Teil IV - Seite 195 bis 256 (Kapitel 30 - 39)

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    LG, Dani


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  • Felix nimmt Miranda mit (wenn man das so nennen kann) in die JVA zur Probe. War es ihr oder sein Wunsch? Sie übernimmt den Text des Ariel. Bedeutet das, dass sie lieber der Geist sein möchte und somit frei wie der Wind? Felix erfährt von Estelle, dass Tony und Sal seine Theatertruppe einstellen wollen. Vielleicht ist ihnen ja bekannt, wer Mr Duke ist. Also noch ein Grund mehr, sie in die Schranken zu weisen.


    Dann folgt bereits der ominöse 13. März, der Tag der Aufführung, die im Prolog geschildert wird. Damit hatte ich erst gegen Ende des Buches gerechnet. Atwood beschreibt den Verlauf der Vorstellung, die sich anders abspielt als ich mir das vorgestellt hatte. Immerhin zeigt sich, dass Felix auf halbwegs humane Art seine Rache bekommt, ohne sozusagen über Leichen zu gehen. Erstaunlich, wie er alles mit seiner technischen Ausrüstung manipuliert, auch wenn er "Fachleute" zur Unterstützung hat. Schließlich befindet er sich in einem Gefängnis.


    Das war jetzt so weit ganz spannend zu lesen, aber mir fehlt etwas an Atwoods Stil, das ich nicht konkret benennen kann. Manches wird so detailliert beschrieben, dass ich den Überblick verliere, dafür geht anderes unter, wie zum Beispiel die Persönlichkeiten der Häftlinge. Felix ist mir trotz allem Mitleid und Respekt, den ich für ihn als Mensch und Regisseur empfinde, immer noch fremd. Vielleicht liegt es an der Lesepause, die ich eingelegt habe, um nicht zu weit voran zu sein.

  • Hier strotzt alles vor Symbolik, sogar Felix' Frühstücksei, das er aber offenbar auch abends gern zu sich nimmt (was ist eigentlich mit dem Cholesterin?). Gab es eigentlich diese Eiergeschichte auch im Sturm oder ist das ganz und gar auf Atwoods Mist gewachsen? Ich finde, diese Fruchtbarkeit, die ein Ei ja in sich trägt, steht für Schaffenskraft, aber auch Neues insgesamt - auch wenn Felix nicht unbedingt so wirkt auf den ersten Blick, ist er doch außerordentlich kreativ und auch inspirierend. Trotz der immerwährenden Rachegelüste findet er immer noch Zeit und Möglichkeiten, seine Kreativitätsschübe auszuleben!


    Und nun findet seine eigene Miranda, die nur (noch) in seiner Gedankenwelt existiert, ebenfalls Eingang in das Stück!


    Ich habe immer noch nicht richtig gespürt, was der Knall sollte, aber wie ich mir schon dachte, kommt keiner zu Tode. Felix will was ganz anderes - er will seinen Job zurück und seine Widersacher durch Erniedrigung leiden sehen. Und Sals Sohn Freddie ist sogar ein wahrer Gewinner - er findet Anne Marie und sie ihn (?). Naja, so sieht es momentan aus. Also, er schadet wirklich nur denen, die ihm auch geschadet haben und auch das nur bis zu einem gewissen Punkt - an allem weiteren sind sie selbst schuld - durch ihre Gier beispielsweise.


    Ein wirklich kluger Kopf, er gibt nicht Gleiches mit Gleichem zurück, sondern selbst seine Rache trägt Früchte positiver Art - sie schafft neue Verbindungen und Möglichkeiten für die "Unschuldigen" und in der Tat war seine Truppe extrem involviert in die ganze Geschichte. Mich hat das alles jedenfalls total gepackt!


  • Felix nimmt Miranda mit (wenn man das so nennen kann) in die JVA zur Probe. War es ihr oder sein Wunsch? Sie übernimmt den Text des Ariel. Bedeutet das, dass sie lieber der Geist sein möchte und somit frei wie der Wind?


    Irgendjemand hatte bereits in einem der vorherigen Abschnitte erwähnt, dass Felix`Miranda eher so ist wie Ariel oder für Ariel steht. Das hat schon dort gepasst und verdichtet sich hier noch dadurch, dass Anne-Marie mehr und mehr zu Miranda wird - ein gelungener Tausch?


    Das war jetzt so weit ganz spannend zu lesen, aber mir fehlt etwas an Atwoods Stil, das ich nicht konkret benennen kann. Manches wird so detailliert beschrieben, dass ich den Überblick verliere, dafür geht anderes unter, wie zum Beispiel die Persönlichkeiten der Häftlinge. Felix ist mir trotz allem Mitleid und Respekt, den ich für ihn als Mensch und Regisseur empfinde, immer noch fremd. Vielleicht liegt es an der Lesepause, die ich eingelegt habe, um nicht zu weit voran zu sein.


    Das habe ich ganz anders empfunden, obwohl ich wie Du eine Lesepause gemacht habe. Interessant, wie unterschiedlich sich das auf uns auswirkt. In diesem Abschnitt ist mir Felix durch seine "Rache mit Stil" wesentlich sympathischer geworden!


  • Irgendjemand hatte bereits in einem der vorherigen Abschnitte erwähnt, dass Felix`Miranda eher so ist wie Ariel oder für Ariel steht. Das hat schon dort gepasst und verdichtet sich hier noch dadurch, dass Anne-Marie mehr und mehr zu Miranda wird - ein gelungener Tausch?


    Das wäre zumindest deshalb wünschenswert, weil Anne-Marie wenigstens von dieser Welt ist. Vermutlich ist es auch so, dass Felix im Unterbewusstsein weiß, dass seine Abhängigkeit und Unfähigkeit loszulassen für ihn nicht gut ist. Er geht so auf in dem Stück und in seinen Rachegedanken, dass er für wenig anderes offen ist. Eine echte Beziehung würde ihm gut tun. Zwischen ihm und Estelle herrscht ja Sympathie und mit dem Theater haben sie schon mal die erste gemeinsame Leidenschaft.


    Das habe ich ganz anders empfunden, obwohl ich wie Du eine Lesepause gemacht habe. Interessant, wie unterschiedlich sich das auf uns auswirkt. In diesem Abschnitt ist mir Felix durch seine "Rache mit Stil" wesentlich sympathischer geworden!


    Für mich sind zu lange Pausen selten gut. Meist lese ich dann etwas anderes, denn ganz ohne geht es einfach nicht, und dann vergesse ich Einzelheiten oder komme aus der Atmosphäre raus, die sich in der Handlung aufgebaut hat. Deshalb werde ich wahrscheinlich morgen den Rest lesen, damit mir das nicht gleich wieder passiert.


    Sympathischer finde ich Felix auch, weil er auf eine tödliche Rache verzichtet, aber sein rationales Denkvermögen wird ihm eingeflüstert haben, dass er sich ohnehin schon der Freiheitsberaubung und der Verwendung von Drogen schuldig gemacht hat. Ein großes Risiko, das er eingeht, denn wenn er Pech hat, muss er seine Rache im Gefängnis genießen und wird der neue Kumpel seiner Schauspieler. Abgesehen davon fehlt mir mehr über sein Innenleben. Er sinnt auf Rache und vermisst seine Tochter, er ist ein guter Menschenkenner und versteht seinen Beruf. Ach ja, und er isst gerne Eier. Aber da sind Dinge, die ich noch gerne wissen würde, um ihn für mich greifbarer zu machen.

  • Weiter gehts... manchmal fällt es mir fast schwer, das Buch wegzulegen, wenn ein Bereich fertig gelesen ist - ich bin viel zu neugierig auf die Fortsetzung! Aber es tut gut, zwischendurch noch einmal über das Geschehene nachzudenken, eventuell Passagen noch einmal nachlesen und Gedanken dazu zu formulieren! :gruebel:


    Anne-Marie wird für Felix immer wichtiger - nicht nur was die Arbeit angeht. Für mich wird sie immer mehr zu Felix "Tochter". Miranda, seine tote Tochter, wird endgültig zu Ariel - sie kommt ja mit zur Arbeit und mischt mit! Danke für diesen Hinweis Firiath! Du hast gleich zu Beginn den entscheidenden Tipp gegeben!


    Die Ideen zur Umsetzung des Sturms - egal ob von Felix oder von den Gefangenen - faszinieren mich immer mehr! Es kommt mir mittlerweile wirklich vor wie ein "Blick hinter die Kulissen". Spannend und hochinformativ. Und immer wieder denke ich mir, dass es eigentlich einen tollen Film ergeben würde. Was meint ihr?


    Aber gleichzeitig bereitet Felix ganz konsequent auch seine persönliche Rache vor - mit voller Unterstützung von 8Handz und allen anderen!
    Der Tag der Rache... es hat mir gefallen, dass die Rache nicht blutig war. Prospero lässt seine Feinde ja auch ängstlich und verloren auf der Insel herumirren. Tony und Sal haben wenigstens dekorierte Zellen!
    Alles in allem finde ich diese Rache zwar ganz ok - aber es ist für mich so ziemlich die schwächste Szene bisher und vor allem - für meinen Geschmack - war alles etwas sehr unrealistisch. Vieles konnte ich als künstlerische Freiheit verbuchen, aber die Szene wo sich Freddie und Anne-Marie verlieben... die fand ich einfach nicht wirklich gut aufgebaut. Es ist mir schon klar, dass Shakespeares Miranda sich ebenso verliebt hat, aber gerade diese Szene hätte ich nicht so unverändert übernommen. Aber das ist nur ein kleiner Teil der ganze Geschichte!
    Dagegen fand ich die Art wie Felix die Trolle mobilisieren konnte - weil ja das ganze Programm gestrichen werden sollte und alle Gefangenen für etwas kämpfen mussten -wirklich angenehm. Keine großen Lügen und keine zu große Manipulation!


    Die Rache funktioniert und Felix bekommt seinen Willen, seine alte Stelle und Tony und Sal ihre Strafe. Wobei ich mich frage, warum er so unbedingt seine alte Stelle wiederhaben will!


    Aber trotz allem: die letzen beiden Absätze gefallen mir dann wieder sehr, sehr gut . Felix fühlt sich nicht als großer Sieger oder Rächer und Miranda souffliert das passende Zitat von Shakespeare dazu - großartig!!!


    :winken:

    Vernunft, Vernunft...


  • Das war jetzt so weit ganz spannend zu lesen, aber mir fehlt etwas an Atwoods Stil, das ich nicht konkret benennen kann. Manches wird so detailliert beschrieben, dass ich den Überblick verliere, dafür geht anderes unter, wie zum Beispiel die Persönlichkeiten der Häftlinge. Felix ist mir trotz allem Mitleid und Respekt, den ich für ihn als Mensch und Regisseur empfinde, immer noch fremd. Vielleicht liegt es an der Lesepause, die ich eingelegt habe, um nicht zu weit voran zu sein.


    Ich hatte keine Lesepause und Felix, Anne-Marie und die Gefangenen sind mir auch noch immer ein wenig fremd. Ich kenne sie zu wenig, um sie als Persönlichkeiten wirklich gut wahrnehmen zu können. Hinzufügen muss ich hier, dass es mich überhaupt nicht stört! Ich glaube aber, das hängt auch sehr damit zusammen, dass ja Prosperos Geschichte in diese Geschichte mehrfach hineinverwoben ist, dass ich da immer auf der Suche nach Parallelen und Übereinstimmungen bin und andererseits auch immer nach Abweichungen suche. Treten die handelnden Personen hinter die Geschichten zurück? Geht das überhaupt?


    :gruebel:

    Vernunft, Vernunft...


  • Anne-Marie wird für Felix immer wichtiger - nicht nur was die Arbeit angeht. Für mich wird sie immer mehr zu Felix "Tochter". Miranda, seine tote Tochter, wird endgültig zu Ariel - sie kommt ja mit zur Arbeit und mischt mit!


    Ja, die Identitäten verschieben sich. Felix hat sich seinen Teil gedacht, als er Anne-Marie die Rolle angeboten hat. Sie ist auch eine Verbindung zu seiner Vergangenheit, denn er kennt sie noch aus seinen aktiven Zeiten vor 12 Jahren. Das hat eine besondere Bedeutung.



    Und immer wieder denke ich mir, dass es eigentlich einen tollen Film ergeben würde. Was meint ihr?


    Das kann ich mir auch gut vorstellen. Ansehen würde ich ihn aber nicht :zwinker:.



    Die Rache funktioniert und Felix bekommt seinen Willen, seine alte Stelle und Tony und Sal ihre Strafe. Wobei ich mich frage, warum er so unbedingt seine alte Stelle wiederhaben will!


    Schon alleine, weil sie ihm einfach so weggenommen wurde. Er hat es immer noch drauf, ein Stück zu inszenieren. Ich frage mich nur, ob er immer diese pompöse Schiene fährt oder auch die leisen Töne beherrscht.


  • Anne-Marie wird für Felix immer wichtiger - nicht nur was die Arbeit angeht. Für mich wird sie immer mehr zu Felix "Tochter". Miranda, seine tote Tochter, wird endgültig zu Ariel - sie kommt ja mit zur Arbeit und mischt mit!


    Ich habe auch den Eindruck, dass sich hier die Bedeutung verschoben hat und für Felix ist es sicher viel gesünder, Anne-Marie als seine Tochter anzusehen. Hoffentlich bleibt es nach dem Stück dabei


    Die Ideen zur Umsetzung des Sturms - egal ob von Felix oder von den Gefangenen - faszinieren mich immer mehr! Es kommt mir mittlerweile wirklich vor wie ein "Blick hinter die Kulissen". Spannend und hochinformativ. Und immer wieder denke ich mir, dass es eigentlich einen tollen Film ergeben würde. Was meint ihr?


    Ich finde auch, es ergäbe einen tollen Film - aber nicht nur wegen der Inszenierung des "Sturms". Einige der Charaktere wie Felix, seine potentiellen Opfer und auch Anne-Marie und ein paar der "Knastbrüder" könnten toll dargestellt werden und ich kann mir vorstellen, dass auch die Schauspieler einen Riesenspaß bei der Umsetzung hätten!



    Die Rache funktioniert und Felix bekommt seinen Willen, seine alte Stelle und Tony und Sal ihre Strafe. Wobei ich mich frage, warum er so unbedingt seine alte Stelle wiederhaben will!


    Ich glaube, es ist ihm einfach wichtig, dass sein Kreis sich schließt. Vielleicht bedeutet es ihm ja auch mehr, Tony von da wegzukriegen und er will seine Finger im Spiel behalten - könnte ich mir vorstellen.

  • Obwohl ich weiß, dass es unklug ist ( wenigstens für mich ) die Kommentare der anderen zu lesen, bevor ich meine eigenen Leseeindrücke entwickle, habe ich es diesmal getan.
    Zwar bin ich von dem Roman nach wie vor fasziniert, doch fällt es mir diesmal schwer, meine Gedanken zu diesem Leseabschnitt zu sortieren.


    Ich finde Felix' Rache sehr kunstvoll gemacht! Obwohl ich, in technischen Dingen gar nicht bewandert, nicht alles nachvollziehen kann. Aber verstanden habe ich jedenfalls, dass die "Rache" ein einziger Bluff war, darauf zielend, Felix' Feinde, die Minister, in die Hand zu bekommen, sie quasi zu erpressen, um ihre zukünftigen Handlungen entscheidend zu beeinflussen. Mit Methoden, die mir eigentlich wenig gefallen können! Durch Drogen gefügig machen? Nein, sowas kann ich nicht gutheißen! Der Zweck heiligt die Mittel? Das sagt man zwar, aber auch damit bin ich nicht einverstanden...


    Auch mit Prospero, dem Original, und den Mitteln der Rache, die er angewandt hat, kann ich nicht einverstanden sein. Aber im Grunde hat er kaum etwas anderes getan, als Prospero-Felix! Auch er hat seine Widersacher verzaubern, in tiefen Schlaf sinken, sie sich betrinken lassen... Und dann schlug er zu! Wie Felix!

    Und so hat Margaret Atwood mit ihrer eigenen dichterischen Vorstellungskraft also doch einen neuen, zeitgemäßen Prospero geschaffen!?
    Nur - Atwoods Prospero, also Felix, verspürt am Ende des vierten Kapitels keine Genugtuung. Eher Enttäuschung. Die Rache, so schließe ich daraus, ist eigentlich nicht sein Mittel! Und in just diesem Moment souffliert ihm seine Miranda, "Das Köstlichere liegt im Sittlichsein/Als im Vergeltungssuchen" ( S.256 ).


    Diese seine Miranda gibt mir auch Rätsel auf! Anders als Prospero im Sturm wird er sie wohl verlieren! Er ist ja schon dabei! Sie weicht immer weiter zurück, löst sich beinahe auf, so habe ich den Eindruck. Und ich frage mich, wie er dann sein Leben weiterleben kann. Ist er soweit, dass er sie loslassen kann?
    Vielleicht jetzt, nachdem er seine Revanche hatte, nachdem er für späte Gerechtigkeit gesorgt hat.
    Was aber wird er mit sich anstellen? Zum Theater zurückkehren? Dass er die Leitung des Festivals tatsächlich übernehmen wird, kann ich mir nicht vorstellen. Aber mit dem Theater wird er nie brechen können, es steckt in jeder Faser seines Körpers, wie man das den Theaterleuten so nachsagt.


    Und jetzt, da es sicher ist, dass das Programm im Gefängnis nicht nur weiter geht, sondern sogar mehr Fördergelder bekommt, stände doch einer Weiterbeschäftigung des "Mr.Duke" nichts mehr im Wege, oder?
    Allerdings - Prospero verlässt seine Insel am Ende! Da kann doch Felix nicht auf ewig in seiner Zelle und gelegentlich in der Fletcher-Justizvollzugsanstalt bleiben....
    An einen Neubeginn mit der hilfreichen Estelle glaube ich jedoch auch nicht...
    Was mag Margaret Atwood mit ihm vorhaben?
    Ich bin vor dem letzten Kapitel also recht ratlos! Auf Felix' weiteres und hoffentlich glückliches Schicksal gibt mir "Der Sturm" keine Antwort....


  • Hier strotzt alles vor Symbolik, sogar Felix' Frühstücksei, das er aber offenbar auch abends gern zu sich nimmt (was ist eigentlich mit dem Cholesterin?). Gab es eigentlich diese Eiergeschichte auch im Sturm oder ist das ganz und gar auf Atwoods Mist gewachsen? Ich finde, diese Fruchtbarkeit, die ein Ei ja in sich trägt, steht für Schaffenskraft, aber auch Neues insgesamt - auch wenn Felix nicht unbedingt so wirkt auf den ersten Blick, ist er doch außerordentlich kreativ und auch inspirierend. Trotz der immerwährenden Rachegelüste findet er immer noch Zeit und Möglichkeiten, seine Kreativitätsschübe auszuleben!


    Interessanter Gedanke, interessante Assoziationen... Über diesen Ansatzpunkt muss ich mal nachdenken!
    Aber nein, die Eiergeschichte gab es im Sturm nicht, sofern ich sie nicht überlesen habe, als ich ihn letztes Wochenende nochmals las...
    Der Gedanke, der mir persönlich bei seinem kontinuierlichen Eier-Verzehr kam , war der, dass hier ein weiterer Hinweis gegeben wurde auf Felix' Disziplin, die ihm half, in den zwölf Jahren seiner - im Gegensatz zu Prospero doch weitgehend selbstgewählten - Verbannung nicht den Verstand zu verlieren. Geregelter Tagesablauf ist bei Menschen, die irgendwie gefährdet sind durch psychische Erkrankungen ja enorm wichtig. Felix hat sich soweit auch immer in der Gewalt....



  • Der Tag der Rache... es hat mir gefallen, dass die Rache nicht blutig war. Prospero lässt seine Feinde ja auch ängstlich und verloren auf der Insel herumirren.



    Vieles konnte ich als künstlerische Freiheit verbuchen, aber die Szene wo sich Freddie und Anne-Marie verlieben... die fand ich einfach nicht wirklich gut aufgebaut. Es ist mir schon klar, dass Shakespeares Miranda sich ebenso verliebt hat, aber gerade diese Szene hätte ich nicht so unverändert übernommen.


    Zum ersten - die Art der Rache war in Anlehnung an Shakespeares Sturm nur folgerichtig! Mit modernen Mitteln durchgezogen, aber eigentlich genauso, da gebe ich dir ganz recht!
    Ich hatte nie eine blutige Rache erwartet, habe mich aber von den Zweifeln einiger anderer Mitdiskutierender ganz unsicher machen lassen... Klar, es hätte auch schiefgehen können!



    Zum zweiten - deine Unzufriedenheit mit der Szene, in der sich Anne-Marie und Freddie spontan ineinander verlieben, teile ich! Das ist aber auch das einzige in einem für mich bislang makellosen Roman, das mir missfällt. Und einfach nicht passt ( ob unrealistisch oder nicht ist mir relativ egal...)! Es ist des Guten zuviel!
    Natürlich muss sich Shakespeares Miranda sofort in Ferdinand verlieben, - er ist nicht nur ein ansehnlicher junger Mann, sondern der erste Jüngling, den Miranda überhaupt zu Gesicht bekommt! Zudem ist sie in der Pubertät...
    Und Ferdinand? Naja, Prosperos Zauber wirken....


  • Ich glaube, es ist ihm einfach wichtig, dass sein Kreis sich schließt. Vielleicht bedeutet es ihm ja auch mehr, Tony von da wegzukriegen und er will seine Finger im Spiel behalten - könnte ich mir vorstellen.


    Ich war ebenso überrascht, als ich von gerade dieser Bedingung von Felix für die Nichtveröffentlichung der blamablen Szenen, zu denen sich die Minister haben hinreißen lassen, gelesen habe!
    Es schien mir zu dem nach zwölf Jahren veränderten Felix nicht recht zu passen, dass er die Stelle als Festspielleiter wieder haben - und ausfüllen! - möchte.
    Andererseits - Prospero, so wird angedeutet, kehrt nach seiner erfolgreichen Rache schließlich auch wieder nach Hause an den herzoglichen Hof zurück.... Und Margaret Atwood folgt seinen Spuren haargenau, vielmehr lässt sie ihren Felix diesen Spuren folgen!


  • Hier strotzt alles vor Symbolik, sogar Felix' Frühstücksei, das er aber offenbar auch abends gern zu sich nimmt (was ist eigentlich mit dem Cholesterin?). Gab es eigentlich diese Eiergeschichte auch im Sturm oder ist das ganz und gar auf Atwoods Mist gewachsen? Ich finde, diese Fruchtbarkeit, die ein Ei ja in sich trägt, steht für Schaffenskraft, aber auch Neues insgesamt - auch wenn Felix nicht unbedingt so wirkt auf den ersten Blick, ist er doch außerordentlich kreativ und auch inspirierend. Trotz der immerwährenden Rachegelüste findet er immer noch Zeit und Möglichkeiten, seine Kreativitätsschübe auszuleben!


    So hab ich mir das noch gar nicht überlegt!!! Danke für diesen Gedanken!
    Im Sturm ist mir keine Eiergeschichte aufgefallen - es sind also rein Atwoods Gedanken. Und so wie ich sie einschätze, hat sie auch in kleine Dinge Symbolkraft gesteckt und sich einiges dabei überlegt! Mir wäre das so nicht aufgefallen!
    OT: Cholesterin wird überbewertet :eis:



    Ein wirklich kluger Kopf, er gibt nicht Gleiches mit Gleichem zurück, sondern selbst seine Rache trägt Früchte positiver Art - sie schafft neue Verbindungen und Möglichkeiten für die "Unschuldigen" und in der Tat war seine Truppe extrem involviert in die ganze Geschichte. Mich hat das alles jedenfalls total gepackt!


    Felix ist zweifelsohne ein kluger Kopf und er nimmt Rache in dem Metier, in dem er zu Hause ist: im Theater, mit einem großen Bluff und viel Illusion! Und eigentlich auch mit viel Poesie! Und dass er ein kluger Kopf ist, beweist er nicht zuletzt damit, dass er die Rache beendet, bevor jemand wirklich Schaden nimmt! Was mich trotzdem fürchterlich stört, ist der Ausdruck "Trolle" für seine Helfer... das kommt doch recht hochmütig rüber! Dabei wäre Felix ohne seine Helfer zweifelsohne gescheitert.

    Vernunft, Vernunft...


  • Vieles konnte ich als künstlerische Freiheit verbuchen, aber die Szene wo sich Freddie und Anne-Marie verlieben... die fand ich einfach nicht wirklich gut aufgebaut. Es ist mir schon klar, dass Shakespeares Miranda sich ebenso verliebt hat, aber gerade diese Szene hätte ich nicht so unverändert übernommen. Aber das ist nur ein kleiner Teil der ganze Geschichte!


    Verlieben sich die beiden tatsächlich? Mehr als große gegenseitige Sympathie und eine Verabredung zum Abendessen (gut, mit Erröten seitens Anne-Marie) war doch da bislang nicht. Ganz wie bei Shakespeare sitzen sie in einer Zelle, spielen Schach und sind ruhig, damit sie nicht ins Getümmel geraten. Wobei - wenn ich überlege, Liebe auf den ersten Blick ist eigentlich nicht selten. Wenn Atwood ihrer Linie treu bleibt, sollte auch das dem Original entsprechen. Ich weiß nicht mehr, was Felix für Miranda in dem Stück geplant hatte, aber die beiden jungen Leute waren sich selbst überlassen, da kann das schon mal ungeplante Wege einschlagen.

  • Felix ist zweifelsohne ein kluger Kopf und er nimmt Rache in dem Metier, in dem er zu Hause ist: im Theater, mit einem großen Bluff und viel Illusion! Und eigentlich auch mit viel Poesie! Und dass er ein kluger Kopf ist, beweist er nicht zuletzt damit, dass er die Rache beendet, bevor jemand wirklich Schaden nimmt! Was mich trotzdem fürchterlich stört, ist der Ausdruck "Trolle" für seine Helfer... das kommt doch recht hochmütig rüber! Dabei wäre Felix ohne seine Helfer zweifelsohne gescheitert.


    Die Rache beenden - genauso war das auch in "Der Sturm"! Nachdem Ariel darauf hinweist, wie sehr Alonso und die anderen leiden, in dem von Prospero auferlegten Wahnsinn gefangen, entschließt er sich, sie zu befreien, d.h. von dem Wahnsinn zu erlösen. Und das ist dann auch der Moment, in dem seine Rache zu Ende ist und er beschließt, seine Zauberbücher wegzuwerfen.... - Also konnte Felix gar nicht anders, als seine Widersacher letztlich zu verschonen!
    Und betreffs der Trolle - da müsste ich nochmals nachschauen; aber ich meine, dass die Gefangenen den helfenden Geistern selber diesen Namen gegeben haben.... Mit "Troll" können sie mehr anfangen als mit "Luftgeist" zum Beispiel....


  • ... aber mir fehlt etwas an Atwoods Stil, das ich nicht konkret benennen kann. Manches wird so detailliert beschrieben, dass ich den Überblick verliere, dafür geht anderes unter, wie zum Beispiel die Persönlichkeiten der Häftlinge. Felix ist mir trotz allem Mitleid und Respekt, den ich für ihn als Mensch und Regisseur empfinde, immer noch fremd. Vielleicht liegt es an der Lesepause, die ich eingelegt habe, um nicht zu weit voran zu sein.


    Bei Atwood ging es mir eigentlich immer so, daß mir die Protagonisten eher fern blieben, ich war immer mehr beobachtender Zuschauer bei ihren Geschichten. Es gab auch noch keinen Protagonisten mit dem ich mich wirklich hätte identifizieren wollen oder können, vielleicht auch eine ihrer Eigenheiten. Ihre Protagonisten haben immer sehr viele Kanten und Ecken und dunkle Seiten. Genauso wie Prospero ist Felix nicht nur bewundernwert, bemitleidenswert, gut, sondern auch manchmal böse, rachsüchtig, unverständlich, egoistisch usw.
    Bisher hielten mich alle Atwood-Bücher ein bisschen auf Abstand. Anfangs hatte mich das gestört bei ihren Büchern, mittlerweile nicht mehr, man beobachtet bei ihren Büchern mehr und steckt weniger emotional drin, bei den Themen die sie teilweise für ihre Bücher wählt ist dieser Abstand vielleicht auch besser.


    Genauso wie Prospero benutzt Felix die Leute in seiner Umgebung und manipuliert sie, das ist nicht sehr sympathisch und man kann seine Handlungen durchaus unterschiedlich betrachten und bewerten, auch wenn es auf den ersten Blick alles soweit gut ausgegangen ist. Kein Mensch besteht ja nur aus einer Seite, in Atwoods Büchern kommen die verschiedenen Facetten eines Menschen deutlich ans Licht, die unterschiedlichen Beweggründe und Handlungen die nicht immer logisch sind oder selten nur einen einzigen Grund haben. Auch über dieses Buch kann man wieder viel nachdenken und für dieses Nachdenken ist es, zumindest für mich, ganz gut wenn ich mich nicht zu sehr mir einer Person identiziere.

    Von den Sternen kommen wir, zu den Sternen gehen wir.

    Das Leben ist nur eine Reise in die Fremde.”

    (aus: "Die Stadt der träumenden Bücher")




  • Genauso wie Prospero benutzt Felix die Leute in seiner Umgebung und manipuliert sie, das ist nicht sehr sympathisch und man kann seine Handlungen durchaus unterschiedlich betrachten und bewerten, auch wenn es auf den ersten Blick alles soweit gut ausgegangen ist. Kein Mensch besteht ja nur aus einer Seite, in Atwoods Büchern kommen die verschiedenen Facetten eines Menschen deutlich ans Licht, die unterschiedlichen Beweggründe und Handlungen die nicht immer logisch sind oder selten nur einen einzigen Grund haben. Auch über dieses Buch kann man wieder viel nachdenken und für dieses Nachdenken ist es, zumindest für mich, ganz gut wenn ich mich nicht zu sehr mir einer Person identiziere.


    So geht es mir in diesem Buch auch - es ist eher ein "Krieg der Welten" oder "Kampf der Mächte" als eine Identifizierung mit den Figuren. Was siegt bzw. bleibt nachhaltig hängen - in der Welt oder wo auch immer. Ist es die Rache? Die Vergebung? Oder etwas ganz anderes? Da diese Gedanken und Ideen für mich vorherrschend sind, bin ich auch ganz zufrieden damit, nicht zu enga an Felix, Anne-Marie oder wen auch immer gebunden zu sein.


  • Bei Atwood ging es mir eigentlich immer so, daß mir die Protagonisten eher fern blieben, ich war immer mehr beobachtender Zuschauer bei ihren Geschichten. Es gab auch noch keinen Protagonisten mit dem ich mich wirklich hätte identifizieren wollen oder können, vielleicht auch eine ihrer Eigenheiten. Ihre Protagonisten haben immer sehr viele Kanten und Ecken und dunkle Seiten.


    Gegen Charaktere mit Ecken und Kanten habe ich nichts, ich finde auch unsympathische Figuren interessant. Identifizieren muss ich mich mit den Protagonisten nicht, aber ich will mich in sie hineinversetzen und ihre Handlungen nachvollziehen können. Vermutlich fehlen mir bei Felix die zwölf Jahre, in denen vielleicht nicht viel in seinem Leben passiert ist, aber in seinem Inneren wichtige Entwicklungen stattgefunden haben. Zwölf Jahre sind eine lange Zeit, und sie mussten sein, damit es zum "Sturm" passt. Aber in der Realität tut in sich in dieser Zeit mit Sicherheit etwas, während es in einem Theaterstück eben nur ein paar Zeilen ausmacht. Diese Lücke würde mich in jedem Buch stören.



    Genauso wie Prospero benutzt Felix die Leute in seiner Umgebung und manipuliert sie [...]


    Das ist verständlich. Alleine könnte er seine Rache nicht durchführen, jedenfalls nicht in dem Umfang wie in der JVA. Außerdem wurde ihm selbst übel mitgespielt. Seine Widersacher haben den Maßstab vorgegeben. Wenn Felix dabei die Häftlinge für seine Zwecke einsetzt - warum nicht? Sie haben ihren Spaß dabei, es muss niemand leiden. Gut, der eine oder andere hat sich sicher wieder straffällig gemacht, aber anders ging es eben nicht und ein bisschen Spannung für die Leserin muss schon sein.

  • Bei Atwood ging es mir eigentlich immer so, daß mir die Protagonisten eher fern blieben, ich war immer mehr beobachtender Zuschauer bei ihren Geschichten. Es gab auch noch keinen Protagonisten mit dem ich mich wirklich hätte identifizieren wollen oder können, vielleicht auch eine ihrer Eigenheiten. Ihre Protagonisten haben immer sehr viele Kanten und Ecken und dunkle Seiten. Genauso wie Prospero ist Felix nicht nur bewundernwert, bemitleidenswert, gut, sondern auch manchmal böse, rachsüchtig, unverständlich, egoistisch usw.
    Bisher hielten mich alle Atwood-Bücher ein bisschen auf Abstand. Anfangs hatte mich das gestört bei ihren Büchern, mittlerweile nicht mehr, man beobachtet bei ihren Büchern mehr und steckt weniger emotional drin, bei den Themen die sie teilweise für ihre Bücher wählt ist dieser Abstand vielleicht auch besser.


    Genauso wie Prospero benutzt Felix die Leute in seiner Umgebung und manipuliert sie, das ist nicht sehr sympathisch und man kann seine Handlungen durchaus unterschiedlich betrachten und bewerten, auch wenn es auf den ersten Blick alles soweit gut ausgegangen ist. Kein Mensch besteht ja nur aus einer Seite, in Atwoods Büchern kommen die verschiedenen Facetten eines Menschen deutlich ans Licht, die unterschiedlichen Beweggründe und Handlungen die nicht immer logisch sind oder selten nur einen einzigen Grund haben. Auch über dieses Buch kann man wieder viel nachdenken und für dieses Nachdenken ist es, zumindest für mich, ganz gut wenn ich mich nicht zu sehr mir einer Person identiziere.


    Ja, auch mir geht es so! Bei Margaret Atwood ist man "beobachtender Zuschauer", - und das ist womöglich von ihr auch so gewollt! In der Tat ist es so, dass man als Zuschauer viel mehr wahrnimmt, als wenn man mitten in der Handlung steckt, ja sich sogar mit dem einen oder anderen Protagonisten identifiziert. Dem Lesevergnügen tut das gewiss keinen Abbruch!
    Überhaupt vermeide ich den Versuch einer Identifikation, denn das trübt meinen Blick auf das Geschehen an sich und die restlichen Figuren. Bei "Hexensaat", das mir ausnehmend gut gefällt, das ich für ganz große Literatur halte, fühle ich mich wie im Theater. Wie auch kann man dabei als Handelnder mittendrin sein! Man bleibt doch immer nur ein Zuschauer...
    Wie kann man in Felix/Prosperos Haut stecken!? Wie kann man überhaupt in der Haut eines anderen stecken? Wie kann man dessen Gedankengänge und Gefühle zu den seinen machen?
    Man kann ihn verstehen oder eben nicht, kann versuchen, seine Handlungen und deren Beweggründe nachzuvollziehen, - aber mehr? Irgendwie finde ich es auch vermessen, sich mit so großen ( aber auch kleineren! ) Romanfiguren zu identifizieren...