals einigermaßen geordnetes Leben über den Haufen werfen.
Zwei, drei Jahre später fällt ihr bei einem Einkauf zufällig ein Reiseführer, der den ersten Teil des Pacific Crest Trails (PCT) beleuchtet, in die Hand. Sie stellt das Buch zwar wieder zurück, doch irgendwie ist ihr Interesse geweckt und so kehrt sie einige Zeit später wieder in den Laden zurück und kauft es. Und so kommt es, dass in ihre die Idee wächst, einen Teil des Trails tatsächlich zu "erwandern"... Im Grunde ahnt man auch als Nicht-Hiker, dass ihre Vorbereitungen für ihr Vorhaben manchmal etwas "ungeübt" sind, dennoch ist es sehr spannend zu lesen, denn man beginnt mit der Lektüre auch fast gleich mit ihren ersten Kilometern auf dem PCT. In Rückblenden und mit ihren Überlegungen während des Wanderns erfährt man immer mehr über ihre Beweggründe dafür und über ihre Familie, ihre Freunde und wie es überhaupt so weit mit ihr bergab gehen konnte.
Cheryl kellnert also noch einige Zeit in Minnesota, deckt sich dann von ihrem Gehalt mit den nötigen Utensilien für ihre Tour ein und packt Versorgungspakete mit Nahrung und sonstigen wichtigen Dingen für die einzelnen Versorgungssationen auf dem PCT. Dabei lässt sie sich zwar in Outdoor-Geschäften beraten und nimmt sich auch viele Tipps von den Autoren des Reiseführers zu Herzen, doch das ein oder andere Grinsen bleibt einem bei der Lektüre nicht erspart: spätestens, als sie nach ihrer letzten Übernachtung in einem Motel nahe ihres Trailstarts morgens den Rucksack packt und schultern möchte, musste ich sogar lachen! Das Teil wiegt halb so viel wie Cheryl selbst und sie muss sich auf den Boden vor das "Monster" setzen, um es überhaupt nach oben stemmen zu können... Doch Cheryl steckt nicht auf, auch nicht, als sie merkt, dass die von ihr berechneten Etappen zu Beginn illusorisch sind: sie ist froh, wenn sie am Tag knapp 10 Kilometer bewältigt.
Bemerkenswert ist jedoch ihr Wille, den Trail in Angriff zu nehmen, sich ihm für hunderte von Meilen stellen zu wollen und dies dazu noch komplett alleine! Der Pacific Crest Trail ist 2663 Meilen (= 4286 Kilometer) lang und verläuft von der US-Grenze zu Mexiko bis zur Grenze zu Kanada durch die Bundesstaaten Kalifornien, Oregon und Washington. Er gehört zudem zu den National Scenic Trails der USA, den Fernwanderwegen mit ausgesprochen herausragenden landschaftlichen Reiz, den jährlich allerdings nur 200 bis 300 Menschen in Angriff nehmen. Doch das ist noch nicht alles: der Trail führt durch völlig unterschiedliche Landschaften; durch Wüste, Nationalparks, Indianerreservate, Bergregionen und entlang von Höhenzügen vulkanischen Ursprungs wie beispielsweise am Mount St. Helens vorbei, einem aktiven Vulkan, der 1980 einen schweren Ausbruch erlebte. Besonders prekär ist die Strecke durch die Sierra Nevada, ein Hochgebirge, dass auch im Sommer durchaus schneebedeckt ist. Cheryl Strayed beginnt mit dem Trail in Südkalifornien und hat vor, ihn bis zur Grenze zwischen Oregon und Washington zu gehen. Dabei trifft sie auf verschiedene Menschen, die den Trail ebenfalls entlang wandern, ebenso wie beispielsweise auf Ed, einen Trail Angel, der am PCT campiert und die Hiker kostenlos mit gutem Essen versorgt, oder aber die wenigen ortsansässige Menschen, die fast ausnahmslos sehr hilfsbereit sind. Aber sie begegnet auch wilden Tieren und sieht atemberaubende Landschaften, wie beispielsweise den Crater Lake, mit 655 Metern der tiefste See der gesamten USA.
Doch den größten Teil der Beschreibungen nimmt ihre eigene Gefühlswelt ein. Wenn ich zu Beginn noch öfter den Kopf über ihre männerfixierte, oft unüberlegte, vielleicht schon selbstzerstörerische Art geschüttelt habe, so ist ein Denkprozess von Anfang an eindeutig zu erkennen. Auf den Trail kämpft Cheryl zu Beginn mit den alltäglichen Problemen der Fernwanderer, große wie kleine Problemen wie wundgescheuerte Hüften durch den Rucksack, Blasen an den Füssen und das Pumpen von Wasser aus irgendwelchen Teichen, doch dann beginnt sie irgendwann, ihre Erlebnisse hervorzukramen, ihr Leben zu analysieren und Schlüsse daraus zu ziehen. Die Frau, die viele Gefühle zu betäuben versucht hat, beginnt eine Aufarbeitung und eine Selbstreflexion, die zwar keine Sensation ist, aber dennoch bemerkenswert. Denn erst nach und nach wird deutlich, wie sehr sie die eigenen Erfahrungen mitgenommen haben.
Fazit: Ein sehr kurzweiliges Buch - keine hohe Literatur und sicherlich auch nicht für Wanderfreaks, denen es um die Schilderungen des PCT geht -, das mich wirklich gut unterhalten hat! Auch wenn ich an der ein oder anderen Stelle kichern musste, so habe ich doch einen Heidenrespekt vor der Leistung der Autorin und ihrer Art der Problemlösung oder ihres eigenen "Ich bin dann mal weg"-Versuchs.