Antje Herden: Ich könnte heulen – Lesen an "schwierigen" Schulen

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  • Das kommt mir alles so bekannt vor :sauer: In unserem KiGa gibt es immer wieder Lesetage, an denen Eltern zum Vorlesen kommen. Die Kinder freuen sich immer unheimlich darauf. Mein Mann hat schon mitgemacht und damals auch erzählt, dass die Kinder ihm wie gebannt zugehört hatten. Ähnliches habe ich auch schon erlebt, wenn meine Tochter beim Abholen unbedingt noch eine Geschichte hören wollte. Die Kinder, die sich dann zu uns gesetzt hatten, waren meistens diejenigen, von deren Eltern ich nicht den Eindruck habe, dass sie vorlesen (sorry).


    Vieles aus den Kommentaren habe ich auch schon bei uns im KiGa gesehen und erlebt. Ich frage mich dann immer, warum jemand ein Kind haben will, wenn es ihm offensichtlich zu viel ist, sich um sein Kind zu kümmern. Lange Zeit habe ich gedacht, dass ich das zu extrem sehe, aber dann habe ich mich mit einer Freundin unterhalten, die Lehrerin an einer Grundschule ist und festgestellt, dass das leider die Realität ist. Dabei finde ich nicht einmal, dass unser KiGa in einem Problemgebiet ist. Wie sieht es dann erst dort aus?

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Ja, ich könnte auch heulen. So schade, was für Chancen da verschenkt werden, bloß weil Eltern sich nicht richtig kümmern :sauer:


    Mir tun die Kinder unglaublich leid, denen so viel von der Welt verschlossen bleibt, einfach weil es ihnen keiner je gezeigt hat. Dabei braucht es doch gar nicht viel - ein Buch reicht, oder einfach ein bisschen Zeit und Zuwendung.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Ich lese meinen Kindern jeden Abend, ohne Ausnahme, was vor. Und wenn ich sehe wie die sich jeden Abend darauf freuen. Das ist so schön und wir alle wollen das nicht mehr missen. Schade das es in vielen Familien so schwierig ist.

    Lesen ist die schönste Brücke zu meinen Wunschträumen.

  • Ich finde so was ganz schlimm, aber leider gibt es immer mehr Eltern die komplett überfordert sind oder sich auch gar keine Mühe machen mit dem Nachwuchs.


    Zu dem Thema passt auch leider eine Umfrage über die ich letztens was gelesen habe: Warum immer mehr Menschen keine Kinder wollen


    65 Prozent der Eltern geben an, dass Kinder nicht mehr Lebensfreude bringen. Der Satz hat mich schon sehr schockiert. Kinder sollen nicht mehr Lebensfreude bringen? Ich frage mich immer öfter warum manche Menschen überhaupt Kinder bekommen :rollen:


    Mein Neffe geht jetzt in die erste Klasse Volksschule, eigentlich sollten sie nur sieben Buben sein. Bei Schulbeginn haben sie dann erfahren dass sie doch zu acht sind. Ein Bursch ist sitzen geblieben und muss die Klasse wiederholen! Und das in der ersten Klasse Volksschule. Wie kann so was sein? Beschäftigen sich die Eltern wirklich so wenig mit den Kindern, dass sie schon in der ersten Klasse solche Defizite haben dass sie nicht mal die Klasse schaffen? Was soll aus diesen Kindern später mal werden?


    Ich sehe das Problem auch in unserer Gesellschaft, die Menschen sind vor allem in den westlichen Ländern egoistischer geworden. Niemand will verzichten, jeder will sich selbst verwirklichen und nicht zurück stecken, aber das geht mit einem Kind nun mal nicht.


    Aber man muss auch sagen, dass es heutzutage nicht einfach ist. Die Mieten sind eine Frechheit und die Wohnungen nur mehr auf Singles und kleine Familien ausgelegt. Schon mit zwei Kindern hat man ein Problem bei der Suche nach einer Wohnung, mit drei ist es schon fast eine Kunst was gescheites zu finden.
    In meiner Ortschaft wird derzeit eine Wohnanlage mit 116 Wohnungen gebaut. Nur eine einzige Wohnung mit Garten hat vier Zimmer! Wir sind eine Gesellschaft die darauf zusteuert nur mehr ein Kind zu haben, ein zweites ist schon Luxus, mit mehr Kindern wird man schon schief angeschaut. Dann will man den Kindern auch was bieten, dann haben wir schon das finanzielle Problem im Hinterkopf.


    Das alles sind natürlich nur Nebenerscheinungen, aber sie zeigen deutlich dass Kinder offenbar mehr als Belastung angesehen werden und nicht als Bereicherung des eigenen Lebens. Ich finde das sehr traurig.


    Meinem Sohn wird sicher mal vorgelesen werden, ich habe sogar jetzt schon einige Bücher zu Hause, die dafür geeignet sind. Aber leider sehen manche Eltern wirklich nicht mehr das Glück dass die kleinen bedeuten.


    Katrin


  • Mir tun die Kinder unglaublich leid, denen so viel von der Welt verschlossen bleibt, einfach weil es ihnen keiner je gezeigt hat. Dabei braucht es doch gar nicht viel - ein Buch reicht, oder einfach ein bisschen Zeit und Zuwendung.


    Dem kann ich nur zustimmen. Und ich mag Kinder noch nicht einmal besonders. Aber ich denke auch viel darüber nach, denn manchmal sehe ich Kinder, die ich total süss finde. Wie das? Die Kinder, die ich auch nicht mag, sind meistens auch die Vernachlässigten. Bei uns in der Siedlung gibt es da diese 3-4 Jungs, die praktisch draussen auf dem Parkplatz aufwachsen. Immer sind sie da, den ganzen Tag, auch am Abend, egal bei welchem Wetter. Sie schreien und streiten und weinen. Es ist lärmig und anstrengend, wenn man seine Ruhe möchte, aber ebenso ist es traurig. Das Schlimmste ist dabei nicht einmal, dass sie da spielen, Platz gibt es und Autos nur wenige. Aber die Mutter steht daneben und guckt zu und sagt nichts. Man stelle sich das vor! Es gibt dutzende von Parks, Spielplätzen und anderen Zielen bei uns in der Nähe, die kostenlos und sogar zu Fuss leicht zu erreichen sind. Man könnte die Kinder nehmen und mit ihnen an einen solchen Ort gehen, wo sie auf andere Kinder treffen und unter die Leute kommen und ein tolles Erlebnis haben. Meine Eltern haben das mit uns gemacht, fast jedes Wochenende. Und dann gibt es Eltern, die es einfach nicht zu kümmern scheint. Ich habe zwar keine Kinder und daher vielleicht nicht viel Ahnung, aber was ist daran so schwierig, in einen für Kinder gedachten Erlebnispark zu gehen?


    Was in dem Artikel beschrieben wird, scheint in vielen Schulen mehr oder weniger Alltag zu sein, bereits bei mir gab es solche Tendenzen (ich bin 24, das war also so vor 10-15 Jahren). Und mein Ex ist ja Lehrer für 9 - 12-jährige. Was der teilweise erzählt hat... Ich bin erstaunt, dass überhaupt noch jemand Lehrer sein möchte. Da gab es z.B. die Aufgabe, eine Geschichte über ihr Zuhause zu schreiben und einen Jungen, der davon geschrieben hat, dass er alleine zuhause ist und Angst hat, dass ein Killer draussen umherschleicht. Ein 9-jähriger Junge. Wie kommt denn sowas? Man kann jetzt natürlich sagen, der hat zu viele Horrorfilme gesehen. Aber wie kommt es, dass ein so junges Kind solche Filme überhaupt sehen kann? Das ist echt schlimm, einigen Kindern geht es wirklich schlecht und das nicht, weil sie in einem armen Land leben. Sondern weil sie ein kaputtes Zuhause haben.


    Ich weiss auch nicht, ob die Lehrer Freude an ihrem Job haben. Ich kenne nur eine, die unterrichtet Teenager (etwa 12-16), die erzählt immer wie toll ihre Arbeit ist. Aber viele beklagen sich darüber, wie schwierig die Schüler sind und wie mühsam ihr Job.

  • In den "besseren" Wohngegenden sind dann die Eltern die Anstrengenden für die Lehrer, da ihr Kind ja unbedingt aufs Gymnasium muss.


    Gruß, Thomas


  • Ich sehe das Problem auch in unserer Gesellschaft, die Menschen sind vor allem in den westlichen Ländern egoistischer geworden. Niemand will verzichten, jeder will sich selbst verwirklichen und nicht zurück stecken, aber das geht mit einem Kind nun mal nicht.


    Ich finde das Problem liegt vor allem darin, dass solche Menschen dann keine Kinder bekommen sollten.
    Wenn ich genau weiß, dass ich Karriere machen möchte, passt dort aller Wahrscheinlichkeit nach kein Kind rein. Wenn man dann doch schwanger wird, muss man sich um das Kind kümmern. Punkt.
    Ich habe keine Kinder und weiß mit meinen 24 Jahren auch noch nicht, ob ich jemals welche haben werde, aber wenn es so sein sollte, dann wird es wohl solange keine große Karriere geben, solange ein oder mehrere Kinder da sind.
    Ich habe aber auch schon andere Beispiele gesehen: Kinder, die aus Großfamilien kommen, Kinder mit Eltern, die einen Migrationshintergrund haben. Gerade bei der letzteren Gruppe ist es so, dass den Kinder viel zu früh zu viel Verantwortung aufgedrückt wird, z. B. dadurch dass sie alles für ihre Eltern übersetzen müssen, weil diese kein deutsch sprechen.
    Dann können die Eltern sich beispielsweise nicht richtig kümmern, weil sie nicht wissen, was in der Schule gemacht wird, Vorlesen geht auch nicht auf deutsch, sie können die Sprache ja nicht.
    Ich will keine Eltern in Schutz nehmen damit, keinesfalls, ich wollte den Aspekt nur ansprechen.

  • Ich finde das auch traurig, wenn für Kinder viele Perspektiven, Möglichkeiten etc. zur eigenen Persönlichkeitsentfaltung verschlossen bleiben. Gleichzeitig bin ich aber dagegen, dass man pauschaliert die Eltern verurteilt. Schließlich wissen wir nicht, was tatsächlich in diesen Familien passiert/passiert ist. Ich glaube, dass auch auf Seite der Eltern viel Leid, Hilflosigkeit und vielleicht auch sehr viel Scham herrschen kann. Genauso Unwissenheit darüber, wie eine "erfolgreiche" Erziehung aussehen kann, oder wie ich mit Schwierigkeiten in der Erziehung umgehen kann.
    Natürlich gibt es Angebote an Eltern, diese werden aber meistens eher von denjenigen Eltern in Anspruch genommen, die ohnehin über einen höheren sozioökonomischen Status verfügen. Das ist meiner Ansicht nicht unbedingt nur die Holschuld der Eltern, sondern genauso die Bringschuld der Angebote und Programme, die vielleicht wichtige Zielgruppen nicht in umfassenden Maß ansprechen.


    Aus persönlicher Erfahrung kann ich auch sagen, wie extrem zum Teil Organisationen versagen, die sich eigentlich für Kinder einsetzen sollten. Natürlich sind auch hier - meistens - nicht einzelne Mitarbeiter Schuld, sondern ein ganzes System. In meinem Fall war es das Jugendamt und ein Bezirksgericht, das sich nicht für sondern gegen meine Familie eingesetzt hat, über Details möchte ich in diesem Rahmen aber nicht sprechen.


    Natürlich möchte ich den Eltern nicht die extrem hohe Verantwortung zur Erziehung eines Kindes absprechen, den die hat man als Elternteil und darüber sollte man sich bewusst sein. Aber gleichzeitig möchte ich auch unsere Gesellschaft miteinbeziehen. Fehlende Angebote, Kürzungen im Bildungssektor und schlecht ausgebildete Lehrer tragen genauso dazu bei, dass wir unseren Kindern nicht das bieten, was wir sollten.
    Aber es bringt keinem was, die Schuld immer auf andere zu schieben. Viel mehr sollte man sich überlegen, was in der Macht jedes Einzelnen steht, etwas beitragen zu können. Sei es die politische Partei, die ich wähle, den Verein, den ich unterstütze oder einfach, wie ich mein eigenes Kind erziehe.


    Natürlich kann man sich auch Gedanken machen, über Dinge, die man vielleicht nicht unmittelbar ändern kann, ich persönlich finde es aber immer viel erleichternder und positiver, sich Gedanken darüber zu machen, was man tatsächlich ändern kann. In diesem Sinne komme ich auch auf den Artikel zurück, wo die Autorin meiner Meinung nach genau den richtigen Weg geht. Das ist ihre Gelegenheit, etwas beizutragen, und die nutzt sie.

    “Grown-ups don't look like grown-ups on the inside either. Outside, they're big and thoughtless and they always know what they're doing. Inside, they look just like they always have. Like they did when they were your age. Truth is, there aren't any grown-ups. Not one, in the whole wide world.” N.G.

  • @tari: in vielen stimme ich dir zu, aber ich muss auch sagen, dass die Eltern sehr wohl die alleinige Verantwortung haben ihr Kind zu erziehen. Meine beiden Schwestern sind Lehrer, was die oft erzählen ist ein Wahnsinn. Dann habe ich noch Freunde die in Volksschulen unterrichten und im Kindergarten arbeiten.


    Dort sind Kinder teils unfähig mit Messer und Gabel zu essen, kennen kein Bitte und kein Danke, sind frech, schlagen gleich zu wenn ihnen was nicht passt. Da es ist es dann leicht gesagt dass die Schule und der Kindergarten auch einen Beitrag leisten sollen zur Erziehung. Die haben meist nicht mal das Personal um die Mindestanforderung zu erfüllen. Die haben keine Zeit den Kindern auch noch grundlegende Sachen beizubringen, wie sich am Tisch zu benehmen oder mit ihren Agressionen anders umzugehen. Die sind oft völlig überfordert weil sie keine Kapazitäten dafür haben.


    Da sind dann sehr wohl die Eltern gefordert. Und seit ich selber Mutter bin kann ich nur eines sagen: Jeder sollte sich bewusst sein bevor er ein Kind bekommt, dass es eine rießige Verantwortung ist. Man muss selber komplett zurück stecken, gerade in der ersten Zeit, hat kaum Zeit für sich und stößt auch mal an seine Grenzen. Daher sollte man nur Kinder bekommen wenn man wirklich dazu bereit ist und nicht aus einer Laune heraus. Denn Kinder kann man nicht zurück schicken.


    Katrin


  • @tari: in vielen stimme ich dir zu, aber ich muss auch sagen, dass die Eltern sehr wohl die alleinige Verantwortung haben ihr Kind zu erziehen.


    Das finde ich auch, aber...


    Dort sind Kinder teils unfähig mit Messer und Gabel zu essen, kennen kein Bitte und kein Danke, sind frech, schlagen gleich zu wenn ihnen was nicht passt. Da es ist es dann leicht gesagt dass die Schule und der Kindergarten auch einen Beitrag leisten sollen zur Erziehung. Die haben meist nicht mal das Personal um die Mindestanforderung zu erfüllen. Die haben keine Zeit den Kindern auch noch grundlegende Sachen beizubringen, wie sich am Tisch zu benehmen oder mit ihren Agressionen anders umzugehen. Die sind oft völlig überfordert weil sie keine Kapazitäten dafür haben.


    ... die Eltern sind vielleicht - oder wahrscheinlich sogar - auch überfordert. Es bringt ja nichts, sich darüber aufzuregen, dass die Eltern nicht fähig sind, ihren Kinder das beizubringen, was in unserem Wertesystem ordentlichen Tischmanieren (oder was auch immer) entspricht. Das führt nur zu Frust und Stillstand, deswegen sollte man sich lieber fragen, wie man diese Eltern und das Kind unterstützen kann. Das ist ein sehr sensibles Thema, keiner gibt gerne zu, überfordert zu sein, aber wie du richtig sagst, Kinder kann man nicht zurückschicken und das Kind ist jetzt da und daran wird sich so schnell hoffentlich auch nichts ändern. Da präventive Maßnahmen jetzt nicht mehr ansetzen können, sollte aber zumindest ein Interventionskonzept zur Verfügung stehen, das gibt es aber nicht.


    Dass in den Kindergärten Kapazitäten fehlen, kann ich mir gut vorstellen, natürlich geht das auch auf Kosten der Erzieherinnen und derer - psychischen - Ressourcen. Da ich selbst in einem Sozialberuf arbeite, kenne ich diesen Kreislauf sehr wohl, bei dem letzten Endes die Klienten/Kinder die schadtragenden sind, wenn das Personal immer mehr Leistung für immer weniger Geld/Ressourcen bieten soll. Und natürlich auch gesundheitliche Probleme beim Personal nach oben katapultiert.
    Das ist genauso ein Teil dieses Gesamtproblems und ich persönlich finde es schrecklich, wie sehr in Österreich im Bildungs- und Gesundheits- & Sozialwesen politisch gestümpert und eingespart wird.

    “Grown-ups don't look like grown-ups on the inside either. Outside, they're big and thoughtless and they always know what they're doing. Inside, they look just like they always have. Like they did when they were your age. Truth is, there aren't any grown-ups. Not one, in the whole wide world.” N.G.

    Einmal editiert, zuletzt von tári ()

  • Am Text fand ich grade vor allem traurig das sogar die Sozialarbeiterin der Schule Vorlesen abgewertet hat...
    Es ist einfach nur traurig das gerade Kinder die in solchen "Problem" Schulen lernen, ni9cht vermittelt bekommen wie schön und interessant Lesen sein kann, aber auch das Bildung positiv ist und nichts Negatives. Ich sehe hier unsere Gesellschaft im Ganzen in der Verantwortung. Leider werden gerade in den Bereichen die so wichtig wären um alle zu integrieren die meisten Gelder gekürzt. Jugendämter haben zu wenig Mitarbeiter, Klassen sind viel zu groß und viele Eltern haben mit ihren eigenen Problemen zu kämpfen (zum Beispiel Arbeitslosigkeit) klar das sie dann überfordert sind. Das ist ein Kreislauf und daraus aus zu brechen ist einfach sehr sehr schwer.

  • Einfach pauschal Eltern die Schuld zu geben, wenn Dinge nicht funktionieren, ist aber auch nicht richtig und mittlerweile sind es längst nicht mehr nur die Migranten-Kinder oder die aus sozial schwachen Familien, wer das glaubt, war lange nicht an einer Schule.
    Eltern haben heute oft immer weniger Zeit sich wirklich in Ruhe um ihren Nachwuchs zu kümmern, beide müssen oft ganztags arbeiten, Alleinerziehende sowieso und die Kinder sind nach der Schule erstmal allein zu Haus oder in der Ganztagsbetreuung. Nicht immer, aber immer öfter....mich wunderts nicht, dass viele sich dann überfordert fühlen, wenn sie nach 8 Std nach Haus kommen, Essen kochen müssen, Haushalt, dann noch Hausaufgaben, vielleicht Verabredungen wo das Kind gefahren werden muss oder noch zum Fußball ect
    Die Ansprüche steigen immer mehr, der Leistungsdruck, selbst in der Grundschule, wird immer höher, für die Eltern auf der Arbeit oft auch, aber schaffen muss man alles, ansonsten ist man halt schlechte Mutter oder Vater, das ist mir zu einfach.
    Dazu kommt das Lesen und Schreiben lernen definitiv Auftrag unserer Schulen ist , dass es dennoch immer schwieriger wird die Anforderungen auch umzusetzen liegt an mehreren Dingen....die jetzt anlaufende Inklusion, höherer Druck auf Lehrer und Schüler, Personalmangel, mangelnde Zeit (klar auch desöfteren Desinteresse) von Eltern, schlecht angepasstes Lernmaterial, überforderte und extrem belastete Lehrer usw
    Da spielt mMn eins ins andere....

    LG Gytha

    “Dieses Haus sei gesegniget”

    Einmal editiert, zuletzt von Gytha ()

  • Ich finde gerade im Artikel von Antje Herden kommt schon auch heraus das eben nicht nur die Eltern in der Pflicht sind. Sie schreibt ja auch von den Lehrern und eben von der Sozialarbeiterin, derren Verhalten mich wirklich sehr traurig gemacht hat.

  • Yep, da hast Du recht. Tja...die Sozialarbeiterin...was soll man dazu noch sagen? Bei solchen Aussagen denke ich immer, Beruf verfehlt, höre ich aber leider viel zu häufig, als das es mich noch wundern würde :rollen:

    LG Gytha

    “Dieses Haus sei gesegniget”


  • Hier steht ja viel Richtiges drin, aber irgendwie stimmt es nicht mit meiner Realität überein. So glaube ich auch nicht, dass der Leistungsdruck in der Grundschule heute grundsätzlich größer ist als vor 40 Jahren (also zu meiner Grundschulzeit). Viele Eltern erwarten heute gute Noten, aber ehrlich gesagt, haben meine Eltern das auch schon vor 40 Jahren erwartet und sich mit mir hingesetzt und das kleine Einmaleins genauso geübt wie das mir so schwer fallende Lesen. Heute arbeiten viele Elternteile, bei uns ist es auch so, aber es gibt am Nachmittag auch Betreuungsmöglichkeiten in der Schule mit Mitagessen und Hausaufgabenbetreuung. Lehrermangel gab es schon immer, wir waren damals über 30 Schüler in der Klasse, heute liegt der Teiler bei 28 Schülern in Baden-Württemberg. Kein großer Fortrschritt, aber alle Studien deuten darauf hin, dass die Klassengröße kaum zum Lernerfolg beiträgt. Und Kinder werden heute auch mehr beachtet, sie können ihren Willen viel öfter äußern, früher wurde man vielfach gar nicht gefragt. Das ist gut so, führt aber auch dazu, dass es schwieriger ist, faule Schüler zum Üben zu Bewegen, sie können halt einfacher "nein" sagen. Ich sehe den Auftrag des Lesen- und Schreibenlernens auch klar bei der Schule. Wenn jedoch ein Schüler in der 1. Klasse nicht weiß, dass es "das Haus" heißt und immer noch "der Haus" sagt, dann sind das große Lücken, die die Schule kaum schließen kann. Ich sehe das in der Nachbarschaft, das sind Schüler aus Akademikerhaushalten, beide Eltern jedoch Ausländer mit geringen Deutschkenntnissen, zu Hause wird nur chinesisch gesprochen. Die Mutter nicht berufstätig, aber kaum integriert. Da müsste viel mehr im Kindergarten getan werden. Auch bedenklich finde ich, wenn ich sehe, das Schüler die 1. Klasse komplett wiederholen müssen. Da fangt der Schüler dann erneut mit den Zahlen 0-6 an. Da wäre natürlich ein intensiverer Förderunterricht angebrachter. Eine Stunde gibt es an unserer Grundschule, offensichtlich ist das nicht ausreichend. Vieles kann man an unserem Schulsystem zu Recht kritisieren, auf der anderen Seite muss man vielleicht auch akzeptieren, dass es lernschwächere Schüler gibt und das System nicht alles ausgleichen kann, egal wie es gestaltet ist. Unter idealen Bedingungen würde sich vermutlich jedes Kind positiver entwickeln und diese Annahme löst auch bei mir eine gewisse Frustration aus, warum es in diesem Land so viele Lernversager gibt.


    Gruß, Thomas

  • Ich habe gestern lange über das Thema nachgedacht, dann hatte ich schon einen langen Text geschrieben, den aber wieder verworfen weil ich nicht ganz damit zufrieden war. Und weil er bei längerem nachdenken auch nicht stimmt.


    Das Hauptproblem ist meiner Ansicht nach in der Gesellschaft an sich zu finden. Wir alle haben so einen hohen Lebensstandard dass dieser nur mit zwei kompletten Gehältern finanziert werden kann. Und wenn ich als Mutter gezwungen bin nach einem Jahr Pause wieder voll zu arbeiten weil ich mir sonst mein Leben nicht mehr leisten kann ist es klar dass das Kind auf der Strecke bleibt.


    Ich wollte in meinem Text eigentlich schreiben, dass klarerweise die Eltern für die Erziehung des Kindes verantwortlich sind, aber stimmt das wirklich mit der Realität überein? Wenn ein Kind mit einem Jahr (aus welchen Gründen auch immer) in eine Kita gesteckt wird, zusammen mit zahlreichen anderen Kindern und überforderten Erzieherinnen, die keine Zeit für eine individuelle Förderung haben, dann erziehen nicht die Eltern das Kind, sondern andere Leute. Und wenn die Eltern nach einem anstrengendem Arbeitstag nach Hause kommen und auch keine Lust mehr haben sich mit dem Kind ausreichend zu beschäftigen, dann haben wir den Salat. Denn dann erzieht das Kind im Grunde keiner richtig. Und dann wundert es mich auch nicht mehr dass Kinder im Kindergarten nicht mit Besteck essen können, nicht still sitzen können, lieber hinschlagen als Probleme friedlich zu lösen. Woher sollen sie es auch können wenn es ihnen keiner wirklich beigebracht hat? Die Kinderzimmer quellen über vor lauter Spielzeug, an dem mangelt es den meisten Kindern nicht, aber wo sind die Eltern zum Spielen?


    Als ich ein Kind war musste meine Mama nicht arbeiten gehen. Wir wohnten mit den Großeltern zusammen in einem Haus und es waren immer Leute zu Hause. Ich kam nie in ein leeres Haus heim, es stand immer ein warmes frisch gekochtes Essen am Tisch und es gab immer jemanden der sich mit einem beschäftigt hat. Wo gibt es das noch? Heute kommen viele Kinder von der Schule nach Hause, schieben sich eine Pizza in den Ofen, schauen dann fern und warten bis die Eltern endlich nach Hause kommen. Meist vollkommen fertig von der Arbeit und mit wenig Lust sich mit dem Nachwuchs noch zu beschäftigen.


    Tja, da brauchen wir uns nicht zu wundern dass alles den Bach runter geht.


    Vielleicht sehe ich auch etwas schwarz, aber ich finde es immer sehr schade und werde wütend wenn ich Kinder sehe die alles haben was man sich materiell nur leisten kann, aber eines haben sie nicht: jemanden der sich um sie kümmert.


    Katrin


  • Vielleicht sehe ich auch etwas schwarz, aber ich finde es immer sehr schade und werde wütend wenn ich Kinder sehe die alles haben was man sich materiell nur leisten kann, aber eines haben sie nicht: jemanden der sich um sie kümmert.


    Darum bin ich so glücklich, dass es ehrenamtliche Projekte wie das Balu-Projekt gibt, wo immerhin regelmäßig einmal die Woche jemand zu dem Kind kommt, der dann zwei bis drei Stunden nur für das Kind da ist.
    Klar, das ist relativ wenig, aber Studien zu dem Projekt und meine eigene Erfahrung zeigt, dass es den Kindern gut tut und hilft, dass sie sich gut entwickeln können.

  • Ich wollte in meinem Text eigentlich schreiben, dass klarerweise die Eltern für die Erziehung des Kindes verantwortlich sind, aber stimmt das wirklich mit der Realität überein? Wenn ein Kind mit einem Jahr (aus welchen Gründen auch immer) in eine Kita gesteckt wird, zusammen mit zahlreichen anderen Kindern und überforderten Erzieherinnen, die keine Zeit für eine individuelle Förderung haben, dann erziehen nicht die Eltern das Kind, sondern andere Leute. Und wenn die Eltern nach einem anstrengendem Arbeitstag nach Hause kommen und auch keine Lust mehr haben sich mit dem Kind ausreichend zu beschäftigen, dann haben wir den Salat. Denn dann erzieht das Kind im Grunde keiner richtig. Und dann wundert es mich auch nicht mehr dass Kinder im Kindergarten nicht mit Besteck essen können, nicht still sitzen können, lieber hinschlagen als Probleme friedlich zu lösen. Woher sollen sie es auch können wenn es ihnen keiner wirklich beigebracht hat? Die Kinderzimmer quellen über vor lauter Spielzeug, an dem mangelt es den meisten Kindern nicht, aber wo sind die Eltern zum Spielen?


    Mich überzeugt dein heutiger Text noch nicht. Gerade Kleinkinder bis 3 Jahre werden in Kleingruppen von 8 - 10 Kindern betreut. Von überforderten Erzieherinnen habe ich nichts gesehen, diese waren immer sehr engagiert. Und meine beiden Kinder sind dort immer (nach Eingewöhnung) sehr gern hingegangen. Und dort wird auch nicht zugeschlagen. Die Erzieherinnen gehen dazwischen und solange das keine häusliche Normalität ist, wird ein Kind sich Schlagen als Lösung auch nicht abgucken. Ja, Eltern haben heute wenig Zeit für die Kinder, oft auch keine Lust, aber viel mehr Zeit als früher ist dennoch da. Heute sind Kinder ganz anders in Entscheidungen, Urlaube, Ausflüge etc. eingebunden. Die Eltern sind durchaus zum Spielen und Vorlesen da. Nicht immer, aber m.E. oft genug. Zumindest in den bürgerlichen Haushalten. Das Bild, das die Frau bitte zu Hause bleiben möge, ansonten wäre man Rabenmutter ist in Deutschland weit verbreitet. Und dann gibt es wohl Kinder, die in der Grundschule mit einem Würfel nichts anzufangen wissen. Haushalte, in denen es keine Bücher gibt. Etc. Das ist erschreckend, aber da liegt dann wieder viel Verantwortung bei den Eltern.


    Gruß, Thomas