Zu viel Liebe in der Literatur / unrealistische Erwartungen deshalb?

Es gibt 48 Antworten in diesem Thema, welches 8.518 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Madicken.

  • Hallo allerseits,


    bei Ink of Books gibt es einen tollen Artikel über die unrealistischen romantischen Erwartungen, die durch Jugendbücher geweckt werden:


    Zitat

    Und irgendwann kam ich dann auch dazu, dass ich mich Folgendes fragte: Was zum Geier haben mir die Jugendbücher eigentlich immer vorgespielt?


    Unrealistische Erwartungen durch Jugendliteratur


    Zu diesem Artikel passt auch Liebe in fantastischen Zeiten


    Zitat

    Durch die komplette Literatur hindurch begegnen uns Frauen, die beinahe ausschließlich über ihre romantischen Beziehungen definiert und wahlweise gerettet oder verdorben werden: Fausts Gretchen, Effie Briest bei Fontane, Elizabeth Bennet in Stolz und Vorurteil. Oft scheint es, als seien Frauen ausschließlich dazu da, geliebt, verführt oder gerettet zu werden, sogar wenn sie eine tragende Rolle spielen.


    Was meint ihr dazu? Gibt es zu viel Romantik und heile Welt in der (Jugend)literatur? Ist das die Hauptrolle, die Frauen zuteil wird?


    Liebe Grüße
    Suse

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

    Einmal editiert, zuletzt von Suse ()

  • Ich hab als Jugendliche sehr viel Fantasy gelesen und dennoch hab ich nicht erwartet dass um die nächste Ecke ein Troll, elb oder Zwerg kommt.


    Bücher sind oft nicht realistisch. Warum sollen es dann solche romantischen schmonzetten sein?

  • Nun gibt es aber auch schon diverse Untersuchungen, die so etwas im Zusammenhang mit Pornografie herausgefunden haben. Nämlich, dass durch den Konsum pornografischer Filme die Erwartungen von jungen Männern in falsche Bahnen gelenkt werden:


    Je Porno desto Schrumpfhirn


    Kein so großer Unterschied, finde ich.


    Und dein Vergleich hinkt, denn Trolle und Elfen gibt es erwiesenermaßen nicht. Liebe dagegen vermutlich schon, oder? :zwinker:

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Witzig, wir lesen drüben gerade in einer Leserunde ein Buch, in dem die Protagonisten genau das bei Filmen bemängelt: die unrealistischen Liebes-Happy Ends :zwinker:

    LG, Dani


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  • Zumindest ein bisschen was ist schon dran, wenn ich so an meine eigene Lesekarriere zurückdenke - natürlich hatte ich auch meine Liebesschnulzenphase (Nackenbeißer waren noch nie so recht mein Ding, aber dafür Danielle Steel und Co.), und ich war durchaus enttäuscht, nicht hinter der nächsten Straßenecke über einen heißen Typen zu stolpern, der die Göttin im Mauerblümchen erkennt oder so :breitgrins:


    Ob man das unbedingt den jeweiligen Autoren anlasten kann, weiß ich nicht. Es ist schätzungsweise eine Frage der aktuellen Lebenssituation und geistigen Reife des Lesers/der Leserin. Heute lese ich hin und wieder mal was romantisch Angehauchtes, wenn mir nach so was wie einem modernen Märchen ist, ohne gleich leise in mein Kissen zu weinen, weil die Realität nicht so ist.


    Bei Jugendbüchern ist es womöglich kritischer zu sehen, da die explizit für eine junge, noch form- und beeinflussbare Zielgruppe geschrieben werden. Grundsätzlich finde ich, dass gegen Teenie-Liebesromane nichts einzuwenden ist, Verliebtsein und alles, was dazugehört, sind in dem Alter ja beherrschende Themen. Es kommt halt auf die Art der Darstellung an. Bad-Boy-Phantasien, in denen ein Nein kein Nein ist, haben hier m. E. nichts verloren.



    Witzig, wir lesen drüben gerade in einer Leserunde ein Buch, in dem die Protagonisten genau das bei Filmen bemängelt: die unrealistischen Liebes-Happy Ends :zwinker:


    Och, die stören mich gar nicht so sehr. Ich sehe das als Momentaufnahme. Und wenn sie dann formschön in den Sonnenuntergang geritten sind, ziehen sie zusammen und ärgern sich, dass er die Socken rumliegen lässt und sie die Zahnpastatube nie zuschraubt. Oder so ähnlich.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Das mit dem Porno stimmt sicher.


    Die große Liebe, und dann auch noch auf den ersten Blick, gibt es halt nur im Märchen. Ich hab mich von sowas nie beeinflussen lassen. Hab solche Bücher aber nie gelesen. Von daher bin ich wahrscheinlich die falsche für so eine Diskussion.


    Das mit den Trollen und Zwergen hab ich deswegen geschrieben weil man eben nicht alles für bare Münze nehmen darf in Büchern.
    Einen Troll erwartet niemand zu sehen nachdem er Fantasy gelesen hat, die große Liebe aber schon.

  • Bei Jugendbüchern ist es womöglich kritischer zu sehen, da die explizit für eine junge, noch form- und beeinflussbare Zielgruppe geschrieben werden. Grundsätzlich finde ich, dass gegen Teenie-Liebesromane nichts einzuwenden ist, Verliebtsein und alles, was dazugehört, sind in dem Alter ja beherrschende Themen. Es kommt halt auf die Art der Darstellung an. Bad-Boy-Phantasien, in denen ein Nein kein Nein ist, haben hier m. E. nichts verloren.


    Es geht auch um die Häufung. Die realistischen Liebesromane sind ja sehr deutlich in der Minderheit.



    Ich hab mich von sowas nie beeinflussen lassen. Hab solche Bücher aber nie gelesen. Von daher bin ich wahrscheinlich die falsche für so eine Diskussion.


    Hm, das finde ich jetzt interessant. Ist es nicht möglich, einen Schritt neben sich zu stehen und sich in andere hinein zu versetzen für solche Diskussionen? Wenn man bei allem immer nur von sich aus ginge, dann könnte man sich ja eigentlich jegliche Diskussion über wichtige Themen sparen?

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  • Tut mir leid suse. Aber bei dem Thema kann ich mich nicht hinein versetzen. Wer wirklich glaubt dass es diese romantische alles verherrlichende Liebe in echt tatsächlich gibt hat sich nie umgesehen.


    Und wenn ein Teenie nicht fähig ist seine Umwelt zu beobachten um zu sehen dass das Humbug ist, dann soll er auf den Mist eben rein fallen.


    Tut mir echt leid. Aber wie gesagt, wenn ich solche Artikel dann lese kommt mir echt die Galle hoch. Haben die heutigen Jugendlichen vergessen ihr Gehirn einzuschalten oder warum sollen sie auf einmal jeden Mist glauben den sie in Büchern lesen?


  • Es geht auch um die Häufung. Die realistischen Liebesromane sind ja sehr deutlich in der Minderheit.


    Das stimmt wohl leider. Die andere Frage ist allerdings, ob es dafür einen ausreichenden Markt gäbe. Ich könnte mir vorstellen (weiß es aber nicht sicher), dass viele Leser(innen) die rosaroten Phantasielovestorys bevorzugen. Ich für meinen Teil mag das Realistische ja in der Regel lieber, aber anderen ist das vielleicht nicht romantisch genug?



    Tut mir leid suse. Aber bei dem Thema kann ich mich nicht hinein versetzen. Wer wirklich glaubt dass es diese romantische alles verherrlichende Liebe in echt tatsächlich gibt hat sich nie umgesehen.


    So realistisch gestrickt sind aber nur wenige Teenager. Ich hab damals auch gern vom Märchenprinzen geträumt (wenn auch vielleicht eher von der realitätsnäheren Variante, der mit dem selbstgekauften Golf vorgefahren kommt und nicht mit der goldenen Kutsche). Dass echte Liebe mit romantischen Klischees eher wenig zu tun hat, hab ich dann auch erst später gelernt.

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    Leonard Cohen





  • Ich kann mir einfach nicht vorstellen dass viele Jugendliche auf diesen romantischen sch... rein fallen.


    Ich kenn aus meiner Generation keinen der von Mr. Right geträumt hat. Warum sollten da die heutigen Jugendlichen plötzlich so anders sein?


  • Ich kenn aus meiner Generation keinen der von Mr. Right geträumt hat. Warum sollten da die heutigen Jugendlichen plötzlich so anders sein?


    Naja, ich kenne in meiner Generation dagegen extrem viele, die von Mr. Darcy & Co schwärmen (ja, immer noch schwärmen).

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.


  • Ich kenn aus meiner Generation keinen der von Mr. Right geträumt hat.


    Das ist dann Deine persönliche Filterblase ;) In meinem Umfeld ging es zwar auch nicht übermäßig romantisch zu, ich glaube aber, dass einfach nicht jeder seine Phantasien öffentlich gemacht hat ...


    Und ganz ehrlich, wenn mir ab und zu mal ein besonders toller Typ in einem Buch begegnet (nein, nicht der starke Held mit Sixpack und Löwenmähne, sondern ein gestandener Mann mit Anstand und Courage - Atticus Finch lässt grüßen), wünsche ich mir auch, es gäbe ihn in echt.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Was meint ihr dazu? Gibt es zu viel Romantik und heile Welt in der (Jugend)literatur? Ist das die Hauptrolle, die Frauen zuteil wird?


    "Faust", "Effi Briest" und "Stolz und Vorurteil" sind schlechte Beispiele. In allen drei Werken wird die Rolle, in die die Frauen von der zeitgenössischen Gesellschaft gedrängt wird, durchaus kritisch gesehen.

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Okay. Moment mal.


    Sich vorzustellen dass es den tollen Typen gäbe, und enttäuscht sein dass es ihn nicht gibt sind aber zwei paar Schuhe.


    Wir haben auch davon geträumt dass uns Robbie von take that auf die Bühne holt bei einem Konzert. Uns war aber immer klar dass das Träume sind und nie in echt passieren wird.


    Es ist ja ein haushoher Unterschied ob ich den Typ aus dem Buch gut finde. Oder ob ich enttäuscht bin dass ich im echten Leben kein Pendant finde.

  • Ich glaube schon, dass es Jugendliche gibt, bei denen falsche Erwartungen geweckt werden. Viele leben doch ohnehin in einer Parallelwelt, wenn nicht in Büchern, dann im Internet bei Netflix & Co. Die wenigsten machen noch eigene Erfahrungen. Und wenn es dann mal so weit ist, haben sie Erwartungen, die oft nicht erfüllt werden. Nicht umsonst endet die erste große Liebe manchmal schmerzhaft. Die Kids sind einfach zu sehr von der Medienseite vorbelastet und staunen dann, wenn sie die Realität einholt. Davon abgesehen würden auch nicht alle solche Probleme durchstehen, mit denen junge Paare in Büchern konfrontiert werden.


    Es gibt auch realistische Lektüre auf diesem Sektor, aber die muss man suchen.

  • Es ist schätzungsweise eine Frage der aktuellen Lebenssituation und geistigen Reife des Lesers/der Leserin. Heute lese ich hin und wieder mal was romantisch Angehauchtes, wenn mir nach so was wie einem modernen Märchen ist, ohne gleich leise in mein Kissen zu weinen, weil die Realität nicht so ist.


    Bei Jugendbüchern ist es womöglich kritischer zu sehen, da die explizit für eine junge, noch form- und beeinflussbare Zielgruppe geschrieben werden. Grundsätzlich finde ich, dass gegen Teenie-Liebesromane nichts einzuwenden ist, Verliebtsein und alles, was dazugehört, sind in dem Alter ja beherrschende Themen.


    Das sehr ich ähnlich.
    Aber ich muss auch sagen, dass ich die jungen Leserinnen im Großen und Ganzen eigentlich für realistisch genug halte um einen Roman nicht mit dem "wahren Leben" zu verwechseln.
    Ich habe eben mal meine 18jährige Tochter zu dem Thema befragt.
    Sie stimmt mir da zu :zwinker:

  • Die wenigsten machen noch eigene Erfahrungen. Und wenn es dann mal so weit ist, haben sie Erwartungen, die oft nicht erfüllt werden. Nicht umsonst endet die erste große Liebe manchmal schmerzhaft. Die Kids sind einfach zu sehr von der Medienseite vorbelastet und staunen dann, wenn sie die Realität einholt.


    Endet die erste große Liebe nicht schon seit Jahren, um nicht zu sagen Jahrzehnten, manchmal schmerzhaft?
    Das hat sicherlich nichts mit unrealistischen Happy-End - Geschichten zu tun :zwinker:


  • Aber ich muss auch sagen, dass ich die jungen Leserinnen im Großen und Ganzen eigentlich für realistisch genug halte um einen Roman nicht mit dem "wahren Leben" zu verwechseln.


    Ich denke, das gilt für die meisten. Nur sind eben die Erwartungen anders.

  • Ich habe in einer Leserunde das Buch "Unsere Tage am Ende des Sees" gelesen.
    Das Buch beschreibt sehr gut dargestellt eine Mutter-Tochter - Beziehung, mit einer Alkoholikerin als Mutter.
    Unabhängig von der Qualität des Buches waren ein paar der Leserinnen enttäuscht darüber, dass die Liebesgeschichte quasi "unterging". Und auch darüber, dass es ein offenes Ende gab. Ohne "Ritt in den Sonnenuntergang" :zwinker:


    Ich denke aber, manchmal braucht es einfach eine rosarote Brille um ein wenig dem Grau des Alltags zu entfliehen. Gerade weil es eben nicht immer Sonnenschein gibt im Leben.
    Und dann träumt man sich ein bisschen weg.
    Warum soll das bei Jugendlichen nicht auch okay sein?


    P.S.
    http://literaturschock.de/lite…ead/46828.0.html#lastPost

    Einmal editiert, zuletzt von Katjuschka ()