Sibylle Lewitscharoff hält Skandalrede zu künstlicher Befruchtung

Es gibt 70 Antworten in diesem Thema, welches 13.983 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Valentine.

  • Dem schließe ich mich an. So eine Rede wird ja nicht frei gehalten. Für mich hat sie genau das ausgesagt was sie tatsächlich darüber denkt. Sonst hätte sie das ja niemals so geschrieben und dann auch noch in der Öffentlichkeit so gesagt.

  • Vermutlich hat sie nur eine Aussage über ihre Vorstellung von künstlicher Befruchtung unbedacht zu stark ausgeweitet.
    Die Kernaussage scheint mir zu sein, dass sie den Prozess der künstlichen Befruchtung, den sie sich sehr detailliert vorgestellt hat, nicht gerade attraktiv findet.


    Die Aussage über die Kinder scheint mir nur zur Unterstreichung an diese vorherige Aussage angehängt worden zu sein (und reichlich misslungen).
    Ich würde vermuten, dass sie vorher gar nicht so genau darüber nachgedacht hat, was ihre Aussage für Eltern oder betroffene Kinder bedeutet.


    Ich glaube, du hast Recht. Wenn man nur die im Posting #1 gebrachten Zitate nochmals aufmerksam (!) liest, dann kann man zu diesem Schluss kommen. Dort steht zum einen "dass ich geneigt bin, diese Kinder als ... anzusehen" . Sie ist so angeekelt, dass sie geneigt ist, auch die so entstandenen Kinder als ekelig anzusehen. Sie ist geneigt, also gewillt, sie so zu nennen, da eben die künstliche Befruchtung so furchtbar ist. Sie sagt es aber nicht direkt, dann hätte dort "Und so sehe ich die so entstandenen Kinder als Halbwesen an." stehen müssen. Im zweiten Zitat fügt sie ein "ich übertreibe" hinzu. Auch hier wieder ihr Ekel und dann die angeschlossene Übertreibung.


    Das reicht für einen "Freispruch" meines Erachtens nicht aus, da ein Schriftsteller eben genau diese Stil-Mittel auch einsetzen kann, um einer "Verurteilung" zu entgehen und dennoch solch furchtbares Gedankengut unter die Leute zu bringen.


    Ein Zurück in den Literaturbetrieb, bei dem Preisgelder eine nicht unerhebliche Rolle für den Lebensunterhalt spielen, wird es für sie ohnehin nicht geben.


    Gruß, Thomas

    Einmal editiert, zuletzt von Klassikfreund ()


  • Naja, aber das war ja nicht spontan dahergesagt oder in einer Diskussion. Diese Worte standen ja in ihrer Rede und ich kann mir nicht vorstellen, dass ich mir da nicht vorher einiges an Gedanken mache, was ich so sage. Sowas will ja auch vorbereitet sein.


    Den Gedanken hatte ich auch schon. Eine solche Rede bedarf einer gründlichen Vorbereitung. Ich bin mir aber nicht so sicher, ob das Skript im Internet tatsächlich vor ihrer Rede entstanden ist. Sicherlich hat sie eine Vorlage gehabt, aber es besteht durchaus die Möglichkeit, dass es in dieser Form erst danach niedergeschrieben wurde, möglicherweise von dem Staatsschauspielhaus Dresden, die die Rede schriftlich zur Verfügung gestellt haben. Es ist also möglich, dass sie zu ihrem eigenen Manuskript während der Rede spontane Ergänzungen vorgenommen hat. Ich würde es mir fast wünschen, denn es kommt mir immer noch unvorstellbar vor, dass jemand nach reiflicher Überlegung solche Äußerungen macht.


  • denn es kommt mir immer noch unvorstellbar vor, dass jemand nach reiflicher Überlegung solche Äußerungen macht.


    Ja, rational gesehen. Aber wenn da jemand einem Thema krankhaft verfallen ist, dann kann man sich in so was reinsteigern. Aber was ändert das: Überlegter Mord oder Totschlag im Affekt - beides schlimm. So auch ihre Worte.


    Gruß, Thomas


  • Das reicht für einen "Freispruch" meines Erachtens nicht aus, da ein Schriftsteller eben genau diese Stil-Mittel auch einsetzen kann, um einer "Verurteilung" zu entgehen und dennoch solch furchtbares Gedankengut unter die Leute zu bringen.


    Da stimme ich dir zu. Das ein plumper Versuch, ihre Meinung zu verdeutlichen und gleichzeitig so zu tun, als würde sie es nicht so meinen. Eigentlich eine Beleidigung der Intelligenz ihrer Zuhörer. Es ist doch offensichtlich, dass sie das meint, was sie sagt.

  • Da stimme ich dir zu. Das ein plumper Versuch, ihre Meinung zu verdeutlichen und gleichzeitig so zu tun, als würde sie es nicht so meinen. Eigentlich eine Beleidigung der Intelligenz ihrer Zuhörer. Es ist doch offensichtlich, dass sie das meint, was sie sagt.


    Wenn ich mal die Rolle des Advocatus für Lewitscharoff einnehmen darf, würde ich sagen: Im Zweifel für die Angeklagte. Vielleicht hat sie es doch nicht so gemeint.


    Und sicher auch überlegenswert: Hätte sie den Text in den Mund einer Person in ihren Romanen gelegt, dann hätte es keinen Skandal gegeben. Es wäre dann ja nur die Meinung einer Romanfigur gewesen.


    Wie gehen wir als Leser denn mit einem solche Dilemma um? Wir wollen doch weiterhin Romane, in denen es Gedanken gibt, die ungehörig sind, oder?


    Gruß, Thomas

  • Wenn sie solche Worte ihren Figuren in den Mund legt, kann sie sich jederzeit davon distanzieren, selbst wenn es ihre Meinung ist (was ja nicht zwingend bekannt sein muss). Da alles fiktiv ist, kann man sich als Leser Gedanken darüber machen. In Büchern sind solche Äußerungen akzeptabel, weil sie Brisanz bergen und für Spannung und Diskussionsstoff sorgen. Dann finde ich das auch in Ordnung. Aber in der Realität sieht das eben anders aus. Da sind immer Individuen, die persönlich getroffen werden.

  • Ja, danke für die klaren Worte. Habe mich schon so in die Rolle des Anwalts von Lewitscharoff reingesteigert, dass ich selber nicht mehr klar denken kann :breitgrins:.


    Du hast vollkommen recht. Solange ein Buch nicht eindeutig tendenziös in eine solche Richtung geht, die Tarnung dabei offensichtlich ist, darf man das natürlich tun.


    Gruß, Thomas

  • Ich bin nach wie vor der Meinung wer so drastisch formuliert und das in einer öffentlichen Rede und eben nicht als Erzähler in einem Roman, der meint meiner Meinung nach auch klar und deutlich was er sagt. Um mich davon zu überzeugen das sie es wirklich nicht so gemeint hat, hätte sie sich meiner Meinung deutlich von ihren Aussagen distanzieren müssen und das hat sie nicht getan. Stattdessen hat sie versucht zu relativieren. Ich hab beim Interview im ZDF Morgenmagazin auch ihre Mimik und Gestik und ihre ganze Stimme mit einbezogen in meine Einschätzung, ich hatte jedenfalls den Eindruck das es ihr schon unangenehm war das sie wegen dieser Aussagen kritisiert wurde - aber nicht weil sie ihr leid tun, sondern weil sie eben dafür nicht gefeiert wurde....


    @klassikfreund
    :lachen: Naja im Prinzip ist es ja auch gut wenn man verschiedene Seiten betrachtet.


  • - aber nicht weil sie ihr leid tun, sondern weil sie eben dafür nicht gefeiert wurde....


    Es tut ihr auch nicht leid. Als ihr Anwalt :zwinker: plädiere ich aber auf Unzurechnungsfähigkeit wegen schwerer Kindheit in dieser Sache.


    Gruß, Thomas

  • Um mich davon zu überzeugen das sie es wirklich nicht so gemeint hat, hätte sie sich meiner Meinung deutlich von ihren Aussagen distanzieren müssen und das hat sie nicht getan.


    Am besten wäre gewesen, sie hätte überhaupt nicht in diese Richtung argumentiert. Es gibt einfach gewisse Themen, die zu heikel sind, um sie als Wortspielereien zu missbrauchen. Dafür haben schon ganz andere Zeitgenossen medial eins draufbekommen. Ich weiß nicht, ob es dreist ist oder mutig, sich in Internetzeiten, wo der Absturz bekannter Persönlichkeiten ganz schnell vonstatten gehen kann, zu solche Sprüchen zu versteigen. Ich möchte nicht wissen, welchem Shitstorm sie ausgesetzt wäre, wenn sie bekannter wäre.


  • Im übrigen hätte sie ja durchaus einen Dialog anstoßen können, aber in der Art und Weise kann das natürlich nicht möglich sein (aber immerhin billigt sie ja den Menschen noch eine eigene Meinung zu *g*).


    Wobei sie gar keine Argumente gegen eine künstliche Befruchtung gebracht hat. Da wären wir wieder bei sandhofer, der wohl recht hat, das eine religiöse Rechtfertigung nicht durch Argumente ausgehebelt werden kann.


    Daher würde mich mal interessieren, ob es ein gutes Buch darüber gibt, wie Debatten aussehen müssen, damit überhaupt ein Dialog entstehen kann. Was kann als Argument angesehen werden und was nicht? Was ist dann mit moralischen Regeln? Wie kann man diese dann noch rechtfertigen in einer Diskussion?


    sandhofer (oder andere): Kennst du da was Passendes?


    Schöne Grüße,
    Thomas


  • Am besten wäre gewesen, sie hätte überhaupt nicht in diese Richtung argumentiert. Es gibt einfach gewisse Themen, die zu heikel sind, um sie als Wortspielereien zu missbrauchen.


    Sehe ich auch so.


    Und ich frage mich immer noch, was dieses Thema eigentlich auf dieser Veranstaltung zu suchen hatte :gruebel:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Mir fehlt da ein bisschen der Bezug zur Veranstaltung :schulterzuck: Aber wahrscheinlich ist das für Frau Lewitscharoff so ein Reinsteiger-Thema, dass sie es auf Biegen und Brechen unterbringen wollte.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen






  • Daher würde mich mal interessieren, ob es ein gutes Buch darüber gibt, wie Debatten aussehen müssen, damit überhaupt ein Dialog entstehen kann.


    Vor allem sollten die betroffenen Personen anwesend sein. Wenn man einer Person in einer Diskussion direkt mit einer Meinung konfrontiert oder gar angreift oder beleidigt, kann sich diese wehren. Wenn man aber eine abwesende Gruppe von Personen mit prekären Ansichten konfrontiert, kann auch keiner dagegen argumentieren. Da kann kein Dialog entstehen.


    Was Lewitscharoff machte, war ja keine Diskussion, sondern ein Vortrag. Da werden naturgemäß Aussagen gemacht, die zumindest während der Diskussion dem Vortrag so stehen bleiben.

    Einmal editiert, zuletzt von Doris ()

  • Ein Zurück in den Literaturbetrieb, bei dem Preisgelder eine nicht unerhebliche Rolle für den Lebensunterhalt spielen, wird es für sie ohnehin nicht geben.


    Wenn Du dich da mal nicht täuschst!

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)