Toni Jordan - Dinner mit den Schnabels

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    Offenbar scheiden sich die Geister an Toni Jordans Roman "Dinner mit den Schnabels": Während zwei Ein-Sterne-Bewerter des Romans bei Amazon anführen, die Geschichte sei zu seicht und vorhersehbar und ohne literarischen Anspruch, hat Elke Heidenreich bei ihrer Buchempfehlung im WDR den Roman empfohlen und als "wunderbar süffig zu lesen" bezeichnet. Und ich bin da ganz auf Heidenreichs Seite und froh, dass ich ihrer Empfehlung gefolgt bin, denn ich fand den Roman sehr unterhaltsam, hatte allerdings auch keine hohe Literatur, sondern gute Unterhaltung erwartet.


    Protagonist des Romans ist der gescheiterte Architekt Simon Larsen, der infolge der Corona-Epidemie nicht nur sein eigenes Architekturbüro, sondern mit seinem Job und seinem Haus auch seinen Lebensmut verloren hat. Er wohnt jetzt mit seiner Familie in einer kleinen, heruntergekommenen Wohnung und verbringt seine Zeit auf dem Sofa, während seine Frau Tansy arbeiten geht und das Familienleben mit den Kindern Mia und Lachie organisiert. Simon wird erst aus seiner Lethargie gerissen, als er innerhalb einer Woche den Garten von Tansys Freund Naveen neu gestalten soll - damit dort die Gedenkfeier für Tansys Vater, der bereits vor zwei Jahren verstorben ist, stattfinden kann. Dass diese Gedenkfeier mit Schrecken erwartet wird hängt damit zusammen, dass der Vater die Familie verlassen und in seiner zweiten Ehe noch eine Tochter bekommen hat, und alle nun davon ausgehen, dass seine Exfrau Gloria die Gelegenheit zur Abrechnung nutzen wird.


    Gloria ist die Matriarchin der Familie Schnabel, die nicht nur über ihre Kinder Kylie, Tansy und Nick regiert, sondern natürlich auch über Schwiegersohn Simon und die Enkel. Sie lenkt die Geschicke der Familie auf manchmal rabiate Art, deshalb sind ihre Anrufe und die ständigen Einmischungen in die Leben ihrer Lieben gefürchtet. Simon selbst denkt mit Schrecken an Gloria:

    Zitat

    [...] warum sollte irgendjemand freiwillig mit Gloria zusammenleben wollen? Das war so, als wollte man sein Leben mit einer giftigen Schlange teilen.

    Moment. Das war vielleicht ein wenig ungerecht. Soweit er wusste, hatte Gloria nie jemanden wirklich umgebracht. Wahrscheinlich wäre es fairer zu sagen, das Zusammenwohnen mit Gloria wäre so, als hätte man Filzläuse. Nie konnte man sich entspannen, weil die intimsten Bereiche deiner Existenz ständig gereizt wurden, da die Viecher einem das Blut aus dem Körper und die Freude aus dem Leben saugten. (S. 303)

    Gerade in der Woche vor der Gedenkfeier hat Simon aber nicht nur mit Gloria zu kämpfen, sondern auch mit diversen anderen Komplikationen, die die Fertigstellung des Gartens zu verhindern drohen, darunter das Auftauchen von Tansys bis dahin unbekannter Halbschwester, dem Verdacht, seine Frau könnte eine Affäre haben und sich von ihm trennen wollen, Betrugsvorwürfen gegen seine Tochter in der Schule sowie dem Stellenangebot einer großen Baufirma, zu dessen Annahme er sich nicht durchringen kann. Das dadurch erzeugte Chaos in Simons Kopf ist unterhaltsam zu lesen, stellenweise ist der Roman wirklich sehr lustig. Und trotzdem werden die Figuren bei allen Unzulänglichkeiten von der Autorin nicht bloßgestellt, sondern liebevoll gezeichnet. Selbst Gloria erscheint am Ende in einem anderen Licht, auch wenn sie natürlich alle Fäden im Hintergrund gezogen hat und damit letztlich alles nach ihrer Nase geht - aber eben auf etwas andere Weise als erwartet.


    Der Roman hat mir sehr gut gefallen und mich in meiner Erwartung guter Unterhaltung unbedingt abgeholt. Simon ist ein sympathischer Protagonist, dem ich gerne durch das Dickicht des Schnabelschen Familienchaos gefolgt bin.


    5ratten

  • Ohne ihn bisher zu kennen, schlage ich mich ganz unverblümt ebf. auf die Heidenreiche Seite ^^ und habe ihn gerade (als 3. von allen ;) ) in der Biblio vorbestellt: Danke für die tolle Rezension, liebe Juva !

    "Bücher sind meine Leuchttürme" (Dorothy E. Stevenson)

  • Das klingt genau nach meinem Beuteschema. Danke für den schönen Tip!

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen