Michael Köhlmeier - Matou

Es gibt 2 Antworten in diesem Thema, welches 493 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Alice.

  • Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Matou, die Katze ist ein kleiner, roter, besserwisserischer, manchmal komischer und teils arroganter Kater. Da er wie jede Katze sieben Leben hat, schreibt er im letzten Leben seine Memoiren und beschreibt was er in seinen vorherigen Leben erlebt hat auf.


    Im Laufe der Leben hat er sich entwickelt, er lernte zunächst sprechen, dann lesen und schreiben, ein kätzischer (evt. auch ketzerischer) Bildungs,- und Entwicklungsroman.

    Jeweils nach seinem Tod, also der Beendigung eines Lebens kommt er ins "Weggemachte", eine Art Katzenhimmel, wo er sich über einen Katalog einen Platz für sein nächstes Leben aussuchen kann. Er erhascht dort eine Art preview auf seinen möglichen nächsten Aufenthalt.


    Das Buch ist so aufgebaut, dass die ersten sechs Leben chronologisch erzählt werden, immer wieder mit einverwobenen Teilen aus seiner Gegenwart in seinem aktuell siebenten und letzten Leben.


    Leben 1 - verbringt er in Paris zur Zeiten der Robbespierre Herrschaft nach der Französischen Revolution, bei einem ehemaligen Mitstreiter Camille Desmoullins, der

    unter der Guillotine sein Ende gefunden hatte.

    Leben 2 - findet in Berlin statt, wo er bei E.T.A. Hoffmann lebt und von ihm lesen und schreiben lernt

    Leben 3 - ist auf der Insel Hydra, wo er eine Katzenschreckensherrschaft errichtet

    Leben 4 - hier wird eine Ausnahme gemacht, er ist nicht der kleine rote Kater sondern kommt als Leopard wieder auf die Welt, diesmal im Kongo, wo das Land
    unter dem Terrorregime vom belgischen König Leopold II. die Gräueltaten der Belgier rächt.

    Leben 5 - wieder als roter Kater im Prag am Ende der Donaumonarchie wo er auf Kafkas Affen Rotpeter trifft und den Niedergang einer altenfeudalen Welt erlebt.

    Leben 6 - verbringt Matou in New York beim Exzentriker Andy Warhol

    Leben 7 - zum Schluss ein ruhiges Leben, bei DIN (Dame Ingeborg Novak) und ihrem Neffen Daniel in Wien, wo er seine Autobiographie schreibt


    Der Ansatz war sehr interessant, auch die kulturgeschichtliche und philosophische Grundlage der jeweiligen Zeit an individuellen Biographien sind für mich sehr gut rübergekommen. Stellenweise habe ich mich aber durch das Buch etwas gequält. Manche Passagen waren mühsam, andere dafür aber wieder fesselnd.

    Die Idee des Weggemachten hat mich fasziniert, es gibt quasi für jede Spezies einen eigenen Himmel, ein eigenes Weggemachtes. Nur Katzen sind privilegiert und kehren wieder. Was bei den anderen Tieren ist - sein wird- bleibt offen.


    Die umfassende Reise durch Zeit hat mir aber doch der schwierigen Passagen sehr gut gefallen. Köhlmeier hat auch mit sehr viel Humor geschrieben. Aus Sicht der Katze zu erzählen, erlaubt dem Autor einen Schritt zurückzutreten und die Geschichte seit der Aufklärung quasi von außen zu betrachten.


    Trotz seiner Belesenheit und Gelehrtheit bleibt Matou ein Tier, er tötet, spielt mit den Opfern und quält sie. Nichts anderes was seine Mitmenschen machen. Sie kennen die Geschichte, was passiert war und Lernen trotzdem nicht. Die Methoden ändern sich, die Absichten bleiben dieselben.

    Bis zu einem gewissen Grad wurde die Aufklärung noch immer nicht komplett vollzogen.


    Ein Buch für LeserInnen mit Durchhaltevermögen^^

  • Nur ganz kurz meine Eindrücke zu:


    Matou

    von Michael Köhlmeier


    Sieben Leben hat Matou, als europäischer Kater, schon fast hinter sich, dabei Geschichte fellnah miterlebt, zahlreiche interessante Menschen kennengelernt, unzählige Bücher gelesen. Jetzt erzählt er seine hinreißende Geschichte - humorvoll, philosophisch, etwas größenwahnsinnig und auch immer wieder existenziell brutal. Er ist halt ein hochintelligenter Universalkater.


    Die Geschichte Matous, Köhlmeiers genial schöne Sprache, seine Überraschungen zwischendurch wie das Weggemachte, Gedichte, Zitate oder Leselisten trösten über manche Längen hinweg, die auf knapp 955 Seiten nicht ganz zu vermeiden sind.


    Ich gestehe: ich habe es langsam gelesen, zwischen den einzelnen Leben immer wieder kurze Pausen eingelegt um mich dann aber wieder von neuem verzaubern zu lassen.


    Wer Köhlmeiers ausufernden Erzählstil mag, wird dieses Buch von der ersten bis zur letzten Seite genießen!


    4ratten<3

    Vernunft, Vernunft...

  • Ich habe Matou jetzt tatsächlich auch ganz gelesen, aber bin insgesamt etwas gespalten.

    Die Grundidee und "Seele" der Ausführung fand ich genial gut - durch den Schritt zurück ist auf einfache Art eine viel tiefgehendere Analyse des Menschlichen möglich als bei direkter Beteiligung eines Exemplars der eigenen Gattung.

    Was aber für mich zwiespältig ist: Bei genau den Dingen, die sicherlich auch anderen Lesern außer mir im Laufe von 950 Seiten etwas an den Nerven sägen (ausufernde Aufzählungen von Synonymen, gewundene wortreiche Darstellung vieler geistiger Banalitäten, gelehrteste Buchtitellisten und ellenlange - oft gar nicht so schlechte, aber die Ungeduld hielt mich öfters vom vollständigem Lesen ab - Verse, Einiges an empfundenen.. abstrusen Widerlichkeiten..) würde Köhlmeier den Vorwurf der Effekthascherei und Selbstbespiegelung wahrscheinlich weit von sich weisen und sie als reine Stilmittel für das kätzische Denken bezeichnen. Was sie ja vielleicht auch sind. Nun ja.

    Ich bin keineswegs der Meinung, dass nur ein langer Satz ein guter Satz ist :breitgrins: - und ein Gedanke wird nicht dadurch tiefsinniger, dass man ihn kompliziert ausdrückt.

    (Der vielgepriesene "Humor" geht übrigens größtenteils an mir vorbei - vielleicht bin ich da ja zu einfach strukturiert. Oder habe eine andere Definition desselben.)

    Der letzte Satz von b.a.t. fasst mein Leseerlebnis insgesamt gut zusammen - aber da ich zwar einiges Durchhaltevermögen besitze, aber auch ungeduldig bin, konnte ich so Einiges an Matou zweifellos nicht würdigen, da ich stellenweise zu sehr hindurchgeeilt bin. Die merkwürdige Leopardengeschichte im Kongo könnte z.B. auch formal mehr enthalten, als ich ihr so mittendrin in 950 langen Seiten entnehmen konnte.

    Insgesamt bereue ich die Lektüre nicht, aber mein Lieblingsautor wird Köhlmeier wohl nicht werden. Ich hab mal in Rezensionen gesucht, um objektiver und fairer zu sein und hab diese gefunden, die mMn Einiges gut zusammenfasst:

    https://www.deutschlandfunk.de…st-alles-was-man-100.html :

    "Er bleibt Stoffverkäufer, wird nicht zum Schneider."

    Genau das trifft es für mich - das Ganze bleibt mir seltsam.. blutleer.

    2 Mal editiert, zuletzt von Alice ()