Donna Milner - River

Es gibt 8 Antworten in diesem Thema, welches 1.918 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Aurian.

  • Inhalt:


    Die Nachricht, dass ihre Mutter im Sterben liegt und ihre Tochter zu sehen wünscht, ist für Natalie der Beginn einer Reise in ihre Vergangenheit und die ihrer Familie. Eine Reise, die an einem warmen Sommernachmittag beginnt und den Namen River trägt.
    River mit seinen blauen Augen und der bezaubernden Stimme ist ein Kriegsverweigerer und alles spricht dagegen, dass der junge Mann auf der Milchfarm der Wards zu arbeiten beginnt. Doch niemand kann sich dem Charm des jungen Mannes entziehen. Auch nicht die vierzehnjährige Natalie.
    Hier beginnt der Untergang der einst glücklichen Familie Ward, deren Wunden auch jetzt noch bluten.
    Dennoch macht sich Natalie auf die Reise zurück in die kanadischen Cascade Mountains. Doch wie kann Natalie ihrer Familie jemals wieder in die Augen sehen, nach all dem, was sie angerichtet hat?


    Meine Meinung:


    In Donna Milners "River" findet sich alles, was ein Familiendrama braucht: Erinnerungen an eine schöne Kindheit, grosse Gefühle und dunkle Geheimnisse.


    Milner entführt uns ins ländliche Kanada der 60er-Jahre, als viele junge amerikanische Kriegsverweigerer über die Granze nach Kanada flüchteten. Einer dieser Flüchtline ist auch River, der mit Gitarre, Peace-Zeichen und einem unglaublichen Lächeln auf die Farm der Wards kommt, um dort zu arbeiten.
    Noch nicht einmal ich konnte mich Rivers Ausstrahlung entziehen. Auch die Beschreibungen des kanadischen Sommers und die Beziehung zwischen Natalie und ihrem grossen Bruder Boyer gefiel mir.


    Zu bemängeln waren jedoch die ständigen Andeutungen, die Natalie während des Erzählens aus der Gegenwart macht. All diese "doch was dann geschah", "hätten wir gewusst, was darauf folgte" etc. fand ich übertrieben und liessen mich oft die Augen verdrehen. Denn für die Geschichte, die daraufhin folgt, ist das zu viel des Guten. Diese Vorausdeutungen lassen einen auf etwas Grosses hoffen, das dann auch kommt. Aber aufmerksame Leser werden die Geschehnisse vorausahnen können, ausserdem sind Milners Ideen dafür zu wenig originell. Hinzu kommt auch, dass in der Geschichte dann auch alles Knall auf Fall, obwohl dies in der Realität natürlich oft so ist, wirkt es hier überdramatisiert und unglaubwürdig.


    Die Autorin gestaltet ihre Figuren jedoch sehr liebenswert, auch wenn sie bei äusserlichen Beschreibungen mehr ins Detail hätte gehen können. Trotzdem wird man die Charaktere lieb gewinnen und mit ihnen leiden. Leider habe ich mich jedoch mit Natalie nicht wirklich anfreunden können, während mir das mit vielen anderen Figuren sofort gelang. Natalie blieb mir in ihrer Art fremd und oftmals konnte ich ihre Handlungen nicht nachvollziehen und musste ab ihr den Kopf schütteln.


    Donna Milner zeichnet somit in ihrem Buch eine Familie in einer chaotischen Welt, die Verschwiegenheit gegenüber allem Sexuellen, das Leben auf dem Bauernhof und in der Abgeschiedenheit und, symbolisiert durch River, die Revolution, die alte Denkweisen in Frage stellt. Jedoch hätte man auch hier mehr auf Hintergrundinformationen und Details eingehen können, da aber die Familiengeschichte im Vordergrund steht, ist dies nur ein kleines Makel.


    Fazit:


    "River" ist ein Buch für Freunde echter Familientragödien, mit Geheimnissen, Schuldgefühlen und grosser Liebe. Über die Revolutionen in den 60ern erfährt man etwas, aber nicht viel. River gibt seine Ansichten preis und gibt somit einen guten Einblick in die Sicht der Kriegsverweigerer.
    Jedoch sollte man darauf hinweisen, dass dieses Buch kein Wohlfühlbuch ist. Dafür ist es zu traurig und dunkel gehalten.


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    3ratten & :marypipeshalbeprivatmaus:

    //Grösser ist doof//

  • Hallo Jari,


    danke für deine schöne und interessante Rezi. Das Buch steht auf meiner Wunschliste. Doch deine Eindrücke haben mir deutlich gemacht, dass es im Moment nicht das richtige für mich ist. Dunkel und traurig stecke ich zur Zeit nicht so gut weg. :redface:


    LG, Aurian

  • Hallo Aurian
    Danke, dass dir meine Rezi gefällt. Manche Bücher muss man zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt lesen und bestimmt kommt auch für dieses hier der richtige Zeitpunkt :smile:

    //Grösser ist doof//

  • Das Buch war eins meiner Highlights 2010, ich fand es einfach großartig!
    Muss mal schauen, ob ich meine Rezi noch finde...

    LG, Dani


    **kein Forums-Support per PN - bei Fragen/Problemen bitte im Hilfebereich melden**


  • Manche Bücher muss man zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt lesen und bestimmt kommt auch für dieses hier der richtige Zeitpunkt :smile:


    :bussi: Genauso ist es. Ich lasse es auf jeden Fall auf meinem Wunschzettel stehen.

  • Für mich war dieses Buch auch ein Highlight. Die Einzelheiten habe ich nicht mehr im Kopf, aber gerade Natalie und ihre Bruder mochte ich sehr. Sie bildeten eine Art Insel innerhalb der Familie und der scheinbaren ländlichen Idylle. Natalie stand sehr unter dem Einfluss ihrer Familie, konnte deshalb nie richtig aus sich herausgehen und wirkte dadurch manchmal distanziert. Für mich war sie glaubwürdig, ebenso wie der Rest der Familie. Ich muss allerdings dazusagen, dass ich ein Herz für Underdogs habe und immer denen die Daumen drücke, die in der zweiten Reihe stehen.



    Zu bemängeln waren jedoch die ständigen Andeutungen, die Natalie während des Erzählens aus der Gegenwart macht. All diese "doch was dann geschah", "hätten wir gewusst, was darauf folgte" etc. fand ich übertrieben und liessen mich oft die Augen verdrehen. Denn für die Geschichte, die daraufhin folgt, ist das zu viel des Guten. Diese Vorausdeutungen lassen einen auf etwas Grosses hoffen, das dann auch kommt. Aber aufmerksame Leser werden die Geschehnisse vorausahnen können, ausserdem sind Milners Ideen dafür zu wenig originell. Hinzu kommt auch, dass in der Geschichte dann auch alles Knall auf Fall, obwohl dies in der Realität natürlich oft so ist, wirkt es hier überdramatisiert und unglaubwürdig.


    "Zu viel des Guten", das mag schon sein, aber es gibt auch Familien in der Realität, denen so viele Unglücke widerfahren, dass man sich fragt, wie sie damit fertig werden. Wenn man solche dramatischen Geschehnisse in der kurzen Zeit liest, die ein Buch dieses Umfangs beansprucht, kann es schon übertrieben anmuten, aber unmöglich ist es nicht. Ich hatte zwar auch irgendwann den Gedanken, was wohl noch alles über die Familie hereinbricht, aber es war alles doch irgendwie im Rahmen.
    Meine Wertung damals: 5ratten

  • Dramatische Familiengeschichte


    Der vielversprechende Klappentext und ein sehr geheimnisvoller Prolog machten mich sehr neugierig auf das Buch. Aber dann passierte erstmal … nichts. Natalie erzählt in der Ich-Form, lässt ihre Kindheitserinnerungen in Rückblenden aufleben. Ich wusste gar nicht wo das Buch hinwollte, es plätscherte über viele Seiten einfach so dahin. Die Erinnerungen wurden häppchenweise erzählt und noch nicht einmal in chronologischer Reihenfolge. Nur die absolute Idylle, die mich ein bisschen an die Waltons erinnerte, wurde immer wieder hervorgehoben. Und dass irgendetwas passieren würde, was diese Waltons-Idylle zerstören würde.


    Ich war schon kurz davor, aufzugeben, da sich das erste Drittel sehr undramatisch in die Länge zog. Aber dann plötzlich ging es Schlag auf Schlag, es wurde richtig tragisch und da verzieh ich der Autorin auch den etwas holprigen Schreibstil. Obwohl mir Natalie im Laufe der Geschichte immer unsympathischer wurde, konnte ich mich nicht mehr losreißen von den Ereignissen, die mich kaum Luft holen ließen.


    Es gipfelte in einem Ende, das mir dann wiederum auch nicht so gut gefallen hat. Es war mir zu vollkommen und zu sehr „Happy End“. Ein paar Ungereimtheiten rundeten das unperfekte Bild dann für mich auch ab. Aber da es der Erstling von Donna Milner ist, kann ich ihr das verzeihen. Denn die Story hat es in sich. Obwohl ich einiges nicht nachvollziehen kann, geht sie unter die Haut und in den Kopf. Ich konnte dieses Buch nicht so einfach zu klappen. Ich dachte die ganze Zeit, was wäre wenn … Und damit hat Donna Milner ihr Ziel, den Leser zum Nachdenken zu bringen, erreicht.


    Fazit: Dramatische Familiengeschichte, die sehr nachdenklich macht und nicht so schnell aus dem Kopf verschwindet.


    3ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

  • Ich habe dieses Buch gestern Abend fertig gelesen und bin auch recht begeistert davon.


    Anfangs dachte ich auch, das sei so ein Wohlfühl-Buch mit Familiengeschichte. Das war es aber nicht. Die Tragödie nimmt ihren Lauf und man steht daneben und kann nur zuschauen. Mir ging es immer wieder so, dass ich der Hauptfigur Natalie sagen wollte: Tu was, sprich mit den anderen, behalte nicht alles für dich. Doch auch genau das macht es so authentisch. Unausgesprochene Worte, keiner kann auch sich rausgehen, die Jahre vergehen, man entfremdet sich.


    Ein ganz wunderbares Buch. Allerdings muss man dafür in Stimmung sein. Man darf kein Gute-Laune-Buch erwarten.


    Sehr schön gezeichnete Charaktere. Eine tolle Geschichte. Mir hat's gefallen.


    4ratten


    @ Nina2401: Mich würde mal interessieren, welche Ungereimtheiten du meinst?

  • Natalie lebt mit ihrem Mann in Vancouver, als ein Anruf ihres Bruders sie erreicht. Ihre Mutter liegt im Sterben und er bittet Natalie zu kommen. Sie entschließt sich mit dem Bus nach Atwood zu fahren. Diese Reise zu ihrer Familie wird für sie eine Reise in die Vergangenheit und sie erinnert sich an ihre Kindheit bis hin zu den Ereignissen, die dazu führten, dass sie vor 34 Jahren Atwood und ihre Familie verlassen hat.


    Mehr als ein Drittel des Buches handelt von Natalies Kindheit und wie sie gemeinsam mit ihren Brüdern auf einer Milchfarm aufwächst. Es ist schön von ihrer innigen Beziehung zu ihrem Bruder Boyer zu lesen, den sie abgöttisch liebt. Das Leben auf der Farm ist von harter Arbeit geprägt und doch ist deutlich spürbar wie glücklich die Familie ist.
    Es ist ein ruhiger und doch wichtiger Abschnitt des Buches, denn nur durch ihn wird spürbar wer und was diese Familie war, bevor sich später durch dramatische Ereignisse alles verändert hat. Nur so versteht man, wie viel verloren gegangen ist – und wie viel Natalie zurückgelassen hat.


    Mit Rivers Erscheinen auf der Farm ändert sich nach und nach einiges. Aufgrund des Covers hatte ich erwartet, dass er ein Cowboy ist und auf der Suche nach Arbeit von Farm zu Farm zieht. Er ist jedoch ein amerikanischer Student, ein Hippie, der nicht für den Vietnam-Krieg eingezogen werden will und deshalb nach Kanada geht.
    Er ist ein besonderer Mensch und nicht nur Natalies Familie schließt ihn in ihr Herz, sondern auch ich als Leserin habe dies getan.


    Von Anfang an wird spürbar, dass das nicht so bleibt, dass etwas passiert und danach nichts mehr so ist, wie es vorher war. Für mich war es nicht vorhersehbar, was dazu führt. Anhand dieser Geschichte macht die Autorin deutlich, was Familie bedeutet und wie schlimm es ist, wenn diese zerbricht und auf Intoleranz, Vorurteile und feige Selbstgerechtigkeit trifft.


    Das Buch war ganz anders als ich erwartet hatte. Es ist die Geschichte einer Familie, die sich von einer Erzählung in ein Drama verwandelt. Durch die atmosphärisch dichte und ruhige Erzählweise der Autorin werden Gefühle und Stimmung deutlich spürbar. Auch wenn für meinen Geschmack der Anfang etwas zu ruhig ist, habe ich das Buch gerne gelesen.


    4ratten


    LG, Aurian

    Einmal editiert, zuletzt von Aurian ()