Jurij Brezan - Krabat oder Die Verwandlung der Welt

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    Im Rahmen des SUB-Listen-Wettbewerb 2006 habe ich das erste Buch aus meinen sieben "Nominierten" gelesen. Ich habe mich für Jurij Brezans "Krabat oder Die Verwandlung der Welt" entschieden, da dieses Buch schon recht lange bei mir vor sich hinsubte, ich es schon mehrfach in der Hand hatte, um es endlich mal zu lesen und es doch immer wieder ins Regal zurücklegte und schließlich der Autor Jurij Brezan am 12. März 2006 im Alter von 89 Jahren verstorben ist. Ausreichend Gründe, den Vorsatz endlich mal in die Tat umzusetzen.


    Jurij Brezan gilt als der bedeutendste Autor der Sorben und hat über 50 Romane, Erzählungen und Kinder- bzw. Jugendbücher geschrieben. "Krabat oder Die Verwandlung der Welt" gilt als eines seiner bekanntesten Werke.
    Daß ich sein Buch hier in der Abteilung "Weltliteratur & Klassiker" rezensiere, geschieht, weil ich denke, es ist ein Klassiker und daß es ein sorbischer Schriftsteller geschafft hat, einen solchen Bekanntheitsgrad zu erringen, daß seine Werke in über 25 Sprachen übersetzt wurden, spricht für sich.


    Nun aber zum Buch selbst: "Krabat oder die Verwandlung der Welt" erschien erstmals 1976, nachdem Jurij Brezan sechseinhalb Jahre an diesem Buch geschrieben und sich laut eigener Aussage manchmal auch damit "gequält" hatte. Liest man das Buch, wundert einen das nicht mehr, denn es ist z.B. schwer festzulegen, welchem Genre es angehört: Historischer Roman, Fantasy, Märchen und Sagen, Sci-Fiction, etc.? Von allem steckt etwas in diesem Roman.


    Jurij Brezan greift darin die sorbische Sagenfigur "Krabat" samt der darum entstandenen Sagen auf und setzt sie in zusätzlich in neue Zusammenhänge, vor allem Fragen zur Wissenschaft insbesondere dem Bereich der Genetik mit den Grundfragen: Was ist in der Wissenschaft erlaubt und warum? Wo liegen die Grenzen des wissenschaftlich Machbaren? Gibt es diese Grenzen überhaupt? etc. Das beeindruckende an Jurij Brezan ist, daß der diese Fragen schon zu einer Zeit (Anfang der 70er Jahre) aufgeworfen hat, als sie noch längst nicht auf breiter Basis bedacht und diskutiert wurden, wie das heute der Fall ist.
    Teils erinnert Krabat an Goethes Faust, teilweise fühlte ich mich auch erinnert an "Das Labyrinth der Welt" von Johann Amos Comenius.


    Auf alle Fälle ist es eines dieser Bücher, die man lesen und wieder lesen und noch einmal lesen kann und man wird immer wieder andere Aspekte und Neues entdecken. Es macht ganz sicher auch einen Unterschied, in welchem Alter man dieses Buch liest. Einem 20jährigen Leser werden andere Dinge auffallen und wichtig werden als einem 40- oder 60jährigen.


    Von diesem Roman muß man sich ergreifen, verzaubern, entführen und zum Nachdenken und Träumen anregen lassen. Es ist kein leicht zu lesender Roman, man muß sich tastend hineinfinden in diese Welt und die Geschichte, deren Zeitebenen, realistische und phantastische Motive sich ständig vermischen.
    Man darf wohl sagen, daß es ein "sperriges" Buch ist, d.h. es verlangt Konzentration und ein sich Daraufeinlassen, ein wirklich "darüber nachdenken" bevor es seinen Zauber und seine Botschaften preisgibt aber diese Mühe zu investieren lohnt sich auf jeden Fall.

    Einmal editiert, zuletzt von fairy ()

  • Danke für deine tolle Rezi, Liisa! (War das deine erste? Respekt! :anbet: )
    Das Buch steht bei mir auch auf der Wunschliste, angeregt durch die Version von Otfried Preußler. Ich bin schon neugierig, wie Jurij Brezan die Geschichte umsetzt. Und da er erst kürzlich verstorben ist, wäre nun wirklich mal ein Anlass da. Ich hoffe, ich schaffe es in diesem Jahr noch, ich nehme es mir zumindest vor! :smile:

  • Huhu,


    ich bin auch ganz hin und weg von der Rezi! :klatschen:


    Zitat von "Thanquola"

    Danke für deine tolle Rezi, Liisa! (War das deine erste? Respekt! :anbet: )


    Liisa hat schon ein bißchen Übung ;)


    Liebe Grüße
    nimue

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Zitat von "nimue"

    Liisa hat schon ein bißchen Übung ;)


    Ah, das erklärt natürlich alles! Noch ein Blog, der gleich in meine Lesezeichenliste kommt! :klatschen:

  • Hallo Thanquola & Nimue,


    danke Euch beiden für Euer positives Echo auf die Rezension.


    nimue hat ja schon des Rätsels Lösung geliefert (danke dafür): es war nicht meine erste Rezension - wobei ich mich immer etwas scheue das was ich zu den Büchern, die ich lese, schreibe als "Rezension" zu bezeichnen, da es ja in den klassischen Rezensionen üblich ist, den Inhalt selbst zu einem großen Teil schon zu "verraten", was ich in der Regel versuche zu vermeiden, weil ich es selbst es immer schade finde, wenn mir in einer Rezension schon ein Gutteil der Geschichte verraten wird. Ich will den Inhalt selber beim Lesen entdecken und nicht schon vorher wissen, welche Wendungen auf mich zukommen.


    Freue mich, Thanquola, daß mein Litblog in Deine Lesezeichenliste gewandert ist. :klatschen:

  • Ich habe mich schon mehrmals an den Krabat gemacht ihn aber noch nie ganz geschafft. aber das war auch in meinen vor 20ern und ich denke mitlerweile habe ich mehr literaturwissenschaftliche- und leseerfahrung.
    der krabat ist eigentlich das einzige Brezan Buch, das ich noch nicht gelesen habe, da sollte ich wirklich mal ran.


    ich wusste gar nicht, dass er gestorben ist, das kommt davon wenn man mitten in kansas hockt. schade

    "Ganze Literaturen wären nicht, riegelten die Maedchen ihre Türen auf" Kurt Tucholsky

  • Inhalt:
    Der Biogenetiker Jan Serbin hat eine Formel entdeckt die das Leben der Menschheit drastisch verändern könnte. Die Formel des Lebens... doch was soll er nun damit tun? Er stellt sich diese Frage und findet einfach keine Antwort darauf. Er möchte verhindern das sie ausgerechnet dem Mann in die Hände fällt, der die Menschheit in Automaten Verwandeln möchte die seinem Willen unterworfen sind. Ceballo zieht alle Register, doch Serbin beschließt sich in Krabat zu Verwandeln... Krabat der durch die Welt wandelt und das Land des Glückes sucht...



    Meine Meinung, Gedanken etc.

    Die Frage ist warum mich dieser Roman so fasziniert hat und weshalb er mir am Ende so gut gefallen hat…


    Zum einen liegt es an der Sprache und dem Stil. Ich fand ihn wunderschön geschrieben, außerdem hat es mich das Spiel mit den verschiedenen Zeitebenen gefallen. Was mit einer der Sagen um Krabat, den sorbischen Helden, beginnt entpuppt sich als Roman der sich mit Fragen beschäftigt mit der sich der Mensch immer wieder auseinandersetzt. Dabei werden Themen wie Liebe, das Zusammenleben mit anderen Menschen und auch politische Fragen gestreift. Aber vor allem scheint es Breznan scheint es vor allem um die Frage zu gehen wie wir Ethik begreifen wollen. Haben wir das Recht einfach so in das Leben des Menschen einzugreifen und was für Folgen hätte es wenn wir es dennoch tun?


    Der Autor verwendet dabei nicht nur eine wunderbare Sprache sondern nutzt Elemente aus vielen verschiedenen Genres um seine Geschichte zu erzählen. Phantastische Elemente vermischen sich hier mit Science Fiction und schließlich der eigentlichen Geschichte um Jan Serbin. Das macht es zu weilen nicht ganz einfach den Roman zu lesen. Manchen Satz musste ich mehrmals lesen um zu verstehen wie er in den Gesamtzusammenhang hineinpasst.


    Der Autor spielt immer wieder mit der Zeitebene und so manches Mal ist es nicht ganz eindeutig wessen Geschichte hier eigentlich erzählt wird. Krabat erscheint als Mittel um die Fragen der Welt, der Menschen zu klären. Er erscheint in verschiedenen Personen, mal eher der Schelm, mal eher der Philosoph. Immer ein wenig traurig und nachdenklich. Er taucht durch alle Jahrhunderte, ist immer präsent. Krabat stirbt nie… Irgendwie passt das auch ein wenig dazu dass die Figur Krabat in der sorbischen Tradition nach wie vor lebendig ist und seine Legende nicht stirbt. Er steht letztendlich für den Menschen überhaupt (zumindest empfinde ich das so) der immer jemanden findet der Ungerechtigkeit verbreitet und den er bekämpfen will, der seinen Freiheitsdrang auslebt. Jan Serbin hat keine andere Wahl er muss sich den unangenehmen Fragen stellen und überlegen ob er selbst als Wissenschaftler eine Verantwortung trägt oder nicht.
    Ein Roman der Fragen aufwirft die Aktuell sind und es sicher auch bleiben werden.


    Kein einfacher Roman den man nebenbei lesen kann, aber es lohnt sich, sich die Zeit zu nehmen und sich mit den Inhalten auseinander zu setzten. Ich würde sagen Krabat oder die Verwandlung der Welt ist eine Bereicherung für den eigenen Horizont.


    5ratten