Viola Alvarez - Die Nebel des Morgens

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  • Viola Alvarez – Die Nebel des Morgens


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    Der erste Satz:


    „Das wahre Nebelland liegt zwischen gestern und heute.“


    Meine Meinung zum Buch:


    Viola Alvarez erzählt die Nibelungensage aus einer anderen Sicht: aus dem Blick des Bryndt Högnisson, des Sohnes von Brynhild und Hagen von Tronje. Und wie schon „Das Herz des Königs“, in welchem sie der Sage von Tristan und Isolde neues Leben gibt, kann man auch in diesem Buch ganz neue Seiten in einer alten Sage entdecken.


    Angenehm erschien mir, dass die Geschichte ohne magische Elemente auskommt – es gibt keinen Drachen, keinen Alberich, keinen Goldschatz. Sie wird erzählt, wie sie sich hätte real zutragen können. Damit wurde die Sage ein bisschen entstaubt, denn ohne die märchenhaften Elemente steht die sehr spannende Handlung viel stärker im Vordergrund.


    Die Nibelungensage mochte ich schon als Kind und ich stand (und stehe) immer auf Seiten Brynhilds – Kriemhild war (ist) mir zu fad und zu „schön“. Deshalb habe ich mich gefreut, dass auch in diesem Buch die Sympathie eindeutig bei Brynhild liegt, die so schäbig hintergangen wurde. Hagen wird weniger düster dargestellt und Siegfried weniger heldenhaft, am Hof von Burgund sind auch keine Helden unterwegs, sondern Menschen mit Machtinteressen, alles ist eben menschlicher und weniger heroisch, was der Geschichte, die ich (in Nacherzählungen) schon so oft gelesen und gehört habe, ein frisches Gesicht gibt.


    Vom Stil her liest sich das Buch etwas getragen, man muss sich daran gewöhnen und sich auch darauf einlassen, aber dann kann man sich von der Sprache auch buchstäblich in die Geschichte hineintragen lassen. Das Lesen war daher am Anfang nicht sofort leicht und eingängig, aber es lohnt sich, dran zu bleiben.


    Das Buch hat mir sehr schöne Lesestunden beschert. „Das Herz des Königs“ hat mir zwar einen Tick besser gefallen, aber eine tolle Empfehlung ist es allemal.


    Meine Bewertung: 4ratten:tipp:


    Viele Grüße von Annabas :winken:

  • :winken:


    Ich bin momentan mittendrin in den Nibelungen und ich muss sagen, ich kann mich den begeisterten Meinungen bisher wirklich anschließen.
    Vorallem auch die Idee, das Buch aus der Sichtweise von Bryndt zu schreiben, der davon berichtet, was seinen Eltern passiert ist, finde ich klasse. Und Bryndt tut mir richtig Leid :traurig:



    Angenehm erschien mir, dass die Geschichte ohne magische Elemente auskommt – es gibt keinen Drachen, keinen Alberich, keinen Goldschatz. Sie wird erzählt, wie sie sich hätte real zutragen können. Damit wurde die Sage ein bisschen entstaubt, denn ohne die märchenhaften Elemente steht die sehr spannende Handlung viel stärker im Vordergrund.


    Das finde ich auch wirklich toll! Ich habe zwar anfangs als auf einen Drachen gewartet oder auf die Tarnkappe, gerade auch als Siegfried Brynhild aus dem Norden holen wollte, aber so gibt es der Handlung, die man ja im Groben kennt, gleich noch mehr Spannung.


    "Die Nebel des Morgens" ist übrigens mein erstes Buch von Viola Alvarez und ich bin wirklich froh, bereits "Das Herz des Königs" und "Wer gab dir, Liebe, die Gewalt" auf dem SUB zu haben, denn die Bücher scheint es jetzt wohl nur noch gebraucht zu geben...

    Books are the ultimate Dumpees: put them down and they’ll wait for you forever; pay attention to them and they always love you back.<br />John Green - An Abundance of Katherines<br /><br />:lesewetter: Caprice

  • Freut mich, dass Du auch so begeistert bist! Viola Alvarez ist für mich eine der besten Autorinnen auf diesem Gebiet, weil sie so einen wunderbar eigenen Schreibstil hat und es versteht, bekannte Geschichten aus einem neuen Blickwinkel zu schildern.


    Wenn Du die anderen beiden Bücher schon auf dem SUB hast, kannst Du Dich auf zwei weitere Highlights freuen. Mein Liebling von ihr ist "Das Herz des Königs" :herz:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Die Nebel des Morgens fehlt mir ja noch, komischer weise, denn von der Thematik her ist der Roman total mein Beuteschema. Ich hab eine extreme Schwäche für die Nibelungen und finde es immer wieder spannend was sich Autoren dazu einfallen lassen. Mir persönlich hat Das Herz des Königs ja nicht so gut gefallen. Dafür fand ich "Wer gab Dir, Liebe die Gewalt" so wunderbar das ich es mir sogar als Hardcover zugelegt hab.

  • Vorhin habe ich das Buch leider zu Ende gelesen, aber die Begeisterung ist bis zum Ende geblieben, und ich denke, die anderen beiden Bücher werden wohl nicht mehr allzu lange auf meinem SUB liegen :)
    Da ich das Buch für den SLW gelesen habe und sowieso eine Rezension schreiben "muss", werde ich jetzt nichts weiter dazu sagen, sonst fällt mir hinterher für die Rezension nichts mehr ein :breitgrins:


    @ Valentine: Oja, der Schreibstil ist mir sofort aufgefallen, ganz wunderbar. Wenn ihre anderen Romane auch so geschrieben sind, dann freue ich mich glatt doppelt darauf sie zu lesen :)


    @ Holden: Ich finde ja von "Wer gab dir, Liebe, die Gewalt" den Titel schon total schön.

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  • Meine Meinung:


    Die Nebel des Morgens ist der erste Roman von Viola Alvarez, den ich gelesen habe – inspiriert von dem wunderschönen Titel hab ich eine mystisch-geheimnisvolle Geschichte rund um die Nibelungen erwartet. Leider bin ich letztendlich mit dem Buch aber nicht so warm geworden wie viele andere Leser.


    Eigentlich ist es ja recht raffiniert, wie Viola Alvarez ihre Handlung aufbaut. Da jeder die Geschichte um Siegfried und Kriemhild zumindest in groben Zügen kennt und der Ausgang den meisten Lesern bekannt sein wird, brauchte sie beim Schreiben nicht die Befürchtung haben, dass vorzeitig zu viel verraten wird. Daher konnte sie mit den zeitlichen Ebenen munter experimentieren und Handlungsstränge aus verschiedenen Zeitphasen verflechten – schließlich hat der Roman weder einen Anfang noch ein Ende... aber: was so kunstvoll aufgebaut und ausgearbeitet ist, hat leider bei mir die Wirkung verfehlt; ich fand es nicht so prickelnd, ständig zwischen der Ich-Erzählebene der Hauptfigur Bryndt und seinen verschiedenen Rückblenden hin und her zu hüpfen.


    Was außerdem sehr ungewöhnlich ist: dass die Figuren hier ganz anders dargestellt werden; Siegfried, der strahlende Held ist plötzlich ein oberflächlicher Schwätzer, Hagen, der Bösewicht, bekommt ein charismatisches Image verpasst und auch bei den Frauenfiguren sind die Sympathien genau anders herum verteilt. An und für sich ganz reizvoll, diese Perspektiven; aber mir wirkte das alles ein wenig zu aufgesetzt und zu übertrieben. Hier wäre etwas weniger vielleicht mehr gewesen...


    Gerade die Liebesgeschichte zwischen Hagen und Brynhild fand ich zeitweise sehr überfrachtet, gerade auch im Hinblick darauf, dass offenbar diese beiden die einzigen in der Geschichte sind, die wahre Gefühle empfinden. Alle anderen wirken dagegen wie Holzpuppen, leblos und gefühllos, oder dann aber wieder übertrieben gefühlsbetont wie Kriemhild. Nein, das war so gar nicht nach meinem Geschmack.


    Wenn wenigstens die Atmosphäre gestimmt hätte, dann hätte ich zumindest noch meine Freude an der Beschreibung des damaligen Lebens oder den Landschaften haben können, aber die Autorin konzentriert sich ausschließlich und fast kammerspielartig auf das, was sich da zwischen den Figuren abspielt, so dass für den historischen Rahmen kaum Platz bleibt. Lediglich die Kriege und Schlachten werden recht genau und ausführlich geschildert, da kann man nicht meckern. Ebenso wie die Verwandtschaftsbeziehungen der beteiligten Sippen, die vor allem am Anfang einen breiten Raum einnehmen und für mich einen hohen Gähnfaktor hatten.


    Auch sprachlich hat Viola Alvarez meinen Nerv nicht wirklich getroffen, ich hab die Sprache an manchen Stellen als unpassend und unrund empfunden, ohne genau zu wissen, warum eigentlich.


    Trotz aller Kritikpunkte würde ich das Buch dennoch als gelungene Adaption der Nibelungensage bezeichnen; es ist mutig, innovativ und hebt sich aus der Masse der historischen Romane durch einen gewissen Anspruch heraus; daher hat es bestimmt zu Recht so viele positive Leserstimmen bekommen. Meinen persönlichen Geschmack hat der Roman aber nicht wirklich getroffen und so vergebe ich ehrliche, durchschnittliche


    3ratten

    :lesen: Kai Meyer - Die Bibliothek im Nebel

    Einmal editiert, zuletzt von Miramis ()

  • Hallo Miramis,


    Deine Rezi finde ich sehr interessant, besonders weil ich es genau gegensätzlich empfunden habe, z.B. sprachliche und atmosphärische Qualität.


    Dafür habe ich jetzt richtig Lust bekommen, das Buch noch einmal zu lesen, ich bin gespannt, ob ich es jetzt nach einigen vergangenen Jahren anders beurteile.


    Grüsse
    Alexa

  • Gestern habe ich "Die Nebel des Morgens" zu Ende gelesen und bin voll und ganz begeistert.
    Die Nibelungensage fand ich schon immer interessant, aber die Umsetzung von Viola Alvarez übertrifft alles, was ich bisher darüber gelesen/gesehen habe.
    Es war mein erstes Buch von Alvarez, der Schreibstil hat mich begeistert, er ist sehr flüssig zu lesen und einfach nur wunderschön. Wie gut, dass "Wer gab dir, Liebe, die Gewalt" und "Das Herz des Königs" bereits in meinem Regal stehen :breitgrins:
    Die Geschichte ist spannend erzählt; auch fand ich nicht, dass der Anfang schleppend war, im Gegenteil, die Vorgeschichte gibt dem Ganzen viel mehr Tiefe und unterstreicht Bryndts Aussage, dass die Geschichte weder einen Anfang noch ein Ende hat.
    Außerdem werden einem die Charaktere, die später eine wichtige Rolle spielen, näher gebracht. Aus den bekannten Sagengestalten werden "echte" Menschen mit ausführlicher Geschichte, einer Vergangenheit und nachvollziehbaren Gefühlen. Es gibt kein Gut oder Böse, jeder hat seine Stärken und Schwächen, jeder macht seine Fehler. Man meint, sie alle schon fast zu kennen, hängt an ihnen und ertappt sich immer wieder dabei, wie man hofft, dass alles anders kommt, obwohl man den Ausgang der Geschichte natürlich kennt. Am Ende war ich richtig traurig, dass es schon vorbei war und ich habe auch einige Tränen über das Schicksal von Hagen und all den anderen vergossen :redface:
    Die fantastischen Elemente der ursprünglichen Sage werden weggelassen bzw. logisch erklärt, was das Ganze noch glaubhafter macht.
    Wenn ich in Zukunft etwas über die Nibelungensage lese, höre oder sehe, werde ich wohl immer die Charaktere aus diesem Buch denken müssen und daran "wie es wirklich war" :zwinker:


    5ratten :tipp: