Patrik Svensson - Das Evangelium der Aale

Es gibt 4 Antworten in diesem Thema, welches 1.271 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Saltanah.

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    Ich habe das Buch im schwedischen Original unter dem Thema "Ålevangeliet" gelesen und kann daher nichts zur Qualität der deutschen Übersetzung sagen.


    Aale sind, was mir bisher nicht bekannt war, sehr rätselhafte Fische. Lange war man sich nicht einmal darüber klar, ob sie wirklich Fische sind, denn es fehlt ihnen an deutlich sichtbaren Flossen und Schuppen. Auch können sie sich zumindest einige Zeit auf festem Land aufhalten, und zum Beispiel über eine feuchte Wiese von einem Gewässer zum nächsten wandern.


    Ebenso fehlt es ihnen an Geschlechtsorganen. Wie also vermehren sich Aale? Die alten Griechen nahmen an, sie entstünden aus Schlamm. Erst im 19. Jahrhundert wurde erstmals ein Aal mit weiblichen Geschlechtsorganen gefunden und noch einige Jahrzehnte später der erste männliche Aal. (Sigmund Freud forschte übrigens einige Monate lang in Italien an Aalen, und sezierte (vergeblich) einige Hundert, um männliche Geschlechtsorgane zu finden.)


    Heutzutage weiß man, dass Aale ihre Geschlechtsorgane erst zu Beginn ihrer Wanderung zur Sargassosee entwickeln. Dort, in der Sargassosee laichen sie dann und von dort wandern die sogenannten Weidenblattlarven, das erste Stadium in der Entwicklung der Aale, über den Atlantik nach Europa und metamorphieren zum Glasaal. Solche wurden in verschiedenen Küstengegenden Europas gefischt. Im nächsten Stadium, als ausgewachsene Tiere, leben sie Jahre oder auch Jahrzehnte in Süßgewässern in ganz Europa, bzw. andere, eng verwandte Arten auch in den anderen Erdteilen. Irgendwann entwickeln sie dann Geschlechtsorgane, wobei sich gleichzeitig der Verdauungstrakt zurückentwickelt.


    Auch heute noch sind längst nicht alle Fragen über die Aale gelöst. So hat man zum Beispiel noch nie erwachsenen Aale in der Sargossosee beobachten können. Ebensowenig weiß man, was die Entwicklung zum letzten Stadium auslöst, wie die Aale den Weg quer über den Atlantik finden oder wieso die Aalpopulation in den letzten Jahrzehnten so rapide abgenommen hat.


    Was man weiß, das stellt Patrik Svensson in seinem Buch dar. Von ihm erfährt man nicht nur die biologischen Fakten, sondern auch viel über die Kulturgeschichte des Aales. Welches Verhältnis hatten Menschen zu Aalen, wie wurden sie symbolisch verarbeitet, wie wurden sie zur Ernährung genutzt. Und wie sieht es heute aus?

    Eng damit verwoben erzählt Svensson auch die Geschichte von ihm und seinem Vater. Zusammen angelten sie in Svenssons Kindheit Aale, wann immer sich die Gelegenheit bot. Und ein wenig erzählt er auch die Geschichte des sich stark verändernden Schweden im Zwanzigsten Jahrhundert.


    Mich hat das Buch begeistert. Die vielen verschiedenen Blickwinkel, aus denen Svensson die Aale beobachtet, setzen sich zu einem Ganzen zusammen, von dem aus man noch viele Beziehungen zu anderen natürlichen und kulturellen Phänomenen herstellen kann. Wer sich richtig tief in ein Thema hineinkniet, egal welches, kann sonstwo landen, meilenweit vom Ursprungsthema entfernt, und so einen größeren Überblick über unsere Welt erhalten.


    Mein einziger Kritikpunkt ist die Abwesenheit von Illustrationen.


    4ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Ich habe "Das Evangelium der Aale" aufgrund von Empfehlungen hier aus dem Forum gelesen und bin froh darüber, ich hätte nicht gedacht, dass ein Buch über eine Fischart so interessant sein kann. Allerdings muss ich auch zugeben, dass ich vorher kaum etwas über Aale wusste und es auch spannend war zu erfahren, wie ungewöhnlich diese Tiere tatsächlich sind.


    Das letzte Drittel des Buches fand ich etwas zäh, da wiederholte sich doch einiges und die Einbeziehung von Beispielen wie dem Dodo und der Stellerschen Seekuh als Beispiele für das Aussterben waren mir doch etwas zu weit hergeholt. Dass der Aal bedroht ist und dass jedes Verschwinden einer Art bedauerlich ist wurde auch so schon klar.


    Insgesamt ein gut zu lesendes, sehr informatives Buch über ein faszinierendes Tier.


    4ratten

  • Mein Eindruck deckt sich ziemlich mit dem von Juva.


    Was mir von dem Buch aber sicher noch lange im Gedächtnis bleiben wird, ist ein Satz des Autors aus dem Kapitel Einen Aal überlisten. Dort wird beschrieben, wie Vater und Sohn in der Nacht Aale pöddern. Das ist eine spezielle Art diese Fische zu fangen.

    Zitat

    ...und ich fragte mich, nach dem Sinn des Ganzen.

    [...]

    Lag darin noch irgendetwas Menschliches?


    Und obwohl diese Art des Aalfangs so viel erfolgreicher war, hörten die beiden nach zwei Nächten damit auf.

    Und ich war sehr froh darüber.


    Ein Buch, das mir das Leben der Aale um einiges näher gebracht hat.


    4ratten