Kaufen* bei
Amazon
Bücher.de
Buch24.de
* Werbe/Affiliate-Links
Sarah ist auf den ersten Blick das Idealbild einer erfolgreichen Frau. Sie führt eine Bilderbuchehe, hat drei Kinder und einen gut bezahlten Job als leitende Angestellte. Doch gerade ihre Arbeit fordert einen Großteil ihrer Zeit. Rund um die Uhr ist sie damit beschäftigt, selbst Zuhause plant sie noch Termine, entwirft Strategien und beantwortet bei jeder Gelegenheit E-Mails. Die Zeit der Kinder ist schon genauso streng getaktet. Sie besuchen eine Privatschule und werden fast seit ihrer Geburt tagsüber von einer Studentin betreut. An einem besonders hektischen Morgen schlägt dann das Schicksal zu: Auf dem Weg zur Arbeit hantiert Sarah mit dem Handy und verunglückt mit dem Wagen. Als sie im Krankenhaus wieder zu sich kommt, kann sie ihre komplette linke Körperseite nicht mehr wahrnehmen und kontrollieren. Eine lange Rehabilitationszeit beginnt, in der Sarah nicht weiß, ob ihre Bemühungen mit Erfolg gekrönt sein werden. Ihr ganzes Leben ist auf den Kopf gestellt. Schwierig wird es vor allem, als sich in der Familie noch ganz andere Probleme auftun und zudem ihre Mutter, zu der sie kein besonders gutes Verhältnis hat, als Helferin auftaucht.
Sarah hat die Unterstützung ihres Mannes, der ihr nicht nur physischen Halt gibt. Auch in der Reha-Klinik bekommt sie alle erdenkliche Hilfe. Doch der Gewöhnung an die Tatsache, dass nun andere ihre Aufgaben übernehmen, muss sie sich alleine stellen. Sie vermisst die Anerkennung in ihrer Firma und glaubt fest daran, innerhalb weniger Monate wieder an ihrem Arbeitsplatz zu sein. Es ist ein schmerzhafter Prozess festzustellen, dass sie davon weit entfernt ist, denn ohne fremde Hilfe kann sich kaum etwas tun.
Wie in ihren anderen Büchern hat sich Lisa Genova wieder dem Thema einer Krankheit gewidmet und beschreibt, wie schwer der Weg zurück in ein normales Leben ist, wenn er überhaupt je möglich ist. Bei einem Visuellen Neglect, den Sarah erlitten hat, nimmt die Patientin ihre linke Körperseite und alles, was sich links von ihr befindet, nicht wahr und bemerkt das auch nicht. Neben vielen Ausfallerscheinungen führt das mitunter auch zu peinlichen Situationen, die im Buch zwar lustig klingen, aber für die Betroffene eine große Belastung sind. Sarah bleibt ihrem Typ treu und versucht ihr möglichstes, auf manchmal sehr eigenwillige Weise ihren Zustand zu verbessern. Sie ist zur Außenseiterin geworden, aber das bringt auch unerwartete positive Wendungen in ihr Leben (von denen ich nichts verraten möchte), die einer gesunden Sarah nie widerfahren wären. Schritt für Schritt findet sie sich mit ihrer Behinderung ab und lernt sie zu akzeptieren. Der Unfall hat ihr die Augen geöffnet, dass sie zu erfolgsorientiert war in ihrem Bestreben, im Job und in der Familie immer 100 Prozent zu leisten, und dass dabei unmerklich wichtige Beziehungen darunter leiden. Die verbliebene Energie muss jetzt anders verteilt werden. "Glück" wird neu definiert.
Es ist wieder ein Buch von Lisa Genova, das zeigt, dass schwer kranke Menschen, deren Leben völlig verändert ist, auch mit seelischen Problemen kämpfen. Die Geschichte dieser jungen Familie ist spannend, aber im Ganzen kommt sie nicht an die Intensität von "Mein Leben ohne Gestern" heran.