William Shakespeare - Wie es euch gefällt/As You Like It

Es gibt 73 Antworten in diesem Thema, welches 39.550 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Percy.

  • Hier startet am 19. Juli die zweite Leserunde unseres Shakespeare-Projekts:

    Wie es euch gefällt/As you like it

    Eine Komödie in fünf Akten


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    Inhalt:
    As You Like It ist Shakespeares Variante des Schäferspiels, der Pastorale. Im Wald von Arden erproben die Höflinge das Schäferdasein und wägen Vorzüge und Nachteile des Lebens am Hof und auf dem Lande gegeneinander ab. Vier Paare zeigen mit perspektivisch wechselndem Spiel verschiedene Seiten der Liebe. Der Wald von Arden wird, ähnlich wie der Wald in A Midsummer Night's Dream oder Prosperos Insel in The Tempest, zum Ort der Visionen, der Selbstfindung und der Verwandlung. Das Spiel mit vorgetäuschter und echter, erwiderter und nicht erwiderter Liebe, mit Wunsch und Erfüllung kennzeichnet grundsätzlich die pastorale Dichtung und prägt in gleichem Maße auch As You Like It. Shakespeares Verhältnis zur Schäferdichtung erweist sich als komplex, das Stück bricht in mancher Weise mit den Konventionen, hinterfragt sie und stellt neue Bezüge dar. (Quelle: Amazon)


    Teilnehmer:
    Nicole89
    HoldenCaulfield
    schokotimmi
    Bluebell
    stefanie_j_h
    Doris
    Mrs.Dalloway
    kat?


    Viel Spaß allen, die mitlesen!

    Einmal editiert, zuletzt von Doris ()

  • Hallo,


    na dann werde ich mal den Anfang machen, ich lese die Englische Gesamtausgabe und dazu höre ich das folgende Hörspiel auf deutsch mit K. Thalbach als Sprecherin (die wirklich super ist):

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    Ich bin Mitten im 2. Akt.


    Bestandsaufnahme 1. Akt: :breitgrins:
    Wir hätten da einen Bruderzwist, der ziemlich blutig ist, zwischen Orlando und Oliver - am Ende wird Orlando zu Flucht in den Wald von Arden getrieben.
    Außerdem hat sich Duke Senior in eben jenen Wald geflüchtet und seine Tochter und Nichte tuen es ihm gleich, als Männer verkleidet.
    Hierbei ist mir aufgefallen, dass Cecila am Anfang ganz schön egoistisch ist, Rosalinde ist ohne Vater mehr oder weniger geduldet vom Herzog an ihrer Seite und sie erwartet dass sie fröhlich herumspringt, nur damit es ihr gut geht. Aber am Ende scheint sie einfach nur abhängig von ihr zu sein, denn sie "fliehen" ja gemeinsam in den Wald.
    Außerdem gibt es noch 2 Figuren, die es nicht leicht haben und im Wald hoffen dass es besser wird - Adam, der unter Olivers Tyranei leidet und Touchestone, der Hofnarr der sich den beiden "Damen" anschließt.
    Nun werden sich dann wohl alle im Wald treffen und ich bin gespannt, wann die Verkleidung auffliegt und wie sich die ganzen Liebeleien noch entwickeln.


    Alles in allem sehr viel fröhlicher gestaltet als Hamlet, aber es ist ja auch eine Komödie - ich bin gespannt auf MrsDalloways Hintergrund-Infos.


    Das Hörbuch ist überigens super, zur Zeit verlasse ich mich mehr darauf als auf den Text, nicht gerade eine klassische LR, aber auch nicht schlecht.


    Grüße
    schokotimmi

  • Hallo zusammen. Erstmal möchte ich sagen, dass es mich riesig freut, dass wieder so viele mitlesen.


    Ich lese dieses Mal die englische Ausgabe vom New Cambridge Shakespeare (Hrsg. Michael Hattaway)


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    Ich habe gerade auch den ersten Akt gelesen:
    Zuerst treffen wir das ungleiche Brüderpaar Orlando und Oliver und es kommt auch sofort zum ersten Konflikt in dem Stück. Oliver versagt seinem jüngeren Bruder Orlando eine gute und angemessene Erziehung, weshalb Orlando das nicht länger dulden will und sozusagen versucht, aus der Familie auszusteigen. Er zieht also los und schafft es auch sofort, den Wrestler des Duke zu besiegen, was ihm nur leider nichts bringt, da auch hier seine familiäre Herkunft wieder einmal wichtiger ist als seine eigene Persönlichkeit. Der Duke gesteht ein, dass Orlando tugendhaft und männlich ist, allerdings ist ihm sein Vater verhasst und dadurch auch zwangsläufig Orlando.


    Das Thema wird dann noch weitergesponnen und so wird auch Rosalind vom Hof verstoßen, da sofort klar wird, dass sie sich auf den ersten Blick in Orlando verliebt hat. Allerdings wird auch deutlich, dass sie hier nicht verstoßen wird, weil sie den Sohn des Feindes liebt, sondern ganz einfach, weil sie schöner, besser, tugendhafter ist als ihre Cousine Celia. Diese aber will sich nicht von ihrer Cousine trennen und so beschließen die beiden, verkleidet in den Wald von Arden zu fliehen.



    Alles in allem sehr viel fröhlicher gestaltet als Hamlet, aber es ist ja auch eine Komödie


    Über den Satz musste ich gerade sehr schmunzeln. :breitgrins: Ich lese As You Like It gerade auch zum ersten Mal und hab mir vorhin mal überlegt, ob ich allein vom ersten Akt (ohne Vorwissen) klar sagen könnte, dass es eine Komödie ist. Es wirkt vom Stil her irgendwie lockerer (was auch daran liegen kann, dass die Charaktere diesmal – anders als bei Hamlet – sehr viel in Prosa statt in Versen reden, was einfach schwungvoller rüberkommt, wie ich finde), aber der erste Akt enthält auch noch klare Tragödienelemente: Pflichtverletzung (Oliver versagt seinem Bruder die Bildung, obwohl das seine Pflicht wäre), illegitime Aufwertung des eigenen sozialen Status (der neue Duke verdrängt den alten und noch gibt es keine klaren Grund dafür). Wenn ich nicht wüsste, dass es eine Komödie ist, könnte ich mir auch ein schlechtes Ende vorstellen. Aber ja, es ist auch dadurch fröhlicher, weil Hamlet’s Melancholie fehlt (hehe… aber nicht mehr lange :zwinker: )



    ich bin gespannt auf MrsDalloways Hintergrund-Infos.


    Das freut mich. :breitgrins: Dann hier mal ein kleiner Denkanstoß: In der Literaturwissenschaft wird bei As You Like It immer viel Aufmerksamkeit auf Rosalinds „Cross-Dressing“ gelegt. Sie ist ein sehr aufgeklärter Charakter und erkennt vor allem auch, dass Frauen in der Gesellschaft keine wichtige Rolle spielen:


    Celia.
    Laß uns sitzen und die ehrliche Hausmutter Fortuna von ihrem Rade weglästern, damit ihre Gaben künftig gleicher ausgeteilt werden mögen.
    Rosalinde.
    Ich wollte, wir könnten das; denn ihre Wohltaten sind oft gewaltig übel angebracht, und am meisten versieht sich die freigebige blinde Frau mit ihren Geschenken an Frauen.
    (1.2.25-29)


    Jetzt geht sie also in den Wald und verkleidet sich als Mann. Interessant wird dabei dann auch ihre mentale Verwandlung sein. Und auch interessant ist es, wenn man bedenkt, dass Rosalind im elisabethanischen Theater ja von einem Jungen gespielt wurde. Es ist also ein boy actor, der sich als Frau verkleidet, die sich als Mann verkleidet…


    Ok, so viel wollte ich eigentlich grad gar nicht schwafeln… :redface:

    "This was another of our fears: that Life wouldn't turn out to be like Literature" (Julian Barnes - The Sense of an Ending)

  • @Mrs. Dalloway
    Ich könnte mir gut vorstellen das Shakespeare sicher auch das ein wenig im Hinterkopf hatte. Er kannte sich ja mit dem Theather gut aus und fand diesen Gedanken - also das ein Mann der eine Frau spielt etc. - vielleicht sogar selbst ganz interessant.


  • @Mrs. Dalloway
    Ich könnte mir gut vorstellen das Shakespeare sicher auch das ein wenig im Hinterkopf hatte. Er kannte sich ja mit dem Theather gut aus und fand diesen Gedanken - also das ein Mann der eine Frau spielt etc. - vielleicht sogar selbst ganz interessant.


    Ja, das sicherlich. Ich denke auch, dass das sehr bewusst so passiert.


    Wobei es auch immernoch Debatten darüber gibt, ob das elisabethanische Theaterpublikum, die boy actors wirklich als Frauen wahrgenommen hat und nicht als Jungs, die Frauen spielen. Es gibt da Kritiker, die behaupten, dass das sehr wahrscheinlich ist. Die Geschlechtergrenzen sind im England der Renaissance auch noch nicht so klar von einander getrennt wie es zum großen Teil bei uns der Fall ist.


    Diese Kritiker stützen sich dabei auf die These vom „one-sex body“ von Historiker Thomas Laqueur, die besagt, dass es zu dieser Zeit keine Mann-Frau-Dichotomie gibt, sondern eher eine vertikale Achse, auf der es einen Körper gibt (Frauen und Männer wurden als essentiell gleich betrachtet), wobei der Mann eben die perfekte Erscheinungsform dieses Körpers und die Frau eine defekte Erscheinungsform desselben Körpers darstellt. So gibt es dann eben auch Frauen, die als biologisch männlicher erachtet wurden als manche Männer. Das berühmteste Beispiel ist wohl Elizabeth I., die sich häufiger als Prince als als Queen bezeichnet hat.

    "This was another of our fears: that Life wouldn't turn out to be like Literature" (Julian Barnes - The Sense of an Ending)

  • Neiiin, nun ist mir gerade zweimal mein ganzer Text wegen "Connection Problems" abhanden gekommen! :grmpf:
    Noch einmal tippe ich ihn jetzt nicht, daher nur das Wichtigste in Kürze:


    Das mit den Tragödienelementen im 1. Akt habe ich mir auch gedacht, besonders als Orlando erklärt, warum er sich auf den Ringkampf einlässt: er hat ja nichts zu verlieren, weder materiell noch ideell - armer einsamer Tropf ... :sauer:


    Den Trick mit den weiblichen Figuren, die sich als Männer verkleiden, hat Shakespeare laut "Shakespeare für Dummies" teilweise wohl aus ganz pragmatischen Gründen eingesetzt, um es den Schauspielern (und dem Publikum) leichter zu machen.


    Allzu sehr reißt mich das Stück bisher nicht vom Hocker, auch wenn mir manche Stellen gut gefallen haben.
    Später mehr ...

    EDIT:



    Diese Kritiker stützen sich dabei auf die These vom „one-sex body“ von Historiker Thomas Laqueur, die besagt, dass es zu dieser Zeit keine Mann-Frau-Dichotomie gibt, sondern eher eine vertikale Achse, auf der es einen Körper gibt (Frauen und Männer wurden als essentiell gleich betrachtet), wobei der Mann eben die perfekte Erscheinungsform dieses Körpers und die Frau eine defekte Erscheinungsform desselben Körpers darstellt. So gibt es dann eben auch Frauen, die als biologisch männlicher erachtet wurden als manche Männer. Das berühmteste Beispiel ist wohl Elizabeth I., die sich häufiger als Prince als als Queen bezeichnet hat.


    Was?? Das höre ich ja zum allerersten Mal ... hui, das muss ich mir jetzt mal auf der Zunge zergehen lassen.

    [color=darkblue]"Date a girl who reads. Date a girl who spends her money on books instead of clothes. She has problems with closet space because she has too many books. Date a girl who has a list of b

  • Bluebell:


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    Thomas Laqueur - Making Sex. Body and Gender from the Greeks to Freud
    (Das Buch ist schön und flüssig zu lesen und auch ich hatte es schnell durch, obwohl ich eher selten Fachbücher lese)

    "This was another of our fears: that Life wouldn't turn out to be like Literature" (Julian Barnes - The Sense of an Ending)

  • Ich wußte es doch, hier lernt man immer wieder viel Neues. Danke für den Buchtipp "Making sex".



    Über den Satz musste ich gerade sehr schmunzeln. :breitgrins: Ich lese As You Like It gerade auch zum ersten Mal und hab mir vorhin mal überlegt, ob ich allein vom ersten Akt (ohne Vorwissen) klar sagen könnte, dass es eine Komödie ist. Es wirkt vom Stil her irgendwie lockerer (was auch daran liegen kann, dass die Charaktere diesmal – anders als bei Hamlet – sehr viel in Prosa statt in Versen reden, was einfach schwungvoller rüberkommt, wie ich finde), aber der erste Akt enthält auch noch klare Tragödienelemente: Pflichtverletzung (Oliver versagt seinem Bruder die Bildung, obwohl das seine Pflicht wäre), illegitime Aufwertung des eigenen sozialen Status (der neue Duke verdrängt den alten und noch gibt es keine klaren Grund dafür). Wenn ich nicht wüsste, dass es eine Komödie ist, könnte ich mir auch ein schlechtes Ende vorstellen. Aber ja, es ist auch dadurch fröhlicher, weil Hamlet’s Melancholie fehlt (hehe… aber nicht mehr lange :zwinker: )



    Das freut mich. :breitgrins: Dann hier mal ein kleiner Denkanstoß: In der Literaturwissenschaft wird bei As You Like It immer viel Aufmerksamkeit auf Rosalinds „Cross-Dressing“ gelegt. Sie ist ein sehr aufgeklärter Charakter und erkennt vor allem auch, dass Frauen in der Gesellschaft keine wichtige Rolle spielen:


    Nochmal zu meiner Aussage - klar habe auch ich die tragischen Elemente wargenommen und trotzdem war die Sprache und die Handlung irgendwie freier, fröhlicher, ausgelassener. Vllt. liegt diese Wirkung auch am Hörbuch, aber insgesamt muss ich sagen, wirken manche Figuren auf mich etwas überzogen und damit "komischer".


    Den Melancholiker habe ich nun auch kennen gelernt, aber auch er ist nicht so "tragisch", eher "tragisch-komisch" mit seinem Faible für Gedichte und Lieder, wie er sich vorm alten Herzog versteckt..., da musst ich schon irgendwie schmunzeln.


    Auf Rosalinds Entwicklung bin ich nun mal sehr gespannt. Da habt ihr mich neugierig gemacht - Cecila fand ich ja von Anfang an nervig, da bin ich also gespannt, wie es sich zwischen den beiden weiterentwickelt in der "Wildnis" Ardens.


    Ich habe nun den 2. Akt hörend beendet, dazu schreibe ich aber vllt. später noch was, wenn ich auch den English Text dazu gelesen habe.


    Grüße
    schokotimmi

  • Hallo zusammen,


    ihr seid ja schon ganz eifrig am Schreiben und habt interessante Gedankengänge gebracht.


    Wegen eines unvorhergesehenen Besuchers konnte ich leider noch nicht viel lesen und habe gerade einmal die 1. Szene im 1. Akt geschafft. Hier hat Orlando als fast mittelloser Bruder meine ganze Sympathie auf sich gezogen. Sein Schicksal ist nicht gerade selten in dieser Zeit, denn es war damals üblich, dass der erste Sohn den Hauptanteil erbt und die anderen Geschwister mit Peanuts abgespeist werden. In seinem Fall ist es allerdings besonders übel, dass sein Bruder der Verpflichtung, Orlando eine gute Ausbildung zu ermöglichen, nicht nachkommt. Kein Wunder, dass die beiden nicht gut aufeinander zu sprechen sind. Wie eine Komödie liest sich das Stück bislang wirklich nicht.


    Eure Ausführungen haben mich schon neugierig darauf gemacht, wie es weiter geht.

  • Hallo, ich bin auch hier. :winken:


    Ich habe gerade den ersten Akt in der Schlegel/Tieck- Übersetzung gelesen. Und ich muss sagen, es geht sprachlich ganz schön flott dahin. Bei mir ist es jedes Mal so, dass ich, wenn ich Shakespeare länger nicht gelesen habe, glaube, dass die Sprache furchtbar kompliziert und sperrig ist. Nur um dann jedes Mal erneut festzustellen, dass dem überhaupt nicht so ist. :breitgrins: Vielleicht sollte ich ihn wirklich einmal im Original lesen.


    Ich finde, das Stück hat ziemlich tragisch begonnen. Orlando habe ich gleich ins Herz geschlossen, der große Bruder ist ein Gemeinling, auf den mittleren bin ich schon gespannt. Ich nehme an, dass Orlando am ehesten dem Vater nachkommt, worauf auch die Ähnlichkeit der Namen (Orlando und Roland - da sind nur die Buchstaben vertauscht) hinweisen könnte. Überhaupt freue ich mich darauf, mehr über den Vater zu erfahren. Und natürlich über die Geschichte der beiden Herzöge.


    Was mir nicht ganz klar ist: Anfangs dachte ich, dass die Verbannung erst vor kurzem stattgefunden hat (Rosalindes Trauer schien mir so aktuell und auch alle anderen reden darüber, wie über ein erst jüngst vergangenes Ereignis), doch dann sagt Celia zu ihrem Vater, dass es doch seine Entscheidung war, seine Nichte dazulassen, und dass sie damals noch zu jung war um sie gut zu kennen?


    @Mrs. Dalloway: Was du über die Geschlechter-Wahrnehmung dieser Zeit schreibst ist ja interessant. Das gilt aber nur für das biologische Geschlecht, oder? Und was hatte das für gesellschaftliche Konsequenzen? Da muss ich darüber nachdenken, irgendwie passt ja so gar nicht in das Bild, dass ich von dieser Zeit habe. :gruebel:


    Was sonst noch? Das Ringen hätte ich gerne auf der Bühne gesehen. :breitgrins:

    Einmal editiert, zuletzt von kat ()


  • @Mrs. Dalloway: Was du über die Geschlechter-Wahrnehmung dieser Zeit schreibst ist ja interessant. Das gilt aber nur für das biologische Geschlecht, oder? Und was hatte das für gesellschaftliche Konsequenzen? Da muss ich darüber nachdenken, irgendwie passt ja so gar nicht in das Bild, dass ich von dieser Zeit habe. :gruebel:


    Ja, genau. Das betrifft das biologische Geschlech, wobei man mit Verallgemeinerungen natürlich immer vorsichtig sein muss. Gesellschaftliche Konsequenzen hatte diese Ansicht insofern, als die Geschlechterordnung in der Gesellschaft daher viel strikter war. Wenn es keinen klaren biologischen Unterschied gibt, sondern die Grenze fließend und manchmal auch überschreitbar (wie bei Queen Elizabeth) ist, muss man den Unterschied in der Gesellschaft stärker verdeutlichen, was dann eben durch Kleidung und Rang geschah. Da Frauen Männern prinzipiell gefährlich werden konnten, mussten sie gesellschaftlich unterdrückt werden. Deshalb ist die Selbstdarstellung von Queen Elizabeth auch so interessant. Es gibt Reden, in denen sie sich sowohl als Mutter der Nation, Königin und schließlich als Mann und Prinz bezeichnet. Für Elisabethaner war das schon recht verwirrend: Ist sie nun mehr Mann oder Frau? Wo ist sie auf der Skala vom defekten (weiblich) zum perfekten (männlich) Körper einzuordnen?

    "This was another of our fears: that Life wouldn't turn out to be like Literature" (Julian Barnes - The Sense of an Ending)

  • Ah! Mir ist nochwas eingefallen. kat hat gerade die Namen erwähnt (Orlando und Roland). Dass Namen Bedeutung haben, zieht sich übrigens durch das ganze Stück:


    Celia = die Himmlische
    Touchstone = Ein Prüfstein, an den man Metall hält und dann herausfinden kann, ob es "echt" ist. Wenn die Charaktere mit Touchstone zusammen sind, zeigen sie meistens ihr wahres Gesicht
    Ganymede = aus der Mythologie (Was genau schlag ich noch nach. Ist mir gerade entfallen). Wird oft mit Homoeroticism in Verbindung gebracht und daher auch wieder interessant für das Spiel der Geschlechter in As You Like It.

    "This was another of our fears: that Life wouldn't turn out to be like Literature" (Julian Barnes - The Sense of an Ending)

  • Ganymede ist aus der grieschichischen Mythologie, er ist ein trojanischer Prinz = sagt zuimindest das englischsprachige Wikipedia
    ^^ Wenn man dieser Deutung folgt geht es dabei vorallem um die Liebe eines Mannes zu einem Jüngling, zumindest wenn es nach Platon geht ;)

  • Danke fürs Nachschauen, Holden. Das macht dann auf jeden Fall Sinn mit dem Homoeroticism.

    "This was another of our fears: that Life wouldn't turn out to be like Literature" (Julian Barnes - The Sense of an Ending)

  • Zu Mann und Frau: Ich würde sogar sagen das man aus Shakespeares Stücken immer wieder herauslesen kann wie diese Rollenverteilung Mann-Frau funktioniert hat und welche Rolle die Frau zu spielen hatte, welche natürliche Ordnung dabei vorausgesetzt wird.

  • Danke euch für die vielen interessanten Zusatzinfos, das ist echt toll! :klatschen:


    Ein paar Kommentare zum 2. Akt:


    In der 2. Szene habe ich etwas nicht ganz durchschaut. Da sagt Herzog Friedrich, nachdem die Flucht der beiden Mädchen entdeckt wurde:

    Laßt Nachsuchung und Forschen nicht ermatten,
    Die törichten Verlaufnen heimzubringen.


    Ich dachte, er hätte sie verstoßen - zumindest Rosalinde, und zugleich in Kauf genommen, dass Celia mit ihr gehen würde? :gruebel:
    Also entweder habe ich das falsch verstanden, oder es hätte eigentlich nur eine leere Drohung sein sollen und nun tut es dem Herzog leid, dass ihr die Mädchen wirklich gefolgt sind.


    In der 3. Szene liefert der alte Adam das Rezept für ein langes, gesundes Leben - sollten sich diverse jugendliche Komasäufer hinter die Löffel schreiben! :zwinker:


    Seh ich gleich alt, bin ich doch stark und rüstig;
    Denn nie in meiner Jugend mischt ich mir
    Heiß und aufrührerisch Getränk ins Blut.


    Ein berühmtes Zitat folgt in der 7. Szene:


    Die ganze Welt ist Bühne
    Und alle Fraun und Männer bloße Spieler.


    Danke übrigens auch für den Hinweis mit den sprechenden Namen - besonders die Sache mit Touchstone finde ich sehr interessant! Habe mich schon gefragt, was ein "Probstein" wohl ist ... werde ab jetzt besonders darauf achten, wie sich die Figuren in seiner Gegenwart geben!

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  • Oh, die Informationen zu den Namen sind natürlich super und auch die Infos zu den Geschlechtern - so werden verschiedene Ansichten deutlicher (nicht nur das Stück betreffend).


    Ich bin gespannt auf Touchestone, mir ist noch gar nicht aufgefallen, wie die Leute ihr wahres Gesicht ihm gegenüber zeigen, aber nun werde ich darauf achten!


    Also diese Shakespeare-LR sind wirklich klasse!


    Grüße
    schokotimmi

  • Ich habe auch den ersten Akt schon gelesen. Wie immer sehr interessant, was hier in der Leserunde alles so besprochen wird, da nimmt man gleich alles mit anderen Augen wahr.


    Was mir aufgefallen ist: Die Personen sind teilweise recht aggressiv, bzw. bösartig. Orlandos Bruder ist ja ziemlich hart gegenüber dem armen Orlando, Orlando besiegt zwar diesen Wrestler, wird aber weggeschickt, weil er den falschen Vater hat :rollen: und Rosalinds wird ja auch einfach ohne Grund davongejagt.


    Hat Rosalind sich denn jetzt gleich mal in Orlando verguckt? Und warum hat er nichts zu ihr gesagt? Das ist jetzt nicht so klar geworden. Ich war gestern auch schon ziemlich müde, als ich angefangen habe, das Stück zu lesen.


    Ich bin jedenfalls schon gespannt, wie es weitergeht.

    ~~better to be hated for who you are, than loved for who you&WCF_AMPERSAND're not~~<br /><br />www.literaturschaf.de

    Einmal editiert, zuletzt von stefanie_j_h ()

  • Bluebell:
    Das Verhalten des Herzogs ist mir hier auch ein bisschen komisch vorgekommen. Ich hab es mir persönlich so erklärt, dass er nicht damit gerechnet hat, dass Celia wirklich mit in den Wald zieht. Und vielleicht erkennt er jetzt, dass er entweder beide zurückholen muss oder gar keine.
    Aber es sind generell auch unglaublich viele Anachronismen und Plot-Fehler in Shakespeares Stücken. In Szene 1.2, zum Beispiel, schwärmt Orlando auch schon von Rosalind, nachdem er sie getroffen hat. Allerdings wurde ihm nie ihr Name verraten. :breitgrins: Man erklärt sich sowas dann teilweise dadurch, dass es keinen "wahren" Shakespearetext gibt. Es gibt einzelne Ausgaben, die zum Teil nur die Mitschriften der Schauspieler sind, und sehr voneinander abweichen und mit der Zeit mitunter von diversen Editoren stark verändert wurden.
    Ich allerdings seh das ganze ein bisschen "pragmatischer". Shakespeare war eben auch nur ein Mensch :zwinker: und die Stücke mussten in ziemlicher Geschwindigkeit angefertigt werden. Da wundert mich der ein oder andere Fehler nicht so sehr.


    stefanie_j_h:
    Ja, Rosalind ist Hals über Kopf verliebt. Dass Orlando nichts gesagt hat, hat meiner Meinung nach einfach dramatische Gründe. Auf der Bühne kommt das bestimmt gut, wenn zwei sich auf den ersten Blick verlieben und zwar so sehr, dass ihnen sogar die Wort fehlen.... und dann werden sie erstmal getrennt, bevor sie überhaupt miteinander reden können.

    &quot;This was another of our fears: that Life wouldn&#039;t turn out to be like Literature&quot; (Julian Barnes - The Sense of an Ending)