António Lobo Antunes - Elefantengedächtnis

Es gibt 32 Antworten in diesem Thema, welches 8.774 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von kolokele.

  • Hallo!


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    Inhalt:


    Er ist Psychiater in Lissabon, und er haßt sein Leben. Einen Tag lang versammelt er all die Dämonen, die ihn bedrängen: die Arbeit in der Irrenanstalt Miguel Bombarda, sinnlos und menschenunwürdig; die Erinnerungen an die Familie, ein Paradebeispiel der portugiesischen Bourgeoisie samt ihrem zuckersüßen und repressiven Katholizismus; sein qualvolles Scheitern als Ehemann und Vater; die Erfahrung im Krieg in Angola. Am Ende wird klar, daß es für diesen Mann nur einen Weg geben kann, den Kontakt mit der Welt zu halten: das Schreiben.



    TeilnehmerInnen:
    dora
    Saltanah (?)
    nikki
    wolves
    creative
    dubh
    Kenavo
    kolokele



    Eine kurze Bitte: Damit das ein bisschen angenehmer zu lesen ist, postet erst, wenn ihr angefangen habt. Die Beiträge "Buch liegt bereit, ich fange heute Abend an" ziehen das ganze immer so sehr in die Länge.


    Interessant für Leserunden-Neulinge ist sicherlich die Leserunden-FAQ. Dort findet ihr auch Informationen z.B. zu Spoilern etc.


    Viel Spaß!

    [size=9px]&quot;I can believe anything, provided that it is quite incredible.&quot;<br />~&quot;The picture of Dorian Gray&quot;by Oscar Wilde~<br /><br />:leserin: <br />Henry Fielding - Tom Jones<br /><br />Tad Williams - The Dragonbone Chair<br /><br />Mark Twai

  • Hallo!


    Ich habe jetzt die ersten beiden (namenlosen und unnummerierten) Kapitel gelesen, bin somit auf Seite 35 angekommen und bin SPRACHLOS! :entsetzt: (im positiven Sinn)


    Es ist mein erstes Buch von Lobo Antunes und ich lese diese endlosen Sätze, diese vielen Sprachbilder, Vergleiche und Beschreibungen und wage jetzt - nach wenigen Seiten - zu behaupten, dieser Mann ist ein Meister der Sprache!


    Vom Protagonisten selber kann ich mir noch nicht so ein rechtes Bild machen, ein Gedanke von mir war nur "ich glaube ich möchte nicht, dass er mich als Arzt behandelt ....", aber wir werden wohl im Laufe des Buches noch Näheres über ihn erfahren.


    Wunderbare Beschreibungen und Schilderungen sind mir aufgefallen, z.B.


    Zitat

    Die 80-jährigen richteten farblose Glasaugen auf ihn, die leer waren wie Aquarien ohne Fische und in denen der zarte Algenflaum eines Gedankens mühsam im trüben Wasser nebliger Erinnerungen kondensierte.


    Auch der Humor kommt nicht zu kurz, schon alleine über die Namensgebung ("Charlotte Bronte") musste ich schmunzeln. Und ein Satz ist mir aufgefallen, der könnte auch als Motto für manche Situationen in meinem Leben stehen:


    Zitat

    Warum schleppen wir uns hier herum, wir, die wir noch die tägliche Ausgehgenehmigung haben, wenn wöchentlich ein Schiff nach Australien fährt und es Bumerangs gibt, die nicht an ihren Ausgangspunkt zurückkehren? :wegrenn:


    In diesem Sinne - ein tolles Buch, das sehr vielversprechend beginnt!

    :blume:&nbsp; Herzliche Grüße!&nbsp; :blume: <br />creative


  • bin SPRACHLOS! :entsetzt: (im positiven Sinn)


    Es ist mein erstes Buch von Lobo Antunes und ich lese diese endlosen Sätze, diese vielen Sprachbilder, Vergleiche und Beschreibungen und wage jetzt - nach wenigen Seiten - zu behaupten, dieser Mann ist ein Meister der Sprache!


    Ach - was freue ich mich, diese erste positive Rückmeldung zu lesen :smile:
    Ich bin ja schon länger Antunes Fan und bin seine SEHR bildreiche Sprache gewöhnt - und bin mir natürlich auch bewusst, dass das nicht jedem gefallen muss - und als ich heute mittag die ersten Seiten las, dachte ich mir - hoffentlich wird das in der Lesegruppen dem einen oder anderen auch zusagen und eventuell auch einige mit dem Antunes-Virus anstecken :zwinker:


    Üblicherweise 'stolpere' ich bei Antunes gleich zu Beginn auf einen seiner Sätze, die mich begeistern und mich ab da nicht mehr aus dem Buch herauslassen - diesmal passierte es gleich auf der zweiten Seite (numerierte Seite 10, Zeile 6 und folgende):


    Zitat

    Eines der geheimen Projekte des Artzes war, mit einem Satz in die Bilder Ciambues zu springen und sich in den verblichenen Ockertönen einer Zeit aufzulösen, die noch nicht von Resopaltischen oder Sãozinha-Heiligenbildchen infiziert war: als strahlender Seraph verkleidet, im Fasanensturzflug an den Knien von heiligen Jungfrauen vorbeizusauen, die auf merwürdige Weise den Frauen von Delvaux glichen, Schaufensterpuppen nackten Schreckens in Bahnhöfen, die niemand bewohnt.


    Ich sage immer gerne - Antunes verlangt etwas mehr 'Arbeit' - aber er entschädigt aber auch umso mehr :smile:


    Guten Abend,
    Kenavo


  • Antunes verlangt etwas mehr 'Arbeit'


    Davon bin ich - bis S. 12 gelangt - mittlerweile auch überzeugt. Gleich der Anfang meines ersten Antunes (und seines ersten auch) entlockte mir ein "ojeoje, hiermit werde ich kämpfen müssen", worauf ich mich aber freue, und viele Fragezeichen.


    Wer ist z. B. der Dédé, dem das 2. Motto zugeschrieben wird? Oder Pina Manique, Cimabue, Delvaux und Sãozinha-Heiligenbildchen? Ist es wichtig, das zu wissen?
    Und was war Ende der Siebziger eigentlich in Portugal los, vor welchem Hintergrund wurde der Roman geschrieben? Es wäre wahrscheinlich besser, erst mal Wikipedia aufzusuchen.


    Mit einigen seiner Bilder habe ich auch Probleme. "Rostige Platanen" (S.9) z. B. ließen mich stutzen, und so recht will keine passende Vorstellung bei mir auftauchen. Ich muss mir im Sommer Platanen noch einmal genauer angucken, dann verstehe ich dies vielleicht besser.


    Denkt jetzt aber bitte nicht, dass mir das Buch nicht gefällt - ich freue mich auf die weitere Lektüre.

    Wir sind irre, also lesen wir!


  • Und was war Ende der Siebziger eigentlich in Portugal los, vor welchem Hintergrund wurde der Roman geschrieben? Es wäre wahrscheinlich besser, erst mal Wikipedia aufzusuchen.


    Vermutlich ist das auch einer der Gründe, wieso António Lobo Antunes noch keinen Literaturnobelpreis erhalten hat: er setzt sich sehr kritisch mit Portugals Geschichte, seinem Kolonalismus und seiner Salazar-Diktatur, aber auch mit seiner eigenen Geschichte (den er ist ja selbst der Militärarzt zu Anfang) auseinander - insgesamt Themen, mit denen sich viele LeserInnen außerhalb Portugals vermutlich schwer(er) tun...


    Hier einige Links zu Wikipedia:


    Estado Novo - Portugals Diktatur - Kolonialkrieg
    Nelkenrevolution am 25. April 1974
    Dritte Portugiesische Republik (bis heute)


    Liebe Grüße
    dubh

    Liebe Grüße

    Tabea


  • Ist es wichtig, das zu wissen?


    Einiges von dem, was du anführst, ist für die Lektüre wohl wirklich nicht wichtig - eventuell hilft es dir allerdings um ein 'Gesamtbild' zu bekommen, wenn du einiges einfach via Google aufsuchst - Ciambues war z.B. ein Maler der vor allem mit christlichen Motiven bekannt geworden ist und Delvaux ist ebenfalls ein Maler - allerdings neuerer Zeit und mit mehr oder weinger bekleideten Frauenfiguren bekannt geworden, die in der Tat (wie Antunes es ja auch sagt) oftmals wie Schaufensterpuppen in seinen Gemälden herumstehen.


    Als wirklich wichtig zum besseren Verständnis für Antunes Schreiben ist es zu wissen, dass er selber als Arzt im Angolakrieg dabei war (besonders eindrücklich im Buch 'Der Judaskuss' beschrieben) und eigentlich seit jenem Moment dieses Thema immer und immer wieder in seinen Romanen verarbeitet - ein Krieg den sein Land und viele seiner Landsleute bis heute noch nicht richtig 'verdaut' haben - aber er schweigt eben nicht darüber! (Und deshalb auch meine Hoffnung, dass er doch noch eines Tages den Nobelpreis - den er längst verdient hätte - bekommt - denn die sind die letzten Jahre doch immer eher politisch ausgerichtet und er ist defintif ein Autor der Schreibtalent und politisches Engagement vereint!)


    Ich hoffe, die 'Arbeit' am Buch wird weiterhin belohnt :smile:


    Kenavo

    Einmal editiert, zuletzt von Kenavo ()

  • Vergessen - betreffend den 'rostigen Platanen': könnten doch so aussehen:
    platanenzh1.th.png


    sagt uns also etwas über die Jahreszeit, in der die Geschichte stattfindet?


    Gruss

  • Danke, @Kenavo, für die Erläuterungen! Du scheinst ja wirklich ein Lobo Antunes Kenner zu sein! Und Deine Begeisterung ist richtig ansteckend!


    Ich habe vielleicht dadurch einen Vorteil, dass ich vor Kurzem "Nachtzug nach Lissabon" von Pascal Mercier gelesen habe. Die Nelken-Revolution und die Diktatur davor spielen in diesem Buch auch eine Rolle und ich habe mich über die historischen Zusammenhänge schlau gemacht. Das könnte mir auch hier zu Gute kommen, denn davor war ich auch sehr unbedarft in portugiesischer Geschichte.


    Ich denke, dass diese vielen erwähnten Begriffe und Namen für das Verständnis der Geschichte selber nicht wichtig sind. Bei manchen Sachen google ich, meistens bin ich aber zu faul dafür.

    :blume:&nbsp; Herzliche Grüße!&nbsp; :blume: <br />creative

  • Hallo zusammen :winken:


    Vorab es ist der erste Roman von Antunes den ich lese und ich bin jetzt bis Seite 42 angekommen und kann einfach nur sagen: Ich bin begeistert von der Sprache Antunes. Erst habe ich etwas gestutzt und dann habe ich nur noch in den Sätzen geschwelgt. Ich habe mir ganze Sätze unterstrichen. Kenavo und creative haben einige meiner Lieblingssätze schon zitiert.
    Vor lauter "schwelgen" in Satzmalereien muss ich mich fast schon anstrengen mir ein Bild von dem Arzt zu machen. Er scheint seine Familie verlassen zu haben, scheint sich die "Schuld" zu geben und ist scheinbar nicht wirklich glücklich mit seiner Arbeit. Ist alles nur aus einem Bauchgefühl heraus geschrieben. Ich muss wohl noch etwas weiter lesen um mir einen genaueren Eindruck zu vermitteln.



    Antunes verlangt etwas mehr 'Arbeit'


    Das kann man wohl nur noch unterstreichen. Aber es scheint sich wirklich zu lohnen!


    @Kenavo und dubh: Vielen Dank für eure Links. Ich werde dir mir mal in Ruhe vornehmen.


    Ich freue mich schon aufs weiterlesen!


    Liebe Grüße
    wolves

  • :klatschen:
    Besser kann ich meine Freude über eure Begeisterung nicht ausdrücken :zwinker:


    Eine kleine Anmerkung - ich hatte es zwar schon zu Beginn des Lesens gesehen, aber irgendwie wieder verdrängt: betreffend Fragen zu Personen des(r) portugiesischen Alltags/Geschichte, die Antunes anführt: auf den Seiten 203-207 gibt es ein kleines Glossar der Übersetzerin :smile:


    creative - 'Nachtzug nach Lissabon' ist eines meiner Lesehighlights der letzten Jahre. Und eines der Bücher, das ich ganz bestimmt in den nächsten Monaten unbedingt noch einmal lesen will



    Lohnendes Weiterlesen für alle


    Kenavo

    Einmal editiert, zuletzt von Kenavo ()

  • Hallo!



    'Nachtzug nach Lissabon' ist eines meiner Lesehighlights der letzten Jahre. Und eines der Bücher, das ich ganz bestimmt in den nächsten Monaten unbedingt noch einmal lesen will


    Falls du möchtest, kannst du uns ja bei unserer Leserunde begleiten? Ich freue mich schon sehr auf diese Lektüre!


    Ich bin jetzt auf Seite 70 angelangt.
    :entsetzt: Was für schreckliche Verhältnisse in dieser Krankenanstalt herrschen! Die tägliche Arbeit muss doch dort depremierend sein. Ich würde mir wie Don Quichote im Kampf mit den Windmühlen vorkommen. :sauer:


    Die Eltern, die am liebsten ihren Sohn direkt in der Anstalt gelassen hätten, fand ich ja nur zum Kopf schütteln. Durch die Art wie Antones schreibt, hatte ich nicht nur die Szene vor mir, sondern war irgendwie in diesen Gefühlen dabei. Dieser Mann schreibt unglaublich wortgewaltig, etwas was ich bisher nur von Shalev oder Grosman gekannt habe.
    Ich habe so richtig diese überhebliche und kaltblütige Haltung der Mutter ihren Sohn gegenüber gespürt.


    Und dann so ganz nebenbei die Erinnerung an den "Besuch" eines Agenten der Pide beim Elternhaus des Erzählers (auf Seite 58). Ich habe mal gegoogelt wer PIDE war. Eine sehr beklemmende Vorstellung eines solchen "Besuches".


    Zwei Dinge konnte ich mir überhaupt nicht erklären. Auf Seite 55 die Bemerkung über "... jetzt könnte ich Umberto Ecos Hilfe gut gebrauchen." und auf Seite 63 "...verliere ich jede Selbstbeherrschung und klebe eine Porzellanschwalbe auf die Kühlerhaube." Damit konnte ich so gar nichts anfangen, welches Bild mir damit gesagt werden soll. Vielleicht habt ihr ja eine Idee?


    Liebe Grüße
    wolves

    Einmal editiert, zuletzt von wolves ()


  • Falls du möchtest, kannst du uns ja bei unserer Leserunde begleiten?


    Dank Dir für den Hinweis - leider ist es aber so, dass ich derzeit etwas im 'Lese-stress' bin :smile: Ja, ja - ich weiss, so etwas sollte man sich nicht antun - aber zu viele, zu schöne, zu reizvolle Versuchungen kamen mir unter die Nase in den letzten Wochen - und ich kann immer so schlecht NEIN sagen.. bis Ende Mai bin ich 'ausgebucht' :zwinker:




    Zwei Dinge konnte ich mir überhaupt nicht erklären. Auf Seite 55 die Bemerkung über "... jetzt könnte ich Umberto Ecos Hilfe gut gebrauchen." und auf Seite 63 "...verliere ich jede Selbstbeherrschung und klebe eine Porzellanschwalbe auf die Kühlerhaube." Damit konnte ich so gar nichts anfangen, welches Bild mir damit gesagt werden soll. Vielleicht habt ihr ja eine Idee?


    Warum er in der Situation, die er beschreibt, unbedingt Umberto Ecos Hilfe ersehnt, konnte ich mir auch nicht schlüssig erklären. Passiert eben auch hin und wieder bei seinen vielen Wortspielen und Vergleichen :smile:


    Bei der Idee mit der Porzellanschwalbe kam mir das Bild von einem Jaguar (Auto - nicht das Tier :smile:) in den Sinn und ich dachte mir, dass er aus Protest gegen diese Protzkarre vielleicht sein altes Auto eben mit einer Porzellanschwalbe 'aufmotzen' wollte - aber wie Antunes es genau gemeint hat??


    Bei der Szene mit den Eltern, die ihren Jungen 'abliefern' wollten, die du beschreibst, fand ich seine Idee mit dem 'Schreibtischschach' und Utensilien auf seinem Büro als Figuren so toll.


    Liebe Grüsse,
    Kenavo

  • Ich bin mal wieder der Bummelant, bin erst auf Seite 25 und bin ehrlich gesagt von der Sprache ein wenig überwältigt, so dass ich das Buch wohl nur in kleinen Dosen zu mir nehmen kann, aber dafür hat man dann ja länger was davon. ;)
    Für einen Erstling find ich das Wahnsinn, wie hat er denn bitte sein Schreiben dann noch weiterentwickelt.


    Eigentlich müsste man sich ja wirklich jeden Satz auf der Zunge zergehen lassen und mindestens 5 Minuten drüber nachdenken, das hat ja schon was lyrisches. Hut ab.


    Wie ihr seht, ich muss mich noch daran gewöhnen, aber wenn mir das gelingt, steht mir, glaube ich, ein großartiges Lesevergnügen bevor. :klatschen:

    SUB=257

  • Hallo ihr Lieben,
    entschuldigt, dass ich mich nicht gemeldet hatte, doch die letzten Tage waren nicht so doll.. :sauer:
    Ich hatte (und habe) Probleme mit meinem Internet-Anschluss, dann hatte ich das Buch noch gar nicht, obwohl ich vom Gegenteil überzeugt war, habe es bestellt und es ist heute im Buchladen angekommen. Ich konnte es aber nicht abholen, weil ein Gewerkschaftskollege mir einen Gesetzesvorschlag "nur zum Überfliegen und eventuelle Fehler verbessern" geschickt hat, tja, sein französisch ist leider nicht seine Stärke, so war ich den ganzen Nachmittag beschäftigt... :grmpf:
    Morgen steige ich dann mit ein und werde auch ganz schnell lesen.
    Liebe Grüße
    dora


  • Ich bin mal wieder der Bummelant,


    Macht doch nichts - ist doch schön, dass du dennoch mitliest :smile:


    von der Sprache ein wenig überwältigt, so dass ich das Buch wohl nur in kleinen Dosen zu mir nehmen kann, aber dafür hat man dann ja länger was davon. ;)


    Ganz genau :zwinker:


    wie hat er denn bitte sein Schreiben dann noch weiterentwickelt.


    Ich hoffe, dass diese Leserunde dazu führt, dass die eine oder andere das dann noch herausfinden will :zwinker:



    Morgen steige ich dann mit ein und werde auch ganz schnell lesen.


    Willkommen an Bord :smile:



    Und solange ihr etwas bummelt oder euch Zeit lasst, geniesse ich derweil seine Sprache


    Seite 84, Zeile 5 und weiter:

    Zitat

    Er bewahrte derlei nutzlose Dinge auf, wie andere das Röhrchen mit den Steinen der Gallenoperation in der Hoffnung in der Schublade verwahren, die Vergangenheit mit dem abzustecken, was das Leben am Rande seines Laufes zurücklässt


    Seite 90, letzter Abschnitt:

    Zitat

    Dieses Filigrankaravellengerede löst in mir die verwunderte Begeisterung aus, die auch Häkeldeckchen und die Bemalung von Karussells erwecken, dachte der Doktor, Amulette eines Volkes, das in einer Landschaft im Todeskampf liegt, die aus Katzen auf Fensterbänken im Ergeschoss und unterirdischen Pissoirs besteht


    Wie sehr er die portugiesische Lebensart und -weise immer wieder auseinandernimmt und sich auch verstärkt am Katholizismus stösst...



    Seite 99, Zeile 4+5:

    Zitat

    ..und stellte sich wie immer angesichts von Leiden, Angst und Schlaflosigkeit das Meer vor


    Ach, was ich ihn dafür LIEBE!! Aber jemand, der in Lissabon aufgewachsen ist, kommt wohl nicht daran vorbei, das Meer auf besondere Art und Weise in seinem Leben als dazugehörig zu empfinden...



    Wünsche euch allen noch gutes Weiterlesen..
    Kenavo

  • Hallo zusammen!


    Ich bin inzwischen auf Seite 140, hatte aber in den letzten Tagen keinen Internetzugang und konnte mich deshalb nicht melden.


    Von Antunes habe ich bisher "Der Tod des Carlos Gardel" gelesen und das hatte mir sehr gut gefallen. Ich habe mich besonders auf die Sprache Antunes' gefreut, an diese Gleichzeitigkeit von Stimmen und Zeiten und bin daher zwischendurch von "Elefantengedächtnis" ein wenig enttäuscht. Es gibt wahnsinnig schöne Stellen im Buch, dann stolpere ich wieder über Bilder und Szenen, die ich nicht verstehe (wie zB die von Wolves angesprochenen). Aber ich will nicht anmaßend sein; für ein Erstlingswerk ist es noch immer überwältigend.


    LG
    nikki

    Ich lese gerade:<br />Lion Feuchtwanger - Der jüdische Krieg

  • Hallo :winken:


    @Dora: Nur nicht hetzen! Schön, dass du einsteigen kannst und hoffentlich läßt dich dein Internet-Anschluss nicht wieder im Stich.


    @Kenavo: Ach ja, immer diese Leseversuchungen. Ich kenne das soooo gut und kann da auch fast nie Nein sagen! :smile:


    Warum er in der Situation, die er beschreibt, unbedingt Umberto Ecos Hilfe ersehnt, konnte ich mir auch nicht schlüssig erklären. Passiert eben auch hin und wieder bei seinen vielen Wortspielen und Vergleichen :smile:
    Bei der Idee mit der Porzellanschwalbe kam mir das Bild von einem Jaguar (Auto - nicht das Tier :smile:) in den Sinn und ich dachte mir, dass er aus Protest gegen diese Protzkarre vielleicht sein altes Auto eben mit einer Porzellanschwalbe 'aufmotzen' wollte - aber wie Antunes es genau gemeint hat??


    Das wäre eine Idee! Es würde mit Sicherheit witzig aussehen. :zwinker:


    Ich bin jetzt bis Seite 99 angelangt. Auf Seite 78 sagt sein Freund etwas wichtiges zu ihm: "Dir ist alles ausgegangen, entgegnete der Freund. Warum rennst du nicht endlich mit den Hörnern gegen die Wand?"
    Vielleicht sollte er das wirklich mal machen. Und sich so etwas besser fühlen. Auch seine Frau versuchte ihn ja, in der Stunde ihrer Trennung, etwas Lebensmut zu geben: "Ich lasse nicht zu, dass du aufgibst, mit mir oder ohne mich, denn ich glaube an dich und habe auf dich gesetzt."
    Vielleicht hat ihn ja die Zeit in Afrika so mutlos gemacht? Krieg ist ja doch ein sehr einschneidendes Erlebnis in einem Leben. Mal schauen, was da noch erzählt wird. Denn fertig ist er ja. Das kann man sehr deutlich in dem Gespräch mit seinem Freund spüren.


    Das Gespräch mit den "rotblonden Mädchen" in der Wartepraxis fand ich übrigens sehr skurril.


    Liebe Grüße
    wolves

    Einmal editiert, zuletzt von wolves ()

  • kolokele & Dora:
    Schön, dass ich nicht allein hinterherhinke. Meine Lektüre war nämlich in akuter Gefahr, ein Opfer des Proust-Syndroms zu werden (im Klartext: ich habe mich nicht ans Buch getraut). Aber heute habe ich in der U-Bahn die ersten 2 "Kapitel" (leider unnummeriert) gelesen und bin begeistert!


    Die ersten Seiten sind mir zwar schwer gefallen, teils wegen des Stils mit den vielen, nicht immer gleich (oder auch gar nicht) verständlichen Bildern, noch dazu in sehr langen Sätzen. Der Stil erinnert mich übrigens sehr an Elfriede Jelinek; auch bei ihr finden sich in nahezu jedem Satz Bilder und Wortspiele, die weitere Bedeutungsebenen erahnen lassen. Reine Wortspiele finde ich zwar bei Antunes nicht so, aber ich bin am Überlegen, ob diese nicht vielleicht notgedrungen der Übersetzung zum Opfer gefallen sind.
    Auch die unterdrückte Gewaltsamkeit des Psychiaters, die in den ersten Seiten sehr deutlich werden, erinnert mich an Jelinek. Hinter der Maske des gut angepassten Psychiaters brodelt ein von Atombomben phantasierendes Pulverfass.
    Auch die Hauptperson machte mir den Anfang schwer, da ich direkt eine große Aversion gegen sie verspürte. Dies legte sich aber bald, und mittlerweile habe ich mich mit zunehmender Vertrautheit, mit ihm angefreundet. Er scheint eine schwere psychische Last mit sich herum zu schleppen, und ich frage mich, wie weit das mit seiner Afrikaerfahrung zu tun hat. Er scheint dem Rätsel seiner selbst auch auf der Spur zu sein: Wann hatte bei ihm die Scheiße angefangen? (S. 27)
    Ich hoffe, er findet (vielleicht mit Hilfe seines Freundes) eine Antwort.


    Wunderbar fand ich die Beschreibung einer Opernarie (S. 26):
    Duette schriller Beschimpfungen zwischen einer Sopranistin mit Fischfrauenlunge und einem Tenor, der sie, unfähig ihr standzuhalten, am Ende an der Schlinge eines C mit unendlicher Lungenfülle erhängte :breitgrins:



    auf Seite 63 "...verliere ich jede Selbstbeherrschung und klebe eine Porzellanschwalbe auf die Kühlerhaube."


    Schon an einer früheren Stelle (vor S. 34, habe mir die Stelle leider nicht rausgeschrieben) kommt die Porzellanschwalbe vor. Leider kenne ich mich mit Automarken überhaupt nicht aus; ich verstand es so, als sei die Schwalbe eine (bekannte :rollen: ) Kühlerfigur.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Hallo zusammen,


    dieses Mal habe ich nur Pech: zuerst verschlampe ich meinen guten Antunes (wobei der Rest seines Werkes glücklicherweise noch in meinem Regal haust :schwitz::zwinker:) am Sonnabend auf dem Weg zur Arbeit offensichtlich (obwohl immer noch nicht ganz nachvollziehbar), dann wollte ich ihn gestern besorgen, aber der Buchladen mußte ihn erst bestellen, so dass ich ihn erst heute (wieder) in Händen halte.
    Aber das war´s ja noch garnicht: der Rechner musste ja auch noch abrauchen! *grrr* :grmpf:


    Werde also erst jetzt mit Elefantengedächtnis beginnen können... SORRY!


    Liebe Grüße
    dubh

    Liebe Grüße

    Tabea

    Einmal editiert, zuletzt von dubh ()

  • Mir ist weder mein Buch abhanden gekommen :zwinker: noch mein Rechner abgestürzt :zwinker: und somit kann ich berichten, dass ich das Buch zu Ende gelesen habe :zwinker:


    Mir geht es ähnlich wie Nikki - obwohl ich es nicht 'enttäuscht' nennen würde - sämtliche Bücher, die ich bisher von Antunes gelesen habe, empfand ich als stärker, kraftvoller, aussagekräftiger und mit viel mehr 'Herzblut' geschrieben - allen voran 'Der Judaskuss' von dem ich lange Zeit dachte, es sei sein erstes Buch gewesen. Im nachhinein sehe ich, dass er sowohl 'Elefantengedächtnis' wie eben auch 'Der Judaskuss' im gleichen Jahr geschrieben hat - also denke ich mal, dass 'Elefantengedächtnis' der Auslöser war um ihm überhaupt das Gefühl zu geben, dass er ein Schriftsteller sei (er erwähnt ja auch mehrmals in diesem Buch, dass er schreiben möchte, sich aber nicht traut, nicht zutraut, sowas hinzubekommen).


    Der Protagonist aus diesem Buch kommt mir vor wie manch einer meiner Kunden, die ich jahrelang am Tresen 'jammern' gehört habe (ich hatte während ein paar Jahren eine Kneipe) - diese Lebensmüdigkeit, der Unwillen, sich selber zu motivieren um aus dem Schlamassel herauszukommen - aber all das empfand ich so, weil er mir nicht zeigte WO dieser Frust herkam, wo diese Lebenslust verloren gegangen ist - und nur durch meine Vorkenntnisse durch Bücher wie 'Der Judaskuss', WUSSTE ich woher das kam - denn in diesen anderen Büchern zeigte er mir nämlich was er mitgemacht hat - dort war er kein Mensch der 'jammerte' - dort war er der Mensch, der soviel Schreckliches mitmachen musste und soviel Grausames sah - dort hat er mich davon überzeugt, wenn er nicht das Schreiben für sich entdeckt hätte - er wäre daran zerbrochen.


    Für mich ist dies ein Buch, das mein Bild von Antunes 'rundet' - aber nichts Neues hinzufügt - für jemanden, der mit diesem Buch Antunes neu entdeckt, will ich sagen - unbedingt 'Der Judaskuss' anhängen um zu erfahren, was er erlebt hat, was ihn zu dem gemacht hat, was er hier beschreibt und vor allem - wie jemand das Grausamste und Hässlichste -Krieg- mit der schönsten Sprache der Welt beschreibt um somit zu überleben!



    Und nach so viel melancholischem, traurigem und nachdenklichem, finde ich es so nett, dass letztes Jahr das 'Buch der Chroniken' von Antunes herausgekommen ist - das ist ein gutes Gegenmittel - damit man sieht, dass dieser Mann doch auch POSITIVE Dinge schreiben kann :smile:


    Liebe Grüss,
    Kenavo