Kaufen* bei |
Yasushi Inoue (1907-1991) Das Jagdgewehr Originaltitel: 猟銃 ryōjū Erstveröffentlichung: 1949 aus dem Japanischen von Oscar Benl Verlag: Suhrkamp Taschenbuch 98 Seiten |
Klappentext (gebundene Ausgabe)
Mit einem Jagdgewehr „auf dem wunderlich einsam wirkenden Rücken des Jägers“, der seinen Weg durchs Gebirge zieht, fängt alles an. Fasziniert von diesem Bild, schreibt ein Dichter das Gedicht „Das Jagdgewehr“. Der einsame Jäger liest das Gedicht in seiner „Jägerzeitung“, erkennt sich selbst in den Zeilen wieder und schreibt dem Dichter, genauer: Er schickt ihm die Abschiedsbriefe dreier Frauen, die sein Leben bestimmten: seiner Frau, seiner Geliebten und deren Tochter. Aus drei Perspektiven erzählen diese Briefe die Geschichte seines Lebens, die Geschichte einer verbotenen Liebe, die in Wirklichkeit eine Geschichte der Einsamkeit ist. Und sie erklären, weshalb der Mann mit dem Jagdgewehr so still und einsam seinen Weg geht.
Meine Meinung
Das Besondere an dieser Erzählung ist die Form: Es findet keine eigentliche Handlung statt, denn alles, was geschieht bzw. geschah, wird in den Briefen der drei Frauen geschildert. In diesen Briefen - allesamt auf die eine oder andere Weise Abschiedsbriefe - setzt sich mosaikartig das Leben des einsamen Jägers vor den Augen des Lesers zusammen.
Da ist die betrogene Ehefrau, die all' die Jahre von der Geliebten ihres Gatten wusste und ihn im Gegenzug genauso betrog. Dann ist da die Geliebte, die während all' der Jahre ihrer verbotenen Liebe hin und her gerissen, letztlich aber glücklich war, auch wenn sie sich stets über das Unrecht dabei im Klaren war. Und schließlich die Tochter der Geliebten, die erst aus den Tagebüchern ihrer Mutter von der Liebesbeziehung erfährt.
Schlicht und nüchtern, aber stets in einer schönen Sprache wird die Geschichte des Jägers vor dem Leser ausgebreitet. Jede der Frauen schildert mit ihren eigenen Worten und aus ihrer Sicht, wie das Lügengebäude nach all' der Zeit einstürzt. Hier braucht es keinen Cliffhanger oder unerwartete Wendungen. Alles, was geschieht, geschieht folgerichtig, und doch scheint die Katastrophe unausweichlich und unvermeidbar - das Leben des Jägers bricht auseinander.
Das erweckt streckenweise den Eindruck, als werde hier mit dem erhobenen moralischen Zeigefinger gewedelt, aber natürlich spiegelt sich in dem Buch die japanische Gesellschaft um die Mitte des 20. Jahrhunderts wider, und das hat mich sehr fasziniert. Man kann erkennen, welche gesellschaftlichen Zwänge damals herrschten, welche Rolle Ehre und Anstand spielten und was die Aufdeckung eines Ehebruchs bedeutete. Nicht umsonst hat die Enthüllung der Liebesbeziehung in diesem Buch fatale Folgen...
Das Buch hat mir eine schöne Lesezeit bereitet und bekommt von mir: