William Shakespeare - Richard III/The Tragedy of King Richard the Third

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  • Die nächste Runde naht: (Am 5. Juni geht es los)


    William Shakespeare
    Richard III
    Eine Tragödie in fünf Akten


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    König Richard III (The Tragedy of King Richard the Third) entstand um 1593 und schließt an Heinrich VI., Teil 3, an. Es ist der letzte Teil der York-Tetralogie.



    Inhalt:
    Die Figur Richards, Inbegriff des dämonischen Machtmenschen und skrupellosen Zynikers, fasziniert bis heute Leser und Theaterpublikum. Die Überwindung der Tyrannenherrschaft Richards durch seinen Gegenspieler Richmon, den Begründer der Tudor-Monarchie, markiert den Höhe- und Endpunkt der Rosenkriege. Vor diesem dramatischen Hintergrund hebt sich die schillernde Gestalt Richard ab, dessen gerissenes Vexierspiel und sarkastische Selbstreflexion Charakterdarstellern eine zeitlose Paraderolle bietet. (Quelle: Amazon)


    Teilnehmer:
    Natürlich Mrs Dalloway
    und alle, die Lust dazu haben :smile:


    Viel Spaß und spannende Diskussionen!

  • Ich habe den ersten Akt bis zur zweiten Szene gelesen. Oj, was ein Fiesling. Ich werde jetzt jedoch ersteinmal das Vorwort lesen, denn ich glaube fast, dass mir viel vom Verständnis fehlt, weil ich die anderen Königsdramen nicht kenne. :sauer: Dann kann ich vielleicht auch noch mehr zu den ersten beiden Szenen schreiben.


    Viele Grüße Tina

  • Da kann ich nachhelfen. Hier eine kurze Zusammenfassung von der Vorgeschichte (die Shakespearefassung... nicht die historisch akkurate. :breitgrins::(


    Es geht im Prinzip um die Rosenkriege zwischen den Häusern York und Lancaster und eigentlich fängt alles damit an, dass Richard II abgesetzt wird, was generell zu dieser Zeit ein großes Problem darstellt, da die Königswürde vererbt und von Gott gegeben ist und man einen König eigentlich nicht einfach absetzen kann. Richard II wird dann ermordet und Heinrich VI (Lancaster) besteigt den Thron. Darüber sind die Vertreter des Hause von York allerdings nicht sehr glücklich, weil sie auch meinen, einen Thronanspruch zu haben und wollen Edward IV (der Bruder von Richard of Gloucester, später Richard III) auf den Thron setzen. Heinrich VI sieht sogar ein, dass sein Thronanspruch auf wackligen Beinen steht und will die Krone freiwillig an Edward IV übergeben. Da tickt aber seine Frau Queen Margaret (Lancaster) aus, weil sie nicht verstehen kann, dass ihr Mann ihrem Sohn das Thronrecht entzieht. Margaret tötet daraufhin den Duke of Gloucester und seinen Sohn George (der Vater von Richard, Edward, Clarence und George). Das finden dann wiederum die Yorks nicht ganz so cool und wollen Rache. Also töten die drei verbliebenen Söhne zusammen Edward, den Sohn von Queen Margaret und Richard zieht dann noch los und legt Heinrich VI um. Damit ist Edward IV (York) auf dem Thron und Queen Margaret wird verbannt.


    Und genau da beginnt Richard III. In einer ruhigen Zeit des Friedens nach den langen, brutalen Rosenkriegen... und Richard langweilt sich. :breitgrins:

    "This was another of our fears: that Life wouldn't turn out to be like Literature" (Julian Barnes - The Sense of an Ending)

  • Vielen Dank für diese Zusammenfassung. :klatschen: Mein lieber Scholli, da gings ja hoch her. Wer nicht pariert, wird abgemurkst und der nächste Schurke kommt.


    Mir kam Richard ja schon zu Beginn des ersten Aktes in seinem Monolog etwas gelangweilt vor, wie ein Kind dem nicht genügend Aufmerksamkeit entgegengebracht wird und da er ja schon selbst von sich behauptete zu den Bösen gehören zu wollen, verspricht das Stück ja äußerst kurzweilig zu werden. Schon alleine in der zweiten Szene im Gespräch mit Anne zeigte er seine bösen Absichten. in meiner Ausgabe stand auch als Bemerkung dabei, dass diese Anmache seitens Richard gegenüber Anne nie stattgefunden habe, da diese wohl bei der Beerdigung gar nicht anwesend war.


    Liebe Grüße Tina

  • Ich habe den ersten Akt beendet und wie immer, bei jedem Stück von Shakespeare bin ich begeistert. Begeistert von den Inhalten, die entweder historisch interessant oder einfach nur skurril sind und beigeistert von seiner Art, seine Protagonisten sprechen zu lassen. Shakespeare schafft es einfach immer wieder, nur anhand von der Art und Weise wie er Äußerungen seiner Personen schreibt, so viel auf ihren Charakter schließen zu lassen, als würde man sie wahrhaftig vor sich sehen und wäre eben mitten drin im Geschehen. Die schnellen Dialoge, die Ironie, die immer wieder durchscheint, die Emotionen die Shakespeare sehr oft, sehr heftig und wortgewaltig hochkochen lässt.
    Vor allem die Szene, in welcher Margareta ihren verbalen Rundumschlag austeilt. :breitgrins: Jeder bekommt sein Fett ab, jeder bekommt einen Fluch um die Ohren gehauen und das nicht zu zimperlich:


    1. Akt, dritte Szene:
    Margareta:

    Zitat


    Und ließ Dich aus? Bleib Hund du musst mich hören.


    Zitat

    Du Mißgeburt voller Mäler! Wühlend Schwein!
    Du, der gestempelt ward bei der Geburt,
    Du Sklave der Natur, der Hölle Sohn!
    Du Schandfleck für der Mutter schweren Schoß!
    Du ekler Sprößling, aus des Vaters Lenden!
    Du Lump der Ehre! Du mein Abscheu -


    Ja, da merkt man ohne große Erläuterung, die Gute ist stinkesauer.


    Auch wenn es per se nicht lustig war, so musste ich doch grinsen, als die beiden Mörder von Clarence die Grundsatzdiskusion über den moralischen Sachverhalt des geplanten Mordes begannen und das noch direkt vor dem Opfer. Dieses Szene hat mir ganz besonders gut gefallen und auch die Figur des Bösewichtes Richard. Herrlich, ich mag solche durch und durch hinterlistigen, gemeinen Schurken (solange ich ihnen nicht persönlich ausgesetzte bin :breitgrins: ).


    Ich muss allerdings gestehen, dass mich die ganzen Lords, Herzöge und Sirs auf's äußerste verwirren, denn ich habe mittlerweile den Überblick verloren, wer zu wem gehört, wer wen hasst und wer wem die Pest an den Hals wünscht. :gruebel:


    Könnte ich eine Zeitreise machen, mit dem guten William würde ich gerne mal ein Ale trinken.


    So, ich freue mich jetzt, weiter zulesen und kann es kaum abwarten auch von Euch etwas zu lesen.


    Viele Grüße Tina

  • Oh oh oh ... ich bin momentan leider nicht sehr leserundenkompatibel, aber ich bekomme vom Mitlurken gerade soo Lust auf das Stück ... hoffentlich kann ich es bald nachholen!

    [color=darkblue]"Date a girl who reads. Date a girl who spends her money on books instead of clothes. She has problems with closet space because she has too many books. Date a girl who has a list of b

  • Ich hab jetzt auch den ersten Akt gelesen. Zu Richard III könnte ich sehr viel sagen, weil ich darüber Bachelorarbeit geschrieben hab, aber ich versuche mal ein bisschen zu filtern, was am interessantesten sein könnte.


    Richards Zusammentreffen mit Anne z. B. ist eine sehr interessante Szene, die vielen Regisseuren großes Kopfzerbrechen bereitet. Denn Richard sagt ja in seinem Anfangsmonolog, dass er „unförmig“ ist und ein Bösewicht wird, weil er nicht – wie alle anderen Männer – sich die Zeit mit Frauengeschichten vertreiben kann. Und dann trifft er Anne, deren Mann er ermordet hat, und braucht ca. 5 Minuten, um sie zu umgarnen? Sehr schwierig darzustellen. Oft wird angedeutet, dass Anne das alles schon geplant haben könnte, da sie ja jetzt ohne alles dasteht und mit Richard wieder eine Machtposition einnehmen würde. Alles Interpretationssache hier.


    Und dann kommt 1.3 und damit Margaret. Margaret ist meine absolute Lieblingsfigur in Shakespeares Gesamtwerk. Sie kommt schon in den drei Vorgängerstücken vor und durchläuft eine unglaubliche Verwandlung. In Henry VI Teil 1 ist sie die junge Prinzessin, die gegen ihren Willen verheiratet wird, obwohl sie eigentlich einen anderen liebt. In Henry VI Teil 3 ist sie dann die gnadenlose Mutter, die für die Recht ihres Sohnes kämpft und den Duke of York ohne mit der Wimper zu zucken ein Taschentuch reicht, das im Blut seines jungen Sohnes getränkt ist. In Richard III kommt sie dann als verbannte Ex-Königin zurück, die nichts mehr hat und auch nichts mehr am Hofe zu suchen hat, aber plötzlich die Macht der Worte entdeckt und eine richtige Gegenkraft zu Richard präsentiert. Schade ist, dass die Figur im Theater häufig komplett gestrichen wird, da viele Regisseure ihrem Publikum nicht zutrauen, zu erkennen wer Margaret ist und wie sie mit den anderen Figuren in Verbindung steht. Und da Margaret in Richard III eben keine richtige „Aufgabe“ hat, sondern eher als Kommentatorin aus der Vergangenheit agiert, wird sie eben gestrichen.


    Interessant ist bei Margaret übrigens auch, dass hier die Geschichte gnadenlos umgearbeitet wird. Shakespeare bringt sie nochmal zurück, obwohl er sie in Henry VI Teil 3 verbannt hat und obwohl die historische Margaret von Anjou zu der Zeit auch schon lange tot war. Außerdem verdreht Margaret selbst die Geschichte. Sie betitelt Hastings und Rivers als Zeugen am Mord ihres Sohnes, obwohl sie in genau dieser Szene in Henry VI Teil 3 nicht anwesend waren. Dazu kann ich aber am Ende der Leserunde nochmal was sagen. Das wäre jetzt zu spoilerig. :breitgrins:

    "This was another of our fears: that Life wouldn't turn out to be like Literature" (Julian Barnes - The Sense of an Ending)

  • Der Anfnagsmonolog mit Ian McKellen ist genial und noch gewinnt an aussage durch seine unglaubliche Mimik.


    Margaret hat mir auch unglaublich gut gefallen und ich denke, wäre ich ein Schauspieler, dann würde mir diese Rolle ganz besonderen Spaß machen. Würde ich Richard III sehen, ohne sie, dann wäre ich sehr enttäuscht.

  • Hallo,


    also ich stecke noch am Anfang - lese die kleine gelbe Reclam Ausgabe und war nach dem Lesen eurer Beiträge komplett verwirrt. Also bei mir ist hier immer nur von Gloster die Rede und ich dachte mir so, warum reden sie jetzt immer von Richard. Ich habe den Anfang komplett falsch verstanden, weil ich einfach das Personenregister übersprungen habe... :redface::wand:


    Jetzt wird einiges klarer und ich bin gespannt wie es weitergeht - ich habe vor einiger Zeit mal ein Buch von Rebecca Gable gelesen (ich glaub der 3. Teil der Waringhams), was in ähnlicher Zeit spielte, so kommen mir bestimmte Figuren bekannt vor und bei dem Gloster hatte ich irgendwie eine Person im Kopf die sich dann von einer Burg stürzt, ich sollte aufhören nach Parallelen zu suchen, dass kann nur schief gehen.


    Danke Mrs Dalloway für die tollen Infos - immer her mit den Details, das macht riesen Spaß.


    Viele Grüße
    schokotimmi

  • Ich hab hier noch ein kleines Schmankerl:


    Richard III in Original Pronunciation


    Ben Crystal und sein Vater sind Linguisten und Shakespeareforscher und beschäftigen sich damit, wie Englisch zur Zeit Shakespeares geklungen haben könnte. Wenn ihr bei dem Link dann auf "Now is the winter... in Original Pronunciation" klickt, dann bekommt ihr Richards Anfangsmonolog vorgelesen, wie ihn die Theaterzuschauer damals vielleicht gehört haben.

    "This was another of our fears: that Life wouldn't turn out to be like Literature" (Julian Barnes - The Sense of an Ending)

  • Ich hinke ein bisschen hinterher, bin erst bei der Hälfte des ersten Akts (Anfang Dritter Auftritt). Aber mir macht es jetzt schon großen Spaß- nach euren Kommentaren zu schließen kommt das Beste noch. :zwinker:


    Bis jetzt gefallen mir die Monologe jedenfalls ein bisschen besser als die Dialoge- vielleicht ändert sich das ja, wenn Margaret auftaucht...
    Dass ich Richard richtig sympathisch finde, wäre zu viel gesagt bei dem Fiesling, aber irgendwie bin ich beeindruckt von seiner Mischung aus Grimmigkeit, Langeweile und vor allem seiner Rhetorik.
    Wie er selbst sagt:

    Zitat

    "Wie? ich, der Mörder ihres Manns und Vaters,
    In ihres Herzens Abscheu sie zu fangen,
    Im Munde Flüche, Tränen in den Augen,
    Der Zeuge ihres Hasses blutend da;"


    Es ist schon toll, wie er auf Anna, die ja zuerst seinen Tod wünscht, solange einredet, bis sie sich beruhigt und ihm sogar noch Lebewohl sagt.

    Ein Zimmer ohne Bücher ist wie ein Körper ohne Seele ~ Marcus Tullius Cicero

  • Huhu,


    ich habe jetzt den 1. Akt beendet und ich muss sagen, ich finde in das Stück nicht so recht rein, es sind einfach so viele Namen und ich weiß nicht recht, wer nun mit wem verhaßt bzw. befreundet ist. Auch irre ich mich ständig wer noch lebt und wer tot ist und überhaupt bin ich total unkonzentriert. Ich muss sagen, Hamlet und Macbeth waren deutlich zugänglicher irgendwie, auch mystischer. Das fehlt mir hier ein bisschen. Hm, na ich gebe nicht auf und hoffe auf etwas mehr "Kopffreiheit" um noch dahinter zu steigen.


    Richtig sympathisch ist mir bisher keiner der Figuren, alle scheinen falsch, verlogen und jeder auf seine Art "verrückt" und das mein ich nicht immer positiv...hmm.


    Viele Grüße
    schokotimmi

  • Hallo,



    Huhu,


    ich habe jetzt den 1. Akt beendet und ich muss sagen, ich finde in das Stück nicht so recht rein, es sind einfach so viele Namen und ich weiß nicht recht, wer nun mit wem verhaßt bzw. befreundet ist. Auch irre ich mich ständig wer noch lebt und wer tot ist und überhaupt bin ich total unkonzentriert.


    Keine Bange, lies ruhig weiter, denn es wird schlagartig übersichtlicher. :zwinker:


    Ich habe jetzt den dritten Akt beendet und ich muss sagen, dass Stück gefällt mir immer besser. Leider kam ich noch nicht zum schreiben und somit werde ich das jetzt nachholen, peu a peu. :breitgrins:


    2. Akt


    Aus dem König werde ich nicht so ganz schlau. Eduard ist bestrebt, dass sich alle vertragen, aber ich musste doch etwas grinsen, denn mir kam die 1. Szene in diesem Akt ein wenig vor wie im Sandkasten, nachdem sich die Kinder um die Förmchen geprügelt haben und die Muttis sagen: "So jetzt seid wieder lieb und vertragt Euch, sonst gibts kein Eis." Ich bin mir nicht so recht im Klaren darüber ob Eduard wirklich dieses Harmonie möchte, oder ob er einfach nur Ruhe und Frieden haben will und keinen Ärger.
    In der zweiten Szene artet ein Wettstreit aus, wer am meisten trauert und wen das Schicksal am härtesten getroffen hat. Mir tun die Kinder Leid, denn ich habe den Eindruck, dass zu diesen Zeiten, Kindheit selten unbeschwert war. Weiß man eigentlich wie alt die Kinder von Clarence waren? Ja und der gute Richard strikt weiter an seinen Intrigen.
    König Eduard ist tot und nun beginnt die anscheinend die wahre Schlacht um den Thron. So werden erst einmal ein paar im Wege stehende Lords aus dem selbigen geräumt und schon wieder wird dieses Schauspiel etwas übersichtlicher. :breitgrins: Das muss man Shakespeare lassen. Er räumt auf. Anfänglich war ich sehr verwirrt von der Unmenge an Nebendarstellern, aber im Laufe des Schauspiels werden sie wirklich drastisch reduziert und so wird es immer einfacher die Handlung zu verfolgen.


    Ich muss sagen, es war wirklich damals extrem gefährlich eine wichtige Position inne zu haben, denn je nachdem wer an der Macht und wer nicht gesinnungskonform war, der wurde kurzerhand und im wahrsten Sinne des Wortes, kalt gestellt und das anscheinende regelmäßig mit kurzem, bzw. komplett fehlenden Prozeß. Vielleicht bin ich ein extremer Feigling, aber ich hätte mich mit Sicherheit nicht darum gerissen an die Macht zu kommen. Lieber ein paar Pfund weniger in der Tasche, aber dafür noch einen Kopf um zu überlegen, wie ich die wenigen Kröten am besten nutze.


    Irre ich mich, oder erkenne ich sehr viel Ironie seitens des Autors in diesem Stück? Zumindest stelle ich bei mir fest, dass ich eher amüsiert, als geschockt bin, oder bin ich vielleicht ein makaberers Menschlein. :redface:


    Zum dritten Akt, werde ich morgen noch etwas schreiben. Auf alle Fälle, hat mir Mrs. Dalloway jetzt so richtig die Nase lang gemacht, dass ich mir wohl dieses Stück auch in bildlich fortlaufender Form mit Ton zulegen werde, :smile:


    Viele Grüße von Tina, die jetzt richtig Lust auf die restlichen Königsdramen bekommen hat.

  • Tina: Das freut mich sehr, dass dir das Stück gefällt und du jetzt Lust auf die anderen Historien hast. Ich finde die Historien auch großartig und Richard III ist zusammen mit King Lear mein Lieblingsstück.


    Ich habe jetzt den zweiten Akt beendet:
    Tinas Vergleich mit den trotzigen Kindern im Sandkasten finde ich super. So kommt mir das auch ständig vor und auch die Frauen scheinen da keinen Deut besser zu sein: Man streitet sich, wer am meisten zu leiden hat, statt sich gegenseitig zu unterstützen. Aber irgendwie auch verständlich, dass niemand niemandem traut.
    Die Duchess of York ist übrigens das seltene Beispiel einer Mutterfigur in den Stücken Shakespeares. Shakespeare ist dafür bekannt, dass er Müttern entweder nur geringe Rolle gibt oder sie einfach komplett weglässt und so kommt es, dass sehr wenige Figuren eine Mutter haben und man etwas über die Kindheit erfährt, wie z. B. bei Richard. Richards Kindheit fasziniert mich. Sein Charakter ist voller Widersprüche und man weiß nie, wem man glauben soll: Ist Richard nun zu früh auf die Welt gekommen, wie er im Eröffnungsmonolog behauptet? Oder ist er so langsam gewachsen, wie es seine Mutter sagt? Oder so schnell, wie es scheinbar von anderen behauptet wird? Und wie missgestaltet ist der Körper Richards?


    Hier ist noch ein Monolog von Richard aus dem Vorgängerstück, Heinrich VI Teil 3, der sich auch um Richards Körper und seine Behinderung dreht:


    Ich such' in einer Schönen Schoß den Himmel,
    Mit munterm Anputz schmück' ich meinen Leib,
    Bezaubre holde Frau'n mit Wort und Blick.
    O kläglicher Gedank', und minder glaublich,
    Als tausend goldne Kronen zu erlangen!
    Schwor Liebe mich doch ab im Mutterschoß,
    Und, daß ihr sanft Gesetz für mich nicht gölte,
    Bestach sie die gebrechliche Natur
    Mit irgendeiner Gabe, meinen Arm
    Wie einen dürren Strauch mir zu verschrumpfen,
    Dem Rücken einen neid'schen Berg zu türmen,
    Wo Häßlichkeit, den Körper höhnend, sitzt,
    Die Beine von ungleichem Maß zu formen,
    An jedem Teil mich ungestalt zu schaffen
    Gleich wie ein Chaos oder Bärenjunges,
    Das, ungeleckt, der Mutter Spur nicht trägt.
    Und bin ich also wohl ein Mann zum Lieben?
    O schnöder Wahn, nur den Gedanken hegen!
    Weil denn die Erde keine Lust mir beut
    Als herrschen, meistern, andre unterjochen,
    Die besser von Gestalt sind wie ich selbst,
    So sei's mein Himmel, von der Krone träumen
    Und diese Welt für Hölle nur zu achten,
    Bis auf dem mißgeschaffnen Rumpf mein Kopf
    Umzirkelt ist mit einer reichen Krone.
    Doch weiß ich nicht, wie ich die Kron' erlange,
    [743] Denn manches Leben trennt mich von der Heimat;
    Und ich, wie ein im dorn'gen Wald Verirrter,
    Die Dornen reißend und davon gerissen,
    Der einen Weg sucht und vom Wege schweift
    Und weiß nicht, wie zur freien Luft zu kommen,
    Allein verzweifelt ringt, hindurchzudringen, –
    So martr' ich mich, die Krone zu erhaschen,
    Und will von dieser Marter mich befrein,
    Wo nicht, den Weg mit blut'ger Axt mir haun.
    Kann ich doch lächeln, und im Lächeln morden,
    Und rufen: schön! zu dem, was tief mich kränkt,
    Die Wangen netzen mit erzwungnen Tränen
    Und mein Gesicht zu jedem Anlaß passen.
    Ich will mehr Schiffer als die Nix' ersäufen,
    Mehr Gaffer töten als der Basilisk;
    Ich will den Redner gut wie Nestor spielen,
    Verschmitzter täuschen, als Ulyß gekonnt,
    Und, Sinon gleich, ein zweites Troja nehmen;
    Ich leihe Farben dem Chamäleon,
    Verwandle mehr als Proteus mich und nehme,
    Den mörd'rischen Machiavell in Lehr'.
    Und kann ich das, und keine Kron' erschwingen?
    Ha! Noch so weit, will ich herab sie zwingen.



    In der Theatertradition zählt Richard übrigens zu den so genannten vice figures. Das sind Figuren, die von Grund auf böse sind, aber das Publikum ständig in ihre Pläne einweihen und irgendwie eine immense Anziehungskraft auf die Zuschauer haben. Ein anderes berühmtes Beispiel dafür ist der Joker (also Heath Ledger) aus Batman.

    "This was another of our fears: that Life wouldn't turn out to be like Literature" (Julian Barnes - The Sense of an Ending)

  • Hallo,


    ich habe gerade auf dem neuen Kindle den 2. Akt beendet :breitgrins: Hat gleich etwas mehr Freude bereitet.
    Aber nun geht es mal wieder mörderisch zu, Morde - Verhaftungen - Flucht. Nun ja so richtig steige ich immer noch nicht dahinter wer jetzt welche Rolle spielt, aber gut ich bleibe dran und zusammen mit euren Kommentaren komme ich schon ans Ziel.


    Grüße
    schokotimmi

  • Hallo Zusammen
    Zuerst wollte ich nicht mitlesen, aber eure Beiträge haben mir Lust auf Richard III gemacht. Mittlerweile habe ich auch den 2. Akt beendet.
    Zu Beginn habe auch ich immer wieder das Personenregister studiert, um den Überblick zu bekommen, wer wer ist. Im Laufe des Stücks wird ja zum Glück "aufgeräumt".
    Im 1. Akt wurde ich aus Anna nicht so recht schlau. Sie hasst Richard extrem und dann innerhalb kürzester Zeit schwenkt sie um. Ich kann nachvollziehen, dass die Interpretation dieser Rolle nicht einfach ist. Ich konnte mir jedenfalls keine abschliessende Meinung bilden. Ist sie genau wie Richard böse, was ich eigentlich nicht glauben will. Ist sie verzweifelt und weiß nicht, wie es mit ihr nach dem Tod von ihrem Mann jetzt mit ihr weitergehen soll? Ist es also eine Verzweiflungstat? Nicht so recht vorstellen kann ich mir, dass sie für Richard wirklich etwas empfindet. Die Vorstellung, Anna hätte alles geplant, passt für mich nicht so richtig ins Bild.
    So jetzt beginne ich mit dem dritten Akt und dem Kampf um den Thron.


    Liebe Grüße :winken:
    Jane

  • Schön, dass noch mehr mitlesen. :smile:


    3. Akt


    Lord Hastings wurde ebenfalls ermordet, so wie Grey, Rivers und Vaughan. Hääte er mal besser auf Stanleys Vorahnung gehört. Das Volk hat natürlich zu damaligen Zeiten kein Mitsprachercht und mir schauderts bei dem Gedanken, wenn es huet enoch so wäre und irgendein machtbesessener, skrupellose Mörder würde auf dem Thron meines Landes sitzen, wobei... naja, lassen wir das, auch unsere Politker habe Dreck am Stecken, aber heutzutage geschehen solche Dinge wohl eher im Verborgenen. Trotz allem finde ich es ausgesprochen interessant zu lesen, wie Richard sich seiner Widersacher entledigt, in dem er sie als Verräter denunziert oder ihnen ihre Abstammung abspricht und immer finden sihc genügend, die dieses falsche Spiel mitspielen oder es einfach nicht begreifen, was wirklich geschieht. Nur der Kanzellist scheint zu bemerken, welche übles Spiel im Gange ist.
    Die 7. Szene ist der Gipfel der Scheinheiligkeit. :grmpf: Was ein übler Kerl, aber er schafft genau das was er wollte. Unglaublich.


    So nun werde ich noch schnell den vierten Akt lesen, denn nun will ich wissen, wie es endet.


    4. Akt


    Nun haben die Frauen das Sagen und es gut zu sehen, dass wenigstens sie ehrlich sind und in ihrer Not zueinander finden (zumindest etwas).
    Arme Anna, aber letztendlich selbst dran Schuld. Sie hat sich doch tatsächlich von dem Mistkerl einlullen lassen und jetzt hat sie die Bescherung. Die Damen lassen ja noch einmal Revue passieren, wen Richard alles auf dem Gewissen hat und man erkennt hier noch einmal ganz besonders gut, dass es lediglich um Macht geht und für dieses Macht kennt er kein Vertrauen, keine Loyalität und keine Freundschaft. Ich weiß nicht wie Richard im wahren Leben war, aber ich frage mich, ob dieser Mensch wirklich auch nur eines einzigen guten Gefühls mächtig ist.


    Und dann wendet sich seine eigene Mutter gegen ihn, verflucht den Tag, an welchem ihr Sohn geboren wurde und auch dies lässt dieses Scheusal völlig kalt.
    Ganz besonders eindrucksvoll fand ich den Dialog mit Elisabeth, als er sie bat führ ihn um die Hand ihrer Tochter anzuhalten. Ich dachte ja schon im letzten Akt, dass es eigentlich nicht mehr schlimmer kommen kann und dass man nicht mehr entsetzter von seinem Charakter sein kann, aber das schlägt dem Fass den Boden aus. Die Dreistigkeit die Mutter, deren Söhne er ermordet hat und nach wie vor keinerlei Rue zeigt, darum zu bitten bei ihrer Tochter ein gutes Wort einzulegen, das ist unfassbar. Dieser Gedanke, dass all das was er getan hat der Vergangenheit angehört und aus diesem Grund nicht mehr zählt, dass man die getöteten Kinder mühelos durch ein Schar neugezeugter Enkel ersetzen kann. Diese Szene hat mich wirklich aufgeregt, zumal ich mir lebhaft vorstellen kann, dass es damals wirklich so zugegangen ist.


    Buckingham geschieht es nur Recht. Mit diesem Typ, habe ich überhaupt kein Mitleid und Richard tut es gut zu sehen, dass irgendwann der erste anfängt sich zu rächen, anstatt nur hinzunehmen, und dass sich Menschen nicht auf ewig für dumm verkaufen lassen, allerdings hat es trotzdem viel zu lange gedauert, bis endlich mal eine Gegenwehr in Gange kam.



    Viele Grüße Tina

  • Hallo. Ich hab auch den 3. Akt beendet. Was mir bei der Lektüre zum ersten Mal so richtig aufgefallen ist, sind die vielen versteckten Anspielungen auf Richards Behinderung bzw. seinen Körper. Shakespeare hat die Behinderung des historischen Richard III ziemlich übertrieben und bezieht sich in den Stücken immer wieder darauf. Hier ein paar Beispiele (aus dem englischen Text... Ich weiß nicht, ob die deutschen Übersetzungen das adäquat rüberbringen konnten):


    Buckingham:
    [...] The noble isle doth want her proper limbs;
    Her face defaced with scars of infamy,
    Her royal stock graft with ignoble plants
    (3.7.124 - 126)


    Richard:
    Why would you heap this care on me?
    I am unfit for state and majesty.
    (3.7.203 f.)



    Since you will buckle fortune on my back,
    To bear her burden [...]
    (3.7.227 f.) (Ganz schön ironisch, wenn man bedenkt, dass Richard laut eigenen Aussagen bucklig ist.)


    Interessant ist das ganz auch, wenn man bedenkt, dass zur damaligen Bild der Glaube geherrscht hat, dass König und Land miteinander verbunden sind. Geht es dem König schlecht, geht es dem Land schlecht. Dass jetzt ein "Behinderter" auf den Thron kommt, sagt so einiges über den Zustand des Staates aus. Shakespeare konnte sich das erlauben, da die Tudor-Dynastie (zu der auch Shakespeares Königin Elizabeth gehörte), nach Richard auf den Thron kam und somit das "verschandelte" Land wieder zu voller Pracht geführt hat.

    "This was another of our fears: that Life wouldn't turn out to be like Literature" (Julian Barnes - The Sense of an Ending)

  • So, ich konnte mich nicht mehr bremsen, ich wollte wissen wie es endet und habe das Stück soeben zu Ende gelesen.


    5. Akt


    Nun geht es in die Schlussrunde. Stanley hält zu Richmond, obwohl das Leben seines Sohnes auf dem Spiel steht. Wenn er ihn liebt, so ist dies eine sehr mutige Tat.


    Sehr schön fand ich die Idee, der rachsüchtigen Geister und, was wäre ein Shakespeare ohne Geister. So werden sie auch alle noch einmal bildlich ins Gedächtnis gerufen. Richard bekommt richtig Angst und er scheint Reue zu zeigen, aber diese Reue nehme ich ihm nicht ab, denn sie rührt nur aus seiner Todesangst heraus und ist in keinster Weise ehrlich.


    Zu guter letzt gibt es ein „Happy End“, wenn man mal von den vielen Toten absieht. Richard ist tot und Richmond ist der Sieger und somit der nächste König. Da kann man nur hoffen, dass er bleibt, wie er bis jetzt war und ihm nicht auch die Macht eines Tages zu Kopfe steigen wird, wie so vielen.


    Dieses Stück hat mir ausgesprochen gut gefallen. Es war kurzweilig, sehr emotional, spannend und hat sehr gute schnelle Dialoge.


    Viele Grüße Tina