Karin Alvtegen - Scham

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    Inhalt
    Monika ist Ende dreißig und eine scheinbar erfolgreiche Ärztin mit rosiger Zukunft. Maj-Britt ist Mitte fünfzig, bösartig, verbittert und so unsagbar dick, dass sie ihre Wohnung nicht mehr verlassen kann.
    Zwei Frauen, wie sie unterschiedlicher nicht sein können - und doch haben sie etwas gemeinsam: Hinter ihren müsham errichteten Fassaden aus Erfolg beziehungsweise Bosheit, leiden beide bis zur Selbstverleugung an tonnenschwerer Schuld, für Geschehnisse, die weit in der Vergangenheit liegen. Durch einen Zufall kollidieren die Schicksale der beiden Frauen, und ihre über Jahre erbauten Schutzwälle drohen plötzlich einzustürzen. Ein Brief, ein Anruf - und sie geraten in einen gnadenlosen Sturdel von Lügen, Erpressung und menschlichen Abgründen.
    "Scham" ist das packende Porträt zweier Menschen, die unaufhaltsam auf den Zusammenbruch zusteuern. Mit dem Seziermesser legt Karin Alvtegen Schicht um Schicht ihrer Seelen frei.


    Meine Meinung
    Ein mörderisch spannendes Buch und dabei kommt Karin Alvtegen ganz ohne Mord und Totschlag aus. Die Spannung ist eher psychologischer Natur. Einfühlsam werden die beiden Hauptfiguren mit ihren Ängsten und Beklemmungen geschildert und nach und nach ihr Schicksal entblättert. Und was da unter der Oberfläche zu Tage tritt, lässt mich mit beiden tiefes Mitgefühl haben. Mitreißend wird erzählt, wie ihre beiden Schicksale durch Zufall miteinander in Verbindung geraten.
    Ich habe das Buch regelrecht verschlungen und konnte nicht lange mit Lesen aufhören. Dafür vergebe ich 5ratten

    Einmal editiert, zuletzt von nimue ()

  • Monika ist erfolgreiche Chefärztin und hat eigentlich alles, was man sich wünschen kann - nur mit Beziehungen tut sie sich schwer wegen der Schuldgefühle, die sie quälen, seit ihr Bruder mit 17 bei einem Brand ums Leben kam, den sie verschuldet zu haben glaubt. Doch seit einiger Zeit ist sie zum ersten Mal in ihrem Leben glücklich verliebt.


    An Maj-Britt ziehen die Tage gleichförmig vorbei. Unsäglich übergewichtig hockt sie in der Wohnung, voller Hass und Bitterkeit auf ihre Umwelt, und erträgt die Besuche der Krisenhilfe-Mitarbeiter nur, weil sie ohne fremde Hilfe ihren Alltag nicht mehr bewältigen kann. Was niemand weiß: tief drinnen quälen sie immer noch schreckliche Erinnerungen an Scham, Demütigung und Schuldgefühle aus ihrer Jugend und der Zeit ihrer Ehe.


    Dann werfen zwei Ereignisse die beiden Frauen, die sich nie gesehen haben, völlig aus der Bahn und führen sie letztendlich zusammen: Maj-Britt erhält einen Brief von einer Freundin aus alten Zeiten, der sie wider Willen mitten ins Herz trifft und sie zwingt, über die schlimmen Erinnerungen nachzudenken. Monika entgeht durch Zufall einem tödlichen Autounfall, plagt sich deshalb erneut mit Schuldgefühlen und glaubt, um jeden Preis etwas wieder gutmachen zu müssen.


    Das Buch ist kein Thriller, wie es meine Bibliothek etikettiert hat. Es ist auch kein Krimi, wie man es von Frau Alvtegen gewohnt ist. Vielmehr erinnert der Roman an die spannenden psychologischen Studien von Barbara Vine. Auch hier blickt man in die Seelenabgründe der Protagonistinnen, die in ihren Erinnerungen und daraus resultierenden negativen Gefühlen so gefangen sind, dass man sie manchmal schütteln möchte, erlebt ihre Obsessionen und Abneigungen hautnah mit, bis sich die Lebenswege der beiden schließlich kreuzen und sich ihrer beider Leben unwiderruflich dadurch verändert.


    Die Auflösung des Buches hat mich nicht völlig überzeugt, doch davon abgesehen ist es eine lesenswerte Charakterstudie zweier Frauen, die völlig verschieden sind und sich doch in ihrem tiefsten Innern ähneln.


    4ratten

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Hallo!


    Monika und Maj-Britt sind zwei Frauen, die unterschiedlicher nicht sein können. Die eine ist eine erfolgreiche Ärztin und ist beruflich wie privat nur für andere da, die andere hat sich in ihrer Wohnung vergraben und meidet jeden menschlichen Kontakt. Der Grund ist bei beiden Frauen der gleiche: sie geben sich für ein ein tragisches Ereignis in ihrer Vergangenheit die Schuld und tun alles, um die Erinnerungen daran zu verdrängen. Obwohl Monika die scheinbar erfolgreichere ist kommt mir Maj-Britt stärker vor. Im Gegensatz zu Monika, die ständig auf den Beinen ist und alles tut um sich abzulenken ist Maj-Britt in ihrem selbstgewählten Gefängnis mehr damit konfrontiert und macht sich meiner Meinung nach auch mehr Gedanken über ihre Vergangenheit.


    Dem Leser wird recht früh klar dass es zwischen den Frauen einen Zusammenhang geben muss. Ich zumindest war lange auf der falschen Fährte, denn ich habe den Zusammenhang in der Vergangenheit gesucht. Dass er sich erst im Lauf der Geschichte entwickelt war mir lange nicht klar. Ich habe die beiden Frauen in ihrem täglichen Leben beobachtet das die Autorin eindrucksvoll beschreibt. Während Monika für ihre Mutter immer nur zweite Wahl war bekam Maj-Britt die Aufmerksamkeit, die Monika sich gewünscht hätte und wollte doch nichts anderes als unbeachtet zu bleiben. Als sich ihre Wege schließlich kreutzen ist Maj-Britt diejenige, die die Initiative ergreift und die Handlung nochmals in eine andere Richtung schubst. Am Ende ist es ihr Eingreifen, dass auch Monika aus ihrem inneren Gefängnis befreit genauso wie es auch sie selbst befreit.


    @Tanquola: danke für den Tipp :winken:
    4ratten :marypipeshalbeprivatmaus:


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Meine zweite Meinung

    Die Dinge spielen sich lange unter der Oberfläche ab, weil weder Monika noch Maj-Britt zulassen, dass sie sich damit befassen müssen. Es gibt Andeutungen, was passiert ist (passiert sein kann), aber erst, als im Leben der beiden Frauen eine neue Katastrophe passiert, müssen sie sich auch den Ereignissen aus der Vergangenheit stellen. Denn jetzt haben sie keine Kraft mehr, sie weiter zu verdrängen.


    Ich fand weder Monika noch Maj-Britt wirklich sympathisch. Beide wirkten verbittert, was bei Monika ein wenig dadurch gemildert wurde, dass sie durch ihren Beruf von Menschen umgeben war, mit denen sie auskommen musste. Maj-Britt dagegen konnte ihre Gefühle ihren Betreuern ungefiltert entgegen schleudern. Egal, wie sie sich ihnen gegenüber verhalten würde, sie würden immer wiederkommen.


    Karin Alvtegen erzählt eine düstere Geschichte, bei der es an vielen Punkten die Möglichkeit gegeben hätte, dass sie sich in eine bessere Richtung wendet. An dem Punkt, an dem der Roman beginnt, sind beide Frauen schon so in ihren Routinen gefangen, dass es kaum noch ein Entkommen zu geben scheint. Aber dann kommt eine unerwartete Dynamik in die starren Strukturen, die mir Hoffnung macht, dass es für Monika und Maj-Britt doch noch ein anderes Leben geben könnte, auch wenn die ersten Schritte fast unmöglich scheinen.

    5ratten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.