Leopold von Sacher-Masoch: Venus im Pelz

Es gibt 12 Antworten in diesem Thema, welches 5.520 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Isadora.

  • Hallo zusammen!


    Leopold von Sacher-Masoch war zu seiner Zeit ein ziemlich erfolgreicher Schriftsteller. Die Geschichte um die Venus im Pelz war nur eine seiner vielen und rief bei ihrem Erscheinen auch kein spezielles Echo hervor.


    Es ist die Liebesgeschichte von Severin. Dieser junge Mann trifft eine Frau, mit der er unbedingt eine Beziehung eingehen möchte. Diese erklärt sich dazu bereit, vorausgesetzt, Severin ist seinerseits bereit, als ihr Hausdiener und Sklave zu fungieren. Severin schreckt erst zurück, stimmt schliesslich zu. Und so kommt es zu dieser Beziehung, deren Mechanismus bzw. die Schilderung ebendieses Mechanismus später dem Autor die zweifelhafte Ehre eintrug, zum Namensgeber des Masochismus geworden zu sein. Es ist im Grunde genommen die Schilderung einer unglücklichen Liebe eines jungen Mannes, der zu allem bereit ist, vorausgesetzt die Frau erhört ihn. Die Frau nutzt dies aus, doch da es im Grunde genommen nicht ist, was sie sich wünscht ...


    Ein äusserst keusches Buch, mit präzisen Schilderungen psychologischer Mechanismen.


    Grüsse


    Sandhofer


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    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Ich kenne es als Hörbuch.


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    Bela B. ist die Idealbesetzung dafür. :klatschen:

    "Es ist die Pflicht eines jeden, es auch auszusprechen, wenn er etwas als falsch erkennt." --- Stefan Heym, 2001

  • Das Buch lag schon eine ganze Weile auf meinem SuB und irgendwie habe ich mich lange nicht an das Buch herangetraut (vielleicht habe ich bei dem Thema auch gleich abschreckender Weise de Sade & Co. im Hinterkopf :zwinker:), aber ich bin sehr positiv überrascht! Die Geschichte liest sich gut und auch wenn ich mit keinem der Akteure sympathisieren konnte, habe ich Severin und Wanda fasziniert bei ihren Machtspielchen zugesehen. Psychologisch auf jeden Fall höchst interessant. Von mir gibt es vier Ratten:


    4ratten

    ~ The world is quiet here ~

  • vielleicht habe ich bei dem Thema auch gleich abschreckender Weise de Sade & Co. im Hinterkopf :zwinker:


    De Sade sollte einen nicht abschrecken. Höchstens erschrecken ...

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  • Ich habe die Insel-TB-Ausgabe mit einem Nachwort von Gilles Deleuze.


    Das erste Mal gelesen habe ich dieses Buch allerdings online auf Projekt Gutenberg, mitten in der Nacht.. :entsetzt: Ich wollt eigentlich "nur mal reinblinzeln", weil ich die Beschreibung so spannend fand und eben das Lied von Velvet Underground kannte und dann.. zack.. hab ich das alles in einer Nacht gelesen, weil mich die Gesichte von Severin & Wanda so gefesselt hat! :smile:



    Es ist im Grunde genommen die Schilderung einer unglücklichen Liebe eines jungen Mannes, der zu allem bereit ist, vorausgesetzt die Frau erhört ihn.


    Jein. Klar, es ist praktisch die Schilderung einer Liebe eines jungen Mannes. Aber meiner Meinung nach ist Severin nicht zu allem bereit um endlich erhört zu werden, sondern einfach weil er eine gewisse Befriedigung und ja.. Freude empfindet einer Frau dienen zu dürfen, die er anbetet. So gesehen ist auch der Weg das Ziel und sein Devotismus nicht nur Mittel zum Zweck.


    Insgesamt ein höchst spannendes Buch, nicht im geringsten pornographisch, dafür sehr psychologisch und auch ein Dokument der Zeit (1870) über den Männlichkeits- bzw. Weiblichkeitsdiskurs.


    Zitat

    „Daß das Weib, wie es die Natur geschaffen und wie es der Mann gegenwärtig heranzieht, sein Feind ist und nur seine Sklavin oder seine Despotin sein kann, nie aber seine Gefährtin. Dies wird sie erst dann sein können, wenn sie ihm gleich steht an Rechten, wenn sie ihm ebenbürtig ist durch Bildung und Arbeit.“

    ... this is nat language at any sinse of the world.<br />:lesen: Gustave Flaubert: Madame Bovary&nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; :buecherstapel: [url=https://literaturschock.de/literaturforum/forum/index.php?thread/16631

  • So gesehen ist auch der Weg das Ziel und sein Devotismus nicht nur Mittel zum Zweck.


    Dann müsste er allerdings weiterhin in ähnlichen Beziehungen leben. Das tut er aber offensichtlich nicht mehr. Von diesem "Weg" war er geheilt, im Moment als er realisierte, dass Wanda seine Liebe nicht ernst genommen hat - weil er zu allem bereit war. Weil er zu allen Opfern bereit war, war er für sie nur ein Spielzeug, nicht eine Persönlichkeit, die man ernst nehmen konnte. Im Moment, in dem er das realisiert, implodiert seine Anbetung, implodiert sein Masochismus schlagartig. Deswegen bin ich ja der Meinung, dass Sacher-Masoch dem Masochismus eigentlich zu Unrecht seinen Namen leihen musste. Severin ist kein Masochist. Er ist nur zu unreif, um zu realisieren, dass Liebe nicht bedeuten darf, sich selber komplett aufzugeben.

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  • Hm.. Ja, er ist am Schluss "geheilt", jedoch sehe ich das nicht als logische Konsequenz seiner nicht erwiderten Liebe, sondern weil das Spiel zwischen den beiden, der Devotismus und die Dominanz ein Maß erreicht, das ihn an seine absoluten Grenzen bringt, wodurch er Stop sagen muss (und sein Verlangen nach sowas auch ein für allemal gestillt ist). Es ist praktisch eine psychische Elektroschocktherapie.


    Für einen unreifen, jungen Mann, der für seine Liebe alles tut, halte ich ihn nicht. Er hat ja schließlich einen Vertrag mit ihr geschlossen, also eine sehr bewusste Handlung gesetzt. Abgesehen davon, hatte ich schon den Eindruck, dass ihm seine Untertänigkeit gewissermaßen Freude bereitet, was bei einem "normal verliebten" nicht unbedingt der Fall ist, weil dem macht Nähe und so Freude, jedoch nicht als Sklave behandelt zu werden.


    So gesehen ist Severin schon ein Masochist für mich, allerdings nicht im heutigen rein sexuellen Sinne, sondern absolut auf psychologischer Ebene.

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  • Hallo zusammen,


    Endlich mal ein Buch unter „Liebesromane & Frauenliteratur“, das mir richtig gut gefällt :breitgrins:. Die Lektüre von „Venus im Pelz“ liegt bei mir schon einige Jahre zurück. Ich las es damals quasi als Ausgleich zu „Justine“ und war ziemlich begeistert davon.


    Liest man zu „Venus im Pelz“ noch die anderen Geschichten von Sacher-Masoch, z.B. die Erzählungen aus „Die schwarze Zarin“, wundert es eigentlich nicht, dass der gute Ritter als Namenspate für diese sexuelle Spielart und Haltung herhalten musste.


    Auch jenseits der Kunst soll Sacher-Masoch immer wieder versucht haben seine erotischen Fantasien von Dominanz und Unterwerfung in der Realität auszuleben. Einiges aus seinem Werk trägt angeblich stark autobiografische Züge (so nannte Sacher-Mascho seine Frau Aurora Rümelin z.B. angeblich auch nach seiner Titelheldin „Wanda“ und versuchte ganz romanähnliche Strukturen mit ihr zu leben, bis ihre Ehe scheiterte).


    Sacher-Masoch soll allerdings nicht begeistert davon gewesen sein als Krafft-Ebing („Psychopathia sexualis“) seinen Namen seinerzeit für die Bennennung eines psychosexuellen Störungsbildes benutzte. Ich vermute, dass seine Empörung aber vielleicht vor allem daran gelegen haben könnte, dass dem Masochismus zu der damaligen Zeit ein Krankheitswert zugesprochen wurde. Sacher-Masoch selbst betrachtete sich sicher nicht als „krank“, sondern frönte vermutlich recht gern seiner wahrscheinlichen Veranlagung. Heute hätte er vielleicht weniger Problem mit diesem Umstand... alles rein hypothetisch versteht sich.


    Jedenfalls hat mir die Venus im Pelz neben anderen Werken des Autors gut gefallen und ich bin mir sicher, dass ich seine Geschichten noch einmal lesen werde.
    Das Hörbuch kannte ich noch gar nicht, werde es aber gleich bestellen - vielen Dank für den Tipp, Big Ben :smile:!


    4ratten


    Schöne Grüße
    Tia

  • Auch jenseits der Kunst soll Sacher-Masoch immer wieder versucht haben seine erotischen Fantasien von Dominanz und Unterwerfung in der Realität auszuleben.


    Siehste, genau solche Dinge interessieren mich nun - - - überhaupt nicht. Sorry.

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)


  • Siehste, genau solche Dinge interessieren mich nun - - - überhaupt nicht. Sorry.


    Mich persönlich interessiert das eigentlich ebenfalls nicht :smile:. Für die Geschichte des Begriffs "Masochismus" scheint es aber nicht unerheblich. Ich habe das hier angeführt, weil Krafft-Ebing eben so seine Begriffsbildung rechtfertigte:


    „In den letzten Jahren wurden mir übrigens Beweise dafür beigebracht, dass S.-Masoch nicht bloss der Dichter des Masochismus gewesen, sondern auch selbst mit der in Rede stehenden Anomalie behaftet sei. [..] Den Tadel, den einzelne Verehrer des Dichters und gewisse Kritiker meines Buches mir dafür zuteil werden liessen, dass ich den Namen eines geachteten Schriftstellers mit einer Perversion des Sexuallebens verquickte, muss ich zurückweisen. Als Mensch verliert S.-Masoch doch sicher nichts in den Augen jedes Gebildeten durch die Tatsache, dass er mit einer Anomalie seines sexuellen Fühlens schuldlos behaftet war.“


    Ich will nicht urteilen, ob das gut oder schlecht ist, und kann und will selbstverständlich auch nicht urteilen, ob da was dran war oder nicht. Es ging mir nur darum, dass der Begriff Masochismus nicht „nur“ auf Venus im Pelz zurückzugehen scheint.


    Schöne Grüße
    Tia

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    (Ausgabe ähnlich)


    Inhalt:
    Severin lernt als junger Mann die Liebe seines Lebens kennen: die reiche und schöne Witwe Wanda. Er vergöttert Wanda, welche jedoch nicht an einer lebenslangen Beziehung interessiert ist. Sie will nur so lange bei ihm bleiben, bis sie einen anderen Mann findet. Aus Angst vor dem Verlust seiner Geliebten bietet Severin ihr einen ungewöhnlichen Pakt an: Er ist von nun an ihr Sklave, über den sie nach Gutdünken verfügen darf. Dafür darf sie ihn nie verlassen.


    Meine Meinung:
    Ich weiß gar nicht so wirklich, was ich über dieses Buch sagen soll. Vordergründig habe ich es gelesen, weil ich wissen wollte, wie die Beziehung zwischen dem Autor und dem Masochismus zustande kam.


    Mit diesem Gedanken im Hinterkopf war es ganz interessant, Severins Weg in die Abhängigkeit zu verfolgen. Spannend ist nämlich, das Leopold von Sacher-Masoch zwar eine von Dominanz und Unterwerfung geprägte Beziehung aufbaut, aber dabei weder obszön wird oder überhaupt sexuelle Handlungen beschreibt. Es geht hauptsächlich um die Entstehung der Abhängigkeit, die Hintergründe und die psychologischen Einflussfaktoren. Sowohl Severin als auch Wanda müssen erst in ihre Rollen hineinwachsen, wobei ich persönlich den Eindruck hatte, dass Wanda mit ihren Aufgaben zunächst mehr zu kämpfen hat als Severin. Die Entwicklung der Personen ist auf jeden Fall interessant zu beobachten.


    Dennoch hat das Buch mich jetzt nicht umgehauen. Den Schreibstil finde ich nicht übermäßig toll und manche Stellen ziehen sich ein wenig in die Länge. Hinzu kommt noch (aber da kann das Buch an sich nichts dafür), dass meine Ausgabe unglaublich hässliche Bilder bzw Zeichnungen enthält. Sie sind genau das, was das Buch eigentlich nicht ist: obszön und abstoßend. Wer auch immer die Zeichnungen ausgesucht hat, hat das Buch anscheinend vorher nicht gelesen.


    Insgesamt ist es doch mal ganz spannend gewesen, den Hintergrund zu dem Begriff „Masochismus“ (gegen den sich Leopold von Sacher-Masoch übrigens ziemlich gewehrt hat) ein wenig kennenzulernen.
    Für meine Ausgabe also 2ratten, für das Buch an sich 3ratten.

    "Bücher lesen heißt wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben über die Sterne." (Jean Paul)

  • Siehste, genau solche Dinge interessieren mich nun - - - überhaupt nicht. Sorry.


    Siehste, solche Dinge interessieren mich schon. :breitgrins: Das ist für mich die Klatsch-und-Tratsch-Seite der ansonsten gar so strengen Literaturwissenschaft, in der man sowieso nicht den Autor und das Werk so eng verzahnen darf. Trotzdem, ich find immer interessant wie die Leute so getickt haben, die bestimmte Werke geschrieben haben - auch unabhängig vom Werk. Ich persönlich find nämlich ganz, ganz viele tolle Autoren extrem unsympathisch bis abstoßend. Das kann ich aber auch finden ohne deswegen das Werk in irgendeiner Weise herabzusetzen. Trotzdem interessiert es mich! (Obwohl ich mir manchmal dann doch wünsche, dass ichs nicht herausgefunden hätte. :rollen: James Joyce und im Speziellen die nicht geklärte, aber sehr seltsame "Geisteskrankheit" seiner Tochter war so ein Fall.)

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