Elizabeth Strout - Mit Blick aufs Meer/Olive Kitteridge

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    Auszug aus dem Klappentext
    Sie kann manchmal eine rechte Nervensäge sein: Olive Kitteridge, eine pensionierte Mathematiklehrerin, hat zu allem, was in der kleinen Küstenstadt Crosby in Maine geschieht, eine dezidierte Meinung. Einige halten sie für kritisch und boshaft, dann wieder überrascht sie durch Selbstlosigkeit und Mitgefühl. Sie ist klug, stur und rechthaberisch. Witzig. Eine Naturgewalt. Überlebensgroß. Sie mischt sich ein und macht sich ihre Gedanken über ihre Mitmenschen.



    Bei Olive weiß man wirklich nicht, ob man sie lieben oder hassen soll. Sie macht sich das Leben selbst schwer, weil sie weder ihren Sohn noch ihren Mann nach all diesen Jahren richtig ein- bzw. wertschätzen kann und das schon gar nicht zum Ausdruck bringt. Andererseits erkennt sie bei vielen flüchtigen Bekanntschaften schnell, dass sie Probleme haben und versucht zu helfen. Olive und ihre Familie sind die Einzigen, von denen man wirklich etwas erfährt. Ihren Nachbarn oder Mitbewohnern der Kleinstadt wird nur jeweils ein Kapitel gegönnt, um deren Probleme zu beschreiben. Viele von ihnen hätten es verdient, mehr Aufmerksamkeit als nur ein paar Seiten zu bekommen, denn fast alle haben ein Schicksal, das es wert wäre, intensiver darauf einzugehen. Kaum hat man sich in ihr Leben eingelesen, ist ihre Zeit schon wieder abgelaufen und das meist ohne zufriedenstellendes Ende. Manche der Figuren tauchen im Verlauf der Handlung wieder auf, andere dagegen nicht. Oft wird nur durch einen kurzen Auftritt von Olive im jeweiligen Kapitel überhaupt ein Zusammenhang zur Handlung hergestellt.


    Auch wenn Olive mit ihrem trockenen Humor immer wieder für ein Schmunzeln sorgt, ist die Grundstimmung des Romans melancholisch und düster. Es gibt keinen, der ein zufriedenes und sorgloses Leben führt. Ich würde die Geschichten niemandem empfehlen, der sich gerade selbt in depressiver Stimmung befindet. An sich ist das Buch lesenswert, aber es werden zu viele Nebenschauplätze konstruiert. Die Aneinanderreihung der Einzelschicksale stellt sich fast wie eine Sammlung von Kurzgeschichten dar und lässt zu viel offen.


    Elizabeth Strout wurde 2009 für dieses Buch mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet.


    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

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    Olive Kitteridge, im englischen Original die titelgebende Figur, ist pensionierte Mathematiklehrerin, ihr Mann Henry hat gerade die Apotheke, die er jahrzehntelang in einer Kleinstadt in Maine geführt hat, verkauft und sich ebenfalls zur Ruhe gesetzt. Die beiden haben einen erwachsenen Sohn, Christopher, den beide sehr lieben, der aber die hohen Erwartungen seiner Mutter nie so richtig erfüllen konnte.


    Henry und Olive sind eines dieser Ehepaare, bei denen man sich als Außenstehender fragen kann, wie diese so unterschiedlich wirkenden Menschen eigentlich zusammenpassen und wie sie es so lange miteinander ausgehalten haben. Henry ist warmherzig, zugänglich, ein wenig leutselig und für viele Kunden schon fast eine Institution hinterm Apothekentresen gewesen. Olive hingegen wirkt streng, verschlossen, spröde, häufig sogar barsch. Erst, wenn man sie etwas näher kennt, merkt man, dass unter dem schroffen Äußeren ein gutes Herz, Tatkraft und durchaus auch Einfühlungsvermögen verborgen liegen. Es liegt ihr einfach nicht, Gefühlen Ausdruck zu verleihen.


    Es handelt sich bei diesem Buch jedoch nicht, wie der Titel vermuten lässt, um einen zusammenhängenden Roman, in dem Olive und ihre Familie im Mittelpunkt stehen. Die Autorin hat eine andere Herangehensweise gewählt und zeigt die Kitteridges und insbesondere Olive aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln, in einer Reihe von Kurzgeschichten, deren verbindende Klammer Olive ist, mal als Nahaufnahme in entscheidenen Momenten ihres Lebens, mal nur von fern als Randfigur oder gar nur als die Mathelehrerin oder die Frau von Henry, die in einem Nebensatz erwähnt wird.


    Elizabeth Strout nimmt den Leser mit auf einen Rundgang durch Crosby, Maine, öffnet Türen, die uns eine Geschichte lang Einblick in das Leben einer Figur geben, um sie dann wieder zu schließen und zur nächsten Tür, zur nächsten Person weiterzuziehen. Das hat den Nachteil, dass es viele Menschen gibt, die man kurz kennenlernt und dann nur noch von ferne sieht, obwohl man gern mehr über sie erfahren hätte, zeigt aber andererseits auch das (Kleinstadt)Leben in all seinen Facetten - die eigenen Probleme verschiedener Lebensphasen, das Miteinander in der Familie, der Kirchengemeinde, der Stadt. Wir treffen neben Henry, Olive und Christopher auf ein magersüchtiges Mädchen, ein älteres Ehepaar, das Geheimnisse voreinander hat, eine junge Witwe mit drei Kindern, eine alte Dame und ihren Verehrer und noch einige andere Figuren, die allesamt trotz der Kürze ihrer Auftritte lebendig ausgearbeitet und glaubhaft sind.


    In den allermeisten Kapiteln passiert nicht viel im Sinne von Action und Drama, doch auch das (scheinbar) ganz normale Leben hat seinen literarischen Reiz, wenn es so gut beschrieben wird wie hier.


    4ratten

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Strouts "Roman", eher eine Kurzgeschichtensammlung mit Berührungspunkten, erschien 2008 in den USA und erhielt 2009 den Pulitzerpreis.


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    Olive Kitteridge, eine im Laufe der Handlung pensionierte Mathematiklehrerin mit gewöhnungsbedürftig schroffem Verhalten, ist die zentrale Figur der lockeren Episodenreihung, kommt aber in einigen Geschichten nur ganz am Rande vor, vielleicht um dem Titel der Originalausgabe "Olive Kitteridge" Rechnung zu tragen.
    Die Handlung dreht sich eher um ältere Menschen, ihre Beziehungen und ihr Verhältnis zu ihren Kindern. Eine melancholische, aber dennoch lebensbejahende Stimmung herrscht vor, die Küste von Maine, wo die Handlung spielt, wird wunderbar in ihrer ebenfalls lakonischen Schönheit geschildert. Deshalb passt der deutsche Titel in diesem Fall tatsächlich besser als das Original, weil die raue Schönheit der Küste dem Charakter der dargestellten Personen entspricht: Viele der Dargestellten sind sehr zurückgenommen oder eben auch wenig sympathisch, bis ein ungewöhnliches Ereignis sie aus ihrer Lethargie und Ich-Bezogenheit reißt.
    Mir gefällt der Roman bisher ziemlich gut, gerade weil er jenseits allen Kitsches und jeder Überschwänglichkeit ist.

  • Ich habe das Buch auch sehr gerne gemocht und bin gespannt, was Du weiter dazu schreibst.


    Mir hat es sehr gut gefallen, dass Olive Kitteridge nur manchmal im Mittelpunkt der Geschichten stand, aber immer irgendwie eine Rolle gespielt hatte, und sei es nur eine kurze Erwähnung.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Danke für die Rückmeldung, Valentine.


    Bis zum Ende hat der Roman seine Qualität gehalten: Für die recht gewöhnungsbedürftige Heldin - Olive - bahnt sich eine Möglichkeit an, ihren Ruhestand zwar wie immer kratzbürstig, aber mit geneigtem Gegenpart, zu verleben.
    Einige der Geschichten gehen einem wirklich nahe - wie z.B. die von dem magersüchtigen Mädchen - und alle zeigen uns unseren zwiespältigen Charakter - immer oszillierend zwischen Mitleid und Missgunst.
    Der Roman wird nicht zu meinen herausragenden Leseerlebnissen zählen, aber er ist angenehme, zum Nachdenken anregende Unterhaltung.

  • Olive Kitteridge ist keine sehr sympathische Frau, ich fand sie manchmal auch eher anstrengend. Ihr Mann Henry war mir da schon lieber und hat mir ab und an auch ein wenig leid getan. Ein glückliches Leben sieht doch anders aus. Auch die übrigen Personen aus dieser Stadt, über die man etwas mehr erfährt, sind nicht alle unbedingt vom Glück begünstigt.


    Diese episodenhaften Bücher mag ich sehr, wenn sich so nach und nach das Gesamtbild für den Leser zusammensetzt und man sich am Anfang eines jeden Kapitels neu auf die Handlung einlassen muss, weil man an anderer Stelle mit anderen Personen weitermacht. Allerdings habe ich mir auch öfter gewünscht, dass die Kapitel etwas ausführlicher sein könnten und man mehr über die vorgestellten Charaktere erfährt. Dennoch liegt darin auch ein gewisser Reiz, man hängt den Personen und ihren Geschichten nach und überlegt, wie es ihnen wohl ergangen sein könnte.


    Insgesamt konnte mich "Olive Kitteridge" durchaus überzeugen, auch wenn ich meine Probleme mit der Titelheldin hatte. Die kurzen Eindrücke ergeben eine (fast) zusammenhängende Handlung und vermitteln die gedrückte und freudlose Stimmung, die den Menschen in diesem Ort gemein ist.


    4ratten

  • Ich las das Buch Anfang des Jahres und fand es auch recht gut. Mir gefällt das Episodische nicht so, aber weil hier die meisten Geschichten durch die Person der Olive Kitteridge geklammert werden, die zwar nicht sympathisch, aber sehr authentisch wirkt, konnte ich einem gewissen Spannungsbogen folgen und hatte Spaß an der Lektüre, was für andere Erzählungssammlungen nicht gilt.

  • Das Buch ist weniger ein Roman als eine Sammlung von Kurzgeschichten. Einziger roter Faden durchs Buch ist Olive Kitteridge, die man in verschiedenen Lebensabschnitten antrifft. In manchen Geschichten nimmt sie einen großen Teil ein, in anderen wird sie nur in 1-2 Sätzen erwähnt.

    Die Gemeinsamkeit aller Geschichten ist, dass es um Menschen geht, die an einem Punkt ankommen, an dem ihr Leben eine Wendung nimmt - entweder durch einen Schicksalsschlag oder durch eine bewusste oder unbewusste Handlung. Viele Geschichten sind sehr anrührend, zart und berührend erzählt, und immer mit einer kleineren oder größeren Portion Melancholie.

    Vor allem die ersten 3-4 Geschichten und die letzte waren sehr berührend. Gerade diese hätte ich mir sehr als fortführenden Roman gewünscht.

    Strout kann unglaublich gut erzählen und Charaktere und Emotionen sehr zart und dennoch kräftig zeichnen. Das Ende der Kurzgeschichten lässt immer noch sehr viel Raum für die Fantasie des Lesers.

    4ratten

  • Valentine

    Hat den Titel des Themas von „Elizabeth Strout - Mit Blick aufs Meer“ zu „Elizabeth Strout - Mit Blick aufs Meer/Olive Kitteridge“ geändert.
  • Es gibt inzwischen auch einen 2. Roman um Olive. Er heißt "Die langen Abende" bzw. im Original "Olive, Again".

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Ich glaube schon (kann es aber nicht 100% sagen, ich kenne das Buch noch nicht).

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen