Hallo,
hier mein Bericht vom gestrigen Besuch der Buchmesse. Als Mitglied der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft hatte ich die Möglichkeit auch an den sogenannnten Fachbesuchertagen, die Messe zu besuchen. Die Karte bucht man frühzeitig im Internet, dann kommt man für 22,- EUR hinein (regulär 33,-) und kann mit der Karte auch noch die öffentlichen Verkehrsmittel kostenlos verwenden. Ich war zum zweiten Mal auf der Buchmesse. Dieses Mal habe ich gleich den ersten Tag gewählt, da dieser statistisch die wenigsten Besucher aufweist (ca. 45.000). Diese Wahl war goldrichtig, vor zwei Jahren hatte ich den spürbar volleren Donnerstag gewählt. Am Wochenende sind gar bis zu 70.000 Besucher auf der Messe. Am Mittwoch sind zwar noch nicht ganz so viele berühmte Autoren unterwegs, das ist mir jedoch nicht so wichtig.
Ich persönlich habe mir zuvor einen Plan gemacht, welche Verlage ich auf jeden Fall aufsuchen möchte, meist mit einem kurzen Stichwort versehen, welche Titel mich dort besonders interessieren. Viele dieser Titel kann man zwar auch später im Buchhandel anschauen, auf der Buchmesse steht aber das komplette Neuerscheinungsprogramm zur Verfügung (was auch nicht ganz stimmt, denn einige interessante Titel erscheinen erst im November). Zudem habe ich bei den Zeitungsverlagen die Sonderveröffentlichungen zur Buchmesse mit den Rezensionen einsammeln können.
Auch in diesem Jahr fiel mir die Unprofessionalität der Kleinverlage, aber auch einiger größerer Verlage auf. Da geben diese viel Geld für einen Messestand aus, aber dann sitzen sie quasi im Dunkeln. Mit zwei einfachen Glühbirnen kann man halt keinen Messestand ausleuchten, hinreichend viele Halogenlampen sind schon vonnöten.
Der Hanser-Verlag hat ein schönes abwechslungsreiches Programm. Bereits in der U-Bahn hatte ich die Rezension über die wohl wichtigste Klassiker-Neuübersetzung (hoch gelobt) in der FAZ gelesen.
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Stendhal: Die Kartause von Parma.
Das Buch überzeugt in der Ausstattung: 1000 Seiten Dünndruck, davon mehr als 300 Seiten mit Hintergründen und Kommentaren. Das ist vorbildlich. Der Preis von 34,90 ist bei einer solchen Gestaltung dann auch angemessen.
Bei Dumont gibt es nun ein umfassendes Werk zur Kunsthalle Kiel. Da ich einen persönlichen Bezug zu dieser Stadt habe, für mich die interessanteste Neuerscheinung, die ich im Bereich Kunst entdeckt habe.
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Sehr kurzweilig und witzig ist Saehrendt: Das kann ich auch. Gebrauchsanweisung für Moderne Kunst.
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Dann ging es weiter zur Ausstellung des schönsten deutschen Buches. 1000 eingereichte Bücher sind dort ausgestellt, vorne im Buch ist immer ein Bewertungsbogen drin, auf dem vermerkt ist, warum ein Buch (nicht) ausgezeichnet wurde. Aus den Siegerbänden ist mir einer ins Auge gefallen, der auf meiner Anschaffungsliste auf Stelle 1 landet:
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Karin Cheng: Anatomie der Buchstaben.
Im wunderschön gestalteten Buch wird die Schönheit von Buchstaben deutlich. Außerdem wird auf spielerische Weise vermittelt, worauf beim Entwurf von Buchstaben und Zeichen zu achten ist. Man lernt etwas über den Knocheneffekt (beim großen "O") oder über die Schwierigkeiten ein "X" zu gestalten (das nicht aus zwei Strichen besteht, da es dann zu einer optischen Täuschung kommen würde). Man lernt etwas darüber, welcher Buchstabe die Basis eines Schriftsatzes darstellt und wie die anderen daraus abgeleitet werden.
Am Stand selber gab es einen halbstündigen Vortrag, in dem ein Jurymitglied an zwei Beispielen erläuterte, worauf bei der Prämierung geachtet wird. So erfährt man, dass ein Lesebändchen so lang sein muss, dass es auch an unteren Buchecke noch übersteht, und dass ein Buch so in den Leinen-Umschlag eingehängt werden sollte, dass der Abstand zwischen Umschlag und Buchblock an allen Seiten gleich groß ist.
Spätestens jetzt hatte ich in so viele Bücher geschaut, dass die ersten Ermüdungserscheinungen aufgetreten sind, dabei waren die großen Verlage noch nicht mal besucht.
Bei Artemis & Winkler gibt es Kafkas Romane nun in einem Band mit gutem Kommentar.
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Rowohlt, Manesse, Fischer, Eichborn, dtv, Reclam, Suhrkamp, Kein & Aber, Diogenes, Steidl, C.H. Beck, ... werden hier ohne Buchtipp erwähnt. Das Studium der Kataloge wartet noch zu Hause auf mich.
An Promis habe ich getroffen:
1. Wolfgang Clement (am Focus-Stand zum Thema Bildung). Wenn man Clement live erlebt, versteht man, warum er in der Politik so weit gekommen ist. Man hört seiner Stimme gerne zu, dabei wirken seine Statements persönlich, zugleich aber auch sehr strukturiert. Vor allem im Vergleich zur anderen Diskutantin von der Robert-Bosch-Stiftung fiel seine Eloquenz auf.
2. Klaus Wowereit verkauft seine Biografie. Wen es interessiert....
3. Martin Mosebach im Gespräch mit Ulrich Greiner. Der diesjährige Büchner-Preisträger wirkt intellektuell und ist dabei äußerst spritzig. Aber ob er vom Publikum gelesen wird, mag man bezweifeln (keiner seiner Zuhörer hatte das Buch zum Signieren dabei).
Eher zufällig gesehen: Martin Semmelrogge und Robert Atzorn, die wohl ihre Hörbücher promoten.
Nun, am Ende bleibt ein zwiespältiges Gefühl zurück. Zum einen wird mir auf der Buchmese bewusst, wie bewusst man Lektüre auswählen muss. Viele andere schöne Bücher, v.a. auch Sachbücher, habe ich entdeckt, aber schon beim Blättern war mir klar, dass ich für diese keine Lesezeit aufbringen kann, da noch andere, wichtigere Werke auf mich warten. Zum anderen wundere ich mich darüber, dass es überhaupt noch Autoren gibt, die von Büchern leben können. 80.000 Neuerscheinungen und 400.000 Bücher - wie wenig kann man davon lesen. 99,99% aller Bücher muss ich aussortieren, viele davon sind auch überflüssig - das wird einem dort bewusst.
Auf der anderen Seite habe ich zumindest ein Buch entdeckt, auf welches ich ohne die Buchmesse nicht aufmerksam geworden wäre. Mehr kann man nicht erwarten.
Schöne Grüße,
Thomas