Wieder ein Buch, das ich ohne das Forum wohl nie gelesen hätte! Danke euch allen, für die angeregten Diskussionen und die tollen Rezis!
Das Buch lebt von Donovan's Sprache, seiner Fähigkeit mit ihr umzugehen und viel Raum zu lassen für des Lesers eigene Gedankenwelt und seine Reflexionen während des Lesens.
Ich liebe Julius' Hütte, die warmen und die kalten Bücher, den Kamin, so ein Ferienhaus hätte ich gern. Wohlgemerkt, Ferienhaus, denn mir wäre es dort in der Wildnis zu einsam. Mich fasziniert die Begegnung mit der Literatur durch Julius Blick, seinen Respekt vor dem geschriebenen Wort und seine Hassliebe, wie es mir scheint. Julius ist kein typischer Leser, und schon gar keine Leseratte. Er betrachtet die Bücher als Dämmung gegen die Kälte, und ob damit nur die winterliche Kälte gemeint ist sei dahingestellt, ich jedenfalls dachte auch an Julius eigene, innere Kälte. Dabei ist er in keiner Weise bibliophil, er liebt die Bücher nicht, über die Bücher baut er eine Brücke in seine nicht einsame Zeit, in eine Zeit als sein Vater, der wohl ein begnadeter Leser war, sie gebrauchte in einem Sinn, der Julius verborgen bleibt.
Julius erscheint mir, in allen seinen Handlungen, ein Stellvertreter zu sein, er substituiert, was er verloren hat, aber hat er auch etwas wirklich Eigenes? Seine Person empfinde ich als nicht greifbar, weil man nie weiß, wo er etwas annimmt (die Bücher, den Hund, etc), und wo etwas aus ihm selber kommt. Möglicherweise hätte Julius ähnlich reagiert, hätte jemand seine Hütte niedergebrannt?
Die Emotionen, die Julius für Hobbes hat, substituieren die Emotionen, die ihm in der Beziehung zu Claire fehlen. Der Hund ist aber auch Julius, der einsame und verlassene, der eingeschläfert werden sollte. So wird Julius zu Claire, und nimmt sich eines Wesens an, das scheinbar seiner Hilfe bedarf. Doch während Claire Julius verlässt, bleibt dieser dem Hund treu, und liebt in ihm auch sich selbst.
Die Frage ob Julius krank ist, und an welcher Krankheit auch immer er leidet, um diese zu beantworten fehlt mir das Wissen. Es scheint so, aber mit welchem Teil dieser Krankheit er geboren wurde und welchen Teil seine Lebensumstände verursacht haben, das kann ich mir nicht erklären und jede Erklärung endet in einem Teufelskreis. War Julius schon krank oder wurde er erst krank?
Und die Sache mit den Plakaten hat mich verwundert:
"Logisch" wäre gewesen, dem aufzulauern, der die Plakate beschmiert, von Anfang an, weil dieser Mensch viel wahrscheinlicher der Hundekiller wäre als irgendwelche Typen, die zufälligerweise dort jagen, wo der Hund erschossen wurde. Zumindest aber sollte sich auf diese Person viel mehr Hass entwickeln, aber diesen Angriff steckt Julius anfangs einfach so weg.
Ich habe, kurz gesagt, nicht den Eindruck, dass Julius in erster Linie den Hundekiller sucht. Es geht um das Eindringen in Julius Refugium und den Ort, der unter seiner Kontrolle steht. Es ist, so meine ich, der Kontrollverlust, der Julius austicken lässt. Er kann den Hund nicht beschützen, er kann seine kleine Welt nicht abgeschottet halten. Claire dringt ein, bringt alles durcheinander und lässt Chaos zurück. Jedes weitere Eindringen muss unterbunden werden.
Ein starkes Stück, dieses Buch! Es regt an nachzudenken, darum: