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Als der englische Navigator John Blackthorne nach einer beschwerlichen Seereise in Japan angelangt, wähnt er sich kurz im Land seiner Träume. Doch wird ihm schnell bewusst, dass die japanische Kultur zu Beginn des 17. Jahrhunderts sich fundamental von der europäischen Lebensweise unterscheidet. Durch eine glückliche Fügung kann sich Blackthorne aber als Vasall des mächtigen Daimyos Toranaga etablieren, wodurch er zum Spielball in die anherrschenden Streitigkeiten zwischen den verschiedenen Feudalherren hineingezogen wird, die trotz gegenteiliger Beteuerungen alle nur das Shōgunat zum Ziel haben – und damit die Herrschaft über ganz Japan.
Zu Beginn ist dem durchschnittlichen Leser das alte Japan ebenso unbekannt und unbegreiflich wie Blackthorne, der die Japaner für grausame Barbaren hält, denen Menschenleben nichts bedeuten. Doch nachdem er, der von den Japanern im Gegenzug ebenfalls für einen Barbaren gehalten wird, am Hof von Toranaga vorgeführt wird und er dort die bezaubernde christliche Konvertitin Mariko kennen lernt, die ihm als Dolmetscherin dient, erhält er bessere Einblicke in das Leben und die Kultur des Lands der aufgehenden Sonne. Da man als Leser diese Entwicklung von Anfang an begleitet, ist der Wandel, der sich in Blackthorne vollzieht, sehr gut nachvollziehbar und auch als Leser nimmt man nach einer Weile eine andere Position ein. Vergangene Taten werden so zwar nicht ungeschehen, aber dank einer Erklärung lässt sich das Geschehene im Gefüge der japanischen Kultur neu verordnen und besser akzeptieren.
Der Hauptgrund für Blackthornes Integration in das japanische Gefüge ist seine Dolmetscherin Mariko. Sie sorgt dafür, dass er seine eigenen Taten und die Auswirkungen auf andere Personen besser einschätzen kann und sich dadurch einen Platz in Toranagas Gefolge erobert. Während dieser Zeit erobert er zusätzlich auch Marikos Herz, was sie sich beide aber keineswegs anmerken lassen dürfen. Diese geheime Liebe sorgt für einige schöne Momente, aber man ahnt die ganze Zeit, dass sie nur ein tragisches Ende nehmen kann, was für einen bitteren Beigeschmack sorgt.
Neben Mariko sorgen auch Abschnitte aus dem Blickwinkel Toranagas und anderer Japaner für eine Gegenposition zu Blackthornes Eindrücken. Abgerundet wird das Panorama durch die Jesuiten, denen als einzig christlicher Orden der Aufenthalt auf den japanischen Inseln gestattet ist. Doch spielen sie dort ein gefährliches Spiel, da sie sich offiziell nicht in die Politik des Reiches einmischen, ihre persönlichen Interessen aber stark von den politischen Entscheidungen der Daimyos abhängen.
Und damit wären wir bei dem Punkt angelangt, der einen Großteil der Handlung dominiert: Politik. Der verstorbene Taiko hat verfügt, dass ein aus fünf Daimyos bestehender Regentschaftsrat die Regierungsgeschäfte übernehmen soll, bis sein einziger Sohn, der Erbe, erwachsen ist. Doch die fünf Regenten, unter denen Toranaga den Vorsitz innehat, sind untereinander verfeindet und jeder spinnt seine Intrigen gegen den anderen. Der gefährlichste von ihnen ist Ishido, ein aus dem Bauernstand emporgekommener Samurai, der mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln nach der Macht greift. Die Schachzüge von Ishido und Toranaga, bei denen Plänen in Plänen und diese wiederum in anderen Plänen versteckt sind, bestimmen den größten Teil der über 1200 Seiten des Buches. Zwar gibt es einige Stellen, an denen die Luft heraus ist und meine Aufmerksamkeit nachließ, doch meistens verfolgte ich das Duell der beiden Strategen gespannt. Wer aufgrund dieser Situation allerdings mit Kämpfen oder gar großen Schlachten rechnet, der wird bitter enttäuscht werden. Abgesehen von einigen Überfällen oder Gemetzeln verläuft der Machtkampf relativ unblutig. Die finale Schlacht zwischen den Kontrahenten wird lediglich in der Zusammenfassung der künftigen Ereignisse auf der letzten Seite des Buches erwähnt, was für mich persönlich ausreichend war.
Ein Highlight für mich waren die eingestreuten japanischen Sätze. Da ich selbst 2 Semester Japanisch gelernt habe, konnte ich einiges davon sogar verstehen – aber bei Weitem nicht alles. Clavell hat es allerdings sehr gut geschafft, diese japanischen Einsprengsel nicht zu häufig zu verwenden und das Gesagte nochmals in Deutsch wiederzugeben, so dass das Verständnis nicht auf der Strecke blieb.
Insgesamt gesehen habe ich diesen Roman sehr genossen und er hat meine Neugierde auf Japan und besonders das porträtierte Zeitalter wieder erweckt.
Als Nachfolger lese ich gerade "Samurai William" von Giles Milton, in dem die wahre Geschichte des gestrandeten Engländers erzählt wird.