03 - 11. bis 15. Kapitel (Seite 226)

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  • Hier könnt ihr zu den Kapiteln 11 bis 15 schreiben.

    Ich bezeige, nach Hertzens-Aufrichtigkeit, dass ich mich glücklich schätze, mich mit Verehrung nennen zu dürfen und ersterbe,<br />Roulade<br /><br />[url=http://www.literaturschock.de/autoren/interviews/119-intervie

  • Ach ja, Tante Alexandra ist bei ihrem Bruder untergekrochen und fühlt sich als letzte Instanz in allen Fragen des Lebens. :rollen:


    Am Ende des 13. Kapitels hält Atticus den Kindern einen Vortrag - auf Drängen seiner Schwester. Die Kinder sollen sich in Familienstolz üben oder etwas in der Richtung.
    Ich habe nicht verstanden, warum Atticus seiner Schwester zuliebe diese Predigt hält, wenn er selbst anders denkt. :gruebel:


    Im 15. Kapitel gibt es die Szene spätabends vor dem Gefängnis. Das fand ich sehr bedrückend.
    Wer von euch hätte in Scouts Alter versucht, Konversation mit Erwachsenen zu treiben? Noch dazu so einseitig?

    Bücher sind Magie zum Mitnehmen.

  • Hallo,

    Am Ende des 13. Kapitels hält Atticus den Kindern einen Vortrag - auf Drängen seiner Schwester. Die Kinder sollen sich in Familienstolz üben oder etwas in der Richtung.
    Ich habe nicht verstanden, warum Atticus seiner Schwester zuliebe diese Predigt hält, wenn er selbst anders denkt. :gruebel:


    Ich denke, er beugt sich zunächst ihren Vorhaltungen, dass er seine Kinder von gesellschaftlichen Gepflogenheiten ausschließt, merkt aber im Gespräch mit Scout und deren kindlich-unverfälschter Sichtweise sehr schnell, wie lächerlich er sich damit macht.

    Im 15. Kapitel gibt es die Szene spätabends vor dem Gefängnis. Das fand ich sehr bedrückend.
    Wer von euch hätte in Scouts Alter versucht, Konversation mit Erwachsenen zu treiben? Noch dazu so einseitig?


    Das wirkt in der Tat ein bisschen gekünstelt. Was aber gut ist, ist, dass gezeigt wird, dass so ein Pöbel in einem solchen Moment nicht mit Vernunftgründen zu kommen ist, aber emotional reagiert er vielleicht doch, hier auf den versteckten kindlichen Hinweis, dass sich Atticus auch um die armen "Weißen" kümmert und sie ihm deshalb gegenüber eine Dankesschuld haben.


    Im 12. Kapitel zeigt Calpurnia ihre ganze menschliche Größe und auch Gewitzheit: Um ihren "Brüdern und Schwestern" nicht hochnäsig gegenüberzutreten, spricht sie gebrochen Amerikanisch, óbwohl sie sehr wohl die Hochsprache kann und auch sonst sehr gebildet ist. Die Szene in der Kirche ist auch sonst sehr schön und eindrucksvoll, wenn z.B. die Gemeinde auch ohne Gesangbuch die Choräle richtig nachsingt.


    finsbury

  • Hallo miteinander,


    ich bin von dem Buch immer mehr begeistert. Ich finde es einfach toll, wie die Autorin eine Geschichte erzählt, indem sie eine ganz andere Geschichte erzählt.


    Ich habe mir lange überlegt, was das Kapitel um Mrs. Dubose bedeuten soll und was die Kinder aus der Sache lernen sollen. Aber dann fiel mir dieser Satz von Atticus auf (Ende 11. Kapitel):

    Zitat

    "Mut heißt: von vornherein wissen, dass man geschlagen ist, und trotzdem den Kampf - ganz gleich, um was es geht - aufnehmen und ihn durchstehen."


    Das bezieht sich auf seinen eigenen Kampf mit der Verteidigung von Tom Robinson. Er weiß, dass kaum eine Chance besteht, und trotzdem tut er alles was er kann. In Mrs. Duboses Kampf gegen das Morphium erscheint mir das allerdings sehr verschlüsselt. Ich weiß nicht, ob ich ohne diese Leserunde länger darüber nachgedacht hätte.


    Die Szene in Calpurnias Gemeinde hat mir gut gefallen, sie war sehr stimmungsvoll. Und wieder erfahren die Kinder (und wir Leser) ein paar weitere Kleinigkeiten um den Fall, der das ganze County beschäftigt.


    Dill ist zwar ein abenteuerlicher Junge, aber seine Rolle in der Geschichte ist mir noch etwas unklar. Er taucht mal auf, verschwindet wieder, taucht wieder auf u.s.w. Bisher erscheint er mir etwas sinnlos bzw. überflüssig. Aber es kann ja noch sein, dass er wichtig wird.


    Im 15. Kapitel ist Scout dann wieder unbezahlbar. Sie will höflich sein, ganz eine Lady für Tante Alexandra:

    Zitat

    "Atticus hatte gesagt, es sei höflich, mit den Leuten über Dinge zu reden, für die sie sich interessieren, und nicht über Dinge, die einen selbst interessieren."


    Also verwickelt sie Mr. Cunningham in ein Gespräch über Erbpacht - und entwaffnet ihn damit völlig. :breitgrins:
    Sie muss wie eine Außerirdische auf die Versammlung gewirkt haben ...



    Hallo,


    Ich denke, er beugt sich zunächst ihren Vorhaltungen, dass er seine Kinder von gesellschaftlichen Gepflogenheiten ausschließt, merkt aber im Gespräch mit Scout und deren kindlich-unverfälschter Sichtweise sehr schnell, wie lächerlich er sich damit macht.


    Ich bin auch der Meinung, dass er zunächst den gesellschaftlichen Konventionen folgen will - er weiß vermutlich, dass er als alleinerziehender Vater auf manche Dinge weniger Wert legt, als eine Mutter es tun würde. Und vermutlich hat Tante Alexandra ihn genau dort gepackt. Aber an Scouts Verhalten sieht er schnell, dass die Kinder sich besser nicht ändern sollten.


    Das wirkt in der Tat ein bisschen gekünstelt. Was aber gut ist, ist, dass gezeigt wird, dass so ein Pöbel in einem solchen Moment nicht mit Vernunftgründen zu kommen ist, aber emotional reagiert er vielleicht doch, hier auf den versteckten kindlichen Hinweis, dass sich Atticus auch um die armen "Weißen" kümmert und sie ihm deshalb gegenüber eine Dankesschuld haben.


    Auf mich wirkte das nicht gekünstelt, sondern für Scout sehr authentisch. Und welcher Mob kann losbrechen, wenn er einem kleinen Mädchen gegenüber steht, das Konversation über Erbpacht betreibt? :zwinker:
    Für mich hat diese Szene großen Witz.


    Grüße von Annabas :winken:

  • Kapitel 11


    Jem tickt im Vorgarten der fiesen alten Mrs. Dubose aus und wird als Wiedergutmachung zum Vorlesen verdonnert. Nun lernen wir also die andere Nachbarschafts-Nemesis kennen, nachdem es schon ausführlich um die merkwürdigen Radleys ging.


    Die Auflösung dieses Kapitels kam für mich sehr überraschend, und ich musste im nachhinein noch meinen Hut vor der unleidlichen alten Dame ziehen, die nicht

    .


    Mir gefällt auch, wie Atticus seine Kinder ihre Lektionen fürs Leben lernen lässt - durch eigene Erfahrungen, auch wenn diese unangenehm oder beängstigend sein könnten und durch stete Gesprächsbereitschaft.



    Kapitel 12


    Jem kommt allmählich in die Pubertät und kapselt sich ab, was für Scout natürlich nicht gerade leicht ist.


    Der Abstecher zu Calpurnias Kirchengemeinde ist für die Kinder wieder zu entdeckendes Neuland. Sie kommen nicht nur mit Analphabetismus und Armut in Berührung, sondern erleben auch selbst, wie es ist, die Zielscheibe von Vorurteilen zu werden - es ist ja schon eine Art umgekehrter Rassismus, wie die Leute dort Bedenken gegen die weißen Kinder äußern.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Ich wahrscheinlich auch nicht, deshalb hat sie gerade meinen größten Respekt.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Kapitel 11
    Mrs. Dubose ist nicht gerade eine nette alte Dame, aber wie Valentine habe ich größten Respekt vor ihrer Einstellung würdig zu gehen. Trotzdem fand ich es Jem gegenüber ziemlich hart, dass er so oder so diesem Drachen hatte vorlesen müssen. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass heutzutage die Kinder keinerlei Berührung mit dem Tod haben, oder zumindest sehr distanziert und das war früher anders. Da starb der Mensch in der Familie und es gab kein Kind, welches nicht schon einmal einen Toten gesehen. Hatte. Mit dem Ende des Lebens wurde wesentlich natürlicher umgegangen als heute und ich fand es sehr ergreifend, dass dieser Junge am Ende sogar in der Lage war über der Sache zu stehen und Mrs. Dubose, zumindest teilweise, zu vergeben.



    Mir gefällt auch, wie Atticus seine Kinder ihre Lektionen fürs Leben lernen lässt - durch eigene Erfahrungen, auch wenn diese unangenehm oder beängstigend sein könnten und durch stete Gesprächsbereitschaft.


    Das dachte ich auch. Er ist für seine Zeit, ein sehr "fortschrittlicher" Vater.


    Kapitel 12
    Ich fand es in gewissem Sinne gut, dass die Kinder diese Erfahrung mit der rassistischen Einstellung der schwarzen Frau ihnen gegenüber gemacht haben, denn etwas ist viel einprägsamer, wenn man Erfahrungen am eigenen Leib erlebt hat und es vermittelt viel mehr Verständnis für das Empfinden anderer. Natürlich gilt dies nur bedingt.
    Ich habe mich beeumelt, als der Pfarrer die Kirchentür abschließen ließ, weil nicht genug Geld in der Kollekte war. Das war ja eine erfolgreiche Maßnahme für einen guten Zweck. Herrlich. Sehr interessant fand ich auch Calpurinias „zwei Sprachen“ und die Begründung hierfür. Traurig.


    Kapitel 13
    Und wieder einmal Tante Alexandra. Kein Dill, aber dafür dieser Drache. Oh weh, die Armen. Atticus versucht Ordnung und ein Verständnis für die umgebende Gesellschaft in das Leben der Kinder zu bringen, aber letztendlich merkt er, dass es Blödsinn ist, weil diese Gesellschaft nicht wirklich beispielhaft ist und er entschuldigt sich indirekt bei den Kindern, dass er ihnen Tante Alexandra aufgebrummt hat.



    Ach ja, Tante Alexandra ist bei ihrem Bruder untergekrochen und fühlt sich als letzte Instanz in allen Fragen des Lebens. :rollen:


    Am Ende des 13. Kapitels hält Atticus den Kindern einen Vortrag - auf Drängen seiner Schwester. Die Kinder sollen sich in Familienstolz üben oder etwas in der Richtung.
    Ich habe nicht verstanden, warum Atticus seiner Schwester zuliebe diese Predigt hält, wenn er selbst anders denkt. :gruebel:


    Ich glaube er hat erst, nachdem seine Schwester so viel Blödsinn von sich gegeben hatte, gemert dass es wohl doch keine gute Idee war und er mehr Wert auf moralisch würdigerere Menschen legt.


    Viele Grüße Tina

  • Kapitel 15



    Im 15. Kapitel gibt es die Szene spätabends vor dem Gefängnis. Das fand ich sehr bedrückend.
    Wer von euch hätte in Scouts Alter versucht, Konversation mit Erwachsenen zu treiben? Noch dazu so einseitig?


    Also ich definitv nicht. Das wäre mir niemals eingefallen, wobei ich aber auch denke, dass ich sehr wahrscheinlich gar nicht den ersnt der Lage erkannt hätte. Da kann ich nur sagen: "Alle Achtung Jem". Ich denke dass er wirklich erwachsen geworden ist, auf eine sehr heftige Art. er hat gespürt, dass der Vater in Gefahr war und einfach gehandelt. Absolut mutig und Atticus kann stolz sein auf seinen Sohn. Die "kleine" Scout hat diese rassistischen Mistkerle beschämt. Harper Lee hat sehr gut diese schwelende Gefahr beschrieben. Wenigstens gibt es noch Menschen wie Mr. Underwood in Maycomb, der Atticus mit der Schrotflinte beistand.

  • Kapitel 13


    Tante Alexandra könnte ich schon immer Gift geben, wenn sie "Jean Louise" zu Scout sagt. Und dann will sie auch noch unbedingt eine Dame aus ihr machen. Blöde Kuh! :breitgrins:


    Atticus hat sie hergeholt, um auf die Kinder aufzupassen, weil er wohl schon ahnt, dass ihn der Fall mehr und mehr in Anspruch nehmen wird. So richtig glücklich scheint er mit ihr dennoch nicht zu sein, sie kriegt ja die eine oder andere spitze Bemerkung ab.


    Wir erfahren auch etwas mehr über Maycomb, eine Stadt, in der sich seit Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten kaum was verändert hat.


    Über Atticus' Vortrag habe ich mich auch ein wenig gewundert, aber wahrscheinlich wollte er Alexandra den Gefallen tun, damit sie ihm nicht mehr damit in den Ohren liegt. Und sein "vergesst es" am Ende war klasse :breitgrins:



    Kapitel 14


    Jetzt ist Atticus wieder ganz der alte und steigt Alexandra aufs Dach, weil sie gegen Calpurnia zu hetzen beginnt. (Dabei ist Cal für die Erziehung und Herzensbildung der beiden Kinder garantiert besser als die Tante mit ihren blöden Konventionen.)


    Nach einer handfesten Geschwisterprügelei (die ich herrlich beschrieben fand, genauso ging es oft bei mir und meiner Schwester zur Sache!) macht Scout unterm Bett eine Entdeckung - Dill ist wieder da! Auf der Flucht vor seiner Familie, die ihm zwar materiell vieles zu bieten scheint, aber nicht das, was er wirklich will und braucht: Zeit.


    Kapitel 15


    Es wird ernster. Männer im Vorgarten verheißen in Maycombe nichts Gutes, und Jem hat Angst um seinen Vater, weil der sich offenbar durch die Verteidigerrolle für Tom Robinson bei den Menschen in der Stadt unbeliebt gemacht hat. Und auch ich bekomme ein ungutes Gefühl.


    Der nächtliche Ausflug zum Gefängnis jagte mir trotz der recht ruhigen Beschreibung Gänsehaut über den Rücken. Atticus sitzt einfach da vor der Gefängnistür und bewacht Tom Robinson, lediglich unterstützt von Mr. Underwood. Dass Jem und Scout dort auftauchen, fand ich gar nicht so konstruiert. Die beiden sind mutige und einigermaßen unkonventionelle Kinder, deren Gefahrenbewusstsein nicht allzu ausgeprägt ist, wenn sie sich für eine Sache einsetzen wollen. Und hier gilt es schließlich ihren Vater zu verteidigen. Dass sich dann in der aufgebrachten Menge doch etwas Menschlichkeit regt, als die Kinder auftauchen, finde ich gar nicht so ungewöhnlich (auch wenn ich mich im Zweifelsfall doch nicht darauf verlassen hätte wollen).

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Dass die Kinder vor dem Gefängnis auftauchen, hat mich nicht gestört. Aber ich fand es nicht glaubwürdig, dass Scout die Situation durch ihr Gelabere rettet, dass sie durch die ihr entgegenhallende Wortkargheit nicht sehr schnell abgeschreckt ist und es einfach immer weiter versucht.

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  • Die beiden sind mutige und einigermaßen unkonventionelle Kinder, deren Gefahrenbewusstsein nicht allzu ausgeprägt ist,


    Ich denke, das ist der Punkt. Und deshalb ist Scout unbeirrt dabei, höfliche Konversation zu üben. :breitgrins:


  • - Dill ist wieder da! Auf der Flucht vor seiner Familie, die ihm zwar materiell vieles zu bieten scheint, aber nicht das, was er wirklich will und braucht: Zeit.


    Dills fantasievolle Schilderung seiner Flucht (Kamelwäscher usw.) fand ich oberköstlich!

    Bücher sind Magie zum Mitnehmen.


  • Dills fantasievolle Schilderung seiner Flucht (Kamelwäscher usw.) fand ich oberköstlich!


    Oh ja, das Kind hat eine blühende Phantasie! :breitgrins:


    Bei Wikipedia habe ich übrigens gerade gelesen, dass angeblich Truman Capote das Vorbild für Dill war. Harper Lee kannte ihn offenbar schon von klein auf. Witzigerweise sah Dill in meiner Vorstellung auch so ähnlich aus, schon bevor ich das las.

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    Leonard Cohen





  • Ich kann in eure Begeisterung immer noch nicht einstimmen. :sauer:


    Rein rational erkenne ich an, dass es ein gutes Buch ist, aber emotional packt es mich gar nicht. Für meinen Geschmack sind die Botschaften, die das Buch transportiert, einfach zu plakativ. Atticus ist zu sehr Gutmensch und was ich von Scout und Jem halten soll, weiß ich immer noch nicht. Der einzige, der in mir etwas anrührt, ist Dill; über sein Wiederauftauchen habe ich mich gefreut. Und die Geschichte, die er über seine Flucht auftischt, ist wirklich köstlich. :breitgrins:


    Weiterlesen werde ich aber auf alle Fälle, aber meine Lust, über dieses Buch zu schreiben, hält sich bisher in Grenzen. :redface:

  • Schade, Cuddles - aber die Geschmäcker sind halt einfach verschieden. Ich kann nachvollziehen, wenn Du Atticus zu gutmenschig findest, persönlich kommt er mir aber durchaus glaubwürdig vor.

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    Leonard Cohen





  • Glaubwürdig finde ich ihn ja schon, er hat durchaus seine Ecken und Kanten, aber von denen sieht man für meinen Geschmack zu wenig.


    Aber es ist ja noch nicht aller Tage Abend, meine endgültige Meinung werde ich mir erst bilden, wenn ich das Buch zu Ende gelesen habe. :winken:

  • In desem Abschnitt hat mir besonders die Geschichte um die besuche der Kinder bei Mrs. Dubose gefallen. Es ist typisch für Atticus, seine Kinder auf diese Art Erfahrungen zu machen: zunächst läßt er sie gewissermaßen "schmoren", die Erklärung gibt es erst hinterher. In diesem Falle, finde ich, mußten sie ziemlich lange auf den Sinn hinter diesen Besuchen warten. Umso eindrücklicher ist dann aber auch der Lerneffekt.
    Mrs. Dubose hat meine vollste Bewunderung und ich hoffe, daß ich in einem solchen Falle es genauso schaffen würde, mich aus einer solchen Abhängigkeit zu befreien! :klatschen:



    Ich habe mir lange überlegt, was das Kapitel um Mrs. Dubose bedeuten soll und was die Kinder aus der Sache lernen sollen. Aber dann fiel mir dieser Satz von Atticus auf (Ende 11. Kapitel):


    Das bezieht sich auf seinen eigenen Kampf mit der Verteidigung von Tom Robinson. Er weiß, dass kaum eine Chance besteht, und trotzdem tut er alles was er kann. In Mrs. Duboses Kampf gegen das Morphium erscheint mir das allerdings sehr verschlüsselt. Ich weiß nicht, ob ich ohne diese Leserunde länger darüber nachgedacht hätte.


    Meinst du? Ich wäre auf eine solche Deutung nicht gekommen. Ich habe den Satz mit dem Mut zwar auch positiv registriert, aber ihn eher als eine weitere Charakterisierung Atticus´ empfunden. Ich denke nicht, daß er sich selbst für mutig hält und mit dieser Aussage auf seinen eigenen Kampf vor Gericht anspielt. Dazu ist er zu bescheiden. Er handelt zwar mutig, aber für ihn ist das ganz normal, weil er seinem Gewissen folgt.


    Die Szene in Calpurnias Gemeinde hat auch mir gut gefallen und sie beleuchtet sehr gut einige Hintergründe, nämlich die schwarze Gemeinde und Calpurnias Stellung in ihr, sowie die Art der Schwarzen.


    Dill geht mir in diesem Abschnitt ehrlich gesagt ein wenig auf die Nerven. Wie er immer nur Boo Radley ärgern will ... es muß doch mal gut sein. Seine häuslichen Verhältnisse allerdings sind (wenn das so stimmt) eher bemitleidenswert.



    Am Ende des 13. Kapitels hält Atticus den Kindern einen Vortrag - auf Drängen seiner Schwester. Die Kinder sollen sich in Familienstolz üben oder etwas in der Richtung.
    Ich habe nicht verstanden, warum Atticus seiner Schwester zuliebe diese Predigt hält, wenn er selbst anders denkt. :gruebel:


    An dieser Stelle war ich regelrecht verwirrt und wußte überhaupt nicht, was Atticus sagen wollte.



    Die Szene vor dem nächtlichen Gefängnis (Kap. 15) wirkte auf mich zwar auch etwas unrealistisch - wie Scout dort immer weiter und weiter redet... Ihre übliche Art ist das sicher nicht. Ich denke, unterbewußt hat sie sehr deutlich die Gefahr gespürt und auf diese Weise etwas dagegen tun wollen. Sie verstand nicht, daß Leute wie Mr. Cunningham, den sie als freundlich und korrekt in Erinnerung hatte (der seine Schulden bei Atticus in Naturalien bezahlt hatte), auf einmal einem solchen Mob angehören, der ihren Vater bedroht. Und genau indem sie das ansprach, hat sie die bedrohliche Situation aufgelöst.


    Über Tante Alexandra habt ihr ja schon genug geschrieben, dazu muß ich mich nicht weiter auslassen. Lästig, diese Dame.
    Hat Atticus sie wirklich für die Betreuung seiner Kinder hergeholt? :gruebel: Ich dachte, sie hat sich von ihrem Mann getrennt und daß das ausgerechnet jetzt stattfindet, ist reiner Zufall. Aber vielleicht habe ich das mißverstanden.



    Für meinen Geschmack sind die Botschaften, die das Buch transportiert, einfach zu plakativ. Atticus ist zu sehr Gutmensch und was ich von Scout und Jem halten soll, weiß ich immer noch nicht.


    Für mich ist Atticus überhaupt kein Gutmensch, sondern einfach ein anständiger, geradliniger Mensch mit Gerechtigkeitssinn und einem Gewissen. Er tut das nicht aus Geltungssucht.

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.


  • Kapitel 13
    Über Atticus' Vortrag habe ich mich auch ein wenig gewundert, aber wahrscheinlich wollte er Alexandra den Gefallen tun, damit sie ihm nicht mehr damit in den Ohren liegt. Und sein "vergesst es" am Ende war klasse :breitgrins:


    Das "vergesst es" kam bei mir auch noch an. Aber dann heißt es ganz am Ende des Kapitels:
    "I know now what he was trying to do, but Atticus was only a man. It takes a woman to do that kind of job."


    Was bitte ist denn damit gemeint? :gruebel:

    Even when reading is impossible, the presence of books acquired produces such an ecstasy that the buying of more books than one can read is nothing less than the soul reaching towards infinity... - We cherish books even if unread, their mere presence exudes comfort, their ready access reassurance.

  • Da bin ich ehrlich gesagt auch nicht so ganz durchgestiegen, aber ich hole mir noch mal das Buch her ...


    ... und finde am Anfang von Kapitel 13 die Aussage von Tante Alexandra, "We (sie und Atticus) decided that it would be best for you to have some feminine influence. It won't be many years, Jean Louise, before you become interested in clothes and boys -"


    Kann natürlich sein, dass das nur die offizielle Version ist, damit sie nicht wegen ihres Mannes das Gesicht verliert. Ich glaube allerdings inzwischen, dass die misslungene Ermahnungspredigt eigentlich ein Aufklärungsversuch werden sollte und dass bei diesem Thema anno 1935 selbst ein Atticus Finch seine Probleme hat, wie er es am besten anpacken soll. Jem sagt ja so altklug und leicht peinlich berührt, er wüsste schon längst Bescheid, und "to know the facts of life", wie es im Original heißt, bedeutet "aufgeklärt sein" ;)

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen