Der grobe Plot ist relativ schnell erzählt. 1962 zieht die achtjährige Madeleine, Tochter eines kanadischen Berufssoldaten, mit ihrer Familie auf den Militärstützpunkt Centralia in der kanadischen Pampa. Das Umziehen ist sie gewohnt, sie findet auch schnell neue Freundinnen, genau wie ihre Eltern rasch einen Freundeskreis aufbauen.
Die Kubakrise stürzt alle in Angst und Schrecken, doch mit dem Einlenken der Russen ist diese Gefahr gebannt. Doch im darauffolgenden Sommer sorgt etwas ganz anderes in Centralia für Trauer, Angst und Aufruhr - eine Mitschülerin von Madeleine wird tot auf einer Waldlichtung aufgefunden.
Nach diesem Vorfall ist in Centralia nichts mehr wie früher. Viele ziehen weg, eines Tages auch Madeleine und ihre Familie. Doch der Tod des Mädchens lässt sie ihr ganzes Leben nicht mehr los.
Das Buch ist jedoch kein Thriller. Auf 700 Seiten entfaltet sich manchmal fast quälend langsam ein Porträt des Lebens auf einem Militärstützpunkt im Kalten Krieg, die Geschichte von Madeleines Familie, aber auch der ganzen "Dorfgemeinschaft", die nach dem mysteriösen Todesfall unter Ängsten, Verdächtigungen und Vorwürfen auseinanderbricht.
Es ist keine leichte Kost, dieser Blick in die Gedankenwelt der kleinen Madeleine mit ihrem Imitationstalent (später wird sie als Komikerin daraus Kapital schlagen), die versuchen muss, Dinge zu verarbeiten, für die sie eigentlich noch zu klein ist. Das ganz Alltägliche (Familienleben, Streitereien, Ärger in der Schule) geht beim Erzählen Hand in Hand mit dem Weltgeschehen - und mit den Vorfällen in Centralia, die die Ermordung des kleinen Mädchens nach sich zieht.
Mehr kann man schlecht verraten, ohne zu spoilern, was das Rezensieren natürlich erschwert. Wie schreckliche Ereignisse hier unsentimental und unpathetisch geschildert werden, im fast beiläufigen Ton eines Kindes, erinnert ein wenig an John Irving, doch das Buch driftet nicht wie bei ihm üblich ins Skurrile ab, sondern bleibt sehr realitätsnah.
Im zweiten Teil, wenn Madeleine erwachsen ist und aus über 20 Jahren Abstand auf das Geschehene zurückblickt, fand ich die Erzählweise zunächst ein wenig anstrengend, weil so viele lose Fäden aus der Vergangenheit hier endlich verknüpft wurden (manchmal dauerte es mir ein klein wenig zu lang), doch insgesamt hat mich das Buch gleichzeitig in seinen Bann gezogen und geschockt.
Ein außergewöhnliches Buch (auch wenn mir das Kind Madeleine authentischer und sympathischer schien als die Erwachsene).
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