Ulrike Edschmid - Das Verschwinden des Philip S.

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    Inhalt
    Im Mai 1975 stirbt Philip S. beim Schusswechsel mit der Polizei auf einem Kölner Parkplatz. Fast vierzig Jahre später geht eine Frau auf die Suche nach den wenigen Spuren, die er hinterlassen hat, und kehrt zurück in die dramatischste Phase ihres Lebens....


    Bis jetzt
    Ulrike Edschmid erzählt, wie Philip und sie sich kennengelernt haben. Schon habe ich mich gewundert: ein wildfremder Mann bietet dir Hilfe beim Umzug an und zieht direkt bei dir ein? Vielleicht bin ich nicht romantisch genug, aber gerade mit einem kleinen Sohn würde ich das bestimmt nicht machen.


    Ich bin froh, dass das Buch mit gerade mal 160 Seiten sehr dünn ist. Sonst wüsste ich nicht, ob ich es zu ende lesen würde. Ich kann mit Edschmids nichts anfangen. Sie erzählt sehr emotionslos, was ich vielleicht noch damit erklären kann, dass die Geschichte vor vierzig Jahren passiert ist. Was mich wirklich stört sind Sätze wie "Nach seinem Tod wird man ... anders über ihn sprechen" :rollen: Warum kann sie nicht einfach ihre Geschichte in der richtigen zeitlichen Abfolge erzählen?


    Auf der anderen Seite hat der Roman auch etwas, was mich berührt. Ulrike Edschmid klingt traurig, was bei den Ereignissen kein Wunder ist. Aber auch wehmütig, als ob diese Zeit trotz allem die Beste ihres Lebens gewesen ist.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Ich habe mich schlau gemacht, wer dieser Philip S. überhaupt war. Die Autorin hat immer wieder Andeutungen gemacht, die mich neugierig gemacht haben. Bei Wikipedia habe ich dann das hier gefunden. Kein Wunder, dass er in seiner Familie totgeschwiegen wurde. Das passt nun wirklich nicht in die Glitzerwelt des Motorsports. Auf der anderen Seite reden wahrscheinlich auch normale Menschen nicht über den Terroristen in der Familie.


    Philips Werdegang finde ich interessant. Beinahe beiläufig rutscht er in die Terrorszene ab. Aber er entscheidet sich bewusst dafür, diesen Weg zu gehen und alle Brücken hinter sich abzubrechen. Schritt für Schritt vernichtet er alles, was an sein altes Leben erinnert. Auch seine Beziehung zu Ulrike und ihrem Sohn beendet er. Aber eigentlich war sie schon vorbei, als die beiden in Untersuchungshaft waren. Philip hat sich immer mit Ulrike an seiner Seite gesehen, sie sich dagegen mit ihrem Sohn. Auch ihre Einstellungen haben sich geändert. Wahrscheinlich wäre die Beziehung ohnehin zerbrochen denn ich glaube nicht, dass Ulrike als Mutter ihrem Freund in den Untergrund gefolgt wäre.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Das Verschwinden des Philip S. zeigt, wie einfach aus einem "normalen" Menschen ein Terrorist werden kann. Philip war schon, bevor er nach Berlin kam, nicht glücklich in seinem Leben. Die Umstände der späten 60er und frühen 70er Jahre haben dieses Gefühl noch verstärkt und ihn nach einem Ausweg suchen lassen. Dass er den Weg der Gewalt eingeschlagen hat, musste nichts zwangsläufig sein, aber für ihn war es der logische Schritt.


    Leider habe ich Philip S. nicht wirklich kennengelernt. Ulrike Edschmid erzählt über ihn, aber nur wenig von ihm. Ich habe nur sehr wenig über seine Gedanken oder Träume erfahren. Deshalb konnte ich mit seiner Entwicklung vom Studenten zum Terroristen nur wenig anfangen. Die Zeit, in der sich die Geschichte abgespielt hat, ist sehr interessant. Auf der Suche nach der Identität von Philip S. habe ich festgestellt, wie wenig ich darüber weiß und für mich beschlossen, dass ich mehr darüber erfahren möchte.
    4ratten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Das erinnert mich an Buch von Alois Prinz, "Lieber wütend als Traurig". Da geht es um die Geschichte der Ulrike Meinhof und ich empfand genau das selbe wie Du. Da wurde aus einem "normalen" sogar pazifistischen Mensch ein Terrorist. Das war ziemlich erschütternd, aber auch sehr interessant.


    Hier gab es dann auch einige interessante Diskussionen dazu. :winken: