Isaac Asimov - Alle Roboter-Geschichten. Der Lesethread

Es gibt 39 Antworten in diesem Thema, welches 2.511 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Breña.

  • Ein frohes Neues Jahr wünsche ich euch.


    Schon lange überlege ich, zu Asimovs Robotergeschichten einen ähnlichen Thread zu starten wie zu Bradburys Erzählungen. Und da heute Asimovs Geburtstag ist: Hier ist der Thread.


    Ich habe diesen Band im Regal:


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    Amazon
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    * Werbe/Affiliate-Links



    Anfangen möchte ich nicht gleich heute, vorher frage ich euch, ob jemand mitmachen möchte. Wenn nicht, dann führe ich eben ein längeres Selbstgespräch :breitgrins: .

    Es trifft sich, dass ich 4 (vier) weitere Exemplare dieses Taschenbuchs hier habe (fragt nicht :verlegen: ), die teilweise altersbedingt schon etwas angeschmuddelt sind. Ich würde die Bücher an die ersten vier Interessent:innen verschenken, sofern diese sich als fleißige LitSchocker zu erkennen geben :buecherstapel:

    Natürlich kann man die Robotergeschichten auch in anderen Ausgaben kaufen.


    ***

    Aeria

  • Ich habe die Geschichten auf Englisch schon ein paar Mal gelesen. Vielleicht melde ich mich bei der einen oder anderen, wenn Du darüber schreibst. Mitlesen im Sinn einer Leserunde werde ich allerdings nicht. ;)

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Die erste Geschichte im Buch heißt Der beste Freund eines Jungen (A Boy's Best Friend, 1975).


    Die Andersons leben auf dem Mond. Ihr kleiner Sohn Jimmy hat einen mechanischen Aufpasser und besten Freund, einen Roboterhund namens Robbud. Mit dem Hund spielt Jimmy gerne draußen in der Mondlandschaft. Seine Eltern wollen für ihn nur das Beste und daher schenken sie ihm einen echten Hund. Robbud wird nicht mehr gebraucht.


    Eine nette kleine Geschichte, nur vier Seiten lang. Das Ende ist offen, wir erfahren nicht, ob Jimmy, der sehr an seinem Roboterhund hängt, einen neuen - lebendigen - Hund akzeptieren wird. Seinen Eltern ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass Robbud nur ein Konstrukt ist, dessen Treue einprogrammiert worden ist. Für Jimmy aber zählt nur die eigene Zuneigung zu Robbud. Er möchte keinen Ersatz, wie toll dieser auch sein mag.


    *********************


    Das Buch ist in mehrere Abschnitte aufgeteilt:


    1. Einige nichtmenschliche Roboter

    2. Einige stationäre Roboter

    3. Einige metallene Roboter

    4. Einige humanoide Roboter

    5. Powell und Donovan

    6. Susan Calvin

    7. Zwei Höhepunkte


    Der Titel des Buches ist nicht ganz korrekt, denn es enthält nicht alle Robotergeschichten von Asimov, sondern nur die bis zum Jahre 1977 erschienenen.

    Ich habe im Regal noch einen weiteren Asimov-Band, aber auch dort fehlen einige Texte.


    Es gibt ein Vorwort des Autors, in dem er - nicht ohne Stolz - berichtet, wie seine Robotergeschichten sich auf die tatsächliche Entwicklung der Robotik ausgewirkt haben. Selbst der Begriff "Robotik" hat er erfunden.


    Die Drei Robotergesetze, die Grundlage für sowohl die literarischen als auch die realen Roboter, hat Asimov zusammen mit seinem Schriftstellerkollegen John Campbell entwickelt.

    Hier sind sie:


    1. Ein Roboter darf keinen Menschen verletzen oder durch Untätigkeit zu schaden kommen lassen.
    2. Ein Roboter muss den Befehlen eines Menschen gehorchen, es sei denn, die Befehle stehen im Widerspruch zum Ersten Gesetz.
    3. Ein Roboter muss seine eigene Existenz schützen, solange dieser Schutz nicht dem Ersten oder Zweiten Gesetz widerspricht.


    Isaac Asimov hat seine erste Robotergeschichte Robbie 1939 geschrieben, nachdem er in einer Zeitschrift die Kurzgeschichte I, Robot von Eando Binder gelesen hatte. Die Inspiration durch Binder gibt er gerne zu, doch er behauptet, dass der Titel I, Robot für seine eigene Robootergeschichten-Sammlung nicht seine Idee gewesen sei.


    Ich habe bereits vor fast 10 Jahren versucht, dieses Buch zu lesen, und nach der Hälfte abgebrochen. Diesmal halte ich hoffentlich bis zum bitteren Ende durch :sonne:


    ***

    Aeria

  • Ah ... Du liest ein ganz anderes Buch, als ich meinte. Ich kenne nur die Sammlung "I, Robot" von 1950 und die beiden ersten "Elijah Baley"-Romane. Also ab "Robbie".

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Oh, das verspricht interessant zu werden, ich geselle mich mal zu dir, Aeria .


    Asimov steht zwar auf meiner Merkliste, aber noch nicht im Regal, mitlesen kann ich daher nicht.

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges

  • Sally (1953)


    Jacob Folkers verwaltet seit etlichen Jahren eine Art Gnadenhof für ausgemusterte Automatobils, selbstfahrende Autos mit positronischen Schaltkreisen. Er kümmert sich liebevoll um die über 50 Wagen, hat jedem von ihnen einen Namen gegeben. Ein windiger Geschäftsmann bietet ihm an, die Motoren der Autos auszubauen und durch weniger wertvolle zu ersetzen. Die teuren Motoren würden dann verkauft und der Profit zwischen ihm und Folkers aufgeteilt werden. Natürlich lehnt Jake empört ab. Seine Autos sind empfindungsfähig und es kommt überhaupt nicht in Frage, sie auf diese Weise zu verstümmeln.

    Gellhorn gibt aber nicht auf. Er überfällt mit ein paar Kumpanen die Farm und setzt Jake wortwörtlich die Pistole auf die Brust.


    Dies ist eine über 20 Seiten lange Geschichte, die sich leicht liest. Sie spielt natürlich in der Zukunft. Über die Welt erfährt man kaum mehr als dass es die Automatics gibt. Mehr wird aber auch nicht gebraucht. Der Großteil der Handlung findet auf der Farm statt, wir sehen die Ereignisse ausschließlich durch Jakes Augen. Er liebt seine Schützlinge heiß und innig, besonders das Cabrio namens Sally. Jake scheint ein aufrechter Mensch zu sein. Die mißtrauische Stimme in mir fragte sich allerdings die ganze Zeit, ob er das wirklich ist oder uns etwas vormacht.


    Ich fand die Geschichte bis zum Überfall sehr gut, sehr verständlich und unterhaltsam. Die Autos ähneln verspielten Welpen, die durchaus auch mal die Zähne zeigen können. Gellhorns Überfall zerstört diese Idylle in mehr als einer Hinsicht. Ich kann die Szenen nur mit denen eines billigen Thrillers vergleichen. Vielleicht hat Asimov auch keinen Wert darauf gelegt, das Ganze etwas glaubwürdiger zu schreiben, denn die "Moral der Geschicht" war ihm wohl wichtiger.


    ***

    Aeria

  • Da ich nun auch ein (absolut gar nicht "altersbedingt angeschmuddeltes") Exemplar habe, leiste ich dir sehr gerne Gesellschaft, Aeria .


    Neben dem Vorwort habe ich bisher nur die sehr kurze erste Erzählung Der beste Freund eines Jungen gelesen.

    Eine nette kleine Geschichte, nur vier Seiten lang. Das Ende ist offen, wir erfahren nicht, ob Jimmy, der sehr an seinem Roboterhund hängt, einen neuen - lebendigen - Hund akzeptieren wird.

    Tatsächlich eine nette kleine Geschichte, die für ihre Kürze jedoch erstaunlich viel Tiefe bietet. Jimmys Einwand seinen Eltern gegenüber finde ich jedenfalls bemerkenswert. Ich habe den Eindruck, dass die Tonalität dieser wenigen Seiten schon gut auf die folgenden Geschichten einstimmt.

    Es gibt ein Vorwort des Autors, in dem er - nicht ohne Stolz - berichtet, wie seine Robotergeschichten sich auf die tatsächliche Entwicklung der Robotik ausgewirkt haben. Selbst der Begriff "Robotik" hat er erfunden.

    Das Vorwort fand ich enorm sympathisch. Asimovs Stolz auf seine wegbereitenden Ideen ist wirklich unverkennbar, er wirkt aber trotzdem nicht überheblich.


    Auf den wenigen Seiten wurde auch schon deutlich, was im einleitenden Text hervorgehoben wurde: Asimov distanziert sich von der SF, die sich durch sprachliche und inhaltliche Kompliziertheit auszeichnet. Ich hoffe also, dass auch die anderen Erzählungen so eingängig sind.

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges

  • Breña Schön, dass du dabei bist!


    Ich habe in den letzten Tagen ein paar weitere Geschichten gelesen.


    Eines Tages (Someday, 1956)


    Der elfjährige Niccolo lauscht gerne seinem Märchenerzähler, einem altern Computer. Dieser generiert aus vorgegebenen Textbausteinen Märchen über Prinzessinnen und Drachen. Niccolo ist eigentlich schon zu alt für dieses Gerät, aber seine Eltern können sich kein moderneres leisten. Sein Freund Paul bietet ihm an, dem Computer ein paar neue Daten einzugeben, damit die Märchen aktueller werden. Das klappt nur bedingt, denn jetzt tauchen in den Märchen zwar Computer auf, der Rest besteht nach wie vor aus den vertrauten Prinzessinnen, Königen und Fabelwesen. Die Jungen gehen schließlich zum Spielen, der Computer erzählt dem leeren Zimmer eine Geschichte über einen kleinen Computer, der bei bösen Stiefeltern lebt, aber eines Tages...


    Ich fand an dieser Geschichte nicht den Märchenerzähler interessant, sondern eher den Hintergrund, die Welt, in der sich alles abspielt. Diese erfahren wir durch Dialoge zwischen Niccolo und Paul. Paul hat nämlich herausgefunden, dass die Menschen in früheren Zeiten kleine Schnörkel malten, um Informationen zu teilen. Das Entschlüsseln dieser Schnörkel hieß "lesen". Paul und Niccolo beschließen, diese Fähigkeit zu erlernen, um "geheime Botschaften" auszutauschen.


    Schon spannend, wie manche Phantasten die Zukunft gesehen haben. Ich bin eher der Meinung, wenn künfige Generationen das Lesen und Schreiben verlernen, können sie auch keine Märchenerzähler mehr konstruieren. Kann natürlich auch sein, dass Asimov es hier absichtlich auf die Spitze der Unglaubwürdigkeit getrieben hat (ganz oben auf der Spitze befindet sich allerdings eine andere Kurzgeschichte, die lese ich gerade).

    8)


    ***

    Aeria

  • Eine Frage des Standpunkts (Point of View, 1975)


    In dieser Kurzgeschichte kommt der Multivac-Computer vor, ein in Asimovs Werken wiederkehrender "Charakter".


    Roger Atkins besucht seinen Vater, der am Multivac arbeitet. Der Vater erzählt ihm beim Mittagessen von den Problemen, die Multivac derzeit hat. Der Computer gibt nämlich auf dieselbe Frage verschiedene Antworten. Die Programmierer finden keine Lösung dafür. Roger schlägt vor, dem Computer eine Pause zu gönnen, denn dieser sei wie ein Kind, das auch mal Zeit zum Spielen braucht.


    Dieser Text erschien ursprünglich in einer Zeitschrift für Jungen, sicher ist er aus diesem Grund eher naiv und an keiner Stelle ernst zu nehmen. Hat mich relativ kalt gelassen. Ich habe nach dem Lesen keinen Gedanken mehr daran verschwendet.


    Denke! (Think! 1977)


    Eine Wissenschaftlerin hat ihren Computer so modifiziert, dass dieser durch Laserstrahlen ein menschliches Gehirn abtasten kann. Sie findet heraus, dass noch mehr möglich ist, nämlich Gedanken sichtbar und hörbar zu machen. Man kann sie sogar zu einem andern Menschen senden. Dr. Renshaw hat also die Telepathie erfunden. Ihr Computer kann nun auch telepathisch kommunizieren, was ein unbeabsichtiger und beängstigener Effekt ist.


    Das war mir zu weit hergeholt und zu trocken erzählt. Ich bin beim Lesen fast eingeschlafen... Die Wissenschaftlerin versucht, zwei Kollegen von ihrer Entdeckung zu überzeugen. Es gibt seitenlanges Gerede, dem man nur mit sehr viel Koffein im Blut folgen kann :evil: .


    Ich gebe zu, ich vergleiche Asimov immerzu mit Bradbury. Bradburys Geschichten sind natürlich auch nicht immer glaubwürdig, aber die wenigsten sind öde und/oder trocken und verpuffen gleich nach dem Lesen. Mir ist wieder eingefallen, warum ich die Robotergeschichten vor Jahren abgebrochen habe.


    ***

    Aeria

  • Wahre Liebe (True Love, 1977)


    Der Computer Joe soll für seinen Programmierer Milton dessen Traumfrau finden. Nachdem alle Kriterien, die Milton für unzumutbar hält, ausgeschlossen worden sind, bleiben 235 Frauen übrig, die Miltons Wünschen perfekt entsprechen. Doch auch hier mustert Milton nach den persönlichen Begegnungen einige Frauen aus. Er beschließt es anders anzugehen und sein Persönlichkeitsprofil im System zu erweitern. Das führt zu Veränderungen bei Joe.


    Diese sehr kurze Geschichte hat mir gut gefallen, weil sie ziemlich amüsant ist. Ein krasser Gegensatz zur vorherigen Erzählung. Mich hat sie in Teilen an das Buch "Das Rosie-Projekt" erinnert. Im Buch geht es ebenfalls um einen Mann, der genaueste Vorstellungen von seiner zukünftigen Frau hat und am Ende bei einer landet, die keiner dieser Vorstellungen entspricht. Asimovs Milton landet bei niemandem, sondern im Gefängnis - und Joe hat ein Rendezvous mit seiner Traumfrau.

    Wer ein paar Minuten Zeit für eine putzige Kurzgeschichte hat, sollte diese hier lesen.


    ***

    Aeria

  • Robot AL-76 geht in die Irre (Robot AL76 Goes Astray, 1941)


    Beim Transport einiger hochspezialisierter Roboter geht einer von ihnen verloren. Ausgerechnet AL-76, der dafür vorgesehen war, auf dem Mond einen Desintegrator zu bedienen. Das Unternehmen, und bald darauf das halbe Land, steht Kopf. Niemand kann vorhersagen, wie sich der Roboter vehalten wird, denn in seiner Programmierung ist ein Ausflug auf der Erde nicht vorgesehen. Der Roboter ist derweil auf seine Aufgabe konzentriert, er will einen Desintegrator bauen.


    Die bisher witzigste Geschichte! Asimov wählt genau die richtigen Worte, um die Fassungslosigkeit der Menschen zu beschreiben, die dem Roboter begegnen. AL-76 wird nicht genau beschrieben, aber die Menschen sind von seiner Gestalt entsetzt.

    Es gibt schräge Figuren, buchstäblich komödiantische Auftritte der rechtschaffenen Bürger, Mißverständnisse. Hier ist keine Zeile ernst zu nehmen, und im Vergleich zu einigen anderen Texten dieses Buches, ist das definitiv auch nicht die Absicht des Autors gewesen. Ich glaube, Asimov hatte einen Riesenspaß beim Schreiben.

    Die Geschichte endet mit einer feinen Pointe.


    ***

    Aeria

  • Ich habe ebenfalls etwas weitergelesen und fühle mich gut unterhalten. Ich bin positiv überrascht, wie gut lesbar die Geschichten bzw. die Übersetzungen sind, obwohl sie schon einige Zeit auf dem Buckel haben.


    Sally war eine etwas andere Geschichte über Roboter, auf die Idee eines Gnadenhofs für selbstfahrende Autos muss man erst mal kommen. Ich mochte dir Stimmung, auch wenn der Kontrast zwischen der heilen Welt und dem Überfall natürlich sehr plakativ ist. Asimov spielt ein wenig mit den Klischees, derer er sich bedient, wenn z.B. Jacob den Handelsvertreter als durchaus verschlagen wahrnimmt und ihn dennoch als vertrauenswürdig einstuft.

    Die Autos ähneln verspielten Welpen, die durchaus auch mal die Zähne zeigen können.

    Ich fühlte mich die ganze Zeit an Pferde erinnert und fand die Analogien erstaunlich passend, mit den Automatics als Nachfolgern von Nutztieren. Gab es zur Zeit der Entstehung schon Diskussionen darüber, ob Tiere Gefühle haben?

    Ich kann die Szenen nur mit denen eines billigen Thrillers vergleichen. Vielleicht hat Asimov auch keinen Wert darauf gelegt, das Ganze etwas glaubwürdiger zu schreiben, denn die "Moral der Geschicht" war ihm wohl wichtiger.

    Ne, glaubwürdig war die Geschichte nicht. Aber den kleinen Zweifel, den Jacob am Ende hat, fand ich wiederum gut platziert.


    Eines Tages gefiel mir nur mäßig. Mir war nicht wirklich klar, welchen Fokus die Erzählung hatte, da vieles an der Oberfläche blieb. Die Beziehung der beiden Jungs zueinander, ihr Umgang mit Technologie, die Informationen zum Alltag - alles wurde angerissen, jedoch nicht ausgearbeitet.


    Ich bin eher der Meinung, wenn künfige Generationen das Lesen und Schreiben verlernen, können sie auch keine Märchenerzähler mehr konstruieren.

    Das sehe ich genauso. Mein Erklärungsansatz war, dass Schriftkompetenz in dieser Version der Zukunft zum Spezialwissen gehören könnte (ähnlich höherer Mathematik vielleicht). Allerdings kann man im Alltag auch nicht alles über Piktogramme und Sprachausgabe regeln... Bewusst übertrieben oder nicht ausreichend durchdacht?

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges

  • Heute versuche ich ein wenig aufzuholen, daher gab's zum morgendlichen Kaffee das kurze Kapitel über stationäre Roboter.


    Direkt die erste Erzählung, Eine Frage des Standpunkts, gefiel mir nicht und ich kann eines meiner Lieblingsworte verwenden: hanebüchen. Den Ansatz, einen Supercomputer zur Lösung aller Probleme zu nutzen, habe ich versucht als Satire zu lesen. Die Einordnung in "klug wie ein Mensch, klug wie eine Maschine" oder "halbklug wie ein Idiot" ist wirklich zweifelhaft.

    Dieser Text erschien ursprünglich in einer Zeitschrift für Jungen,

    Vielen Dank für den Kontext! Das versöhnt mich ein wenig, aber auch nur ein wenig. Geschichten für Kinder müssen doch auch nicht so naiv sein.


    Denke! ist danach absolutes Kontrastprogramm. Vielleicht liegt es daran, dass ich wenig geschlafen habe, aber die seitenlangen Ausführungen zur Anwendung von Lasern im Allgemeinen und Besonderen fand ich ermüdend.

    Asimov scheint etwas beweisen zu wollen und driftet in (vermeintlich) wissenschaftliches Geschwafel ab. Damit macht er genau das, was er laut Vorwort vermeiden wollte. Schade, denn aus dem Grundgedanken der Erzählung hätte man sicherlich mehr machen können.

    Das war mir zu weit hergeholt und zu trocken erzählt. Ich bin beim Lesen fast eingeschlafen...

    Gut, dann lag es offenbar nicht am Schlafmangel. :sleeping:


    Zum Glück ist Wahre Liebe nicht nur kurz und knackig, sondern auch amüsant. Anfangs habe ich noch gedanklich mit den Augen gerollt - kein Wunder, dass Milton Single war - aber das Ende ist angenehm böse. Die Geschichte ist insgesamt kein Highlight, sticht jedoch in der Sammlung gerade positiv heraus.

    Ich gebe zu, ich vergleiche Asimov immerzu mit Bradbury. Bradburys Geschichten sind natürlich auch nicht immer glaubwürdig, aber die wenigsten sind öde und/oder trocken und verpuffen gleich nach dem Lesen.

    Vielleicht liegt es daran, dass ich Bradbury anders kennengelernt habe und seinen Fokus anders wahrnehme, aber bisher habe ich die beiden nicht bewusst verglichen. Vielleicht ändert sich das nach deinem Impuls... Bradburys Werke mag ich aus dem Bauch heraus deutlich mehr.

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges

  • Bradburys Werke mag ich aus dem Bauch heraus deutlich mehr.

    Bradbury ist auch ein Autor für den Bauch. Während Asimov einer für den Kopf ist. Will sagen: Bradbury wünscht sich insgeheim das patriarchalische Amerika der 1950er Provinz herbei bzw. zurück. Asimov versucht, eine Zukunft ausserhalb der USA vorzustellen. ;)

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Bradbury wünscht sich insgeheim das patriarchalische Amerika der 1950er Provinz herbei bzw. zurück. Asimov versucht, eine Zukunft ausserhalb der USA vorzustellen. ;)

    Von Asimov kann ich mir nach wenigen Erzählungen noch kein angemessenes Bild machen und auch von Bradbury habe ich längst nicht alles gelesen, allerdings habe ich letzteren nicht so wahrgenommen. Er ist für mich auch kein reiner Sci-Fi Autor.


    Schon jetzt wage ich jedoch zu behaupten, dass beiden gemeinsam ist, dass sie sich weit weg - zeitlich und/ oder räumlich - gewünscht haben, und sich aus ihrer Zeit nur wenig lösen konnten. Asimov z.B. erdenkt abgefahrene Roboter, aber ein Protagonist freut sich über 60 Cent Verdienst...

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges

  • Weitergelesen habe ich auch etwas.


    Robot AL-76 geht in die Irre hat tatsächlich etwas komödiantisches. Die überzeichneten Figuren, die Tatsache, dass schief geht was schief gehen kann, und der lakonische Humor passen gut zusammen. Das Ende liefert außerdem mit diesem Hah!-Moment eine gewisse Genugtuung.


    Unbeabsichtigter Sieg führt diese Stimmung fort, allerdings ist das Setting ein ganz anderes. Drei Roboter sollen alles über den Jupiter in Erfahrung bringen, was sich herausfinden lässt. Durch Zufall stoßen sie sogar auf eine Stadt der Jupiteraner, die allerdings feindselig auftreten. Auch diese Geschichte endet mit einer Pointe, die zeigt, dass der Teufel im Detail steckt.


    Abgesehen davon, dass ich mir bei AL-76 die amerikanische Provinz der 50er vorstelle und die drei ZZ in ferner Zukunft draußen im Weltall unterwegs sind, gibt es Parallelen. Zum Beispiel wirken die Antagonisten, egal ob Großkonzern oder Jupiteraner, überheblich und anmaßend. Und beide erhalten ihre Lektion. Beides ist unterhaltsame Popcorn-Lektüre, die sogar etwas Action enthält. Und eine "Moral von der Geschicht". ;)

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges

  • sandhofer

    Da kannst du mal sehen, wie sehr mir der Stil von Bradbury zusagt, dass ich sogar bereit bin, in eine patriarchalische Welt einzutauchen :sonne:


    Unbeabsichtiger Sieg (Victory Unintentional, 1942)


    Ich habe für diese Geschichte von knapp 30 Seiten fünf Tage gebraucht. Viele Seiten lang empfand ich sie als den Gipfel des Schwachsinns. Ja, der Text ist alt. 1942 konnte man noch gar nicht wissen, dass der Jupiter keine feste Oberfläche hat, aber was ist mit dem Rest?


    Drei Roboter landen auf dem Jupiter, um herauszufinden, ob die Jupiteraner zur Gefahr für die Menschen werden könnten. Es hat bereits Funkkontakt zwischen den beiden Spezies gegeben, und nun gilt es, sich persönlich von den Gegebenheiten zu überzeugen.

    Die Jupiterbewohner versuchen alles, um die Roboter zu vernichten, was ihnen nicht gelingt. Also beginnen sie mit ihren Errungenschaften zu protzen, die Roboter zeigen sich unbeeindruckt. Die Pointe am Ende der Geschichte ist recht amüsant.


    Was mich besonders am Anfang unendlich aufgeregt hat, ist die Vermenschlichung der Jupiteraner. Asimov zeigt uns ihre Gestalt nicht, aber ihr Verhalten ist das von Menschen. Ich weiß aus Erfahrung wie schwierig es ist, eine völlig fremdartige Spezies zu erfinden. Menschliche Eigenschaften schleichen sich immer ein, weil wir nun einmal nur von unseren Erlebnissen und Erfahrungen ausgehen können. Was Asimov hier abliefert, kann ich nur plump nennen.

    Im Laufe der Handlung legte sich mein Unmut ein wenig. Ich habe schließlich die amüsanten Momente erkannt und mir gedacht: War das ganze Absicht? Sollte der Text etwa als Reinfall gedacht sein? Wir werden es nie erfahren.


    Laut Kettlitz ist diese Geschichte urpsünglich in einem Magazin erschienen, den er den "Bodensatz der Genremagazinszene" nennt. Wundert mich gar nicht.


    ***

    Aeria

  • Da kannst du mal sehen, wie sehr mir der Stil von Bradbury zusagt, dass ich sogar bereit bin, in eine patriarchalische Welt einzutauchen :sonne:

    :five:

    Viele Seiten lang empfand ich sie als den Gipfel des Schwachsinns. Ja, der Text ist alt. 1942 konnte man noch gar nicht wissen, dass der Jupiter keine feste Oberfläche hat, aber was ist mit dem Rest?

    Ich stelle gerade fest, dass mir das absolut egal war. Ich habe auch keinen Plan davon, ob die Roboter oder Raumschiffe im Bereich des möglichen sind und lasse Asimov (und anderen) daher fast alles durchgehen.


    Spannend finde ich, wie unterschiedlich wir diese Geschichte aufgenommen haben. Ich habe diese unmittelbar nach der um AL-76 gelesen und war offenbar noch in diesem Modus. Die Jupiteraner mussten wandelnde Klischees sein mit einem blob-artigen Körper und Tentakeln und der Aggressivität der Menschen. Und die drei Roboter, oder wenigstens der erste, hätten sich gut mit Laurel und Hardy verstanden.

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges

  • Ich lasse Autoren auch eine Menge durchgehen. Bei menschenähnlichen Aliens fällt mir das allerdings immer schwerer. Seit einigen Jahren kann ich daher auch kaum SF-Filme gucken (das widerspricht natürlich gerade der Tatsache, dass ich gegenwärtig "Star Trek: Deep Space Nine" gucke 8) ).

    Auch wenn etwas dem aktuellen Stand der Wissenschaft widespricht, nervt mich das. Bei meinem geliebten Buch "Der Marsianer" muss ich immer mit den Zähnen knirschen, wenn ein Marssturm die Satellitenschüssel umpustet. Ich bin niemand vom Fach und habe selber schon solchen Unsinn geschrieben, aber es wurmt mich trotzdem. Gibt's dagegen was von Ratiopharm?


    Fremdling im Paradies (Stranger in Paradise, 1974)


    Diese Geschichte mochte ich auch nicht besonders, vielleicht, weil die vorherige so stark nachhallte.

    Hier kommt der Roboter erst zum Schluss vor, auch wenn seine Rolle wichtig ist, weil er zwei (un)gleiche Brüder zusammenbringt.

    Auch hier hat sich wieder Unfug in der Gestalt von unwisschenschaftlichen Vorgehensweisen eingeschlichen.


    Die Geschichte spielt irgendwann in ferner Zukunft, möglicherweise nach einer globalen Katastrophe oder gar dem Dritten Weltkrieg. Die menschliche Gesellschaft hat sich gewandelt. U. a. darf man nicht mehr zwei Kinder vom selben Partner haben. Die Kinder werden nicht von den Eltern aufgezogen, sondern kommen in Heime, wo die Eltern sie besuchen dürfen. Anthony und William sind Brüder, noch dazu haben sie dieselbe Mutter UND Vater - kein Grund zur Freude, sondern zur ewigen Schmach. Ihre Wege trennen sich nach dem Heim, Anthony wird Telemetriker, William Homologe, dessen Forschungsgebiet autistische Kinder sind. Als ein Roboter zum Merkur geschickt werden soll, müssen beide Brüder zusammenarbeiten.


    Ich glaube, der Roboter ist zufällig in diesen Text hineingeraten. Asimov hat sich vielleicht gefragt: Wie verknüpfe ich diesen Faden mit jenem? Ich hab's! Roboter!

    Viel wichtiger schien ihm die Geschichte der beiden Brüder gewesen zu sein. Ihre anfängliche Befremdung und langsame Annäherung fand ich gar nicht so schlecht dargestellt. Hätte Asimov den Roboter weggelassen, wäre uns vermutlich nichts entgangen.


    ***

    Aeria