Patricia A. McKillip - Meereszauber

Es gibt 3 Antworten in diesem Thema, welches 1.226 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Morwen.

  • So, habe gerade im „Was lest ihr gerade“-Thread gesehen, dass eine Rezi zu diesem Buch gewünscht wird. Also voilà:


    Der Inhalt (nicht der Klappentext, in dem von irgendwelchen Zauberbüchern die Rede ist, die zwar später in der Geschichte vorkommen - besser gesagt, es kommt ein Buch vor, aber in einem ganz anderen Zusammenhang):
    Seit ihr Vater eines Tages nicht mehr vom Fischen heimkehrte, kann die junge Ane (Abkürzung von Anemone) den Anblick des Meeres nicht mehr ausstehen. Ganz anders ergeht es dem Prinzen Kir, der mit dem König und dessen Gefolge die Küstenregion besucht: Kir sehnt sich mehr als alles andere nach dem Meer und kann das Leben an Land kaum ertragen. Allabendlich reitet er auf seinem Pferd an den Strand, starrt in die dunkle See und lauscht der Meeresbrandung. So lernen sich die beiden eines Nachts auf dem Strand kennen und freunden sich an. Als Kir von Anes Plan erfährt, das Meer zu verhexen, bittet er sie, dem Meer eine „Botschaft“ von ihm zu übermitteln. Kurz darauf erscheint plötzlich ein Seedrache, der eine goldene Kette um den Hals trägt und Ane findet sich unversehens in einem magischen Abenteuer wieder, das sie sich nicht in ihren wildesten Träumen hätte ausmalen können.


    Kommentar:
    Patricia A. McKillip versteht es meisterhaft, uns Leser mit ihrer Sprache zu verzaubern. Wundervolle Ideen werden da verarbeitet: magische Wesen aus dem Meer, Hexensprüche, ein Zauberer, der dauernd aus dem Nichts auftaucht (und den ich übrigens total sympathisch finde) und eine märchenhafte Atmosphäre, die einen in den Bann zieht, so wie der Prinz Kir vom Meer in den Bann gezogen wird. Da die Geschichte mit 196 Seiten relativ kurz ist, ist die Entwicklung der Charaktere allerdings leider etwas zu kurz geraten. So kann ich es zwar akzeptieren, dass sich der Prinz in Ane verliebt ([size=7px]genauso wie fast alle männlichen Protagonisten dieses Romans – ich hoffe das wird jetzt nicht als zu spoilerhaft aufgefasst, aber die Liebeswirren um Ane spielen in der Geschichte eigentlich nicht wirklich eine Hauptrolle[/size]), so recht nachvollziehen kann ich die „tiefen Gefühle“, auf die im Klappentext Bezug genommen wird, allerdings nicht – dafür geht alles ein bisschen zu schnell. Wer auf Action und Schlachtengetümmel à la Elfen, Orks, Zwerge und Konsorten steht, der ist hier definitiv falsch. McKillip geht alles ein wenig ruhiger an, dafür werden wir mit einem wunderschönen, meisterhaft erzählten Märchenabenteuer belohnt, das sich auf jeden Fall zu lesen lohnt.


    Meine Bewertung:
    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:
    weil ich mit den Charakteren (außer Lyo, dem Zauberer) eigentlich nicht so richtig warm geworden bin.


    lg,
    Tamora :blume:

  • Hallo!


    Vielen Dank! Das klingt wirklich gut. Jetzt weiß ich ungefähr, worauf ich mich einstellen kann, sofern der Stil der Autorin in Im Drachenturm und in Erdzauber nicht völlig anders ist. Und Meereszauber wandert nun auch auf den SuB!


    Liebe Grüße,
    melima

  • Ein wundervolles Buch, welches mich regelrecht verzaubert hat! Schon nach ein paar Seiten war ich mitten drin, und habe mit Ane - eine Abkürzung für Anemone - gehofft und gelitten. Der Schreibstil ist etwas besonderes, es kommt eine Atmosphäre wie in einem Märchen auf - was durch Magier, Seedrachen, Prinzen und Magie noch gefördert wird. Ich konnte völlig abtauchen, und es gab auch ein paar Überraschungen.


    Ich hatte vorab Bedenken, dass dieses doch recht dünne Buch (196 Seiten) mich in Bezug auf den Zugang zu den Personen zufriedenstellen kann. Dies war völlig unbegründet, schon nach wenigen Seiten fühlte ich mich den Personen sehr nah - etwas was nicht unbedingt jedes dickere Buch schafft. Und ich musste sogar weinen, ein besseres Zeichen gibt es für mich nicht.


    5ratten

  • Hallo allerseits,
    ich habe das Buch gestern fertig gelesen, allerdings in der englischen Ausgabe, wo es "The Changeling Sea" heißt, und ein wunderschönes Cover besitzt

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    Den Plot hat Tamora ja bereits angedeutet, mehr brauch hier nicht gesagt werden, denn dies ist wieder eins von den Büchern, wo die Personen und ihre Beziehungen mindestens so wichtig sind, wie der Plot (wenn nicht sogar wichtiger). Und noch wichtiger ist die Sprache, sogar im doppelten Sinne: denn zum einen ist McKillip eine Meisterin der Sprache, sie schafft es, mit wenigen Worten eine zauberhafte, märchenhafte, träumerische Atmosphäre zu schaffen, die trotzdem nicht die Bodenhaftung verliert (dafür sorgen immer wieder die Szenen in der Gastwirtschaft mit den Fischern und anderen Dörflern); zum anderen muß Peri (hier heißt sie nicht Ane, sondern Peri als Abkürzung für periwinkle, was eine Strandschnecke, aber auch ein Immergrün sein kann; so gesehen ist Ane/Anemone eine sehr gelungene Übersetzung, da sie auch die Doppelbedeutung möglich macht), dem einen Prinzen erst das Sprechen beibringen - und diese Szenen sind so anrührend, so überzeugend, dass man fast weinen möchte.


    Es gäbe wieder so viel zu bewundern und loben an diesem Buch: dass die Autorin sich nicht mit selbstverliebtem "world-building" aufhält und die Handlung in "brilliant" ausgedachten Details ertränkt. Ich muss dauernd an einen Vergleich mit einem Gemälde denken: viele Fantasy ist wie ein wuchtiges Ölgemälde: die Farbe dick aufgetragen, am besten noch mit dem Spachtel, detailverliebt und üppig. Dies hier ist eher wie ein Aquarell, vielleicht eine Illustration von Lisbeth Zwerger (meine Lieblings-Illustratorin), luftig und duftig hingetupft mit viel Raum für die eigene Vorstellungskraft.


    Das Personal der Erzählung ist relativ überschaubar, aber bis in die Nebenrollen liebevoll und glaubwürdig charakterisiert, hier werden echte Menschen beschrieben, mit all ihren, oft albernen oder ernsten, Wünschen und Hoffnungen.


    Auch wie die Magie in diesem Buch beschrieben wird ist faszinierend: sie ist Teil der Welt, aber nicht selbstverständlich, sie wird nicht "tot-erklärt"; und oft ist sogar der Zauberer Lyo (eine wunderbare Figur, die oft für einen herrlichen trockenen Humor sorgt, ohne albern zu werden) überrascht, was seine Magie gerade wieder bewirkt hat.


    Insgesamt könnte man diese Art von Büchern vielleicht als Kammer-Fantasy bezeichnen: keine epischen Ausmasse, keine Armeen an Akteuren an Dutzenden von Orten, keine Weltreiche oder Universen, die gerettet werden müssen; sondern nur eine handvoll Personen, die an wenigen Schauplätzen mit Liebe und Hass, Verlust und Trauer und Sehnsucht hadern.


    Ein absolut wundervolles Buch - volle Leseempfehlung


    5ratten

    "What we remember is all the home we need."

    Roberet Holdstock, Avilion


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