Juli Zeh - Schilf

Dazu habe ich jetzt einen Kinotrailer gesehen. Abgesehen davon, dass mich die ewigen Romanverfilmungen mittlerweile nerven (den Regisseuren und Drehbuchautoren fällt anscheinend nichts eigenes mehr ein), bin ich dadurch neugierig auf den Roman geworden.
Vor langer Zeit hatte ich davon mal eine Leseprobe, aber diese sprach mich gar nicht an. Im Trailer wird allerdings von Paralleluniversen gesprochen, und das weckte meine Neugier wieder. Es scheint also eine Art SciFi-Thriller zu sein, stimmt das?

Dieses Buch SuBt bei mir auch schon ewig. Habe es mir vor zwei Jahren gekauft, weil ich von "Spieltrieb" so begeistert war. Ich bin aber bei "Schilf" irgendwie nie über die ersten drei Seiten hinaus gekommen.

Deine Rezi klingt aber so gut, dass es wiedermal bei mir auf dem Nachttisch landet, für den nächsten Versuch!

Zum Inhalt:
Sebastian ist Professor für Physik an der Uni Freiburg. Er ist ein guter und erfolgreicher Wissenschaftler, aber sein Freund Oskar ist ein brillanter Forscher. Sebastian und Oskar waren im Studium unzertrennlich und gleichermaßen an ihrem Fach interessiert, aber als Sebastian seine Frau kennenlernte und eine Familie gründete, trennten sich ihre Wege. Sebastian verwendet seinen Forscher-Ehrgeiz darauf, sich mit Paralleluniversen und dem Wesen der Zeit zu beschäftigen. In Oskars Augen konstruiert Sebastian damit eine wissenschaftliche Erklärung für sein eigenes Leben, weil er sich mit der Entscheidung für die Familie ein eigenes Paralleluniversum geschaffen hat, das ihn davon abhielt, sich ganz der Physik und der Ergründung neuer Theorien zu widmen.
Die Geschichte kommt ins Rollen, als Sebastians Sohn entführt wird. Der Entführer verlangt von Sebastian, einen Mord zu begehen.

Meine Meinung:
Juli Zehs Schreibstil finde ich, genau wie lost-vampire, ganz wunderbar. Sie hat eine sehr genaue Sprache und trifft mit ihren Bilder ins Schwarze. Ein paar schöne Kunstgriffe sind auch dabei, sie beschreibt zum Beispiel Teile des Plots aus der Vogelperspektive – und das ist wörtlich zu nehmen! Auch die physikalisch-philosophischen Betrachtungen habe ich als Laie auf diesem Gebiet sehr gerne gelesen, z. B. dass die Wahrscheinlichkeit, dass es unser Universum in dieser Form gibt,
1 : 10 hoch 59 beträgt und man damit von der Annahme ausgehen kann, dass es 10 hoch 59 Paralleluniversen gibt.
Lesenwert, vor allem wegen der interessanten, aus dem Leben gegriffen Charaktere. Die Ambivalenz von Beziehungen, das Ungesagte, das immer mitschwingt – das beschreibt Juli Zeh großartig.
Der Plot selbst ist mir aber zu grotesk. Das Missverständnis, das zu dem Mord führt, ist an den Haaren herbeigezogen. Sebastian wird zum Mörder, und das ist nicht nur für ihn tragisch, sonder auch für seine Frau und seinen Sohn. Dieses Problem wird nur am Rande gestreift, dafür wird versucht, den wahren Schuldigen zu finden und das Ganze philosophisch zu betrachten... na ja. Vielleicht wollte Juli Zeh unbedingt einen Krimi schreiben, weil die sich bekanntermaßen besser verkaufen?

Juli Zeh

Schilf

Hörbuchversion

In Freiburg gibt es einen Medizinskandal in der Klinik, ein entführtes Kind, einen ermordeten Fahrradfahrer und einen Streit zwischen zwei Physikern, die seit Jahren die besten Freunde sind: Oskar und Sebastian, einst unzertrennlich verschworen, heute durch Sebastians Frau und Kind in anderen Städten und anderen Welten lebend.

Kommissarin Rita soll die Fälle lösen und bekommt ungewollt Unterstützung durch ihren Chef Schilf. Beide ermitteln sehr unkonventionell, aber mit hoher Trefferquote.

Ach nein, für mich enthielt dieser Krimi zu viel Physik, Philosophie oder gar Esoterik. Also nicht ganz mein Fall.

Bis jetzt kannte ich von der Autorin nur Unterleuten. Und auch wenn die letzte Rezi nicht ganz sobegeistert geklungen hat, hat mich der Thread neugierig auf das Buch gemacht

Trotzdem hat es fast drei Jahre gedauert, bis ich das Buch endlich gelesen hatte

Meine Meinung

Schilf erzählt eine Geschichte, die mit der Vorstellungskraft spielt. Manchmal dachte ich, dass die Zusammenhänge allen Beteiligten deutlich sein müssten, dann wieder war ich mir nicht sicher, ob ich in eine ganz falsche Richtung denke.

Wie schon weiter oben geschrieben, ist die Sprache wunderbar. Die Autorin beschreibt die Gefühlswelt der Charaktere sehr lebendig, aber auch die kleinen Details. Ich hatte beim Leser immer Bilder im Kopf, so dass ich manchmal eher das Gefühl hatte, einen Film zu sehen als ein Buch zu lesen.

Ich spoilere das Zitat, weil ich finde, dass es schon sehr viel verrät.

Zitat von hilde

Spoiler anzeigen

Der Plot selbst ist mir aber zu grotesk. Das Missverständnis, das zu dem Mord führt, ist an den Haaren herbeigezogen. Sebastian wird zum Mörder, und das ist nicht nur für ihn tragisch, sonder auch für seine Frau und seinen Sohn.

Das finde ich auch. Obwohl ich auch wieder hier nicht sicher bin, ob es nicht eine gewollte Sache war. Egal, das hat meine Meinung vom Buch ein wenig verschlechtert, auch wenn mir das Buch immer noch sehr gut gefällt.