Alan Bradley - Eine Leiche wirbelt Staub auf / As Chimney Sweepers Come to Dust (Flavia de Luce 07)

Es gibt 26 Antworten in diesem Thema, welches 5.148 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Kiba.

  • Flavia ist an Bord eines Ozeandampfers und todunglücklich - sie befindet sich auf dem Weg nach Toronto, wo sie Miss Bodycotes Female Academy besuchen soll, die Internatsschule, auf der schon ihre Mutter war. Für Flavia fühlt es sich an wie eine Verbannung, und schon auf dem Schiff fehlt ihr alles: Buckshaw, ihr alter Vertrauter Dogger, die mütterliche Mrs. Mullet, ihr heißgeliebtes Fahrrad Gladys, ihr immer trauriger Vater und natürlich ihr herrliches Chemielabor. Sogar beim Gedanken an ihre ätzenden Schwestern wird ihr ganz wehmütig.


    Aber Flavia hat keine andere Wahl und muss sich diesem neuen Lebensabschnitt stellen. Sehr vertrauenerweckend sieht der alte Kasten, in dem die Schule untergebracht ist, bei der Ankunft am späten Abend nicht aus, ein ehemaliges Nonnenkloster mit düsterer Ausstrahlung. Dass noch in derselben Nacht eine Leiche, in einen Union Jack eingewickelt, in Flavias Zimmer aus dem Kamin plumpst, trägt natürlich nicht gerade dazu bei, diesen Eindruck zu revidieren, allerdings geht Flavia nach dem ersten Schrecken das Herz auf: ein neuerlicher ungeklärter Todesfall, womöglich gar ein Mord?


    Doch auch ohne die verkohlte Leiche gäbe es genügend Merkwürdiges und Gewöhnungsbedürftiges bei Miss Bodycote's. Im Lehrerkollegium finden sich einige schillernde bis seltsame Gestalten, darunter eine Frau, die beinahe wegen angeblichen Mordes an ihrem Ehemann gehängt worden wäre. Die Mitschülerinnen sind auch ein schwer zu durchschauendes Häuflein, was nicht alleine daran liegt, dass Flavia die Gesellschaft von so vielen (ungefähr) Gleichaltrigen nicht gewohnt ist. Und das Geheimnis, das Mrs. Fawlthorne, die Schulleiterin, Flavia eines Tages enthüllt, ist auch nicht gerade etwas, was man von einem braven Mädcheninternat erwarten würde.


    Es gibt also für Flavia viele Eindrücke und Neuerungen zu verarbeiten. In diesem Band stürmt sehr viel auf die resolute kleine Hobbychemikerin ein, so dass selbst sie, die für ihr Alter immer noch ein bisschen zu schlau und abgeklärt wirkt, gelegentlich überfordert ist. Viele neue Menschen, ein ganz fremdes Land, in dem sie mit ihrem englischen Akzent die putzige kleine Exotin ist, Autoritätspersonen, die sich ganz anders verhalten als erwartet, schreckliches Heimweh, der lange Schatten, den ihre Mutter auch an ihrer ehemaligen Schule selbstverständlich wirft und dann auch noch ein Mordfall und Gerüchte um das rätselhafte Verschwinden von Schülerinnen.


    Mit Köpfchen und einem kleinen Arsenal an Tricks und Rollen, in die sie bei Bedarf schlüpft, versucht Flavia, Ordnung in dieses Chaos zu bringen und ist damit auch ohne ihr Labor und ihre alten Wegbegleiter auf ihre Art recht erfolgreich. Das Problem ist nur, dass sie bei Miss Bodycote's nicht wie zu Hause weiß, wem sie vertrauen kann und wem nicht.


    Dieser Band scheint allgemein nicht so beliebt zu sein wie die anderen. Mir ging es nur teilweise so. Wie Flavia sich in einem Umfeld zurechtfinden muss, das in jeglicher Hinsicht komplettes Neuland für sie ist, schildert Bradley einfühlsam und natürlich nicht ohne seinen wunderbaren Humor, und der Mordfall ist spannend und etwas skurril (letzteres gilt auch für einen Großteil des Personals).


    Nervig ist aber, dass Alan Bradley meint, noch einen Aspekt draufsetzen zu müssen, der sich schon im letzten Band abgezeichnet hat und überflüssig wirkte. Spaß, Spannung und Unterhaltung wäre aber schon ohne diesen künstlich aufgepfropften Geheimnis-Kram mehr als ausreichend geboten, zumal sich daraus auch einige Szenen ergeben, die doch hart an der Grenze zum Unglaubwürdigen entlangschrammen.


    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





    Einmal editiert, zuletzt von Valentine ()

  • Flavia auf einem Internat! Wie hab ich mich darauf gefreut! Nur Flavia ganz offensichtlich nicht. Dabei tat gerade ihre Bitterkeit dem Buch gut: So viele Mordgelüste sie hatte und wie scharf ihre Zunge war – großartig! :klatschen:
    Insgesamt punktet das Buch mit der Atmosphäre: Flavia weit weg von zu Hause, der Umgang mit gleichaltrigen Mädchen, wenig Licht und schrullige Lehrer. Trotz der Fülle an Charakteren fällt es leicht sie auseinanderzuhalten – was bei Alan Bradley sonst nicht immer der Fall ist.


    Die Handlung ist spannend, auch wenn ich Holden zustimmen muss:

    […] es ergeben sich nach und nach einige Fragen, die meiner Meinung nach nicht richtig oder gar nicht beantwortet werden.


    Mag sein, dass ich einiges überlesen habe (oder es insgesamt verworren war), einige Dinge sind mir in Nachhinein auch nicht ganz klar.


    Nervig ist aber, dass Alan Bradley meint, noch einen Aspekt draufsetzen zu müssen, der sich schon im letzten Band abgezeichnet hat und überflüssig wirkte. Spaß, Spannung und Unterhaltung wäre aber schon ohne diesen künstlich aufgepfropften Geheimnis-Kram mehr als ausreichend geboten, zumal sich daraus auch einige Szenen ergeben, die doch hart an der Grenze zum Unglaubwürdigen entlangschrammen.


    Da bin ich hin- und hergerissen. Während des Lesens fand ich diesen Aspekt spannend. Auch allgemein tendiere ich zum Positiven, da ein neuer Aspekt eingeführt wird. Andererseits, wie du schon sagst, wirkt es schon überzogen und etwas unglaubwürdig.


    Dennoch: Gute Unterhaltung, tolle Atmosphäre und eine Flavia besser denn je! Einzig die Chemie und die berühmt-berüchtigte Lehrerin kamen mir zu kurz. :gruebel:


    4ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

    Es geschah kurz nach Anbruch des neuen Jahres, zu einem Zeitpunkt,

    als die violetten und gelben Blüten der Mimosenbäume rings um die Ambulanz

    aufgesprungen waren und ganz Missing in Vanilleduft gehüllt war.


    Abraham Verghese – Rückkehr nach Missing

  • Flavia de Luce befindet sich auf dem Weg nach Kanada, wo sie Miss Bodycotes Höhere Mädchenschule besuchen soll. Obwohl schon Flavias Mutter Zögling der Bildungsanstalt war, hält sich ihre Freude über den Ortswechsel in Grenzen: Flavia fühlt sich abgeschoben und im Stich gelassen. Doch Flavia wäre nicht Flavia, wenn sie sich selbst bemitleiden und zurückziehen würde. Es kommt wie es kommen muss: Eine Leiche taucht auf, ausgerechnet in ihrem Schlafzimmer. Flavia ist nicht mehr zu halten.


    Gewohnt amüsant und kurzweilig erzählt Alan Bradley von Flavias Erlebnissen weit von Buckshaw, und ich fand das Buch nach dem für mich eher langweiligen vorigen Band durchaus gelungen. Die Frage nach der Sinnhaftigkeit dieses Ausflugs nach Kanada hat sich mir nicht gestellt, ich fand es ganz interessant, Flavia unter Gleichaltrigen zu sehen. Im Internat gehen ja merkwürdige Dinge vor sich, was nicht zuletzt auch an den etwas sonderbaren Professorinnen liegt. Flavia zeigt sich wie üblich sehr übermütig, ihre Versuche mit dem Schreiberling Scroop Kontakt aufzunehmen fand ich köstlich. Schließlich gelingt es Flavia wie immer, mit List und Tücke hinter das ein oder andere Geheimnis zu kommen, wenn ich auch etwas schade fand,



    Ich freue mich auf ein Wieder"lesen" und gebe dem vorliegenden 7. Band


    4ratten

    Liebe Grüße

    Danglard

  • Alan Bradley


    Eine Leiche wirbelt Staub auf


    As Chimney Sweepers come to Dust


    Flavia de Luce 7


    Flavia soll das kanadische Internat besuchen, an dem auch ihre Mutter einst gewesen ist. Sie empfindet es als Verbannung von ihrem geliebten Zuhause und auch von ihrer Familie. Selbst Mrs Mullet und die beiden Schwestern, für die Flavia normalerweise doch eher ambivalente Gefühle hat, vermisst sie jeden Tag. Sie hat Heimweh.


    Ihre Situation ist auch recht schwierig, zumal es ihr nicht nur an Erfahrung, sondern auch an Freunden fehlt. Nicht mal bei den Mitschülerinnen, die sich als Verbündete erweisen könnten, kann Flavia sich wirklich sicher sein. Denn die Schule steckt voller Geheimnisse und Merkwürdigkeiten. Es gibt jede Menge Regeln, bei deren Übertretung Flavia sich möglichst nicht erwischen lassen will, und es gibt mehrere verschwundene Mädchen, über deren Verbleib sich natürlich alle Gedanken machen. Außerdem fällt Flavia mal wieder eine Leiche vor die Füße, wozu sie ja ein einmaliges Talent hat. Zwar kann der kanadische Inspektor seinem englischen Gegenstück nicht das Wasser reichen, aber natürlich will ihn Flavia trotzdem bei den Ermittlungen unterstützen…


    Bei diesem siebten Teil gibt es eine deutliche Entwicklung. Die mittlerweile 12jährige Flavia ist jetzt kein Kind mehr, sondern ein Teenie. Im Internat wirkt es deutlich moderner, als es in den vorherigen Teilen auf Buckshaw der Fall war. Dadurch fehlt das typische Flair der vorherigen Teile hier ein wenig. Außerdem wirkt der Fall bzw. seine Auflösung recht konstruiert. Und irgendwie habe ich nicht recht mitgekriegt, wieso ein Mädchen


    Hat noch jemand das Buch gut genug im Kopf, um mir diesen Punkt zu erklären?


    Knappe 4 von 5 Punkten


    Bechdel-Test ?

    Bücher sind Magie zum Mitnehmen.

  • Da muss ich leider passen, das habe ich nicht mehr im Kopf.


    Wie ging es Dir denn mit dem Geheimnisgedöns um Flavias Mutter?

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Ich kann mich daran leider auch nicht mehr erinnern, das ist zu lange her.

    Zumal das auch der Teil war, der mir am wenigsten gefiel.

  • Tja, dieses Fasanensandwich-Agentending finde ich auch verzichtbar, aber das zeichnete sich ja auch im vorherigen Teil schon deutlicher ab.

    Bücher sind Magie zum Mitnehmen.

  • illy

    Hat den Titel des Themas von „Alan Bradley - As Chimney Sweepers Come to Dust/Eine Leiche wirbelt Staub auf“ zu „Alan Bradley - Eine Leiche wirbelt Staub auf / As Chimney Sweepers Come to Dust (Flavia de Luce 07)“ geändert.