Hi!
Seit dieser Woche steht «Das grosse Spiel» in den Buchläden. Ich habe es bereits gelesen und möchte es hier vorstellen.
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Zum Inhalt:
John Law war der Sohn des schottischen königlichen Münzprüfers William Law, von dem er nicht nur Geld und Titel erbte, sondern auch das Talent zum Kopfrechnen. Dieses gebrauchte er zunächst in Spielsalons, um blitzschnell die Wahrscheinlichkeit des Gewinnens oder Verlierens auszurechnen, was ihm einerseits beträchtliche Summen und andrerseits Feinde von der Verliererseite des Tisches einbrachte. Nach dem Duell mit einem solchen Feind wurde John Law zum Tode verurteilt und floh aufs europäische Festland.
Dort brütete er an einer Idee weiter, die er über die Jahre entwickelt hatte: Er wollte das Finanzsystem revolutionieren, indem nicht mehr Silbermünzen das alleinige Zahlungsmittel sein sollten, sondern Papiergeld. Das System gab es zwar schon in den Niederlanden, dort musste für eine Banknote allerdings der aufgedruckte Gegenwert in Silber vorhanden sein - beispielsweise im Tresor der Bank, die die Note ausgab. John Law hatte die Idee, dass man auch für Grund und Boden einen Wert definieren und diesen als Gegenwert für Banknoten brauchen könnte. Da Law mit dieser Idee seiner Zeit weit voraus war, war es entsprechend schwierig, das System in die Praxis umzusetzen - vor allem, weil man dafür einen ganzen Staat brauchte, der mitmachen würde. Law setzte seine Hoffnungen auf Frankreich, das nach dem Tod von Sonnenkönig Louis XIV. auf einem gewaltigen Schuldenberg sass.
Nach langen Jahren des Hin und Hers war es schliesslich so weit: John Law durfte eine Privatbank eröffnen und Banknoten ausgeben - mit der Rückendeckung des Staates. In der Folge entwickelte sich durch die Gründung einer Handelsgesellschaft, an der man Beteiligungen kaufen konnte, so etwas wie der erste Aktienboom der Geschichte. Sogar Dienstboten konnten Millionäre werden (ein Wort, das zu dieser Zeit übrigens ein erstes Mal auftauchte) und so kam es, wie es kommen musste: Inflation, Zusammenbruch des Systems, Rückkehr zum Münzgeld und ein John Law, der in Ungnade gefallen war.
Meine Meinung:
Diese wahre Geschichte hat Claude Cueni nun in einem biografischen Roman aufgearbeitet, der dem Leser einen Mann mit schillerndem Charakter näherbringt. Die Fakten des Romans sind gut recherchiert, auch wenn Cueni da und dort zugunsten der Dramaturgie ein wenig vereinfachen und kürzen musste.
Es ist schwierig, das Leben einer historischen Persönlichkeit und ihres Umfeldes zu beschreiben, sie gleichzeitig lebendig werden zu lassen und obendrein noch eine gute Geschichte zu erzählen. Claude Cueni ist das in «Das grosse Spiel» weitgehend gelungen. Man leidet und hofft mit John Law mit und will selber erfahren, ob seine gewagten Ideen vom Papiergeld tatsächlich etwas taugen - auch wenn man die Antwort beim Blick ins eigene Portemonnaie schon zu kennen glaubt. Ein Grund dafür ist die Charakterisierung von John Law: Cueni serviert uns einen Mann, der auf der einen Seite mit eiserner Disziplin sein Ziel verfolgt und sich auch durch Rückschläge niemals entmutigen lässt (Motto: «Die wenigsten Menschen scheitern. Sie geben nur zu früh auf.») Auf der anderen Seite geht er aber auch gerne Ausschweifungen nach und kann Frauen selten widerstehen. Leider ist das nur in der ersten Hälfte des Buches wirklich spannend. Danach kann man Laws Reaktionen ziemlich präzise voraussagen, das Überraschungsmoment fehlt weitgehend.
Besser gelungen sind die Nebendarsteller, insbesondere der Pariser Polizeipräfekt d'Argenson, der John Law gegenüber äusserst skeptisch ist und ihn am liebsten nur noch von hinten sehen würde. Er ist von allen Gegenspielern Laws derjenige, dem man am ehesten zutrauen würde, ihm zu schaden. Leider sind seine Auftritte im Buch kurz, dafür wird der Leser immer wieder mit dem unsäglichen George Lockhart of Carnwath konfrontiert. Ein Feind aus Jugendtagen, der ein Duell (und ein Ohr) gegen Law verloren hat und so etwa alle 100 Seiten auftaucht, um sich dafür zu rächen. Leider sind die Begegnungen mehr Störfaktor als spannungserzeugendes Element. Ein Nebenplot, den sich der Autor hätte sparen können, zumal er auch keine tieferen Einsichten über John Laws Charakter zutage fördert.
Insgesamt darf «Das grosse Spiel» aber als gelungener historischer Roman bezeichnet werden, der einem neben der abwechslungsreichen Lebensgeschichte John Laws auch noch Material zum Nachdenken über Aktienkurse, Börsenbooms und -crashs gibt. Am stärksten ist die Geschichte nämlich dann, wenn die Protagonisten von der harten Realität eingeholt werden und sich damit arrangieren müssen.
Liebe Grüsse
Alfa Romea