Edward P. Jones - Die bekannte Welt

Es gibt 3 Antworten in diesem Thema, welches 3.272 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von illy.

  • Kurzbeschreibung von Amazon:
    Geschichten von Weißen und Schwarzen, Gewalt und Widerstand, Macht und Magie.


    Henry Townsend gehört zu den Schwarzen, die es geschafft haben. Als junger Mann von seinem Vater freigekauft, ist er mit dreißig Jahren Besitzer einer eigenen Plantage mit dazugehörigen Sklaven. Ein Paradox, das nicht denkbar wäre ohne die tätige Unterstützung seines einstigen weißen Herrn, dem mächtigsten Mann in Manchester County, und dessen Preis, wie sich zeigt, er mit dem Leben bezahlen wird. Henry arrangiert sich schnell damit, nunmehr auf der Seite derjenigen zu stehen, für die sich der Wert eines Schwarzen lediglich in seiner Arbeitskraft bemißt, er genießt den Zuwachs an Ansehen, das ihm jeder weitere Sklave beschert. Doch als Schwarzer das Leben eines Weißen zu führen, kommt einem Fluch gleich, so scheint es. Am siebten Tag einer scheinbar harmlosen Krankheit stirbt er. Sein plötzlicher Tod stellt seine Witwe vor ungeheure Probleme, die in jenes Chaos münden, das den Anfang vom Ende der Sklaverei markiert.


    Meine Meinung:
    In diesem Erstroman von Edward P. Jones, der 2004 den Pulitzerpreis gewonnen hat, geht es um die fiktive Gemeinde Manchester in Virginia.
    Hauptsaechlich wird die Geschichte von Henry Townsend, einem schwarzen Sklavenhalter, erzaehlt. Aber auch die Geschichte aller anderen Menschen, die etwas mit der Plantage oder der Gemeinde zu tun haben, kommt nicht zu kurz.
    So wird nicht nur das Leben der Sklaven und der Sklavenbesitzer beschrieben, sondern auch das des Sheriffs, seiner Helfer und benachbarte Plantagenbesitzer.
    Durch die ausfuehrlichen Beschreibungen konnte ich mir die einzelnen Charaktere gut vorstellen und auch deren Meinungen und Wertevorstellungen wurden daraus erkennbar.
    Gefallen hat mir, dass bei der woertlichen Rede viel Slang benutzt wurde. So konnte ich mich gut in die Geschichte hineinversetzen, weil sie so einfach authentischer wirkt. Die deutsche Ausgabe kenne ich nicht und kann deshalb nicht beurteilen, ob die Uebersetzung gelungen ist.
    Trotz des Themas wird die Geschichte nicht zu dramatisch und duester erzaehlt, sondern bleibt eher sachlich, manchmal sogar ein bisschen mythisch.
    Der Autor schweift manchmal beim Erzaehlen ab und wechselt oefters in der Zeit. Das hat meinen Lesefluss ziemlich gestoert, weshalb ich sehr aufmerksam lesen musste.
    Trotzdem hat sich fuer mich die Lektuere gelohnt und ich hatte zum Schluss das Gefuehl, einen guten Einblick in die damalige Zeit bekommen zu haben.


    4ratten


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  • Ich habe letzte Woche "Die bekannte Welt" gelesen. Und nach der Lektüre war ich erstmal sprachlos. Eigentlich lässt sich zu whiskers Zusammenfassung und Meinung nichts gravierendes mehr hinzufügen. Da ich aber in einem anderen Zusammenhang eine Rezension geschrieben habe, füge ich sie hier trotzdem ein (auch auf die Gefahr hin, dass sich manches doppelt).


    Inhalt:


    Die "bekannte Welt" hier ist das fiktive Manchester County, Virginia zwischen 1830 und 1855.


    Im Mittelpunkt des Romans steht der ehemalige Sklave Henry Townsend. Er wurde als Junge von seinem Vater freigekauft, sehnt sich aber sein ganzes Leben nach dem geregelten, hierarchischen Leben auf der Plantage seines ehemaligen Herren William Robbins. Als er genug gespart hat, kauft er auf Vermittlung von Robbins Land und seinen ersten Sklaven, Moses. Leben die beiden anfänglich freundschaftlich zusammen (balgen sich, teilen sich ein Zimmer im Rohbau des Herrenhauses etc.), wandelt sich Henrys Verhalten nach einer Strafpredigt seines Mentors zu dem eines weißen Sklavenhalters. Später führt dies dazu, dass er einen seiner Sklaven für einen Fluchtversuch damit bestraft, ihm ein Drittel des Ohres abzuschneiden.


    Ausgangssituation der Handlung ist der Tag, an dem Henry Townsend stirbt. Ein Tag, der in der Folge zu schicksalshaften Ereignissen führt, aber auch dazu angetan ist, die Konstellationen rund um die Farm aufzuzeigen. So lernt der Leser viele wichtige Personen kennen:
    den bereits erwähnten ergeizigen Aufseher Moses (inklusive seiner Frau Priscilla und seinem Sohn Jamie), die verwirrte Sklavin Alice, den rebellischen Elias und seine Familie, Henrys Witwe Caldonia (sowie ihre Mutter Maude, ihren Zwillingsbruder Calvin), die Erzieherin Fern, den Sheriff John Skiffington und viele andere...


    Meine Meinung:


    Wie aus der Aufzählung der oben beispielhaft Genannten ersichtlich wird, wird der Leser mit sehr vielen Einzelschicksalen vertraut gemacht. Neben den häufigen Perspektivwechseln gibt es zudem auch viele Vor- und Rückschauen, die mitunter bis ins Jahr 1994 reichen. Im Wesentlichen beschränken sich diese zeitlichen Vorschauen auf die Schicksale nach dem amerikanischen Bürgerkrieg.


    Ich mag solche Zeit- und Perspektivwechsel, aber natürlich wird dadurch das Lesen anspruchsvoller. Deshalb solltet ihr euch viel Zeit nehmen, um den Roman zu lesen. Wer sich darauf einlässt, wird ein besonderes Highlight erleben!


    Ich fand sowohl die Handlung als auch die Art, in der sie beschrieben wurde, sehr beeindruckend! Hier geht es um eine Minderheit, von der kaum jemand etwas ahnte. Der Fokus liegt auf den "priviligierten" Schwarzen, die über ihre Freiheit, Bildung und einigen Reichtum verfügt und dennoch in der Gesellschaft unterhalb der "Hillbilles" angesiedelt ist. Eine wichtige Rolle spielt der Glaube, sei es der christliche Glaube der Weißen oder der eher mythische Glaube der Schwarzen. Einige mystische Einschübe verleihen manchen Schlüsselszene einen speziellen Charakter.


    Die Wünsche, Hoffnungen und Ideale der einzelnen Charaktere werden sehr deutlich. Mitunter glaubt man fast, jeder von ihnen hätte tatsächlich gelebt. Unterstrichen wird dieser Eindruck auch durch zahlreiche Fakten, Statistiken, historische Zeugnisse und Dollarangaben zum Wert einzelner Personen. Da es sich um ein fiktives Gebiet handelt, sind natürlich auch diese Angaben fiktionalisiert, aber ihr Einsatz at mir trotzdem sehr gut gefallen!


    "Die bekannte Welt" gehört eindeutig zu meinen Jahreshöhepunkten!


    PS: In der deutschen Version fehlt übrigens der Slang.

    Ich werde kein&nbsp;Geld hinterlassen. Ich werde keinen Aufwand und Luxus hinterlassen. Aber ich möchte ein engagiertes Leben hinterlassen.<br />(Martin Luther King)

    Einmal editiert, zuletzt von marilu ()

  • Ihr macht mich immer neugieriger auf dieses Buch. Ich fürchte, ich werde es mir bald zulegen müssen :zwinker:


    Schönen Gruß,
    Aldawen

  • Ich fand den Klappentext unheimlich ansprechend, das Thema neu und faszinierend, wow, schwarze Sklavenhalter, da wanderte das Buch ganz schnell in mein Regal.


    Leider habe ich recht lange für das Buch gebraucht, hatte häufig keine Lust weiterzulesen und war durchaus etwas enttäuscht. Mein Problem war, dass eigentlich kein durchgängige Geschichte erzählt wurde. Immer wieder sprang der Autor im Zeitverlauf zurück und so musste ich mich ständig neu orientieren, was das Alter und die Verhältnisse der Figuren anging. Da ich sowieso jemand bin, der Figurennamen gerne vergisst, musste ich hier ständig überlegen, wer nun wer war. Das Buch war zweifellos interessant, aber wirklich gut fand ich persönlich es nicht. Außerdem konnte ich zu keiner Person ein echtes Verhältnis aufbauen, dazu war das Buch zu berichthaft geschrieben. Da ich zwischen diesem interessant und gut hin- und her gerissen bin, spare ich mir mal die endgültige Beurteilung, je nach Abschnitt und persönlicher Stimmung kriegt das Buch zwischen 2,5 und 4,5 Ratten :breitgrins:


    illy