James Clavell – Shōgun

Es gibt 11 Antworten in diesem Thema, welches 3.165 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Klaus.

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    Als der englische Navigator John Blackthorne nach einer beschwerlichen Seereise in Japan angelangt, wähnt er sich kurz im Land seiner Träume. Doch wird ihm schnell bewusst, dass die japanische Kultur zu Beginn des 17. Jahrhunderts sich fundamental von der europäischen Lebensweise unterscheidet. Durch eine glückliche Fügung kann sich Blackthorne aber als Vasall des mächtigen Daimyos Toranaga etablieren, wodurch er zum Spielball in die anherrschenden Streitigkeiten zwischen den verschiedenen Feudalherren hineingezogen wird, die trotz gegenteiliger Beteuerungen alle nur das Shōgunat zum Ziel haben – und damit die Herrschaft über ganz Japan.


    Zu Beginn ist dem durchschnittlichen Leser das alte Japan ebenso unbekannt und unbegreiflich wie Blackthorne, der die Japaner für grausame Barbaren hält, denen Menschenleben nichts bedeuten. Doch nachdem er, der von den Japanern im Gegenzug ebenfalls für einen Barbaren gehalten wird, am Hof von Toranaga vorgeführt wird und er dort die bezaubernde christliche Konvertitin Mariko kennen lernt, die ihm als Dolmetscherin dient, erhält er bessere Einblicke in das Leben und die Kultur des Lands der aufgehenden Sonne. Da man als Leser diese Entwicklung von Anfang an begleitet, ist der Wandel, der sich in Blackthorne vollzieht, sehr gut nachvollziehbar und auch als Leser nimmt man nach einer Weile eine andere Position ein. Vergangene Taten werden so zwar nicht ungeschehen, aber dank einer Erklärung lässt sich das Geschehene im Gefüge der japanischen Kultur neu verordnen und besser akzeptieren.


    Der Hauptgrund für Blackthornes Integration in das japanische Gefüge ist seine Dolmetscherin Mariko. Sie sorgt dafür, dass er seine eigenen Taten und die Auswirkungen auf andere Personen besser einschätzen kann und sich dadurch einen Platz in Toranagas Gefolge erobert. Während dieser Zeit erobert er zusätzlich auch Marikos Herz, was sie sich beide aber keineswegs anmerken lassen dürfen. Diese geheime Liebe sorgt für einige schöne Momente, aber man ahnt die ganze Zeit, dass sie nur ein tragisches Ende nehmen kann, was für einen bitteren Beigeschmack sorgt.


    Neben Mariko sorgen auch Abschnitte aus dem Blickwinkel Toranagas und anderer Japaner für eine Gegenposition zu Blackthornes Eindrücken. Abgerundet wird das Panorama durch die Jesuiten, denen als einzig christlicher Orden der Aufenthalt auf den japanischen Inseln gestattet ist. Doch spielen sie dort ein gefährliches Spiel, da sie sich offiziell nicht in die Politik des Reiches einmischen, ihre persönlichen Interessen aber stark von den politischen Entscheidungen der Daimyos abhängen.


    Und damit wären wir bei dem Punkt angelangt, der einen Großteil der Handlung dominiert: Politik. Der verstorbene Taiko hat verfügt, dass ein aus fünf Daimyos bestehender Regentschaftsrat die Regierungsgeschäfte übernehmen soll, bis sein einziger Sohn, der Erbe, erwachsen ist. Doch die fünf Regenten, unter denen Toranaga den Vorsitz innehat, sind untereinander verfeindet und jeder spinnt seine Intrigen gegen den anderen. Der gefährlichste von ihnen ist Ishido, ein aus dem Bauernstand emporgekommener Samurai, der mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln nach der Macht greift. Die Schachzüge von Ishido und Toranaga, bei denen Plänen in Plänen und diese wiederum in anderen Plänen versteckt sind, bestimmen den größten Teil der über 1200 Seiten des Buches. Zwar gibt es einige Stellen, an denen die Luft heraus ist und meine Aufmerksamkeit nachließ, doch meistens verfolgte ich das Duell der beiden Strategen gespannt. Wer aufgrund dieser Situation allerdings mit Kämpfen oder gar großen Schlachten rechnet, der wird bitter enttäuscht werden. Abgesehen von einigen Überfällen oder Gemetzeln verläuft der Machtkampf relativ unblutig. Die finale Schlacht zwischen den Kontrahenten wird lediglich in der Zusammenfassung der künftigen Ereignisse auf der letzten Seite des Buches erwähnt, was für mich persönlich ausreichend war.


    Ein Highlight für mich waren die eingestreuten japanischen Sätze. Da ich selbst 2 Semester Japanisch gelernt habe, konnte ich einiges davon sogar verstehen – aber bei Weitem nicht alles. Clavell hat es allerdings sehr gut geschafft, diese japanischen Einsprengsel nicht zu häufig zu verwenden und das Gesagte nochmals in Deutsch wiederzugeben, so dass das Verständnis nicht auf der Strecke blieb.


    Insgesamt gesehen habe ich diesen Roman sehr genossen und er hat meine Neugierde auf Japan und besonders das porträtierte Zeitalter wieder erweckt.


    4ratten


    Als Nachfolger lese ich gerade "Samurai William" von Giles Milton, in dem die wahre Geschichte des gestrandeten Engländers erzählt wird.

    Einmal editiert, zuletzt von Myriel ()

  • 5ratten


    Von mir gibts die volle Anzahl. War damals, als ich es gelesen habe, begeistert und weiß, daß ich es heute immer noch wäre.
    Ein absoluter Buchtip! Für mich als Japan-Interessierte natürlich besonders :zwinker:

    Ein Buch ist ein Freund, der deine Fähigkeiten aufdeckt; <br />es ist ein Licht in der Finsternis und ein Vergnügen in der Einsamkeit;<br />es gibt, und es nimmt nicht.<br />&lt;b&gt;Mosche Ibn Esra &lt;/b&gt;<br /><br />:leserin: &lt;b&gt;Der An

  • Ich lese diesen Roman gerade, ich bin aber erst ganz am Anfang. Ich hoffe mein Eindruck eher ein Sachbuch zu lesen verflüchtigt sich mit der Zeit. Dem Engländer muss natürlich immer wieder etwas erklärt werden, aber irgendwie bleibt bei mir der Eindruck das es auch dem Leser erklärt werden muss und das nervt mich grad ein wenig.

  • Es gibt bestimmt Leser, die froh sind über die Aufklärung. Wer hat schon wirklich Ahnung von japanischer Tradition und dann noch aus der Zeit, in der die Handlung des Buches spielt?


    Ist schon lange her, seit ich das Buch las, aber ich erinnere mich, dass es auf jeden Fall noch spannend wird und nicht wie ein Sachbuch klingt.

  • Ich kam mit dem Buch leider gar nicht klar. Ich hab's damals in einer Leserunde hier versucht, dann aber abgebrochen. Mir war es alles zu ausschweifend.

    Pessimisten stehen im Regen, Optimisten duschen unter den Wolken.

  • Doris
    Klar, es ist ja schon vieles aus einer ganz anderen Kultur und Zeit, aber mein Problem ist er dass das belehrende so durchscheint. Es gibt ja auch Autoren die das so lösen das man es gar nicht so merkt. Die Passagen in denen er etwas erklärt klingen für mich jedenfalls eher wie aus einem Schulbuch. Ansonsten merkt man natürlich auch das der Roman seine Jährchen auf dem Buckel hat, das ist schon eine andere Erzählweise.

  • Den altertümlichen Stil kenne ich auch, aber er stört mich nur bei den Büchern aus den 1950er bis 1970er Jahren. Manche Übersetzungen aus dieser Zeit sind wirklich eine Zumutung. "Shogun" war dabei eigentlich eine Ausnahme, aber ich weiß nicht, wie es mir heute gefallen würde. Du wirst merken, ob es sich für deinen Geschmack bessert.

  • Ähm. Dann wird es wohl so sein, dass Clavell oberlehrerhaft erscheint. Vielleicht stört sich die englische/amerikanische Leserschaft nicht an diesem Stil.

  • Ich komme und komme einfach nicht in die Handlung. Jedes Mal kommt mir irgendeine Erklärung dazwischen. So langsam beginnt es mich zu nerven, denn für mich fügen sich diese Erklärungen einfach nicht ein sondern klingen sehr belehrend. So etwas möchte ich aber in einem Roman nicht haben. Natürlich braucht man gerade wenn es um Japan geht sicher Erläuterungen um die Welt besser zu verstehen. Aber statt die Hauptfigur diese Dinge herausfinden zu lassen, wird das eben aus der Handlung irgendwie heraus gebrochen. Eigentlich hatte ich überlegt wenigstens Buch 1 ( der Roman ist in mehrere Bücher unterteilt) zu beenden, aber mittlerweile bin ich mir sicher das es für mich keinen Sinn machen würde weiter zu lesen. Das ist Schade, weil ich den Roman schon sehr lange mal lesen wollte, aber wenn es meinen Geschmack nicht trifft, möchte ich mich auch nicht zum Lesen zwingen.

  • Ist vermutlich nicht hifreich, aber an "Shogun" bin ich auch vor vielen Jahren gescheitert, obwohl ich die TV-Serie sehr mochte. (Kindheit!) Clavell war einer meiner Lieblingsautoren, "Noble House" und "Tai-Pan" habe ich geliebt, "Rattenkönig" sowieso, aber bei ersteren beiden hat mir wohl über die Längen hinweggeholfen, dass mich China und Hongkong weit mehr interessiert haben, als Japan, wobei ich nicht sagen kann, woran das liegt. Und bei "Gai-Jin", das dann in Japan gespielt hat, war es wiederum hilfreich, dass es um das Noble House ging. War allerdings von den gelesenen Clavells tatsächlich der, den ich am wenigsten mochte.

  • Alle paar Jahre muss ich dieses Buch wieder lesen. Jedes Mal ist es wieder ein großes Vergnügen. Immer wieder werde ich eingefangen von der Atmosphäre. Ich finde es toll, wie sehr Clavell fremde Kulturen wertschätzt und diese Wertschätzung übertragen kann.
    Tschö
    Klaus