Hallo zusammen!
Richard (Francis) Burton (1821-1890) - also nicht der Schauspieler! - ist im deutschen Sprachraum ein nahezu Unbekannter. Anders in Grossbritannien, wo dieser Abenteurer reinsten Wassers seit über 100 Jahren die Gemüter erregt. Er hat in Indien im Auftrag der britischen Armee ein von hohen Offizieren frequentiertes Knabenbordell so gut observiert, dass man es offenbar für geraten hielt, den unangenehmen Mann los zu werden. Er hat den Briten die Märchen aus 1001 Nacht übersetzt und - das Kama-Sutra. Bis heute spekulieren die Gemüter darüber, ob er nun homo-, hetero- oder bisexuell gewesen sei, und was er mit seiner Frau (oder auch ohne sie oder sie ohne ihn) mit oder ohne Freunde da hinter den geschlossenen Türen getrieben hätten. Er liess sich beschneiden und reiste als angeblicher indischer Muslim nach Mekka. Seither wird darüber spekuliert, ob er nicht in Tat und Wahrheit übergetreten sei.
A Secret Pilgrimage to Mecca and Medinah schildert ebendiese Reise. Auf einem Umweg betritt er Ägypten, wechselt zweimal sein Inkognito und reist von dort ostwärts gen Mekka und Medinah. Vorurteilslos und ziemlich offen schildert er die Verhältnisse unterwegs, und so manche Szene mag einen Karl-May-Leser bekannt angerührt haben. Doch Burton ist zugleich heldenhafter als May (indem er das ist, was May so gerne gewesen wäre: Offizier, Forscher [als erster Weisser sieht er den Tanganjikasee], Sprachgelehrter, Konsul) und zurückhaltender als Kara ben Nemsi. Er versteckt seine westliche Ausrüstung, auch wenn das nun bedeutet, dass er die damals noch unbekannte genaue Position Mekkas nun nicht mit seinem Sextanten bestimmen kann; er benimmt sich wie ein Moslem; und wenn die Karawane überfallen wird, ist er nicht der heldenhafte Anführer, sondern einer, der einfach mitläuft, wo die andern hinlaufen.
Reisen als Abenteuer.
Grüsse
Sandhofer