Helmut Schmidt - der am meisten überschätzte Altkanzler?

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  • Guten Morgen allerseits,


    ich habe bei Perlentaucher einen Hinweis auf Helmut Schmidts neuestes Buch "Ein letzter Besuch" gefunden und der Artikel, auf den verwiesen wird, stimmt sehr nachdenklich:


    Zitat

    Überalterung »Muss man also darüber nachdenken, Menschen zu töten?«, fragt Schmidt im Laufe des Gesprächs über den bevorstehenden Kollaps der Rentenversicherungen durch zunehmende Überalterung. Lee entgegnet: »Natürlich nicht!« Doch Schmidt denkt schon laut weiter: »In Deutschland leiden heute schon 1,5 Millionen Menschen an schwerer Demenz. Wie viele Demenzkranke haben Sie hier?«


    Helmut Schmidt – ganz unbelastet


    Liebe Grüße
    nimue

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Hallo zusammen,


    erstmal vielen Dank @Nimue für den Link zu Helmut Schmidt.


    Die Autorin hat recht. Schmidt ist ein kühler Verstandesmensch, was für einen Bundeskanzler aber m.E. eine begrüßenswerte Eigenschaft ist. Und er scheute sich nie unangenehme Fragen zu stellen. Ihm aufgrund einiger aus dem Zusammenhang gerissener Zitate jede Empathie abzusprechen oder ihn als unmenschlichen Greis erscheinen zu lassen, das halte ich für ein wenig abenteuerlich.


    "Der Altbundeskanzler präsentiert sich als kühler Kopf ohne jede Empathie", schreibt Sabine Pamperrien. Aha. Wie das? Wenn er etwas so Monströses gesagt hätte a la "Um die Sozialkassen zu entlassen muss man über Sterbehilfe nachdenken" könnte ich die Empörung verstehen. Hat er aber nicht. Und doch, Schmidt hat Empathie. Er hat sich zur Zeit der Flutkatastrophe in Hamburg über alle bürokratischen Hürden hinweggesetzt, um den Menschen schnell zu helfen. Um nur ein Beispiel zu nennen.


    "Zu hoffen ist allerdings, dass seine Anhänger endlich merken, dass ihrem Idol Entscheidendes fehlt." Ja hier fehlt tatsächlich was, aber nicht dem Idol, sondern bei der Qualität dieses Artikels. Was mir daran nicht zusagt sind nicht Schmidts aufgedeckte Defizite, sondern die in meinen Augen schlampige bzw. völlig fehlende Recherche. Wenn denn so eine seltsame Aussage tatsächlich im Raum steht, die die Autorin so bewegt, dann erwarte ich von einer sorgfältig recherchierenden Journalistin, dass sie nachhakt, bevor sie die Keule schwingt. Wieso hat sie denn nicht das Büro von Schmidt um eine Stellungnahme gebeten? Oder den Verlag? War wohl zu aufwendig. War wohl einfacher anhand der Buchzusammenfassung und ein paar Infos, an die man sich sonst noch so erinnerte, diesen Artikel mal schnell herunterzuklöppeln.


    Vg Helmut

  • In welchem größeren Zusammenhang steht die Aussage? Schmidt provoziert übrigens gerne mal und eigentlich weiß man das auch in Journalisten Kreisen. Ich habe ihn schon öfter in diversen Sendungen gesehen und fand das er schon sehr durchdachte Aussagen trifft, aber eben auch gerne provokant antwortet.

  • Ich finde den Artikel ehrlich gesagt etwas zu kurz 8|
    Ich kann verstehen, wenn Schmidt nicht jedermanns Lieblings ist, aber wenn man jemandem Anhand eines Zitats die Empathie(fähigkeit) absprechen will, sollte man etwas mehr bringen als die paar Absätze. Es werden

    Zitat

    Schmidts in Singapur geäußerten Vorstellungen zur Entlastung der Sozialsysteme


    angesprochen, aber im Endeffekt nicht dargelegt - was ich nach diesem Satz aber erwartet hätte. Im Endeffekt hat dieser Artikel wenig bis null Gehalt (was nicht heißt, dass man Schmidt nicht kritisch gegenüber sein kann. Ich finde die religionsartige Verehrung seiner Person auch fragwürdig, aber man sollte etwas mehr bringen als 317 Worte!




    Und doch, Schmidt hat Empathie. Er hat sich zur Zeit der Flutkatastrophe in Hamburg über alle bürokratischen Hürden hinweggesetzt, um den Menschen schnell zu helfen. Um nur ein Beispiel zu nennen.


    Danke, daran hätte ich auch erinnert.


  • Im Endeffekt hat dieser Artikel wenig bis null Gehalt (was nicht heißt, dass man Schmidt nicht kritisch gegenüber sein kann. Ich finde die religionsartige Verehrung seiner Person auch fragwürdig, aber man sollte etwas mehr bringen als 317 Worte!


    Du hast recht. Dieser Artikel ist zu Buchstaben gewordene heiße Luft. Religionsartige Verehrung ist natürlich völlig indiskutabel. Ich empfinde großen Respekt vor ihm, weil er Integrität ausstrahlt und etwas Staatsmännisches hat, auch wenn man nicht mit jeder seiner Aussagen übereinstimmen muss. Beides fehlt mir bei vielen Leichtmatrosen, die momentan in Berlin herumspringen. Und auf die Frage "Welchem Politiker würden Sie einen Gebrauchtwagen abkaufen" steht er ganz oben auf meiner Liste.


    VG Helmut

  • "Kühler Kopf ohne Empathie". So verkehrt finde ich diese Beobachtung gar nicht. Nur habe ich meine Zweifel, dass sie bei der Beurteilung des Politikers Schmidt weiterhilft. Schmidt hat bis heute seine festen politischen Überzeugungen, und natürlich hat er dabei das Gemeinwohl immer im Kopf. Das zeigen beispielsweise seine Aussagen zu Europa (die man inhaltlich nicht teilen muss). Ob mit oder ohne Empathie spielt doch gar keine Rolle.


    Gruß, Thomas

    Einmal editiert, zuletzt von Klassikfreund ()