Katherine May - Überwintern

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    Was als eine fröhliche Party mit Freunden beginnt, endet fast in einer Katastrophe. Katherines Mann fühlt sich nicht wohl. Daraus wird ein wochenlanger Krankenhausaufenthalt in dessen Verlauf sie mehrmals fürchten musste, ihn zu verlieren. Als es ihm wieder besser geht, er nach Hause kommt und die Familie ihr Leben wieder aufnehmen kann, wird Katherine krank. Aber ihre Krankheit äußert sich anders als die ihres Mannes. War bei ihm der Körper krank, ist es bei ihr die Seele.

    "Wenn das Leben innehält..." kann man danach nicht einfach so weitermachen, als ob nur kurz die Pausentaste gedrückt worden wäre. Vielmehr muss man sich neu ausrichten und auch gegenseitig neu kennenlernen. Das ist etwas, was Katherine nicht begreifen kann. Nachdem ihr Mann wieder gesund ist, sollte es doch wieder so werden wie früher. Aber das wird es nicht. Und sie kämpft dagegen an. Sie kocht und backt und will fast schon mit Gewalt ein Nest für sich und die Menschen schaffen, die sie liebt.


    Schon als ihr Mann an dem Tag am Strand krank geworden ist, konnte ich ihr Verhalten nicht verstehen. Sie ignoriert sein Leiden so lange, bis ein Freund ihr nachdrücklich sagen muss, dass es jetzt Zeit ist, ihn ins Krankenhaus zu bringen. Betrachtet man nur diese Szene, wirkt Katherine vielleicht überfordert. Wenn man das Buch liest, versteht man sie. Katherine lebt am Limit. Sie steht so unter Stress, dass jedes kleine bisschen mehr ihr zerbrechliches Gefüge zum Einstürzen bringt. Das weiß sie auch und deshalb versucht sie, das Unvermeidliche so lange wie möglich aufzuschieben. Katherine wird lange krank geschrieben. Ihre Arbeit ist etwas, was wie ein bedrohlicher Schatten vor ihr aufragt und da sie nicht bewältigen kann. Ihre Krankheit dauert viel länger als die ihres Mannes.


    Beim Lesen habe ich den Eindruck gewonnen, dass Katherine eine Suchende ist. Sie reist weit, unterhält sich mit Freunden und Fremden und begreift doch nicht, dass sie das was sie sucht schon lange gefunden hat. Vielmehr sieht sie sich wie eine Beobachterin. Nur manchmal erkennt sie rückblickend, dass sie eigentlich schon da war, wo sie hinwollte. Aber man kann keinen Moment wiederholen.


    Auf mich wirkt Katherine May wie jemand, der von einer schweren Last niedergedrückt ist. Auch das Erzählen fällt ihr schwer. Das macht die Lektüre zäh, aber gibt auch einen guten Einblick in das Seelenleben einer Frau, die immer so wirkt als ob sie jemand anderes oder zumindest an einem anderen Ort ihres Lebens sein will.

    3ratten :marypipeshalbeprivatmaus:


    Liebe Grüße

    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Ich kann mich der vorliegenden Rezension zu Katherine Mays "Überwintern" anschließen. Für mich war die Lektüre auch wirklich zäh, einmal habe ich das Buch auch für längere Zeit unterbrochen, weil ich mir nach dem Klappentext etwas anderes darunter vorgestellt hatte.


    Zum einen ist die Geschichte, die die Autorin erzählt, auch dadurch so traurig, dass sich die Tiefpunkte, an denen ihr Leben zum Stillstand kommt, in ihrem Leben immer wieder (bezogen auf verschiedene Situationen) ereignen, sodass sich der Eindruck ergibt, dass ihre Strategie des "Überwinterns", die sie einerseits als erfolgreich schildert, andererseits nur begrenzte Wirksamkeit hat. Zum anderen finde ich die Struktur des Buches ziemlich ungünstig, weil die Autorin in der Chronologie ihres Lebens munter hin und her hoppelt, wodurch sich das Ganze teilweise wie eine recht willkürliche Aneinanderreihung von Einzelepisoden liest, deren Relevanz für die Geschichte, die sie eigentlich erzählen möchte, sich nicht immer erschließt.


    Hinzu kommt eine merkwürdige Mischung zwischen absoluter Unsicherheit, wie man mit dem eigenen Leben umgehen könnte, und absoluter Selbstsicherheit, die richtigen Entscheidungen zu treffen bzw. getroffen zu haben (etwa als die Autorin ihren Sohn, der sich in der Schule nicht wohlfühlt, einfach nicht mehr hinschickt und dann durch den Austausch mit Eltern anderer "Homeschooler" ganz schnell zu dem Schluss kommt, das wäre genau richtig so). Die Autorin beschreibt sich selbst als Betroffene des Asperger-Syndroms, und an manchen Stellen habe ich mir die Frage gestellt, ob bestimmte Verhaltensweisen vielleicht darauf zurückzuführen sind, dazu wird aber nichts gesagt. Das finde ich schade, weil so einiges vielleicht besser verständlich geworden wäre.


    So bleibt bei mir ein sehr gemischter Eindruck des Buches zurück, manches hat mir ganz gut gefallen, weit mehr lässt mich aber eher unzufrieden zurück.


    3ratten

    Einmal editiert, zuletzt von Juva ()

  • upps, dann kann der Roman gerne wieder in die Bibliothek zurück ;)

    Danke für eure Eindrücke, Kirsten und Juva !

    "Bücher sind meine Leuchttürme" (Dorothy E. Stevenson)