Ich fang dann einfach mal ganz naiv an.
Da ja eben erst die Diskussion zu Spoilern im Forum war: Setzen wir hier welche?
Ich vermerke fett, zu welchem Teil/Gesang ich etwas schreibe und denke, das reicht in diesem Fall, oder?
Die Hölle - Erster Gesang
Ich fang mal mit einem Zitat an, damit ihr einen Eindruck meiner Ausgabe erhaschen könnt:
ZitatAuf halbem Weg des Menschenlebens fand
Ich mich in einen finstern Wald verschlagen,
Weil ich vom rechten Weg mich abgewandt.
Wie schwer ist's doch, von diesem Wald zu sagen,
Wie wild, rauh, dicht er war, voll Angst und Not;
Schon der Gedank' erneuert noch mein Zagen.
Diesen Start fand ich schon ganz witzig, denn er hat mich ganz unbedarft an eine Midlife-Crisis erinnert.
Dante - als Ich-Erzähler - beginnt mit einer Art Prolog. Er ist vom rechten Weg abgekommen, deutet jedoch an, durch das, was er im Folgenden berichtet, seinen Weg wiedergefunden zu haben. Das macht ja schon mal ziemlich neugierig.
Als er seinen Weg beginnt (bzw. sich aufmacht, um den richtigen Weg wiederzufinden), trifft er auf drei Tiere, in meiner Ausgabe Panther (Leopard), ein Löwe und eine Wölfin.
Mich haben diese drei Tiere offen gestanden ziemlich irritiert. Den Panther kenne ich als Schicksalslenker, den Löwen als Herrscher. Die meisten Probleme habe ich aber mit dem Wolf als - davon gehe ich mal aus - negatives Symbol. Einige Recherchen hierzu ergaben, dass der Wolf im europäischen Raum im Zusammenhang mit dem Tod gesehen wird, mit Aggressionen und vor allem im Mittelalter (Christentum) als Symbol für das Böse, den Teufel und falsche Propheten.
Dante wird also von dem Einfluss von Autoritäten, Herrschern und falschen Propheten von seinem Weg abgehalten, schließe ich daraus.
Konkret habe ich noch geschaut, was sich zu Buchkommentaren dazu finden lässt. Da stehen diese Tiere für Wollust, Hochmut und Habgier. Ehrlich gesagt, kann ich das schlecht nachvollziehen (auch wenn das sicher viel klügere und/oder kenntnisreichere Leute als ich es bin so festgelegt haben ). Was steht denn bei euch?
Nach dem, was ich zu Dantes Biografie so weiß, musste er kurz gesagt 1302 ins Exil (bei Rückkehr nach Florenz erwartete ihn der Tod durch Verbrennung), 1315 wurde dieses Urteil nochmals bekräftigt, nachdem Dante das Angebot zur Rückkehr durch Zahlung einer Geldstrafe und öffentliche Buße ablehnte. "Die göttliche Komödie" schrieb er zwischen 1307 und 1320 und starb 1321 im Exil in Ravenna. (Quelle der Infos: Wikipedia).
Ich finde es daher viel naheliegender, dass er schreibt, dass er Herrscher und andere Autoritäten sowie falsche Propheten hinter sich lassen muss, um seinen Weg wiederzufinden als Wollust, Hochmut und Habgier.
Letzteres erscheint mir persönlich ein bisschen weit hergeholt und sehr pathetisch. Wie seht ihr das?
Um mal dabei zu bleiben:
Der Panther als Autorität wird als gewandt beschrieben und er gibt Dante Hoffnung, doch bleibt Skepsis bestehen. Der Panther ist es jedoch, nach dem er sich häufiger umdreht, auf dessen Tun er also durchaus schaut und mit dem er einige Erwartungen zu verknüpfen scheint.
Der Löwe als Herrscherfigur hingegen ist rein negativ belegt, verbreitet Schrecken und ist gierig und mit Scheuklappen ausgestattet (so sehe ich hier sein hohes Haupt, als fehlende Nähe). Dante fürchtet sich vor ihm.
Der Wölfin als Symbol für falsche Propheten wird die "Gier durch Magerkeit" zugeordnet, was ich am ehesten mit Geltungssucht assoziieren würde. Bei ihr wird Dante sogar von Furcht durchbebt, schwindet ihm die Hoffnung; sie macht ihn beklommen und er sieht sich zum Rückzug (wo dann meine Exil-Interpretation wieder wäre) gezwungen, zur Flucht. Kann ich so auch gut nachvollziehen - was Schlimmeres als einen Mob (so gesehen) kann es ja kaum geben, oder?
Als er die Flucht antritt, begegnet er Virgil und bittet um den Schutz seines Vorbilds vor der Wölfin, "denn dir entnahm ich, was ich kann und weiß". Virgil warnt Dante davor, der Wölfin nachzugeben und sich von ihr vertreiben zu lassen, stimmt Dante aber zu, dass die Wölfin sehr gefährlich sei und ergänzt ihre Gestalt: Sie hemmt jeden, ist von böser, tückischer Natur und entstanden aus Neid. Virgil erklärt sich bereit, Dante zu begleiten bzw. ihn zu führen, warnt ihn aber vor, dass ihn Schlimmes erwartet und erklärt, dass er selbst nicht bis in "seine Stadt" führen kann, weil er dort keinen Einlass findet (im Himmel).
Warum Virgil keinen Einlass in den Himmel finden soll, verstehe ich nicht. Aus Dantes Sicht ist er ja ein Vorbild, laut Wikipedia (sorry, aber bessere Quellen hab ich nicht wirklich) galt die Aeneis schon zu ihrer Zeit als Meisterwerk und "verkündet die imperiale Mission des Römischen Reiches, zeigt aber zugleich Mitgefühl für dessen Opfer, ihre Sorgen und Nöte". Außerdem schreibt Wikipedia: "Im Mittelalter galt Vergil als der Dichter schlechthin und zugleich als Vorbote des Christentums".
Wieso darf er dann nicht in den Himmel?
Gehen euer Wissen oder eure Kommentare da erklärungstechnisch mehr in die Tiefe?
Mich würde interessieren, ob es dafür einen historischen Grund gibt oder das einfach ein schriftstellerisches Hilfsmittel ist, nach dem Motto: Irgendwer muss ja den Erzähler nun mal führen, also muss Virgil draußen bleiben.
Puh, ich hoffe, ihr habt einen wirklich langen Zeitrahmen eingeplant für das Ding? Sind bei mir unkommentiert schon knapp 500 Seiten und dieser Beitrag bezieht sich nur auf die ersten 10 davon.
Betreff angepaßt, um die Abgrenzung deutlich zu machen. LG, Aldawen