Die FAZ in der Zeitungskrise - 200 Entlassungen drohen

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  • Wie der Spiegel meldet, könnte die FAZ bis zu 200 Stellen streichen. Die Bilanzzahlen sehen deprimierend aus. 2012 gab es einen Verlust von 4,3 Mio Euro.


    http://www.spiegel.de/wirtscha…rticle-comments-box-pager


    Interessant auch die Leserkommentare. Da bemängeln die einen die fehlende Aktualität und zu wenig investigativer Journalismus, auf der anderen Seite wird gerade das Feuilleton als Bestes im deutschen Blätterwald herausgehoben.


    Meiner Meinung nach ein Teufelskreis: Vor einiger Zeit wurde das Blatt schon "entschlackt", das Feuilleton hat nun einige Artikel weniger, an diesem Samstag war nur eine einzige Buchbesprechung drin - in früheren Zeiten waren es zwei Seiten in der Samstagsausgabe. Dieses Entschlacken führt nicht gerade zu neuen Lesern, aber die Verluste wird man auch nicht auf Dauer tragen können.


    Gruß, Thomas

  • Zitat

    Die Belegschaft soll noch am Dienstag informiert werden


    Ah... durch das Handelsblatt oder den Spiegel? :rollen:

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.


  • Auch vor der FAZ macht die Zeitungs und Magazinkrise nicht halt. Das ist eine Entwicklung die in den letzten Jahren ja sehr gut zu beobachten war.


    Würde sich mMn sehr einfach lösen lassen, wenn man die Internetseite streichen würde (okay, für mich als Leserin wäre das schade) und das Ganze viel intensiver als E-Paper vermarkten würde.
    Das Problem ist mMn die nicht mehr zeitgemäße Ausgabe, heute sind sich die Leute viel bewusster, welchen Haufen Papier man da täglich wegwirft.
    Bei vielen Abonnenten, die ich kenne, staplen sich erst mal die Zeitungen, bis sie dann einmal pro Woche oder manchmal seltener in einem Haufen weggeworfen werden.
    Das ist einfach Geld- und Papierverschwendung.


    Es macht auch einen großen Unterschied, ob man sich die Bild-Zeitung kauft und nur ein paar Seiten wegwirft, oder eine der großen Tageszeitungen und gleich einen ganzen Papierstapel.


    Ein Abonnement oder besser Einzelausgaben als E-Paper für alle Formate fände ich viel zeitgemäßer. Dann könnte man die Inhalte auch erst mal aufheben, schnell wiederfinden und im Falle der Einzelausgaben viel realitätsnaher nutzen, also heute die FAZ, morgen das Handelsblatt, übermorgen die Ausgabe des Spiegels/ Sterns etc.


    Ich schrecke vor dem Kauf immer ob der immensen Papierberge zurück und auch, weil so große Papierbögen einfach schwierig zu lesen sind.


    LG
    von Keshia

    Ich sammele Kochbücher, Foodfotos und Zitate.


    <3 Aktuelle Lieblingsbücher: "The good people" von Hannah Kent, "Plate to pixel" von Hélène Dujardin und "The elegance of the hedgehog" von Muriel Barbery.

  • Ich gebe zu das ich E-Paper für mich persönlich nicht mag. Ich habe das ja mal zur Probe genutzt und das Lesen am Bildschirm fand ich anstrengend und unangenehm. Außerdem bin ich da auch oldschool *g* ich mag das Rascheln der Zeitung. Ansonsten informiere ich mich über Nachrichten eh übers Netz. Eine Zeitung macht aber auch aus das es eben eine Kombination aus Information und eben auch Feuilleton teil ist, der gerade bei der FAZ ja auch den Ruf von hoher Qualität hat(te). Dafür bezahlt man dann gerne auch. Es kommt eben auch darauf an welche Ansprüche man hat und ob man diesen Mehrwert schätzt oder überhaupt als solchen ansieht.
    Und warum soll ich für ein Epaper bezahlen wenn ich diese Informationen auch woanders im Netz kostenlos bekomme und zum Teil sogar noch schneller??


    Übrigens hatte ja Klassikfreund auch angemerkt das bei der FAZ die Rückgänge schon deutlich vor dem Internet zu sehen waren, das Internet allein kann also nicht Schuld sein.

  • E-Paper-Ausgaben gibt es ja. Die Preise sind jedoch astronomisch. Aber von irgendwas müssen die Redakteure leben.


    Ich glaube nicht, dass sich das Problem so einfach lösen lässt. Die Leserkommentare im Spiegel zeigen, dass man eine andere Zeitung benötigt. Nicht mehr das "Kaufhaus" mit allen Ressorts, sondern tiefgehende Artikel, die unabhängig recherchiert sind. Auf der anderen Seite ist diese Zusammenstellung der "Welt" ein Angebot, welches zum Flanieren einlädt. Nur hat dazu niemand mehr die Muße.


    Der Wirtschaftsteil ist nach wie vor vorbildlich, auch der Politikteil enthält sehr viel Content. Die Buchbesprechungen decken ein breites Interessenfeld ab. Dennoch scheint das nicht zu reichen. Die Zeit verkauft sich mit ihren längeren Reportagen und spezialisierten Randthemen, die man so nicht im Internet findet, einfach besser. Vielleicht muss die FAZ weg vom Abdruck einfacher Agenturmeldungen.


    Gruß, Thomas


  • Wenn ich an meine Schulzeit zurück denke, da wurde erst am Gymnasium in der11. Klasse mal ein Zeitungsprojekt gestartet (nicht an meiner Schule sondern an der meines Bruders).
    Bei mir hieß es in der Mittelstufe Realschule immer nur, dass man keine Bildzeitung lesen sollte und Ende.
    Das Zeitungsprojekt meines Bruders fand ich interessant, da einem als Schüler wirklich die Artikel erklärt wurden: Die haben sich einmal pro Woche morgens eine Stunde Zeit genommen, eine aktuelle Tageszeitung zu lesen, zu erklären, worum es in den Wirtschafts- und Politikartikeln ging etc.
    Das Ganze lief über ein Jahr.
    Danach war das Interesse an Zeitungen viel höher, viele Schüler haben dann regelmäßig entweder die Zeitung gelesen, die ihre Eltern ohnehin abonniert hatten oder in der örtlichen Bücherei mal eine Tageszeitung gelesen.



    Vielleicht wurde so eine Herangehensweise vorher nicht praktiziert, so dass viele Schulabgänger mit den gängigen Tageszeitungen wenig anfangen konnten. Ich habe mal in dem Buch "Die Bildungslüge" gelesen, dass wohl viele Menschen die Nachrichten (im Fernsehen) nicht verstehen, da zwar immer wieder die gleichen aktuellen Themen aufgegriffen werden, die man auch kennt, aber selten erklärt werden, so dass alle, die nicht nachschlagen, dann mit der Info überhaupt nichts anfangen können.
    Um Interesse wach zu halten, sollte man viel früher vermitteln, was man in den Nachrichten hört und in der Zeitung liest, wie man sich über Hintergründe informiert und das am besten auf täglicher Basis - jeden Tag 10 min einen kleinen Absatz oder Ausschnitt diskutieren - bis einem die ganze Sache nicht mehr so fremd ist.


    Es wird seinen Grund haben, warum über alle Gesellschaftsschichten gern die Bildzeitung gelesen wird: Die ist dünn und es stehen v.a. Infos drin, für für die man kein oder wenig Hintergrundwissen braucht.


    Mich persönlich hat an Zeitungen schon immer das Format gestört: Man kann sie schlecht mitnehmen oder unterwegs mal lesen (Wartezimmer, Bus, Bahn, Mittagspause), weil man die restlichen Blätter immer irgendwo ablegen muss und das Ganze nach dem Lesen wieder sortieren und irgendwie transportfreundlich zusammenfalten. Zu Hause geht es eigentlich nur am Tisch, also nicht auf dem Sessel etc. Es ist halt aufgrund des Formates sehr umständlich, nach dem Lesen, v.a. in der Familie von mehreren Leuten, ist die Zeitung deutlich gebraucht und meist größtenteils aufgrund von Versuchen, sie wieder zusammen zu falten, zerknittert und das Lesen wird noch schwieriger.
    Während man Magazine wie Spiegel und Co gut stapeln und aufheben kann, klappt das mit Zeitungen schlecht.
    Und dann fragt man sich, wofür der ganze Aufwand und Müll sich lohnen.
    Heute kann man kostenlos verschiedene Zeitungen einsehen, und sich so auch ein grobes Bild machen (was man natürlich als Fehler der Verlage werten könnte - auf der anderen Seite gibt es Menschen, die nicht in die Bib können und sich aus div. Gründen auch keine Zeitung kaufen wollen/ können und gern auf das Angebot zurück greifen).


    LG von
    Keshia

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    Einmal editiert, zuletzt von Keshia ()


  • Nicht mehr das "Kaufhaus" mit allen Ressorts, sondern tiefgehende Artikel, die unabhängig recherchiert sind.


    Ist das nicht heute fast schon Wunschdenken, gibt es überhaupt wirklich komplett unabhängig recherchierte Artikel, die dann auch ungeschnitten erscheinen?


    Sind nicht viel zu viele Lobbyisten im Spiel?

    Ich sammele Kochbücher, Foodfotos und Zitate.


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  • @klassikfreund
    Ja die Agenturen sind sicher auch ein Teil des Problems. Dadurch verwischen die Profile der Zeitungen immer mehr und das macht es auch schwieriger zu zeigen wo die jeweilige Einzigartigkeit liegt.
    Die Zeit lese ich persönlich auch lieber, eben weil ich hier etwas ganz anderes geboten bekomme. Aber es ist natürlich auch einfacher eine Zeitung die nur einmal die Woche erscheint von anderen Zeitungen abzuheben, denn eine Tageszeitung hat ja schon von vorneherein einen ganz anderen Informationsanspruch.


    Keshia
    So ein Zeitungsprojekt hatten wir auch, bei uns hat es allerdings nicht dafür gesorgt das Zeitungen interessanter wurden. Aber naja das war vor mehr als 10 Jahren. Wie das heute im Unterricht läuft kann ich nicht sagen, aber bei uns damals war das halt wie so oft bei Teenies *g* gähnende Langeweile *g*
    Die Muse einen längeren Artikel zu lesen haben viele wohl einfach nicht mehr, der Erfolg der Bildzeitung liegt meiner Meinung nach aber nicht nur bei den kurzen Artikeln, sondern vor allem bei der Polarisierung der Inhalte. Diese sind ja auch sehr meinungslenkend gestaltet, oft mit Themen aufgebauscht die Aufreger sind. Das ist eher Unterhaltung als wirkliche Information.

  • Tja, die allgemeinen Nachrichten sind kostenfrei im Internet zu lesen (m.E. jedoch nicht immer in der gleichen Tiefe und Qualität wie in der FAZ) und für die Spezialisten wie uns Bücherliebhaber gibt es viele Spezialforen und Seiten, die eben auch kostenlos zu nutzen sind. Allein Deutschlandradio Kultur bietet eine Vielzahl von ausführlichen Rezensionen. Und wenn man darüber hinaus ohnehin keine Lesezeit einer Zeitung spendieren will (egal wie gut sie ist), dann sieht es für die Zeitung halt schlecht aus ...


    Auf der anderen Seite sieht die Zeitung von heute noch genauso aus wie vor 40 Jahren. Die klassische Aufteilung in Ressorts hat sich nicht gewandelt. Da gibt es nichts Innovatives. Ich glaube, man könnte sich hier mal was überlegen. Apple ist auch was eingefallen. Warum nicht auch den Verlegern?


    Gruß, Thomas

  • Es ist schade, aber die Zeit der Tageszeitungen als Informationsmedium ist einfach vorbei. Sie sind in der heutigen Zeit als Informationsmedium einfach zu langsam - sowohl was die Bereitstellung von Informationen angeht wie auch deren 'Verarbeitung' durch den Konsumenten. Ich brauche für das Lesen einer Zeitung einfach länger als für das schnelle Scannen einer Nachrichtenseite im Netz. Ich sehe es an mir selbst: Wo ich früher noch Zeitung gelesen habe, beziehe ich jetzt meine politischen Informationen fast ausschließlich über den Rundfunk (DLF) und durch das Internet. Kulturelle Informationen eingeschlossen. Ich nutze zwar die Webseiten von FAZ, Zeit und Süddeutscher Zeitung, bin aber nicht mehr bereit, eine Einzelausgabe für 2 EUR plus zu kaufen, von der mich max. ein Drittel interessiert. Und das ist das Problem, das die Zeitungsverlage nicht werden lösen können. Die einzige Ausnahme sind Regionalzeitungen. Die bieten eben etwas, das kein anderes Medium übernehmen kann.

  • @klassikfreund
    Meiner Meinung nach haben die Zeitungsverlage die Entwicklungen verschlafen. Irgendwie ist da in Deutschland öfter mal der Wurm drin. Mal abwarten ob in Amerika etwas passiert, dann springt Europa (wie so oft) sicher hinter her.
    Würde mich eh interessieren ob es dort nicht ähnlich aussieht.

  • Die meisten Unternehmen tun sich schwer damit, sich zu ändern. Zeitungsverlagen geht es da als kleines mittelständisches Unternehmen nicht anders. Hier im Forum sitzen die potentiellen Leser einer Zeitung. Viele mit hohem Bildungsabschluss und zudem leseaffin, was eine hervorragende Grundvoraussetzung ist. Dennoch sprechen die Zeitungen den Leser zumeist nicht an. Ich bin hier fast der einzige Abonnent der e-FAZ. Und doch kann ich die Missachtung der Zeitung durchaus nachvollziehen. Natürlich gibt es viele, herausragende Artikel. Aber noch viel mehr, was man als irrelevant einstuft. Warum soll ich über eine Berliner Uraufführung an der Oper lesen? Was interessierren mich die seitenlangen Abdrucke von Wertpapieren und warum muss man dem Fernsehprogramm eine ganze Seite spendieren? Bei den Ratgeberseiten wird äußerst fundiert über Hausfinanzierung und Rentenvorsorge berichtet, aber wie man per W-LAN Fernsehen kann oder welche Möglichkeiten der Studienfinanzierung es gibt, darüber findet man nichts (zumindest mir nie aufgefallen). Das Mode- und Uhrenmagazin für die gut betuchte Kundschaft gibt es nach wie vor (ebenso bei der ZEIT), aber über (bezahlbare) designte Wohnungseinrichtungen gibt es keine Sonderbeilage. Da fehlt dann auch die Anzeigenkundschaft. Viele Artikel hingegen sind bei weitem nicht so konservativ gehalten wie man es aufgrund der konservativen Anzeigenkundschaft erwarten würde. Nein, sie sind durchaus frisch und verständlich. Und so will die Zeitung wie das gute alte Warenhaus, welches auch abgewirtschaftet hat, alle Schichten zugleich bedienen. Das kann nur schief gehen. Das Profil der "Zeit" ist klarer und bedient den intellektuell Interessierten.


    Gruß, Thomas


  • @klassikfreund
    Meiner Meinung nach haben die Zeitungsverlage die Entwicklungen verschlafen. Irgendwie ist da in Deutschland öfter mal der Wurm drin. Mal abwarten ob in Amerika etwas passiert, dann springt Europa (wie so oft) sicher hinter her.
    Würde mich eh interessieren ob es dort nicht ähnlich aussieht.


    Hallo Holden,


    was genau meinst Du? Ich sehe im Moment kein wirkliches Konzept, das die Zeitungskrise wirksam bekämpfen könnte. Die Tendenz ist ja, dass Inhalte lieber im Netz gesucht werden, dass aber kaum jemand bereit ist, dafür Geld zu bezahlen. Zeitungen, die eine entsprechende Paywall eingerichtet haben (etwa die London Times) müssen damit leben, dass ihre Inhalte weniger gefragt werden und nur wenige Leute bezahlen. Einzig die Taz hat ein Konzept, bei dem sie Menschen um Geld bittet, aber die Inhalte trotzdem frei gibt, wenn der Kunde sich gegen eine Bezahlung entscheidet.


    All das scheint aber dem Problem nicht begegnen zu können, dass Kunden in der Regel nicht bereit sind, für Inhalte im Netz Geld zu zahlen, selbst wenn sie dafür eine bessere Qualität geboten bekommen. Ohne ein gewisses Maß an Finanzierung kann aber eine gute Redaktion nicht arbeiten. Daher sehe ich im Augenblick nicht, wie die Zeitungsverlage der Entwicklung früher oder anders hätten begegnen sollen. Sie kämpfen da leider einen aussichtslosen Kampf...

  • Das Profil der "Zeit" ist klarer und bedient den intellektuell Interessierten.


    Ja, ich denke, die ZEIT bietet einen für die Leser klar definierbaren Mehrwert. Ähnlich wie die Dorf- oder Kreiszeitung. Da gibt es eben Informationen zu Themen, die man sonst nicht bekommt. Bei der Zeit ist das die Analyse und die Horizonterweiterung, die man auch nicht anders beziehen kann. Artikel in einer Länge, die man in der Tageszeitung nicht unbedingt findet und im Netz ebenso nicht liest.


    Die Tageszeitung hingegen bietet Information mit zu hohen Schwellen. Sie kommen erst, nachdem man sie am Abend vorher im Fernsehen oder Radio bereits gehört hat.

  • Die Auflagen von Spiegel und Zeit leiden m.W. nicht in gleicher Weise. Das hat Gründe.


    Gruß, Thomas

  • Tomke hat einen wichtigen Punkt kurz angeschnitten. Wer schlägt heute die Tageszeitung auf und erfährt was wirklich neues? Wahrscheinlich niemand. Das meiste hat man schon im fernsehen gesehen. Im Radio gehört oder im Netz gelesen.


    Mehr Hintergrund Infos wären super. Aber da sind die Wochenzeitungen besser. Die Tageszeitung muss sich neu positionieren. Das steht fest. Die Frage ist nur wo und wie.
    Wir haben zu hause eine Boulevardzeitung. Vor allem wegen dem Sportteil.