Frank Schirrmacher - Das Methusalem-Komplott

Es gibt 4 Antworten in diesem Thema, welches 1.776 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Doris.

  • So, weil mir das arme Fach-und-Sachbücher-Unterforum wegen der seltenen Beiträge so leid tut, schreibe ich jetzt mal eine Rezi, eines erst kürzliche gelesenen Sachbuches. Das wird meine erste Rezi und ich streng mich mal ordentlich an :smile:



    Klappentext:
    Niemand wird gerne alt. Jetzt altern ganze Völker in nie gekanntem Ausmaß. Das individuelle Schicksal wird zum politischen und ökonomischen Schicksal fast aller Staaten der Erde. Selbst nach vorsichtigen Schätzungen wird dieser Prozess auf unabsehbare Zeit anhalten. Für die nächsten fünfzig Jahre ist er bereits unumkehrbar. Die heute jungen Männer und Frauen, die später die vielen Alten werden, haben deshalb jetzt eine historische Chance: Sie müssen schon aus Überlebensinstinkt gegen die Diskriminierung des Alters vorgehen. Tun sie es nicht, werden sie in dreißig Jahren in die seelische Sklaverei gehen. Negative Altersvorstellungen, so zeigt die Forschung, führen zu selbstverschuldeter Unmündigkeit und einem Verlust an Denkfähigkeit schon im frühen Alter. Dabei hat die Forschung längst das negative Image des Alterns von Frauen und Männern korrigiert. Wir müssen, so die zentrale These dieses Buches, eine spektakuläre Kulturwende einleiten. Nicht durch ein neues Jugendbild, sondern nur durch eine militante Revolution des Bildes des eigenen Alterns gewinnt diese Gesellschaft die Chance, sich wieder zu verjüngen. Sie muss Gegenbilder schaffen: in der Kunst, im Leben, in der Wissenschaft. Die Macht, Märkte und Meinungen umzuformen, liegt bei dieser neuen Mehrheit. Dieses Buch will anhand neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse zu einem Komplott gegen den biologischen und sozialen Terror der Altersangst überreden, weil nur so die Jungen eine Chance bekommen.


    Meine Meinung:
    Schirrmachers Ziel ist zweifelsohne das Aufrütteln der Leser. Er möchte ebendiese von der Wichtigkeit seines Themas überzeugen und bedient sich dabei des (Stil)Mittels der Redundanz. Vor allem zu Beginn des Buches hat man das Gefühl, dass der Autor die x-te Statistik zur Untermauerung einer einzigen These bedient. Für Leser, denen die Thematik ferner ist, kann das evtl. hilfreich sein, mich jedoch hat dieses Vorgehen schnell genervt.


    Nichtsdestotrotz ist anzumerken, dass Schirrmacher bei allen Statistiken, Vergleichen und nackten Zahlen, die er anführt, leicht verständlich bleibt. Genau diese Verständlichkeit macht in meinen Augen einen großen Vorteil des Buches aus. Schirrmacher schafft es, eine komplexe Thematik für den Laien schlüssig darzustellen und bleibt dabei auch für Fachleute ernsthaft. Man merkt seinem Buch an, dass gut recherchiert wurde und so schafft Schirrmacher es auch Bezüge herzustellen, die in der momentanen Debatte um die demographischen Probleme Deutschlands, nur allzu oft vergessen werden.


    Schirrmacher geht noch über die bloße Darstellung der Thematik "Alterung der deutschen Gesellschaft" hinaus und versucht Lösungsansätze zu skizzieren. Sicher kann man in diesem Punkt nicht erwarten, dass er das Allheilmittel zur Verfügung hat, dass die deutsche Politik schon lange sucht, jedoch meine ich, dass Schirrmacher jedem einzelnen Leser sehr gute Denkanstöße liefert, um sich selber über mögliche Lösungsstrategien Gedanken machen zu können.


    Fazit:
    Schirrmacher schafft es mit einem leicht verständlichen Buch, den Leser zu befähigen an der Demographie-Debatte in Deutschland teilzunehmen. Dabei macht er sich lediglich zu Beginn der Langenweile strafbar. Und trotz der klaren Position, die er bezieht, wirkt er nie so oberlehrerhaft wie viele andere Sachbuchautoren.
    Durchweg zu empfehlen!


    wegen des Beginns gibt es eine Ratte Abzug:
    4ratten

  • Huhu julhenne,


    auch wenn mich das Buch jetzt so gar nicht interessiert: Sehr schöne Rezi! :klatschen:


    Liebe Grüße
    nimue

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Hallo,
    Deinen Enthusiasmus in Ehren, aber ich glaube, damit hat Schirrmacher bei Dir genau das erreicht, was er will. Um dem mal eine kritische Meinung entgegen zu stellen, verweise ich auf eine andere Perspektive zum Thema Bevölkerungsentwicklung, die ich hier nicht zitieren kann, weil sie zu lang ist. Aber lies Dir das hier mal durch, und dann evtl. auch die Untersuchungen des Statistischen Bundesamtes zu dem Thema. Bin gespannt, ob Du danach immer noch so begeistert bist.


    :winken:
    Hans

  • Zum Demographie-Problem empfehle ich folgendes Buch:


    Franz-Xaver Kaufmann: Schrumpfende Gesellschaft. Suhrkamp Verlag.


    Das ist wissenschaftlich seriös und verharmlost die Problematik keinesfalls. Die politischen Folgerungen sind vorsichtig vorgenommen.


    Schöne Grüße,
    Thomas

  • Ich habe das Buch vor einigen Wochen gelesen und fand es eher Angst einflößend. Eigentlich fehlte am Schluss das Kapitel "Anleitung zum Selbstmord". Bei Schirrmachers Schilderungen fröstelte es mich teilweise richtig. Wer Angst vor dem Altwerden hat, sollte von diesem Buch die Finger lassen. Das soll nicht heißen, dass ich das Buch schlecht fand, aber nach meiner Ansicht hörte sich alles sehr negativ an.


    LG Doris