[Ägypten] Nawal El Saadawi - Kurzgeschichten

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    Bei diesem Buch wird es schwer, es unter einem in einem deutschen Forum passenden Titel vorzustellen. Ich habe nämlich ein schwedisches Buch namens Törst (=Durst) gelesen, dessen Kurzgeschichten zwei englischen Bänden namens She Has No Place in Paradise und Death of an Ex-Minister entnommen wurden und denen eine im "Index on Censorship 2/1989" erschienene (?? So steht es zumindest im Impressum) hinzugefügt wurde. Auf Deutsch erschienen ist Kein Platz im Paradies, das vermutlich zum Teil mit dem von mir gelesenen übereinstimmt. Die englischen Bücher sind in den Achtziger Jahren erschienen, wobei ich aber nicht ausschließen kann, dass El Saadawi die Geschichten nicht schon früher geschrieben hat.


    In den 13 in meinem Buch enthaltenen Geschichten macht sich El Saadawis Hintergrund als Menschen- und vor allem Frauenrechtlerin deutlich bemerkbar. Ein Großteil der Geschichten wird aus der Perspektive meist junger Frauen erzählt, einige aber auch aus männlicher Perspektive. Gemeinsam ist allen ProtagonistInnen, dass sie Opfer sind. Opfer einer gewalttätigen Gesellschaft, die brutale Mitglieder hervorbringt. Die geschilderte Gewalt zeigt sich auf allen Ebenen: Verübt werden kann sie durch einen Vorgesetzter, der seine Macht über die Untergebenen gnadenlos ausnutzt, durch Folterknechte im Gefängnis oder nicht zuletzt durch einen prügelnden oder gar mordenden Ehemann oder Vater zu Hause. Oder durch eine ebenso prügelnde oder psychische Gewalt anwendende Mutter, die wie so viele Opfer ihre Qual und Erniedrigungen an noch schwächere weitergibt. So kann nicht immer deutlich zwischen Opfer und TäterIn unterschieden werden; die Grenzen verwischen sich je nach Situation. Nur ein Täter bleibt sich immer gleich: Eine Kultur, die ihren Mitgliedern ein unmenschliches Verhalten quasi aufzwängt.


    Die Geschichten sind also harter Tobak, obwohl El Saadawi vieles unausgesprochen lässt. Sie beschreibt nicht die Schmerzen einer brutalst misshandelten Person, lässt uns selbst die Frage stellen und beantworten, wie jemand nach derartigen Erlebnissen weiterleben kann. Dennoch haben ihre Geschichten eine bedrückende Intensität, die mich öfter zu Pausen in meiner Lektüre zwang. Auch in doppelter (arabisch-englisch-schwedisch) Übersetzung kommt El Saadawis präziser Stil zur Geltung. Gerne mehr!


    4ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Was Du über das Buch schreibst, hört sich ziemlich bestürzend an. Wenn ich's richtig verstanden habe, sind die Texte schon ein paar Jahre alt, also noch aus Zeiten des alten Mubarak-Regimes. Die Welt hatte sich ja schon gefreut, dass sich mit seinem Sturz und dem Arabischen Frühling auch die Situation der Frauen in Ägypten verbessern würde, aber ich fürchte, da hat man sich zu früh gefreut. :sauer: Die Diskriminierung und die Gewalt gegen Frauen in Ägypten ist immer noch erschreckend. Darüber hat es übrigens gerade vor ein paar Tagen einen aktuellen Artikel in der taz gegeben:


    Aktivistin über Frauenrechte in Ägypten - „Eine eindeutige Niederlage“


    Das Buch wäre möglicherweise auch was für Papyrus...

  • Hier bin ich, direkt zur Stelle. :breitgrins:


    Ich habe von Nawal El Saadawi zwei Bücher ungelesen um Schrank


    - Eine Frau am Punkt Null
    - Hamidas Geschichte


    Ich bin ehrlich, bisher fürchte ich mich ein bisschen vor der Lektüre dieser Bücher.


    Glücklicherweise habe ich bisher nur Familien kennengelernt, die mit ihren Frauen und Töchtern gut umzugehen scheinen (da ich der Sprache nicht mächtig bin muss ich glauben was man mir erzählt, aber auch was ich sehe). Allerdings gibt es einen Fall, wo die Frau gerne arbeiten möchte und der Mann dies ablehnt.


    Trotz der ganzen vielleicht negativen Entwicklungen im arabischen Raum wächst der Widerstand der Frauen. Es gibt z.B. bei FB eine Gruppierung mit dem Namen "The uprising of women in the Arab world" die Missstände aufdeckt. Nicht nur Missstände in der arabischen Welt.