Charlotte Brontë - Jane Eyre

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  • Jetzt aber mal ganz ehrlich, was hat Mr. Rochester sich dabei gedacht? Dass er damit durchkommt? Dass alle, die von seiner verrückten Frau im Dachboden wissen, dichthalten und ihn in Bigamie leben lassen?


    Das habe ich mich auch gefragt. Ich kann zwar gut nachvollziehen, dass diese Ehe für ihn keine Ehe mehr ist und er sich eine richtige Beziehung wünscht, aber so lange Ehefrau Nr. 1 unter demselben Dach lebt und es weitere Mitwisser gibt, kann das mit der Geheimhaltung doch gar nicht funktionieren.


    Zitat

    Bemitleiden kann ich ihn ehrlich gesagt auch nicht, denn natürlich ist seine erste Frau eine Bürde, aber ist es eine Lösung, sie auf dem Dachboden zu verstecken?


    So ganz verstehe ich auch nicht, warum er sie nicht wenigstens irgendwo anders untergebracht hat. Die Lösung mit dem Dachboden ist doch auch für ihn unangenehm.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Ich bin jetzt beim 5. Kapitel im zweiten Buch


    Jane hat Gefühle für Mr. Rochester entdeckt - dass erkennt sie erst etwas später. Einerseits freut es mich für sie andere seits sieht sie ja an sich keine Hoffnung darin.


    Ich kann mir auch vorstellen, dass er die Gesellschaften gibt damit er nicht zu viel Zeit mit Jane alleine verbringen muss. Ich glaube es macht ihm Angst dass er sich zu ihr hingezogen fühlt. Ist ja auch überhaupt nicht standesgemäß.


    Miss Ingram ist ja sicherlich äußerlich eine Schönheit aber innerlich erscheint sie mir nach Janes Beschreibungen eher ein hässlicher Mensch zu sein. Und wie gemein sie immer zu der kleinen Adele ist.. unglaublich. Aber dass scheinen auch die anderen zu bemerken, allen voran Mr. Rochester. Hat mir gut gefallen wie Jane von ihrer Fensterbank aus alles beobachtet und wie sie alle Regungen und Empfindungen beschreibt.


    An die Vorstellung mit der Wahrsagerin konnte ich mich gar nicht mehr erinnern und schon gleich gar nicht, dass Mr. Rochester sich als diese ausgibt.
    Wie gut, dass Jane sich nicht aus der Reserve locken lies - sehr geschickt.


    Das Erscheinen von Mr. Mason hat ihn ja sichtlich beunruhigt - ich kann mich noch dunkel erinnern, dass er was mit seiner Frau zu tun hat.

    Liebe Grüße JaneEyre

    Bücher haben Ehrgefühl. Wenn man sie verleiht, kommen sie nicht zurück.

    Theodor Fontane


  • Jetzt aber mal ganz ehrlich, was hat Mr. Rochester sich dabei gedacht? Dass er damit durchkommt? Dass alle, die von seiner verrückten Frau im Dachboden wissen, dichthalten und ihn in Bigamie leben lassen?


    Vielleicht wissen die ja gar nicht, dass es sich um seine Frau handelt. Wurde das erwähnt? Oder er hat alle zum Schweigen verdonnert und zahlt entsprechend gut. Aber mittlerweile kennen wir die Rolle, die Mason in diesem Stück spielt, und da wundert es mich, dass Rochester gegen ihn nicht gleich etwas unternommen hat. Irgendwo hatte Rochester sogar erwähnt, dass Mason ihn mit einem Wort auffliegen lassen könnte. Er musste doch damit rechnen, dass die Wahrheit ans Licht kommt, wenn auch nicht gar so schnell. Und Mason, dieser Lump, hat sich keine Gedanken gemacht, wie es für Jane sein muss, auf diese Weise mit den Tatsachen konfrontiert zu werden. Das zeigt, wie gering die Wertschätzung gegenüber Angestellten war.



    Für Mr. Rochester fehlt mir im Moment jegliche Sympathie. Zu Beginn war er nur ein bisschen knorrig und ungehobelt und das passte ja auch zu Jane und ihrer Art, aber schon die Sache mit Miss Ingram war nicht mehr lustig (auch wenn die Gute mir jetzt auch nicht allzu leid tut) und Jane nun so zu belügen und zu hintergehen, geht gar nicht.


    Das kann ich sogar verstehen. Er ist über beide Ohren verliebt und will das Verhältnis legalisieren; will sie nicht als seine Geliebte haben, sondern als Ehefrau, will vielleicht Kinder. Außerdem wäre sie finanziell abgesichert, auch später als seine Witwe. Ist doch klar, dass er nicht beichtet, bereits verheiratet zu sein. Eine Affäre käme irgendwann zu einem Ende, dafür ist Jane nicht der Typ. Dann kann er auch gleich aufs Ganze gehen und sie heiraten und auf die Chance hoffen, dass die Bigamie nicht ans Licht kommt und das die Beziehung beendet. Ich denke, Bigamie wird strafbar gewesen sein, also riskiert er einiges, nur um mit Jane zusammen zu sein. Alles aus Liebe - da kann ich ihm nicht wirklich böse sein.



    Bemitleiden kann ich ihn ehrlich gesagt auch nicht, denn natürlich ist seine erste Frau eine Bürde, aber ist es eine Lösung, sie auf dem Dachboden zu verstecken?


    Das ist eigentlich der schwere Weg. Der einfache wäre gewesen, sie in einer Anstalt unterzubringen, was er sich finanziell sicher hätte leisten können. Da zahlt er dann bequem die Kosten und muss sich um nichts kümmern. Wenn man aber weiß, wie damals mit den Insassen solcher Einrichtungen umgegangen wurde, kann man verstehen, warum er lieber einen kompletten Landsitz für ihre Betreuung unterhält. Auch wenn die Patientin in der Dachkammer eingeschlossen ist, führt sie wenigstens ein besseres Leben als unter fremder Obhut.


    Ich glaube, ich mutiere gerade zu Mr. Rochesters Anwältin :breitgrins:.


    Gestern habe ich noch eine zweite Nebenlektüre angefangen, damit ich mit Jane Eyre nicht zu weit voraneile, aber ich denke, dass ich es am Wochenende fertig lesen werde. Jetzt beginnt nämlich offensichtlich der Teil, der in der Maletzke-Biografie nicht besprochen wurde, für mich also völliges Neuland.


  • Und Mason, dieser Lump, hat sich keine Gedanken gemacht, wie es für Jane sein muss, auf diese Weise mit den Tatsachen konfrontiert zu werden. Das zeigt, wie gering die Wertschätzung gegenüber Angestellten war.


    Das stimmt! Darüber hatte ich noch gar nicht so richtig nachgedacht, aber es hätte gegebenenfalls auch noch andere Wege gegeben, die Hochzeit zu verhindern, als das so plakativ auffliegen zu lassen. Jane hat mir in der Situation auch unendlich leid getan.


    Zitat

    Ich glaube, ich mutiere gerade zu Mr. Rochesters Anwältin :breitgrins:.


    Völlig okay, ich finde Deine Argumentation sehr schlüssig. Wie gesagt, alles kann ich nicht ganz verstehen, aber dass er Jane wirklich liebt, steht für mich auch außer Frage. Und aus Liebe tun manche Menschen ziemlich dumme Dinge.

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    Leonard Cohen





  • Bis einschließlich Kapitel 27


    Bemitleiden kann ich ihn ehrlich gesagt auch nicht, denn natürlich ist seine erste Frau eine Bürde, aber ist es eine Lösung, sie auf dem Dachboden zu verstecken?


    Viele andere Möglichkeiten hatte er nicht. Da gab es noch das Haus im Wald. Oder eine Anstalt, aber die waren zu dieser Zeit eher schlechter als der Dachboden. Hier hatte sie eine gute Betreuung und relativen Luxus.


    Ich frage mich auch, ob Rochester wirklich glaubte, er kommt mit der zweiten Hochzeit durch. Vor sich selbst konnte er die Sache durchaus rechtfertigen, aber vor dem Gesetz nicht. Das muss ihm klar gewesen sein und ich finde es schlimm, dass er dabei nicht an Jane und was er ihr damit antun würde gedacht hat.


    Mason hätte die Heirat auch verhindern können. Was für ein Zufall, dass er auf Madeira ausgerechnet Janes Onkel getroffen hat! Den würde mich mittlerweile wirklich gerne kennen lernen.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Ich bin im 23. Kapitel und noch hat er ihr den Antrag noch nicht gestellt und narrt sie noch damit, dass sie sich eine neue Stelle suchen muss und er ihr sogar mit hilft dabei. Die arme Jane, sie tut mir so leid - dabei ist sie so tapfer...


    Die Reise zu ihren Verwandten war auch nicht so einfach, wobei sie sich sehr souverän verhalten und sogar ihrer gemeinen Tante vergeben hat. Was diese leider bis zum Tod nicht konnte.Dass Mrs. Reed angegeben hat sie sei tot nur weil sie ihr ein schönes Leben nicht gönnte ist ziemlich bezeichnend für diese kalte, gehässige Frau.
    Und ihre zwei Cousinen sind auch nicht besser. Beide nur auf sich bedacht, kalt und herablassend. Ihr jetztiges Leben haben sie beide verdient und der Tod von John - da muss man nichts mehr dazu sagen außer selbst gewählt und schuld.


    Wie sich Mr. Rochester freut als Jane endlich nach so langer Zeit wieder zurück kehrt. Und natürlich die kleine Adele und alle anderen Angestellten. Da fühlt sich Jane wohl das erste Mal geliebt und zu Hause, schön zu lesen.


    Allerdings das Verhalten von Mr. Rochester ist wirklich gemein... hätte ich so nicht gedacht von ihm. Dann auch noch das Gerede von der Hochzeit mit Miss Ingram...

    Liebe Grüße JaneEyre

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    Theodor Fontane


  • Und ihre zwei Cousinen sind auch nicht besser. Beide nur auf sich bedacht, kalt und herablassend. Ihr jetztiges Leben haben sie beide verdient und der Tod von John - da muss man nichts mehr dazu sagen außer selbst gewählt und schuld.


    und


    Allerdings das Verhalten von Mr. Rochester ist wirklich gemein... hätte ich so nicht gedacht von ihm. Dann auch noch das Gerede von der Hochzeit mit Miss Ingram...


    Da sind wir und einig :winken:

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  • Bis Kapitel 29


    Ach Mensch, Jane tat mir so leid, wie sie da Hals über Kopf davongestürzt und dann einsam und verlassen durch die Heide geirrt ist :traurig: Betteln zu müssen ist für sie, die es, seit sie alt genug war, immer geschafft hat, selbständig für sich zu sorgen, natürlich die Höchststrafe.


    Wenigstens dauert es nicht allzu lange, bis sie Unterschlupf findet, auch wenn ich St. John Rivers' salbungsvollen Ton etwas befremdlich finde. Hübscher Zufall, dass er ausgerechnet der Pfarrer ist, an dessen Tür sie zuvor schon einmal geklopft hatte.

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    Leonard Cohen





  • Mir tut Jane auch Leid. Es ist schon übel, wenn im Leben ständig etwas passiert, für das man nichts kann, aber dann selbst die Leidtragende ist. Das Gespräch zwischen ihr und Rochester im 27. Kapitel zeigt, dass sich die beiden lieben, dennoch kommen sie nicht zusammen. Bei Jane habe ich den Eindruck, dass sie Angst vor ihren Gefühlen hat. Sie könnte mit ihm auch nach Übersee reisen, wo sie keiner kennt, und dort als seine Frau leben, aber sie will, dass alles ihre Ordnung hat. Na gut, ihre Ordnung hat sie, alles bleibt legal und ihre Integrität erhalten, aber glücklich ist sie nicht. Ich finde es erstaunlich, wie überlegt sie in ihren jungen Jahren schon handelt (müsste jetzt ungefähr 20 sein?). Wenn ich überlege, was ich in dem Alter gemacht habe, ohne lang nachzudenken... Aber sie hat ja auch schon einiges erlebt, was sie reifer machte als manche ihrer Altersgenossinnen.



    Hübscher Zufall, dass er ausgerechnet der Pfarrer ist, an dessen Tür sie zuvor schon einmal geklopft hatte.


    Die Haushälterin des Pfarrers fand ich komisch. Ich gehe davon aus, dass sie schon öfter Menschen in Not gesehen hat, die an des Pfarrers Türe klopften, und ein Auge dafür haben sollte. Aber sie gibt Jane noch nicht einmal als Gegenwert für deren Halstuch ein Stück Brot. Sie hätte ihr auch etwas schenken können, wenn sie sich nicht auf einen Tausch einlassen will. Aber das scheint in dem Haus nicht üblich zu sein. Lässt das nicht Rückschlüsse auf den Pfarrer zu?

  • Bis Kapitel 29
    Janes überstürzte Flucht ist durchaus verständlich und auch dass sie ihre Tasche vergißt. Sie hatte dafür einfach keinen Kopf. Aber dass sie schon nach einem Tag körperlich so am Ende ist? Wahrscheinlich hat die Zeit davor auch dazu beigetragen. Wobei ich auch denke, dass die Frau ihr das Brot hätte geben können, auch wenn sie das normalerweise nicht macht. Sie hätte erkennen müssen, dass Jane keine gewöhnliche Bettlerin ist.


    Zumindest hat sie eine Unterkunft und Menschen gefunden, denen sie verrtrauen kann. Mir kommt es so vor, als ob sie das erste Mal in ihrem Leben in einem Haus willkommen ist, ohne etwas dafür tun zu müssen.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.


  • Bei Jane habe ich den Eindruck, dass sie Angst vor ihren Gefühlen hat. Sie könnte mit ihm auch nach Übersee reisen, wo sie keiner kennt, und dort als seine Frau leben, aber sie will, dass alles ihre Ordnung hat. Na gut, ihre Ordnung hat sie, alles bleibt legal und ihre Integrität erhalten, aber glücklich ist sie nicht.


    Ich teile Deinen Eindruck, Doris. Aber das ist wohl ihr Naturell.


    Zitat

    Die Haushälterin des Pfarrers fand ich komisch. Ich gehe davon aus, dass sie schon öfter Menschen in Not gesehen hat, die an des Pfarrers Türe klopften, und ein Auge dafür haben sollte. Aber sie gibt Jane noch nicht einmal als Gegenwert für deren Halstuch ein Stück Brot. Sie hätte ihr auch etwas schenken können, wenn sie sich nicht auf einen Tausch einlassen will. Aber das scheint in dem Haus nicht üblich zu sein. Lässt das nicht Rückschlüsse auf den Pfarrer zu?


    Zumindest entspricht das nicht wirklich gelebter christlicher Nächstenliebe. Wenigstens ein Häppchen zu essen hätte sie ihr geben können.


    Kirsten: das eklige Wetter (es ist ja ziemlich kalt) und ihr Gefühlszustand sind für mich zwei gute Erklärungen für ihre Erschöpfung. Und wahrscheinlich hat sie sich da draußen auch noch erkältet.

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  • Bis Kapitel 34


    St. John Rivers nervt! Dieses salbadernde Geleier, das nie auf den Punkt kommt ... das wäre selbst von der Kanzel herunter deplaziert und ist es im Alltag noch viel mehr :rollen: Er kommt mir außerdem wirklich etwas calvinistisch-spaßfeindlich vor und wie einer, der seine eigene Aufopferung gerne zur Schau stellt und dabei meint, die Wahrheit gepachtet zu haben (leider prädestiniert ihn das geradezu zum Missionar ... die Inder, denen er seine Bekehrungsversuche angedeihen lassen wird, tun mir jetzt schon leid!) Ich finde es schrecklich bevormundend, wie er oft mit Jane redet.


    Seine Idee mit der Dorfschule war allerdings tatsächlich keine schlechte, zumal Jane nach und nach aus einigen der Mädchen einiges herausholen kann und vor allem Jane erstmals in ihrem Leben frei ist und etwas Eigenes hat. In ihrem kleinen Häuschen fühlt sie sich wohl (so wohl es eben nach dem geplatzten Traum geht).


    Miss Oliver hat recht, sich einem anderen Mann zuzuwenden. Mit diesem stocksteifen, salbungsvoll daherschwadronierenden Typen wäre sie bestimmt nicht glücklich geworden. Fast hat es mich ein bisschen gewundert, dass er es überhaupt nach außen dringen ließ, dass er sich in sie verguckt hatte.


    Dass die Rivers

    erscheint mir zwar ein bisschen weit hergeholt bzw.


    Diesen

    fand ich einfach nur furchtbar :entsetzt: Wieso tut er das? Weil er denkt, dass er als einziger weiß, was gut für sie ist?

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    Leonard Cohen





  • Bis Kapitel 34


    Bis einschließlich 34? Ich glaube, ich schreibe betreffend eines speziellen Punktes lieber eine gesonderte Antwort, damit ich nichts vorwegnehme.



    St. John Rivers nervt! Dieses salbadernde Geleier, das nie auf den Punkt kommt ... das wäre selbst von der Kanzel herunter deplaziert und ist es im Alltag noch viel mehr :rollen: Er kommt mir außerdem wirklich etwas calvinistisch-spaßfeindlich vor und wie einer, der seine eigene Aufopferung gerne zur Schau stellt und dabei meint, die Wahrheit gepachtet zu haben (leider prädestiniert ihn das geradezu zum Missionar ... die Inder, denen er seine Bekehrungsversuche angedeihen lassen wird, tun mir jetzt schon leid!) Ich finde es schrecklich bevormundend, wie er oft mit Jane redet.


    Zustimmung in allen Punkten. Ich sehe ihn als den typischen Stammhalter, der von klein auf gehätschelt und gefördert wurde und es gewöhnt ist, im Mittelpunkt zu stehen und immer Recht zu bekommen. Jane gegenüber verhält er sich wahrscheinlich so wie bei allen anderen Frauen auch.



    Seine Idee mit der Dorfschule war allerdings tatsächlich keine schlechte, zumal Jane nach und nach aus einigen der Mädchen einiges herausholen kann und vor allem Jane erstmals in ihrem Leben frei ist und etwas Eigenes hat.


    Auf diese Weise kann sie auch etwas von dem zurückgeben, was ihr selbst als Kind ermöglicht wurde. Ein regelmäßiger Schulbesuch war in dieser Gesellschaftsschicht sicher nicht alltäglich. Janes Art, mit den Kindern umzugehen, erinnert an ihre frühere Schulleiterin Miss Temple. Die Schulzeit ist schon sehr prägend.



    Diesen

    fand ich einfach nur furchtbar :entsetzt: Wieso tut er das? Weil er denkt, dass er als einziger weiß, was gut für sie ist?


    Für mich hat das nichts mit Gefühlen zu tun; er macht es aus rein pragmatischen Gründen.

    Einmal editiert, zuletzt von Doris ()

  • Kapitel 34
    Nun will St. John also mit Jane nach Indien auswandern und besteht darauf, dass sie ihn heiratet. Ich finde es gut, dass sie standhaft bleibt, vor allem in Anbetracht ihres jugendlichen Alters und ihrer geringen Erfahrungen (oder kann man Rochester in der Hinsicht als Erfahrung betrachten?). St. John fährt alle rhetorischen Geschütze auf und manipuliert sie aufs Schlimmste: Sie habe schon zugesagt, sie sei zu standhaft, um zurückzuziehen, sie würde mit ihm gleichzeitig Gott zurückstoßen. Dann ignoriert er sie beim Gute-Nacht-Sagen. Heiraten soll sie ihn aus gesellschaftlichen Gründen, aber für mich sieht das nach völliger Selbstaufgabe aus, denn abgesehen von ihrer zukünftigen missionarischen Tätigkeit wird er irgendwann das passende Argument aus der Bibel liefern, damit sie ihren ehelichen Pflichten nachkommt. Wie soll das funktionieren, so ganz ohne Liebe? Nur unterordnen und nichts mehr von dem tun, woran ihr Herz hängt? Sie würde alles an Selbstbestimmung aufgeben, was sie sich erarbeitet hat. Und sie weiß, wie es ist, geliebt zu werden. Könnte sie jemals glücklich werden?


    Was sich Charlotte Brontë wohl bei dem Vornamen St. John gedacht hat? Heiliger John. Unheilig oder scheinheilig würde es besser treffen :breitgrins:.


  • Bis einschließlich 34? Ich glaube, ich schreibe betreffend eines speziellen Punktes lieber eine gesonderte Antwort, damit ich nichts vorwegnehme.


    Ja, einschließlich - aber separat ist ja auch gut ;)


    Zitat

    Zustimmung in allen Punkten. Ich sehe ihn als den typischen Stammhalter, der von klein auf gehätschelt und gefördert wurde und es gewöhnt ist, im Mittelpunkt zu stehen und immer Recht zu bekommen. Jane gegenüber verhält er sich wahrscheinlich so wie bei allen anderen Frauen auch.


    Seine Schwestern sind wahrscheinlich die einzigen, die ihn aus Erfahrung nicht immer so ganz ernst nehmen. Ansonsten spricht man ihm kraft seines Amtes Autorität zu, was ihm natürlich zupass kommt :rollen:


    Zitat

    Auf diese Weise kann sie auch etwas von dem zurückgeben, was ihr selbst als Kind ermöglicht wurde.


    Das stimmt, ein schöner Gedanke!


    Zitat

    Ein regelmäßiger Schulbesuch war in dieser Gesellschaftsschicht sicher nicht alltäglich. Janes Art, mit den Kindern umzugehen, erinnert an ihre frühere Schulleiterin Miss Temple. Die Schulzeit ist schon sehr prägend.


    Auch hier Zustimmung - soweit hatte ich gar nicht gedacht, aber ja, Jane hat sich offenbar bei Miss Temple eine Scheibe abgeschnitten. Nicht das Schlechteste! Das gefällt mir an ihr, dass sie nicht verbittert ist, sondern trotz vieler negativer Erfahrungen, die sie gemacht hat, immer ihr Bestes gibt und Gutes tut (aber ohne sich dafür selbst einen Heiligenschein aufzusetzen).



    Sie habe schon zugesagt, sie sei zu standhaft, um zurückzuziehen, sie würde mit ihm gleichzeitig Gott zurückstoßen.


    Furchtbar, oder? Der nimmt sich selbst und seine Mission ganz schön wichtig. Umso mehr habe ich Respekt vor Jane, dass sie sich davon nicht einschüchtern lässt. Man darf nicht vergessen, wie jung sie noch ist und wie beeinflussbar viele in diesem Alter noch sind, gerade Frauen, denen immer suggeriert wurde, dass die Männer ihnen in allem überlegen sind.


    Zitat

    Dann ignoriert er sie beim Gute-Nacht-Sagen.


    Kindisch ist das.


    Zitat

    Und sie weiß, wie es ist, geliebt zu werden. Könnte sie jemals glücklich werden?


    Sie wäre damit todunglücklich gewesen. Zum einen, weil sie weiß, wie es ist, geliebt zu werden, zum anderen, weil sie weiß, wie es ist, frei und ihre eigene Herrin zu sein.


    Zitat

    Was sich Charlotte Brontë wohl bei dem Vornamen St. John gedacht hat? Heiliger John. Unheilig oder scheinheilig würde es besser treffen :breitgrins:.


    Ich vermute eine gewisse Ironie bei der Namensgebung :freches grinsen:


    Wenn wir schon bei Namen sind: Diana finde ich recht ungewöhnlich unter all den braven Janes, Alices und Marys!

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    Leonard Cohen






  • Was sich Charlotte Brontë wohl bei dem Vornamen St. John gedacht hat? Heiliger John.


    Diese Frage habe ich mir auch gestellt. Vielleicht ist es aber auch der Ruf- oder Spitzname, weil er ein so engagierter Kirchenmann ist.


    Heiliger John. Unheilig oder scheinheilig würde es besser treffen :breitgrins:.


    Was seinen Beruf oder besser: seine Berufung betrifft, passt der Name schon. Im zwischenmenschlichen Bereich hat er allerdings deutliche Defizite :rollen:

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    Einmal editiert, zuletzt von Kirsten ()

  • Ich teile Deinen Eindruck, Doris. Aber das ist wohl ihr Naturell.


    Da bin ich mir nicht so sicher - vielleicht eher von den moralischen Vorstellungen der damaligen Zeit. Das war doch undenkbar mir einem verheirateten Mann zusammen zu leben in sog. wilder Ehe.
    Das hing meiner Ansicht nach mit ihrer Erziehung zusammen.


    Bin jetzt beim 1. Kapitel im 3. Buch - Jane weiß bescheid und eine Welt ist für sie zusammen gestürzt. Sie liebt ihren Mr Rochester immer noch und kann ihm verzeihen - aber unvorstellbar für sie mit ihm irgendwo zusammen zu leben, auch in einem anderen Ort weit weg von ihrem jetzigen Zuhause.
    Mr. Rochester erklärt ihr gerade alles, das Kennenlernen und auch warum er seine erste Frau geheiratet hat, vor allem weil es von seinem Vater und Bruder aus Berechnung eingefädelt wurde.
    Evtl. kann sie es nachvollziehen aber für sie steht fest, dass sie nicht weiter mit ihm zusammen leben kann.

    Liebe Grüße JaneEyre

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    Theodor Fontane

  • Da bin ich mir nicht so sicher - vielleicht eher von den moralischen Vorstellungen der damaligen Zeit. Das war doch undenkbar mir einem verheirateten Mann zusammen zu leben in sog. wilder Ehe.
    Das hing meiner Ansicht nach mit ihrer Erziehung zusammen.


    Das natürlich auch. Ich hätte wahrscheinlich einen Teil von Doris' Zitat löschen sollen, hauptsächlich habe ich mich nämlich auf den ersten Satz bezogen. Ich glaube schon, dass sie neben den damaligen Moralvorstellungen auch ihren Gefühlen hier nicht so ganz über den Weg traut. Oder denkt, dass sie die große Liebe als kleine "Dienstbotin" nicht verdient hat.

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  • Dass dann eher Valentine - so hat man es auch manchmal raus gehört bei ihren Überlegungen - da bin ich dann bei dir. :breitgrins:

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    Theodor Fontane

  • Bin jetzt beim 1. Kapitel im 3. Buch ...


    Die Einteilung hängt anscheinend stark von der Ausgabe ab, die man liest. Valentines Kapitel waren durchgehend numeriert, ich hatte immerhin zwei Bücher und du sogar drei... ein bisschen verwirrend, das Ganze.

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