Monika Helfer - Vati

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    Herausgeber : Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG (25. Januar 2021)

    Sprache : Deutsch

    Gebundene Ausgabe : 176 Seiten

    ISBN-10 : 3446269177

    ISBN-13 : 978-3446269170


    Inhaltsangabe:


    Ein Mann mit Beinprothese, ein Abwesender, ein Witwer, ein Pensionär, ein Literaturliebhaber. Monika Helfer umkreist das Leben ihres Vaters und erzählt von ihrer eigenen Kindheit und Jugend. Von dem vielen Platz und der Bibliothek im Kriegsopfer-Erholungsheim in den Bergen, von der Armut und den beengten Lebensverhältnissen. Von dem, was sie weiß über ihren Vater, was sie über ihn in Erfahrung bringen kann. Mit großer Wahrhaftigkeit entsteht ein Roman über das Aufwachsen in schwierigen Verhältnissen, eine Suche nach der eigenen Herkunft.


    Autoreninfo:


    Monika Helfer, geboren 1947 in Au / Bregenzerwald, lebt als Schriftstellerin mit ihrer Familie in Vorarlberg. Sie hat zahlreiche Romane, Erzählungen und Kinderbücher veröffentlicht. Mit ihrem Roman "Schau mich an, wenn ich mit dir rede" (2017) war sie für den Deutschen Buchpreis nominiert.


    Meine Meinung:


    Titel: Mein Vater, der Leser...


    Auf ein Wiedersehen mit der Bagage hatte ich mich schon sehr gefreut, weshalb ich direkt mit der Lektüre startete und wieder kurzweilig und gut unterhalten wurde.


    In der Geschichte geht es dieses Mal um die Eltern der Autorin, vorzugsweise um ihren Vater, der während des Krieges ein Bein verlor und vernarrt in Bücher ist.


    Monika Helfer ist als Ich- Erzählerin unterwegs und beschreibt wie sie die Zeit in der Familie erlebt hat und lässt auch ihre Schwestern zu Wort kommen.


    Schön war zu lesen, dass sich das Leben der Nachfolgegeneration der Bagage etwas verbessert hat und dennoch werden schnell große Unterschiede zu heute klar. Da erscheint trotz der Verletzten das Kriegsversehrtenheim wirklich der schönste Ort gewesen zu sein, mitten in der Idylle und viel Platz.


    Sympathisch war mir der Vater in jedem Fall, teile ich doch seine enorme Leidenschaft für Bücher. Das ist kein Gebrauchsgegenstand, sondern das Zuhause von Figuren, die wir lieb gewinnen.


    Die Paarbeziehung der Eltern empfand ich als tragisch und gleichzeitig so echt. Einfach gut, dass hier nichts geschönt wurde seitens der Autorin, denn genauso ist nun mal die Liebe und das Leben.


    Schön fand ich auch das Wiedersehen mit den Kindern aus "Die Bagage", nur das jetzt alle erwachsen sind und ihren eigenen Weg gehen, sofern sie dies denn umgesetzt bekommen.


    Der nüchterne Schreibstil Helfers trägt dazu bei, dass allein die Familie im Fokus steht, fast so als würde man mittels Zielfernrohr drauf schauen, um ja nichts zu verpassen.


    Fazit: Steht seinem Vorgänger in nichts nach. Ich habe mich wieder gut unterhalten gefühlt. Gern spreche ich eine Empfehlung aus.


    Bewertung: 4ratten

    &WCF_AMPERSAND"Das Buch als Betriebssystem ist noch lange nicht am Ende&WCF_AMPERSAND" (H.M. Enzensberger)

  • Ich habe "Vati" gleich direkt nach dem ersten Band "Die Bagage" gelesen. Es ging für mich also nahtlos weiter.

    Ihrem Schreibstil ist Monika Helfer treu geblieben. Mit Einfachheit, Leichtigkeit und dennoch Tiefe erzählt sie ihre Familiengeschichte weiter. Sie verwebt die Vergangenheit mit der Gegenwart, eine Erinnerung führt sie ins Jetzt und eine Begebenheit im Jetzt erinnert sie an Vergangenes.

    Mir gefällt, dass sie nichts schönfärbt und mit der Verwandtschaft und auch sich selbst auf eine menschliche Art und Weise schonungslos ist.


    Immer wieder tauchen in den Romanen Erinnerungsfetzen an ihre verstorbene Tochter Paula auf aus jüngerer Vergangenheit. Sie ist auch ein Teil der Bagage und soll wie alle anderen festgehalten werden im Buch.


    Der Vater ist ein Büchernerd. Bücher spielen in seinem Leben eine äußerst wichtige Rolle. Sein Selbstmordversuch geschah wegen der Bücher, danach erkrankt seine Frau "Mutti" an Krebs und stirbt. Die Kinder werden bei Tanten untergebracht. Die Bagage kümmert sich um ihresgleichen, auch um "Vati". Er lebt in einer Zelle in einem Nonnenkloster und hat kaum Kontakt zu seinen Kindern. Sein Schwager vermittelt ihm eine entfernte Kusine als zweite Ehefrau. Langsam bekommt "Vati" sein Leben wieder in den Griff, nimmt auch die vier Kinder wieder zu sich und der Stiefmutti.


    Bücher bestimmten bis zum Schluss sein Leben und auch seinen Tod.


    Mir gefällt auch bei allen 3 Bänden das Cover des Buches. Ich finde die Gerhard Richter Bilder wunderbar passend, da hat der Hanser Verlag wirklich einen guten Griff getan.

  • Ich habe "Vati" gleich direkt nach dem ersten Band "Die Bagage" gelesen. Es ging für mich also nahtlos weiter.

    Ihrem Schreibstil ist Monika Helfer treu geblieben.

    Ich hab mir nach Euren Hinweisen auf den 2. und 3. Band jetzt auch diese ausgeliehen und den 2. aktuell halb gelesen. Was mir, der der 1. Band quasi gar nicht gefallen hat, bisher auffällt:

    Immer, wenn Monika Helfer in "Vati" von eigenen Erfahrungen spricht oder Leute beschreibt, die sie kennt (beides war ja in der "Bagage" nie der Fall..), schreibt sie farbig, warmherzig, lebendig - ja, find ich tatsächlich - sowie es aber um Personen und Geschehnisse geht, die sie nicht selbst direkt erfahren hat, wird es (für mein Empfinden) auch hier farblos, hölzern und die Personen "leben" nicht. (JA, die Großmutter Maria war SCHÖN. Aber sonst noch irgendwas..??:rolleyes:)


    Ich werde versuchen, da weiter drauf zu achten und versuchen, dabei fair (und nicht rechthaberisch.. ;)) zu sein.

    (Dass zumindest eine derartige Tendenz bestehen könnte, bestätigen ja vielleicht auch Eure von Band 1 zu 3 aufsteigenden Bewertungen.. ?!)

  • Immer, wenn Monika Helfer in "Vati" von eigenen Erfahrungen spricht oder Leute beschreibt, die sie kennt (beides war ja in der "Bagage" nie der Fall..), schreibt sie farbig, warmherzig, lebendig - ja, find ich tatsächlich - sowie es aber um Personen und Geschehnisse geht, die sie nicht selbst direkt erfahren hat, wird es (für mein Empfinden) auch hier farblos, hölzern und die Personen "leben" nicht. (JA, die Großmutter Maria war SCHÖN. Aber sonst noch irgendwas..??:rolleyes:)

    Das ist interessant! Mir ist der Unterschied in den Beschreibungen auch aufgefallen, aber empfinde dazu ganz anders.


    Bisher hab ich die "Bagage" und kürzlich "Vati" gelesen und mochte beide Bücher sehr. Die Distanziertheit in "Die Bagage" ist für mich sehr gut nachvollziehbar, weil die Autorin darin nur wiedererzählt, was ihr erzählt wurde und ihr dabei auch bewußt ist, daß auch die Erinnerungen und Erzählungen der vorigen Generation nie ganz vollständig sind. Diese Erinnerungen ihr immer nur aus subjektiver Sicht oder sogar aus zweiter Hand erzählt wurden und sich innerhalb einer Familie Legenden bilden von wegen die "wunderschöne" Maria, der ebenfalls schöne, aber gefürchtete Joseph, wie der Lorenz seine Mutter verteidigt hat, der Pfarrer das Kreuz abhängte usw. - So richtig dabei war aber keiner und so wirklich weiß auch keiner mehr was nun wirklich im Großvater und der Großmutter damals vorgegangen ist, sicher auch nicht die eigenen Kinder, es verschwimmt sehr schnell alles im Ungenauen.

    Solche Geschichten werden dann innerhalb von Familien so oft erzählt, daß sie fast schon eine Art Eigenleben bilden ohne zu 100% die objektiven Wahrheit abzubilden und werden dann auch holzschnittartiger, einfacher, weniger differenziert.

    Die nächste Generationen bekommt diese Legenden dann beinahe schon in die Wiege gelegt, man sieht Bilder vor sich, die man so nie gesehen haben kann.

    Ich fand dieser "Nebel der Erinnerungen" wurde mit dem distanzierten Stil von "Die Bagage" sehr gut rübergebracht.


    In "Vati" mischt sich dann schon tatsächlich von der Autorin Erlebtes und Gefühltes mit diesen generationsübergreifenden "Legenden aus der Familiengeschichte" und selbst über ihre eigenen Erinnerung legt sie manchmal ein "Vielleicht", stellt sich selbst in Frage, weil auch eigene Erinnerungen nicht immer hundertprozentig sicher sind. Mindestens andere Beteiligte haben schon eine andere Sicht auf eine bestimmte Situation, manchmal trügt auch die eigene Erinnerung über lange Zeit gesehen; trägt man schon seine eigenen "Legenden" im Herzen.


    Ich bin sehr gespannt darauf wie es dann bei "Löwenherz" sein wird, denn auch das Leben ihres Bruders hat die Autorin nicht immer 1:1 mitbekommen, weder in der Kindheit, in der die Geschwister ja eine Weile getrennt waren und sicherlich auch nicht später als Erwachsene. Anders als bei "Vati" erzählt sie dann aber über ihre eigene Generation, insofern wird interessant wie sich das im Erzähltstil niederschlägt.


    Bei "Vati" fand ich übrigens auch noch sehr schön, daß man nicht "nur" die Geschichte dieses Mannes und seiner Zeit erfährt, sondern auch noch von einer einer wahrlich große, lebensbestimmende Liebe zu Bücher erfährt. Mit klassischen "Bücher über Bücher(liebe)"-Themen tu ich ich mich oft schwer, dies wirkt oft sehr bemüht, aber dies hier als Nebenschauplatz dieser bewegten und auch berührenden Lebensgeschichte zu bekommen war für mich noch das Tüpfelchen auf dem i .


    Das war jetzt nicht direkt eine Rezi, aber auf jeden Fall ein :tipp:

    Von den Sternen kommen wir, zu den Sternen gehen wir.

    Das Leben ist nur eine Reise in die Fremde.”

    (aus: "Die Stadt der träumenden Bücher")