Erst nach dem Auspacken aus der Folie merkt man, wie edel der Einband wirklich ist. Es fühlt sich ganz samtig an und die Muscheln schimmern so schön. Muscheln wie Gehirnwindungen. Allein dafür sollte es schon einen dicken Stern geben. Und wie mir gerade erst auffällt passt es optisch auch zu "Alles Licht...". Tolles Verlagskonzept.
Die Optik und Haptik ist wirklich bestechend, ein echtes Schmuckstück im Regal! :smile:
Ich habe auch darüber nachgedacht. Ich finde aber, Alma macht einen glücklichen Eindruck, wenn sie ihre Erinnerungen anschauen darf. Auch wenn sie sie sofort wieder vergisst. Im Augenblick, in dem sie die Erinnerungen "anschaut" empfindet sie wohl schon so etwas wie Glück. Das finde ich irgendwie schön. Und gerade da sie ja sonst ganz alleine ist und sich niemand um sie kümmert, ist es doch zumindest ein kleines Stückchen Freude. Was würde sie sonst den ganzen Tag machen? Rumsitzen? Fernsehen? Ich kann es nicht rundweg ablehnen, aber wie alles müsste man halt Gesetze und Regeln schaffen, dass so etwas richtig genutzt werden kann.
Hier könnte man sicher lange diskutieren über den moralischen Aspekt dieser Errungenschaft. So ganz abtun möchte ich die Technologie nicht, vor allem da die Probanden (in dem Falle Alma) selbst darüber entscheiden können, ob sie mit ihren eigenen Erinnerungen gefüttert werden oder nicht. Die Auswüchse dagegen, wie wir es in den Abschnitten mit Luvo erleben, lassen mich wieder zurück schrecken. Ich bin also zwiegespalten.
Aber was hat es mit dieser besonderen Kassette auf sich, die Pheko in der Küche aufbewahrt? Ist es möglicherweise genau die, die Roger und Luvo suchen?
Der Gedanke ist mir auch schon gekommen. Das wäre ja echt ein Ding, Luvo muss die ganzen Massen von Kassetten durcharbeiten und dabei liegt die eine, die er finden soll, im Küchentisch. Würde aber irgendwie Sinn machen für die Handlung.
Aus unserer momentanen Sicherheit heraus denken wir bestimmt anders, als zu einem Zeitpunkt, an dem wir direkt betroffen sind.
Genau, darüber habe ich auch nachgedacht. Wie würde ich selbst mich entscheiden, wenn absehbar ist, dass ich meine kompletten Erinnerungen verliere? Würde ich mich nicht auch diesem Verfahren unterziehen, um zumindest zeitweise "ich" zu bleiben?
Alma scheint sich bei der Anwendung ja nicht eigentlich zu erinnern, sondern die Szene erneut zu durchleben. Man versuchte dabei wohl eine Erinnerung an eben dies "neu-durchlebte" zu speichern und somit zu erhalten.
So habe ich es auch verstanden.
Heißt das nicht im Grunde genommen, dass wir uns praktisch nur über unsere Erinnerung definieren?
Gegenfrage: über was sonst?
Anthony Doerr macht das gut, anfangs Fragen aufzuwerfen, die sich nicht aus dem Kontext beantworten lassen und sich erst aufklären, wenn man weiterliest, etwa die Schritte auf der Treppe, die ich erst Almas verwirrtem Geisteszustand zugeschrieben und als eingebildet abgetan hatte.
Das hast du schön formuliert, genauso ist es. Er hat das wirklich gut drauf, seine LeserInnen zunächst zu verwirren, dann neugierig zu machen und am Ende eine Erklärung zu liefern.
Auch Almas Perücke war so ein Thema. Ich dachte, sie hat ihre Haare vielleicht infolge einer Chemotherapie oder einer Krankheit verloren, doch dann war von den vier Ports in ihrem Kopf die Rede, und es wurde klar, dass wir uns nicht in der Gegenwart befinden oder zumindest nicht in der Realität.
Da ging es mir wie dir. Die Perücke hat mich zunächst stutzen lassen, war dann aber logische Folge der OP und ein gutes Mittel, das Ganze zu erklären.
Daran musste ich auch denken, ich habe das neulich bei einem Bericht über die CeBIT gesehen und fand es unglaublich gruselig. Irgendwelche Implantate, die keinen medizinischen Nutzen haben, finde ich ziemlich krank.
Ich hab den Bericht auch gesehen und mich empört. Dann fiel mir ein, dass alle meine Tiere gechipt sind und ich wurde ganz schnell kleinlaut...
Bei den ersten Seiten hat es mich noch sehr gestört, dass das Buch im Präsens geschrieben ist. Gerade den ersten Satz fand ich seltsam: "Die vierundsiebzigjährige Alma Konachek wohnt in Vredehoek..." Das liest sich doch eher wie ein Zeitungsartikel oder ein Schüleraufsatz. Als man dann mehr über Alma und ihre Situation erfahren hat, fand ich die Zeitform dann wieder passend. Alma lebt ja selbst nur in der Gegenwart, an ihre Vergangenheit kann sie sich nicht erinnern. Jedes Ereignis aus Almas Sicht kann also nur im Hier und Jetzt stattfinden.
Mir hilft das Präsens bei Einordnen der Geschehnisse, weil ja doch immer wieder Rückblenden eingeflochten werden, die dann in der Vergangenheitsform geschrieben sind. Aber irritiert hat mich dieser erste Satz auch, wenn auch nur kurz.