Kurt Tucholsky - Schloß Gripsholm

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  • Liegt vielleicht daran, dass es nicht Platt ist, sondern Missingsch. Missingsch ist - aber lassen wir es doch Tucholsky selber beschreiben:


    Missingsch ist das, was herauskommt, wenn ein Plattdeutscher Hochdeutsch sprechen will. Er krabbelt auf der glatt gebohnerten Treppe der deutschen Grammatik empor und rutscht alle Nase lang wieder in sein geliebtes Platt zurück. Lydia stammte aus Rostock, und sie beherrschte dieses Idiom in der Vollendung. Es ist kein bäurisches Platt -- es ist viel feiner. Das Hochdeutsch darin nimmt sich aus wie Hohn und Karikatur; es ist, wie wenn ein Bauer in Frack und Zylinder aufs Feld ginge und so ackerte. Der Zylinder ischa en finen statschen Haut, över wen dor nich mit grot worn is, denn rutscht hei ümmer werrer aff, dat deit he... Und dann ist da im Platt der ganze Humor dieser Norddeutschen; ihr gutmütiger Spott, wenn es einer gar zu toll treibt, ihr fest zupackender Spaß, wenn sie falschen Glanz wittern, und sie wittern ihn, unfehlbar ... diese Sprache konnte Lydia bei Gelegenheit sprechen.
    (Kapitel 2 von "Schloss Gripsholm")


    Ältere Semester wie ich erinnern sich dabei gerne des Ohnsorg-Theaters im Fernsehen ... :winken:


    Vielen Dank für die Korrektur lieber Sandhofer. Aber Missingsch ist mir auch nicht geläufig :winken:

  • Meine Meinung:


    Kurt Tucholsky hat hier eine nette, beschwingte Geschichte über einen Sommerurlaub eines Liebespaares geschrieben.
    Mir gefiel bereits die Einleitung mit den Briefen Tucholskys an seinen Verleger und den entsprechenden Antworten. Der intelligente Humor dieser Briefe brachte mich bereits zum Schmunzeln. Nach dieser netten Einleitung fiel mir der Einstieg in die eigentliche Geschichte nicht mehr schwer.


    Die beiden Hauptcharaktere pflegen einen solch herzlichen, liebevollen und fröhlichen Umgangston miteinander, dass mir beim Lesen so richtig das Herz aufging. Ihre Kabbeleien brachten mich immer wieder zum Grinsen. Das Plattdeutsch, das Lydia immer wieder zum Besten gab, störte mich überhaupt nicht - ich fand es im Gegenteil sehr amüsant und nett (auch wenn ich nicht immer alles verstand).
    Das Buch erweckt Sehnsucht nach Sommerurlaub und Südschweden und man wünscht sich als Leser, ebenfalls dort zu sein.


    Nachdenklich stimmten mich dann die Erzählstränge, in denen das Schicksal der kleinen Ada, genannt "das Kind", geschildert wird. Frau Adriani ist eine bösartige und herrschsüchtige Frau - gerne hätte ich jedoch etwas mehr über ihre Geschichte erfahren, denn sicherlich ist sie nicht ohne Grund zu solch einem "Monster" von einer Heimleiterin geworden. Mich trieb beim Lesen die Frage um, die sich auch die Charaktere stellten: "Ob sie wohl glücklich ist?" - wohl eher nicht, würde ich vermuten.
    Deshalb fieberte ich auch mit dem Paar mit, die sich trotz des Widerstandes der Adriani bemühen, die Kleine aus dem Heim zu holen und zu ihrer Mutter zu bringen.


    Zusätzlichen Charme bringen Karlchen und Billie, die jeweils besten Freunde des Pärchens, in die Geschichte. Karlchen hat einen herzerfrischenden Humor und die Männerfreundschaft zwischen ihm und Peter (bzw. "Daddy" oder wie auch immer ihn seine Lydia gerade zu nennen beliebt :smile:) scheint wirklich sehr stark und unzertrennlich zu sein. Man spürt das Vertrauen und den Zusammenhalt dieser beiden Männer.
    Billie dagegen ist eine sehr interessante Frau, die eine Portion subtile Erotik in die Geschichte einbringt und zudem eine sehr erfrischende Art hat.


    Insgesamt handelt es sich hier um eine herzerfrischende kleine Geschichte, die sich wunderbar eignet, um ein paar schöne und erholsame Lesestunden zu verbringen, wobei wegen der schönen Beschreibung Schwedens Fernweh und Urlaubsgefühle erweckt werden.


    Von mir gibt es: 4ratten

    :lesen: Joe Navarro - Menschen lesen

  • Kurt Tucholsky - Schloss Gripsholm


    Ich habe das Buch während meines Kurztripps nach Schweden/ Stockholm gelesen und zwar auf der Heimreise über Skavsta Airport...


    Der Autor schreibt hier über den Sommerurlaub eines Pärchens auf Schloss Gripsholm in Südschweden. Es ist ein mehrwöchiger Aufenthalt in dem beide die Seele baumeln lassen, spazieren, die Besuche der Freunde Karlchen und Billie genießen und so ein paar unbeschwerte Tage verleben. Parallel wird die Geschichte der kleinen Ada gezeichnet, die unter den Thyrannischen Verhältnissen im Kinderheim nahe Gripsholm leidet und die dann von dem Pärchen daraus erlöst wird.


    Auf den ersten Blick war es für mich eine wunderbare, romantische kleine Sommergeschichte - ein Liebespaar kann fern von daheim ohne Sorgen und Probleme einige Wochen ausspannen und die Seele baumeln lassen. Das Leid der kleinen Ada rüttelt sie auf, bezwingt jedoch nicht die allgemeine Urlaubstimmung.
    Unterschwellig wurden doch einige Probleme der Menschen angesprochen - so empfand ich die Heimleiterin als erschreckendes Synonym für die folgende Geschichte von Macht und "Machtmissbrauch" - wie hier die Art der Person beschrieben wurde, ihr Auftreten und ihre Berechnung, ihre Freude am Leid der Schwächeren war für mich ein grausiges Bild für das was kommen sollte im 3. Reich. Außerdem waren die Bezüge z.B. zum Gladiatorenkampf beeindruckend und interessant gesetzt. Die ganze Grausamkeit der Menschheit, konnte man indirekt in Form dieser Person spüren...
    Auch das ein Urlaub nur eine "Flucht", ein Abschalten vom Alltag ist wurde deutlich, denn am Ende war klar - solange der Aufenthalt in Schweden zeitlich begrenzt ist, kann man abschalten. Ist man "für immer" dort kommen die Probleme und Sorgen des Alltags hinterher.
    Der Mensch braucht also den Urlaub, die Flucht aus dem Alltag und es war schön diese Buch in 2 Tage zu lesen in denen ich genau das gemacht habe.
    Ich mochte es sehr und vergebe dafür
    4ratten


    Viele Grüße
    schokotimmi

  • Ich lese Schloss Gripsholm gerade (kann diese Jahreszeit für die Lektüre nur empfehlen :sonne: ) und bin an dem Lied hängengeblieben, das der Erzähler und seine Prinzessin einmal am Klavier miteinander singen:


    Manchmal denke ich an dich,
    das bekommt mir aber nich ...
    denn am nächsten Tag bin ich so müde -


    Sieh mal einer an. Darauf wäre ich auch nicht gekommen, dass 2raumwohnung bei Tucholsky geklaut haben ... *klick*


    Refrain:


    Dann denk ich mal was Anderes
    als immer nur an dich
    denn das viele an dich Denken
    bekommt mir nicht.
    Am nächsten Tag bin ich so müde,
    ich pass gar nicht auf
    und meine Freunde sagen
    ich seh fertig aus.

    [color=darkblue]"Date a girl who reads. Date a girl who spends her money on books instead of clothes. She has problems with closet space because she has too many books. Date a girl who has a list of b

  • @ bluebell: Na das ist ja interessant - ist mir damals gar nicht aufgefallen. Aber das Lied ist schön, passt auch!


    Viele Grüße
    schokotimmi

  • Ja, mir gefällt's auch, und es passt tatsächlich. :smile:
    Inzwischen bin ich mit dem Buch fertig, und ich fand es ... nett. Über Tucholskys Wortspiele musste ich des Öfteren grinsen (verliebt habe ich mich in die Wortschöpfung blausa - man hat tatsächlich die Farbe vor Augen, die gemeint ist, nicht wahr?). Und die Prinzessin ist dafür, dass sie schon vor 80 Jahren geschaffen wurde, eine erstaunlich originelle Frauenfigur.


    Trotzdem haben mich die beiden Handlungsstränge (Sommerurlaub und Kinderheim) bzw. ihre Verknüpfung nicht so recht überzeugt. Das war mir irgendwie alles zu dünn und ich war mir am Ende auch nicht ganz klar, warum der Autor bei diesem locker-flockigen Grundtenor unbedingt so eine mitleiderregende Gestalt wie das kleine Mädchen einführen musste. Vielleicht wollte er der Kontrast zwischen Idylle und Leid herausstreichen, aber die Umsetzung fand ich nicht 100% gelungen.


    Definitiv hängen geblieben ist die Atmosphäre - für mich wirklich eine Sommerlektüre.


    3ratten

    [color=darkblue]"Date a girl who reads. Date a girl who spends her money on books instead of clothes. She has problems with closet space because she has too many books. Date a girl who has a list of b

  • Kurt Tucholsky „Schloß Gripsholm"


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    Der Hauptdarsteller will mit seiner Freundin einen Urlaub in Schweden verbringen und spontan mieten sich die beiden im Schloß Gripsholm ein. Sie genießen die Sommerwochen, vergehen sich in Liebeleien und neckischen Anspielungen, empfangen Besuch von Freunden und verlieren sich im entspannten Nichtstun.
    Das Idyll bekommt allerdings einen Riss, als sie von der Existenz eines mit harter Hand geführten Kinderheimes in unmittelbarer Umgebung erfahren. Besonderes Mitleid erregt dabei ein kleines, verschüchtertes Mädchen, dessen Rettung sich das Paar nun zur Aufgabe macht.


    Wirklich beeindruckt hat mich an dem Buch eigentlich nur die Sprache Tucholskys. Die ist klar, direkt, auf den Punkt. Er sagt Dinge in einem Satz, für die ich mindestens zehn gebraucht hätte, und das so einfach und unmittelbar, dass sein Tonfall immer ein bisschen frech und keck daher kommt. Auch wie er die Worte findet, zusammenfügt, Metaphern benutzt ohne sie zu überreizen, ist schon sehr bewundernswert.
    Die Handlung an sich hat mich aber nicht wirklich beeindruckt. Man hat das Buch an einem Tag durch, aber ich habe nicht das Verlangen danach gespürt, zum Ende zu kommen. Es ist mir nicht gelungen, Sympathie , geschweige denn überhaupt Interesse für irgendeine Person zu entwickeln. Die Geschichte plätschert mehr oder weniger vor sich hin und ich habe mich immer gefragt, worauf das alles hinauslaufen soll. Für mich persönlich haben sich die zwei Handlungsstränge, zum einen das Urlaubsidyll und zum anderen das grausame Kinderheim, nicht genügend und überzeugend ineinander gefügt.


    Fazit:
    Mir fällt es nicht leicht, dieses Buch zu beurteilen, weil es mir sprachlich außerordentlich gut gefallen hat, mich aber trotzdem nicht fesseln konnte. Als kleines Intermezzo für einen schönen Sommertag (oder auch verregneten Herbsttag) würde ich es letztendlich empfehlen, aber insgesamt davor warnen, zu viel zu erwarten.


    3ratten

  • Das könnte ich auch mal wieder machen. Vor einigen Jahren war ich sogar mal in Mariefred und hab das Schloß besichtigt, dabei hatte ich immer die Geschichte im Hinterkopf.

    :lesen: Kai Meyer - Die Bibliothek im Nebel

  • Eines meiner Lieblingsbücher. Ich war in Mariefred und im Schloß Gripsholm und habe danach dieses wunderschöne Buch gelesen. Das Buch lese ich regelmäßig immer wieder und ich habe mir auch die DVD mit dem Film (1964) gekauft. Es ist einfach zu schön.....:love::saint:

  • Ich habe auch noch eine tb-Ausgabe von meinem Vater hier (Juni 1956) - und versuche es mal endlich in diesem Sommer noch zu lesen (Absicht dazu besteht schon länger :verlegen:)


    so sieht es aus (aber ziiemlich nachgedunkelt, die Seiten):


    17900635198.jpg

    "Bücher sind meine Leuchttürme" (Dorothy E. Stevenson)

  • Die Ausgabe ist hübsch. Ich habe diesen Monat einen Glücksgriff im Tauschregal gemacht: ein Doppelband Schloss Gripsholm + Rheinsberg. Sieht ungelesen aus.

    Bücher sind Magie zum Mitnehmen.