04 - Seite 249 bis 321 (Kapitel 20-26)

Es gibt 13 Antworten in diesem Thema, welches 2.680 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Tina.

  • Hier könnt ihr über den Inhalt von Seite 249 bis 321 (Kapitel 20-26) schreiben.
    Spoilermarkierungen sind aufgrund der Abschnittseinteilung nicht vorgesehen.

    LG, Dani


    **kein Forums-Support per PN - bei Fragen/Problemen bitte im Hilfebereich melden**

  • Wie sehr sich die Schicksale von Max und Mika inzwischen ähneln, was das Lagerleben angeht. Und wieder sind es der Prinz und die Puppen, die den Häftlingen das Leben ein wenig erleichtern. Max verfolgen sein Schuldgefühle und er erkennt die Parallelen zwischen ihnen und den Juden und wie mit ihnen jeweils umgegangen wird, das es hier kaum Unterschiede gibt. Vom sich ausziehen bis zur Häftlingsnummer, die sie sich selbst annähen müssen.


    Als die SS'ler erwähnt werden, die weiterhin im Lager so eine große Klappe haben, wäre mir am liebsten das Messer in der Tasche aufgegangen. Es gibt doch immer noch welche, die es nicht kapieren wollen.


    Und dann diese Flucht aus Sibirien, die ist so mörderisch und es ist ein wahres Wunder, daß Max es bis nach Hause schafft. Ich hatte schon befürchtet, daß Erna womöglich in einer anderen Partnerschaft lebt. Daß sich die Familie auseinander lebt, verwundert mich nicht, jeder hat sein Päckchen zu tragen, was sie voneinander trennt. Sie können oder wollen sich nicht auch noch mit den Erfahrungen/Problemen des Partners belasten – weniger aus Ignoranz, sondern eher, daß sie das nicht auch noch verkraften könnten, könnte ich mir vorstellen.


    Max kommt ja so schon nicht klar mit der Vergangenheit, die Dämonen lassen ihn nicht mehr los - nur der Prinz, der mit ihm das alles durchgemacht hat, kann ihn verstehen. Umso mehr habe ich mich gefreut, daß seine Enkelin Max Lebensfreude zurück gibt und es hat mir sehr leid getan, daß sie ihre Mutter verliert. Ich habe im vorigen Abschnitt überlegt, ob Karl hinter der Puppenaufführung in New York stehen könnte, aber vllt. ist es eher Mara? Sie ist aus der Nachkriegsgeneration, die eher wieder Fragen nach damals stellt, während die Kriegsgeneration ungern über ihre Erlebnisse sprechen und ungern daran erinnert werden will.

    Liebe Grüße

    Karin

  • Das ist verrückt. Ich hätte schwören können, dass ich hier gestern einen langen Beitrag zu diesem Teil geschrieben habe und nun bin ich ganz verwirrt, dass da gar nichts mehr steht. Das ist merkwürdig.
    Also versuche ich nocheinmal zu schreiben, was ich gestern schrieb und ich hoffe mich an alles zu erinnern. Vielleicht war aber uach der Beitrag zu lang. Ich werde einfach meine Gedanken in zwei Beiträge aufteilen.


    Max Flucht aus Sibirien war entsetzlich, aber er schafft es. Das ist zwar hier Fiktion, aber ich habe schon oft von Männern gehört sie unglaublich Strecken zu Fuß zurückgelegt haben, nur um wieder nach Hause zu können.
    Max realisiert von Beginn an, die bizarre Ähnlichkeit der Umstände, unter denen Mika lebte und er in diesem Moment lebt. Die Züge, die Deportation, die Vernichtung der eigenen Würde und Menschlichkeit. Und dennoch, hat es Max besser, als alle im Ghetto. Ihm bleiben die Qualen erspart, zu sehen, wie seine Familie terrorisiert und getötet wird. Hier geht es „nur“ um ihn und ich denke fast, dass er das alles als gerechte Strafe von weit oben ansieht. Als eine Art göttliche Gerechtigkeit. Mich würde ja interessieren, ob Max an einen Gott glaubte. Dann muss er sich nicht nur vor den Menschen, sondern auch einer hohen und intelligenten Entität rechtfertigen.


    Max kann nach Hause, aber diese Option haben die Überlebenden des Holocaust nicht. Sie haben kein zu Hause mehr. Sie haben keinen Ort mehr, an dem sie sich sicher fühlen können. Sie haben so viel Hass und Gewalt und Willkür und Terror erlebt. Das schlimmste daran aber ist, dass diese Menschen diesen Terror in ihrem Heimaltland erlebten, in ihrem zu Hause. Wie kann man sich jemals wieder im Leben irgendwo sicher fühlen? Wie kann man jemals wieder einem Nachbarn vertrauen? Genau dies ist der Grund für die Existenz des Staates Israel. Das erste Mal in ihrem Leben, kann sich die jüdische Bevölkerung sicher fühlen. Zumindest was Verfolgung und Antisemitismus anbelangt. Was den heutigen Konflikt anbelangt, das ist eine andere Geschichte, aber genau hier liegen die Wurzeln, die Theodor Herzl schon immer gespürt hatte.


    Max bekommt seine Strafe, auch wenn er nun wirklich zu den gemäßigten gehört. Er wird diese Schuld mit ins Grab nehmen und niemals wieder davon loskommen, aber er hat ein Gewissen, er ist mitfühlend geblieben und ein Mensch.
    Interessant finde ich, wie sehr ihm der Prinz hilft, auch wenn er nicht antwortet. Der Prinz hört zu und lässt Max seine eigenen Gedanken reflektieren. Dass der Prinz nicht antwortet, ist wohl Max Art, sich selbst zu sagen, dass er den Prinzen eigentlich gar nicht verdient hat, denn immer wieder hört man ja auch das Bedauern aus seinen Gedanken heraus, dass er Mika den Prinzen weggenommen hat, obwohl ja Mika ihm den Prinzen freiwillig gab. Max ist ein sehr differenzierter Mensch und das lässt ihn auch in seiner Seele überleben.


    Ich muss gestehen, dass ich schon das ein oder andere Mal Mitgefühl für Max empfand.


    Was ihn natürlich wahnsinnig macht, ist das nicht wissen, was mit Mika geschehen ist. Das lässt ihn nicht los und zwar bis zu seinem Tod nicht. Wüsste er, dass es Mika geschafft hat, dann könnte vielleicht ein kleiner Teil seiner Schuld gesühnt werden. Ich denke zumindest, dass er so empfindet, aber ich bin mir auch sicher, dass er natürlich will, dass Mika überlebt hat, weil er diesen Jungen einfach mochte.


    Wie geht man mit so einer Schuld um? Und genau hier bin ich mir gar nicht mehr so sicher, für wen von beiden, Mika oder Max, dass Überleben schlimmer und schwieriger war. Ich kann es nicht sagen.

  • Dass Max und Karl sich so entfremden, dass tat mir leid, aber zum Glück gelingt ihnen am Ende eine Aussprache und das war gut so. Klar, wer will schon wissen, welche Verbrechen der eigene Vater begangen hat. Fällt da dann nicht schuld auf einen selbst zurück? Da wäre wieder diese berühmte Erbsünde. Das ist natürlich Quatsch, aber ich denke, auch wenn es hier nicht verbalisiert wurde, dass es genau das ist, was Karl innerlich aufrisst.


    Besonders berührt hat mich hier, sein Verhältnis zu seiner Enkeltochter Mara. Ich denke mal, dass sie so ungefähr mein Jahrgang ist und ich kann mich noch sehr gut an die ersten Bilder erinnern, welche ich von den Konzentrationslagern sah. Da konnte ich wochenlang nicht ruhig schlafen und ich konnte nicht aufhören daran zu denken. Das hat mich wahnsinnig gemacht. Auf einmal bekam das geschehene ein Gesicht, es wurde zu seinem realen Bild. Es war auf einmal mehr als nur Geschichtsunterricht. Diese Bilder sprachen eine dermaßen krasse Sprache, die so sehr verdeutlichte, wie wenig Zeit eigentlich vergangen war, seit dies alles geschehen ist. Es ist deswegen wenig Zeit vergangen, weil Mara wie auch ich die Personen noch kennen, die diese Zeiten miterlebt haben. Es ist dann nämlich auf einmal gar nicht mehr abstrakt und historisch. Es gehört auf einmal, mit einer erschreckenden Wahrheit und Realität, zum eigenen Leben. Auch ich begann zu dieser Zeit nachzufragen, wollte wissen, was meinen Großeltern gemacht hatten in dieser Zeit und ich muss sagen, das ich seitdem extrem stolz bin auf meine Großeltern. Sie haben niemals den Mund gehalten und damit sich und meine Mama, die damals ein kleines Kind war, in Gefahr gebracht, aber mein Opa hat die Nazis gehasst und hat viel Glück gehabt. Er hatte sich geweigert eine Waffe zu nehmen und in den Krieg zu gehen. Er hatte meiner Mutter verboten die Hand zum Hitlergruß zu erheben. Er hatte Glück, dass an den richtigen Stellen Menschen saßen, die ihn mochten, schätzten und schützten. Er wurde im Krieg Koch auf der Krim und wurde dort so schwer krank, dass er nach Hause kam. Viele sagten immer wieder „Karl, pass auf was du sagt, dass bringt dich noch um“, aber er sagte immer, was er dachte. Sie lebten aber auch in einer Kleinstadt und vielleicht hat ihn das gerettet. Ich muss dazu sagen, dass diese Großeltern „Zeugen Jehovas“ waren und gerade von dieser religiösen Gruppe sehr viele im Konzentrationslager endeten. Man kann heute über sie sagen was man will, sie waren definitiv keine Nazikollaborateure, wie der Vatikan. Sie erzählten schon ganz früh von Konzentrationslagern, aber keiner hat ihnen geglaubt. Sie gehörten zu denen, die sehr unangenehm für die Nazis waren, weil sie eben, nicht den Mund hielten und die Wahrheit über die menschenverachtende Tötungsmaschinerie verbreiteten.


  • Max Flucht aus Sibirien war entsetzlich, aber er schafft es. Das ist zwar hier Fiktion, aber ich habe schon oft von Männern gehört sie unglaublich Strecken zu Fuß zurückgelegt haben, nur um wieder nach Hause zu können.


    Das kann man sich gar nicht vorstellen, unter solchen Umständen diese Strecke durch die Schneelandschaft Sibiriens zurück zu legen.



    Ich muss gestehen, dass ich schon das ein oder andere Mal Mitgefühl für Max empfand.


    Ich auch.



    Wie geht man mit so einer Schuld um? Und genau hier bin ich mir gar nicht mehr so sicher, für wen von beiden, Mika oder Max, dass Überleben schlimmer und schwieriger war. Ich kann es nicht sagen.


    Da hast du recht, es haben beide ihr Päckchen zu tragen.



    Diese Bilder sprachen eine dermaßen krasse Sprache, die so sehr verdeutlichte, wie wenig Zeit eigentlich vergangen war, seit dies alles geschehen ist.


    Stimmt, jetzt sind es "schon" 70 Jahre her, aber in meiner Jugendzeit war das auch noch nicht so lange her, das hat mich damals auch entsetzt, da man solche Gräueltaten gedanklich eher in frühere Jahrhunderte stecken möchte.


    Tina, deine Großeltern haben meinen vollen Respekt.

    Liebe Grüße

    Karin

  • Ich habe gestern diesen Abschnitt gelesen, weil das tolle Wetter meine trübe Stimmung durch das Lesen immer wieder angehoben hat.


    Das Leben im Lager hat mich bedrückt. :sauer: Jetzt macht Max dieselben Erfahrungen wie die Menschen im Ghetto. Man neigt immer dazu zu denken: "Ausgleichende Gerechtigkeit", aber so ist es ja nun wirklich nicht. "Auge um Auge und Zahn um Zahn." sollte niemals gelten.


    Max Flucht empfand ich als immens spannend. Dauernd habe ich damit gerechnet, dass er es nicht schaffen wird und dann kommt er doch heim, allerdings als gebrochener Mann. Dass die Familie da nicht so richtig zusammenfinden kann, ist doch irgendwie klar, oder? Ich frage mich bei so etwas immer was besser wäre: Sterben und damit erlöst sein oder weiterleben mit den Erinnerungen und Erlebnissen? Ich denke mal, man wird sich wohl fürs Leben entscheiden, auch wenn das der schwerere Gang ist.

    &WCF_AMPERSAND"Das Buch als Betriebssystem ist noch lange nicht am Ende&WCF_AMPERSAND" (H.M. Enzensberger)


  • Max kann nach Hause, aber diese Option haben die Überlebenden des Holocaust nicht. Sie haben kein zu Hause mehr. Sie haben keinen Ort mehr, an dem sie sich sicher fühlen können. Sie haben so viel Hass und Gewalt und Willkür und Terror erlebt. Das schlimmste daran aber ist, dass diese Menschen diesen Terror in ihrem Heimaltland erlebten, in ihrem zu Hause. Wie kann man sich jemals wieder im Leben irgendwo sicher fühlen?


    Deine Gedanken liebe Tina haben mich tief berührt, denn darüber habe ich bisher noch gar nicht nachgedacht und schäme mich nun. :redface:


    Recht hast du, dass es die Juden noch schlimmer hatten, weil sie einfach nicht in ihre Heimat zurück können, während es die Überlebenden des Krieges schon können. Wohin, wenn es kein Zuhause, keine Heimat mehr gibt?

    &WCF_AMPERSAND"Das Buch als Betriebssystem ist noch lange nicht am Ende&WCF_AMPERSAND" (H.M. Enzensberger)


  • Tina:
    Kann es sein, daß ein Teil deines Beitrages in den 5. Abschnitt gehört?


    Oh entschuldigung. Das kann sein, ich bin mir nicht mehr sicher und ich habe es gerade eben erst gelesen. Ich hoffe, ich habe nichts verraten. Wekchen Teil meinst du, dann lösche ich es wieder. :redface:

  • Die Flucht von Max ist ein echtes Wunder - ich hätte mich wohl genau wie seine Mit-Flüchtlinge irgendwann hingelegt und wäre gestorben. Die Ausmaße von Russland sind für uns ja praktisch unvorstellbar und er legt den größten Teil zu Fuß zurück...


    Dass nach all diesen Erlebnissen eine Rückkehr ins normale Leben nicht so einfach möglich ist, wird hier gut beschrieben.
    Die Frau hat ihre eigenen schrecklichen Erfahrungen während der Bombardierung gemacht, aber das ist ein kleiner Horror (so weit man das sagen kann) im Vergleich zu dem, was Max durchgemacht hat.
    Zwischen ihnen herrscht aber einfach eine Sprachlosigkeit, die sie nicht mehr überwinden können. Lieber spricht Max mit dem Prinzen, da stößt er auf mehr "Verständnis", immerhin haben sie das alles "zusammen" durchgemacht.


    Schön fand ich, dass die Enkelin wieder Licht in Max' Leben gebracht hat und er am Ende auch Karl alles erzählt hat. Was der nun daraus machen wird?

    LG, Dani


    **kein Forums-Support per PN - bei Fragen/Problemen bitte im Hilfebereich melden**


  • Oh entschuldigung. Das kann sein, ich bin mir nicht mehr sicher und ich habe es gerade eben erst gelesen. Ich hoffe, ich habe nichts verraten. Wekchen Teil meinst du, dann lösche ich es wieder. :redface:


    Entschuldige Tina, ich habe deinen Beitrag eben erst gesehen :redface: Jetzt ist es bei mir auch schon ein paar Tage her, aber ich glaube, dein zweiter Beitrag bezieht sich hauptsächlich auf den nächsten Abschnitt.

    Liebe Grüße

    Karin

  • Ihr habt ja alle schon etwas zum Inhalt geschrieben, deshalb wiederhole ich das hier nicht.


    Es ist schon sehr bedrückend, dieses Buch.


    Jetzt hat Mika es "geschafft" - wie man es nennen mag -und nun muss Max leiden. Ob zu recht oder zu unrecht, darüber mag ich gar nicht urteilen. Man könnte ja sagen: Auge um Auge, aber ich denke nicht, dass diese Art der Vergeltung durch das Schicksal ( oder durch eine höhere Macht ) richtig ist.
    Es gibt ja einige Bücher über russische Kriegsgefangenschaft und die Flucht aus Sibirien, eines kennt ihr sicher, das ist "So weit die Füße tragen". Ich kenne leider nur den neueren Film aus 2001, aber Max Erlebnisse kann ich mir gerade deshalb auch bildhaft vorstellen.
    Selbst die, denen die Flucht gelingt und die diese überleben sind kranke Seelen, die zuviel Leid erlebt und gesehen haben. In Max Fall kommt noch dazu, dass er spätestens jetzt zutiefst bereut, was er im Krieg für eine Rolle innehatte, selbst wenn er nur Befehlsempfänger war.
    Krieg ist etwas Schreckliches!


    Ich hoffe so sehr, dass das Buch auch noch ein paar gückliche Momente für mich als Leser übrig hat. Es ist schließlich ein Roman und keine Tatsachenbericht. Ich bin nach der Lektüre immer noch sehr erschöpft und traurig. Deshlab hinke ich auch ein wenig hinterher mit diesem Buch. Geht Euch das nicht so?


  • Es gibt ja einige Bücher über russische Kriegsgefangenschaft und die Flucht aus Sibirien, eines kennt ihr sicher, das ist "So weit die Füße tragen". Ich kenne leider nur den neueren Film aus 2001, aber Max Erlebnisse kann ich mir gerade deshalb auch bildhaft vorstellen.


    An diesen Film mußte ich auch denken.

    Liebe Grüße

    Karin

  • Entschuldige Tina, ich habe deinen Beitrag eben erst gesehen :redface: Jetzt ist es bei mir auch schon ein paar Tage her, aber ich glaube, dein zweiter Beitrag bezieht sich hauptsächlich auf den nächsten Abschnitt.


    Ich habe es jetzt geändert und den letzten Abschnitt in den 5. Teil verschoben. :winken: