Johan Theorin - Blutstein

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  • Johan Theorin - Blutstein


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    Inhaltsangabe:


    Weil sie zufällig am gleichen Ort sind, verknüpfen sich die Schicksale einer Gruppe von Menschen im kleinen Örtchen Stenvik auf der schwedischen Insel Öland. Da ist einmal der geschiedene Per Mörner mit seinen Kindern Jesper und Nilla und seinem Vater Jerry, die in einem geerbten Sommerhäuschen Urlaub machen und zur Ruhe kommen wollen. In der Nachbarschaft treffen sie auf den gut situierten Schriftsteller Max Larsson, dessen labile Frau Vendela und auf den Rentner Gerlof Davidsson, der sich selbst aus dem Altenheim entlassen hat, um in seinem Heimatort zu Ende zu leben.


    Als das entfernt gelegene Firmengebäude des durch einen Schlaganfall teilweise gelähmten Jerry niederbrennt und es sich als Brandstiftung herausstellt, muss Per sich der Vergangenheit seiner Familie stellen - und auch dem Beruf seines Vaters, der einige Jahre zuvor eine zweifelhafte Berühmtheit gewesen war. Anonyme Anrufe und ein Einbruch erhöhen den Druck auf Per, der zusätzlich mit familiären Problemen belastet ist. Doch trotz aller Schwierigkeiten will Per die Spur finden, die zum Verbrechen geführt hat. Gerlof und Vendela unterstützen ihn dabei auf jeweils ihr Art.


    Der erste Satz:


    "Per Mörner hatte schwere Verbrennungen an seiner linken Hand, mehrere gebrochene Rippen und konnte nur noch verschwommene Umrisse erkennen."


    Meine Meinung zum Buch:


    Trotz einer völlig falschen Einstiegserwartung hat mir dieses Buch sehr gut gefallen.


    Die Geschichte ist kein "richtiger Schwedenkrimi" und schon gar kein rasanter Thriller, was ich aufgrund des Covers und des Titels vermutet habe. Nach einem sehr spannenden und sehr kurzen ersten Kapitel, das einen Ausblick auf den Showdown am Ende des Buches gibt, kommt die weitere Handlung eher gemächlich in Gang, das eigentliche Verbrechen wird erst in der Mitte des Buches offen thematisiert. Der Autor schafft es, dass den Leser ständig unterschwellig ein ungutes Gefühl begleitet - nur kann man es nur nicht von Anfang an definieren. Man weiß nur: irgendetwas ist im Busch, das nimmt kein gutes Ende. Und das macht er in meinen Augen sehr gekonnt, denn ich wollte natürlich immer wissen, wie sich alles am Ende auflöst.


    Die erste Hälfte des Buches beschäftigt sich stärker mit den handelnden Personen, die alle sehr gut und tief charakterisiert sind. Am stärksten gelingt dies bei Vendela Larsson, der Frau des cholerischen Schriftstellers Max. Von ihr erfahren wir am meisten über ihre Kindheit und ihren Werdegang. Vendelas Glaube an Elfen und Trolle in ihrer ölander Umgebung wirkt auf den Leser auch nicht lächerlich, man nimmt es hin, Vendela ist eben so. Auch über Per Mörner und den Rentner Gerlof Davidsson erfahren wir viele Details aus ihren Leben, wenn auch ein paar Punkte offen bleiben. (Anmerkung: Gerlof Davidsson scheint in den beiden anderen Büchern des Autors "Öland" und "Nebelsturm" ebenfalls eine Rolle zu spielen - vermutlich wird er dort stärker charakterisiert.) Obwohl im ersten Teil des Buches nicht allzu viel passiert, kommt an keiner Stelle Langeweile auf.


    In der zweiten Hälft dreht es sich dann um die eigentliche Krimihandlung, das Verbrechen und die Auflösung. Das war spannend geschrieben und obwohl ich ein Fan von Polizei-Ermittlungskrimis bin, hat mich das Fehlen von kriminaltechnischen Details und Ausführungen gar nicht gestört. Die Polizei selbst bleibt in dieser Geschichte nur im Hintergrund, vorangetrieben werden die Erkenntnisse von Per Mörner, einem Laien. Natürlich sind auch hier die am Fall Beteiligten oft diesem Laien gegenüber überraschend auskunftsfreudig - aber auch das hat mich hier nicht gestört, es hielt sich alles in einem guten Rahmen.


    Das Buch ist flüssig und sehr stimmungsvoll geschrieben, es hat mich von Anfang an in seinen Bann gezogen. Und nachdem ich die letzten Monate ein ziemliches Lesetief hatte, hatte ich hier nicht ein einziges Mal das Gefühl, die nächsten Seiten nur noch überfliegen zu müssen.


    Besonders gefallen hat mir der vorletzte Absatz:

    Zitat

    "Die Maisonne lässt die Trolle und Elfen zerplatzen wie Seifenblasen", dachte er. "Nur die Menschen bleiben für einen kurzen Augenblick zurück. Wir sind wie ein kurzes Lied unter dem Himmel, ein Lachen im Wind, das zu einem Seufzer wird. Und dann sich auch wir verschwunden."


    Noch ein Kommentar zu dem Zitat: es gibt in dieser Geschichte keine mystischen Elemente, auch wenn das mit den Trollen und Elfen vielleicht so klingt.


    "Öland" und "Nebelsturm" stehen schon auf meinem Wunschzettel. Nach den Rezensionen auf Amazon und hier im Forum scheinen sie von der Art her ähnlich geschrieben zu sein, aber es ist wohl keine aufeinander aufbauende Reihe.


    Für mich ein klarer :tipp: mit 4ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:


    Grüße von Annabas :winken:

    Einmal editiert, zuletzt von Annabas ()

  • Nachdem ich mit „Blutstein“ nun den zweiten Theorin-Roman (nach Nebelsturm) gelesen habe, bemerke ich ein Muster. Hauptfigur ist immer ein Vater, mit einem problematischen Familienmitglied in seiner Vergangenheit. (Mal gucken, ob das tatsächlich immer so ist/sein wird)


    Einen alten Bekannten trifft man auch direkt zu Beginn wieder: Gerlof, der keine Lust hat, im Altenheim zu sterben und „für einen letzten Frühling & Sommer“ zurück in sein Haus auf Öland zieht. In der Nachbarschaft gibt es einen Neubau, bewohnt von einem Pärchen, Max, der Selbstinszenierungsbücher verfasst und Vendela, etwas naiv wirkend, die ihre Kindheit auf einem Bauernhof in der Nachbarschaft verbracht hat. Per, der besagte Vater, muss sich plötzlich um seinen eigenen Vater kümmern, der nach einem Schlaganfall immer weiter abgebaut hat und durch einen (gelegten) Brand nun seiner letzten Einkommensquelle wie auch seines Kompagnons beraubt ist. Per will die Brandstiftung aufklären, doch dazu muss er sich auch mit der Vergangenheit seines Vaters befassen, die er stets vermieden hat.


    Nach einem actionreichen Prolog geht es erst einmal sehr ruhig weiter, allerdings schafft der Autor es sehr gekonnt, dabei eine unterschwellige Unruhe beim Leser zu erzeugen. Dabei ist noch nicht einmal der Prolog das wirklich ausschlaggebende Element, sondern die Stimmung generell wirkt so, als würden die Personen allesamt unaufhaltsam auf ein Unglück zusteuern. Mir war die ganze Zeit, als würde mir der Autor zwischen den Zeilen „Das kann nicht gut gehen“ zuflüstern. Tut es auch nicht, allerdings endet es insgesamt besser als befürchtet.


    Wie bei „Nebelsturm“ deutet der Autor auch hier wieder Übersinnliches, diesmal in Form von Elfen und Trollen, an. Dabei macht er sich nicht über den Glauben daran lustig, schreibt ihn allerdings eher Personen zu, deren gesunder Menschenverstand etwas außer Kraft gesetzt ist. Es wirkt einfach wie eine höfliche Darstellung alter örtlicher Mythen, die wichtig sind für das Verständnis der Einheimischen, ohne dass er sich ein Urteil über den Wahrheitsgehalt anmaßt.


    „Blutstein“ hat mir wieder sehr gut gefallen, ich freue mich, dass ich das erste Buch, der nur lose zusammenhängenden Öland-Romane, „Öland“ noch vor mir habe und der Autor auch noch ein viertes Buch über die Insel plant, um sein Jahreszeitenquartett zu vervollständigen.


    4ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

  • Frühling auf Öland
    Es ist Frühling auf Öland und dies somit der dritte Teil von Johan Theorins Vier-Jahreszeiten-Saga. Der Roman weckt zwar keine Frühlingsgefühle, aber durchaus das Interesse der Krimigemeinde.
    Inhalt:
    Per Mörners Verhältnis zu seinem Vater Jerry ist nicht gerade das Beste. Der alte Mann war vor seinem Schlaganfall ein bekannter Pornografieproduzent. Pers Kindheit litt darunter und als Erwachsener möchte er eigentlich nichts mehr mit seinem Vater zu tun haben. Doch als kurze Zeit später das ehemalige Studio abbrennt, muss Per seinen Vater zu sich nach Öland mitnehmen. Aber die Probleme verschlimmern sich den kurz darauf wird Jerry vor Pers Augen ermordet.


    Meinung:
    Besonders die gelungene Kombination aus Mystik und Krimi machen Theorins Romane lesenswert. Er beschränkt sich nicht stur auf eine Krimihandlung sondern versucht in seinen Geschichten die Magie der Insel Öland als auch der aktuellen Jahreszeit einzufangen. Driftete Johan Theorin in seinem Vorgängerroman „Nebelsturm“ etwas zu sehr in die Mystik ab, liefert er mit „Blutstein“ wieder einen soliden Roman ab, der an sein Debüt erinnert. Neben den Protagonisten der Haupthandlung findet der Leser auch den von den Vorgängerromanen bekannten Kapitän Gerlof Davidsson in einer größeren Nebenrolle wieder. Auch hier mischte er sich wie eine Art Mister Marple in die gestörten Familienverhältnisse der Handlungstragenden. Diese wiedererkennende Figur macht den Roman ebenfalls lesenswert.
    Fazit:
    Ein zauberhafter Roman, der, sieht man von den mystischen Elementen ab, eine geradlinige Psychokrimispannung liefert.
    3ratten

    Ohne Krimi geht der Thomas nie ins Bett!

  • Gleich vorneweg: die Lektüre dieses Krimis lohnt sich! Johan Theorins dritter Öland-Krimi "Blutstein" startet dramatisch - Per Mörner droht in der Walpurgisnacht verbrannt zu werden. So brutal geht es gottseidank nicht durchgehend weiter: eher subtil werden die Ereignisse aufgerollt, die Erzählstränge miteinander verquickt.


    Es sind deren drei, bei denen es sich um eine neu entstehende Konstellation von Nachbarn handelt, die jeder auf ihre eigene Art und Weise mit der Insel Öland verbunden sind. Zunächst lernen wir den fast 85jährigen pensionierten Kapitän zur See Gerlof Davidsson kennen - den Lesern der beiden vorherigen Öland-Bände ist er allerdings bereits bekannt - der die Rückkehr aus dem Pflegeheim in sein eigenes Haus durchsetzt. Er meint, bald sterben zu müssen und möchte den Rest seines Lebens nach seinen eigenen Vorstellungen genießen.


    In seiner Nachbarschaft lebt - zumindest zeitweise - der alleinerziehende, geschiedene Per Mörner, der sich Sorgen um seine kranke Tochter Nilla macht - es lässt sich einfach nicht herausfinden, was ihr fehlt. Während sie auf dem Festland in Kalmar im Krankenhaus zu Untersuchungszwecken weilt, fährt Per mit seinem Sohn, Nillas Zwillingsbruder Jesper auf die Insel: der Öland-Aufenthalt von Vater und Sohn Mörner beginnt mit einem Knall - einem Unfall, der den Leser gespannt auf den weiteren Erzählverlauf werden lässt. Dabei lernt der Leser gleich die Protagonisten des dritten Erzählstrangs, Vendela und ihren unsympathischen Mann, den Psychologen und Buchautor Max kennen. Mehr und mehr verbindet sich die Handlung mit der Insel, mit ihrer Natur und mit den alten Sagen, mit Drohungen und alten Geschichten, bis Pers Vater, ein Mann mit Vergangenheit, überfahren wird. Sein Sohn beobachtet den Unfall und ihm ist nach den vorherigen Ereignissen klar, dass dieser mit Absicht herbeigeführt wurde.


    Und wie ein Damoklesschwert schwebt das Wissen über die folgende, unglücksselige Walpurgisnacht und die damit verbundene Todesdrohung für Per Mörner über dem Leser, der zum Abwarten verdammt ist...


    Theorin ist auch mit seinem dritten Öland-Krimi wieder ein Geniestreich geglückt ist. Seine wiederkehrenden Themen: das Aufeinandertreffen sowohl verschiedener Generationen als auch der "Ureinwohner" Ölands und der Städter, die die Insel als Feriengäste bevölkern ziehen sichauch durch seinen dritten Roman wie ein roter Faden. Dazu gesellen sich die Beschreibungen von Ölands Natur und alten Sagen und Naturgeistern, die häufig auf ergreifende, mitreißende Weise die Stimmung der Handlung aufgreifen und verstärken.


    Johan Theorin hat einen eigenen, überaus spannenden Stil: wer wie ich bereits "Öland" und "Nebelsturm" mit Begeisterung verschlungen hat, wird den dritten Band kaum erwarten können. Und ich kann hier wiederum eine Steigerung feststellen: war "Nebelsturm" schon um einiges packender als das durchaus spannende "Öland", setzt der Autor mit Blutstein noch einen drauf. Doch auch für neue Leser ist ein schneller Einstieg möglich, da sich die Bücher auch recht gut isoliert lesen lassen. Ein Muss für jeden Liebhaber skandinavischer Krimis, der offen für Neues ist: sowohl im Hinblick auf die landschaftliche Einbettung als auch auf den Erzählstil.