Jo Walton - In einer anderen Welt/Among Others

Es gibt 8 Antworten in diesem Thema, welches 2.664 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Valentine.

  • Nach dem unglaublichen Mechanique, habe ich meine ganze Hoffnung in die anderen Bücher gesetzt, die dieses Jahr für den Nebula Award nominiert sind. Doch dieses hoch gelobte Buch wäre auch ohne so große Konkurrenz eine Enttäuschung geworden. Vermutlich ist es Geschmackssache, aber mir entzieht sich, warum Kritiker und Autoren so von diesem Roman schwärmen. Für mich las er sich wie eine zweitklassige Coming-of-Age-Geschichte mit ganz viel Name Dropping.
    Und es widerstrebt mir ein bisschen, es ins Fantasy-Unterboard zu stecken, aber da es als solche verkauft wird...


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    In Tagebuchform von der 15-jährigen Morganna Phelps geschrieben, erzählt dieses Buch ihre Geschichte nach einem tragischen Unfall, in dem ihre Zwillingsschwester Morwenna ums Leben kam und sie selbst die Fähigkeit, ohne Stock zu gehen, verloren hat. Das junge Mädchen wird aus ihrer Heimat in Wales auf ein Internat in England gesteckt, für das ihr bisher unbekannter Vater (da geschieden) bezahlt. Sie fühlt sich abgeschoben und ungewollt, findet nur schwer Freunde und flüchtet sich in die Welt der Bücher. Science Fiction Romane verschlingt sie am liebsten. Und immer wieder spricht sie von den Feen, die in unserer Welt versteckt leben...


    Morganna - kurz Mor oder Mori - kam mir von Anfang an sehr reif für ihr Alter vor. Die Gedanken, die sie sich über das Leben, Sex und die Schule macht, sind sehr erwachsen, aber überzeugend. Ein Mädchen, das viel liest, lernt schließlich auch, seinen eigenen Kopf zu benutzen :zwinker:. Als Charakter war sie mir persönlich zu unsympathisch. Ihre unsoziale Art, wie sie auf ihre Mitschülerinnen hinabsieht - auch wenn diese teilweise etwas dümmliche Mädchen sind - und wie sie sich von allen fernhält, konnte ich nicht nachvollziehen. Ihre Tagebucheinträge sind aber angenehm kurz.


    Das Problem mit diesem Roman ist, dass er sehr langatmig ist - und dass auf gerade mal 300 Seiten! - und dass man, abgesehen vom Erwachsenwerden der Protagonistin, keinen Plot entdecken kann. Mor berichtet von ihrem Alltag in der Schule, den Büchern, die sie liest und immer wieder schwingt mit, dass ihre Mutter, vor der sie geflohen ist, eine schreckliche Person und vielleicht sogar eine Hexe ist. Allerdings erhalten wir dazu so wenige Information wie zu den Feen und somit hat sich bei mir keinerlei Interesse für die Hintergründe eingestellt.


    Die Magie, die schon das Cover vermuten lässt, kommt fast gar nicht zur Geltung. Es kommt keinerlei Stimmung auf, die Autorin trickst in den wenigen Szenen, in denen Mor zaubert und lässt sie in ihr Tagebuch schreiben, dass sie lieber keine Details erwähnt. Feen werden zwar immer wieder erwähnt, als seltsame Wesen, die an Bäumen lehnen und keine klare Form haben, aber auch die Dialoge, die gehalten werden, bekommen wir Leser nicht zu sehen. Ob das Faulheit, Ideenlosigkeit oder Absicht ist, ist schwer zu sagen. Mich hat es jedenfalls furchtbar gestört und die Geschichte hätte wesentlich besser werden können, wenn man das ganze magische Element einafch weggelassen hätte. Mir schien es, als wollte die Autorin unbedingt ein Fantasy-Element krampfhaft in eine ohnehin schon nicht besonders originelle Geschichte stopfen. :rollen:


    Sprachlich ist das Buch zwar in Ordnung, aber weder besonders originell noch in irgend einer Weise berührend. Nur Mangel an Fehlern zeichnet noch kein gutes Buch aus. Ebenso wie "Dinge passieren" noch lange keinen Plot ergeben. Und hier passieren nicht einmal besonders viele Dinge. Mors Alltag ist trübe, sie verliert sich in ihrem Tagebuch in Landschaftsbeschreibungen und berichtet von Briefen, die sie an ihren Opa schreibt, in dem sie Treffen ankündigt, über die wir dann später lesen müssen. :rollen:


    Am besten haben mir noch die Erwähnungen der vielen Bücher gefallen, die Mor liest und über die sie grübelt und im Buchklub diskutiert. Einige davon habe ich selbst gelesen, auf andere habe ich richtig Lust bekommen. Ihre Liebe zu Büchern war auch das einzige, worin ich mich selbst wieder erkannt habe. Was das Lesen und die Liebe zu Büchern betrifft, fühlte ich mich von Mor einfach verstanden. Aber auch dieses Element zerbröselt irgendwann in sinnloses Namedropping ohne Hintergrund. Die großer Ironie ist ja, dass Mor und ihre Freunde teilweise literarische Werke kritisieren aufgrund von Mängeln, die Jo Waltons Buch hier selbst - und zwar viel extremer - aufweist.


    Das Ende ist stumpf und uninteressant, fühlt sich wenig abgerundet an. Hätte Jo Walton die "Magie" einfach weggelassen und sich mehr auf die Familienverhältnisse konzentriert, hätte das ein schönes Buch werden können. So wurde es leider vor alle mit fortschreitender Seitenzahl eher eine Qual.


    Wie dieses Buch eine Nebula-Nominierung bekommen hat, ist mir ein Rätsel, aber neben Mechanique von Genevieve Valentine (lesen!) hat Jo Walton nicht die geringste Chance.


    Ich hoffe, mit Jo Waltons Roman Tooth and Claw (Der Clan der Klauen) habe ich etwas mehr Glück.


    1ratten :marypipeshalbeprivatmaus:


    Liebe Grüße,
    Wendy


    EDIT: Goodreads hat mir die Arbeit abgenommen. Da gibt es schon eine Liste mit Büchern, die von Mor gelesen oder erwähnt werden. Da sind übrigens wirklich tolle Sachen dabei.

    Jahresziel: 2/52<br />SLW 2018: 1/10<br />Mein Blog

    Einmal editiert, zuletzt von Wendy ()

  • Oh, eine ziemlich ernüchternde Rezi, Wendy, obwohl das Buch doch so vielversprechend aussah.
    Interessieren würde es mich ja trotzdem (wegen der vielen Bücher), aber ich bezweifle, dass es in nächster Zeit in meiner Bücherei landen wird. Kaufen werde ich es mir aber erst mal nicht. Naja, es ist ja nicht so, dass es keine anderen Bücher gäbe mit denen ich mir die Zeit vertreiben könnte. Ich gehe mir jetzt mal die Liste ansehen :winken:

  • Es kriegt auch überall nur gute Kritiken, meistens sogar überschwänglich gute Kritiken. Entweder ich bin zu blöd für dieses Buch oder es war einfach nicht mein Ding. Aber bitte nicht durch meine Meinung abschrecken lassen - ich hatte mir wegen der Lobgesänge halt wirklich ein tolles Buch erwartet. :traurig:

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  • Interessant, dass dir das Buch so gar nicht gefallen hat, ich mochte es nämlich sehr und es beschäftigt mich auch Wochen nach der Lektüre immer mal wieder. Aber das Buch ist sicher nicht für jeden was und ich kann deine Kritik (und auch die negativen Kritiken, die es zum Teil auf Goodreads bekommen hat) gut nachvollziehen. Mich haben ganz einfach die Sachen, die du als negativ empfunden hast, nicht gestört bzw. ich habe sie zum Teil sogar als positiv empfunden.


    Ich fand es zum Beispiel toll, dass es kein typisches Fantasybuch ist. Das Fantasyelement ist eher klassisch phantastisch und ich mag diese Art von Fantasy/Phantastik. :smile:




    Als Charakter war sie mir persönlich zu unsympathisch. Ihre unsoziale Art, wie sie auf ihre Mitschülerinnen hinabsieht - auch wenn diese teilweise etwas dümmliche Mädchen sind - und wie sie sich von allen fernhält, konnte ich nicht nachvollziehen. Ihre Tagebucheinträge sind aber angenehm kurz.


    Mir war Mori auch die meiste Zeit unsympathisch, aber ihre Arroganz und Zurückhaltung ihren Mitschülerinnen gegenüber fand ich durchaus authentisch und plausibel. Sie ist versnobt, weil sie viel liest :zwinker:, ausserdem ist sie introvertiert und hat gerade erst etwas Schlimmes erlebt – ich konnte gut nachvollziehen, dass sie sich in ihrer Bücherwelt vergräbt und sich lieber mit Büchern als mit anderen Menschen auseinandersetzt.



    Das Problem mit diesem Roman ist, dass er sehr langatmig ist - und dass auf gerade mal 300 Seiten! - und dass man, abgesehen vom Erwachsenwerden der Protagonistin, keinen Plot entdecken kann. Mor berichtet von ihrem Alltag in der Schule, den Büchern, die sie liest und immer wieder schwingt mit, dass ihre Mutter, vor der sie geflohen ist, eine schreckliche Person und vielleicht sogar eine Hexe ist. Allerdings erhalten wir dazu so wenige Information wie zu den Feen und somit hat sich bei mir keinerlei Interesse für die Hintergründe eingestellt.


    Als ruhig habe ich das Buch auch empfunden. Es ist ein Buch, bei dem es um die Hauptfigur und ihr Innenleben geht, um ihre Entwicklung usw. und kein Buch, das Spannung aufbaut und bei dem man unbedingt wissen will wie es weitergeht. Dass sie permanent die Bücher aufzählt, die sie liest, verlangsamt das Buch natürlich auch erheblich (wobei ich persönlich es liebe darüber zu lesen, was andere lesen :smile:). Aber: Ich fand das Buch deswegen nicht langatmig. Ich mag Berichte über Alltag und über das Innenleben von Figuren, sofern ich die Figur interessant finde. Ich empfinde das dann auch nicht zwingend als "Buch ohne Plot". Ich habe kein Problem mit fehlender Action und mag interessante Coming of Age Geschichten, auch wenn sie ruhiger und nicht allzu dramatisch sind.
    Among Others ist für mich eine schöne und interessante Story über das Erwachsenwerden einer Science Fiction- und Fantasy-Besessenen. Es hätte mir wahrscheinlich sogar ohne den fantastischen Touch gefallen. :zwinker: Mich hat das Buch von der Stimmung her ein bisschen an "I Capture the Castle" von Dodie Smith erinnert, das ich auch sehr mochte. (Inhaltlich haben die Bücher aber nicht viel gemeinsam, ausser dass es bei beiden um heranwachsende Mädchen geht.) Insgesamt denke ich, dass das Buch sicher nicht für jeden Fantasyliebhaber etwas ist, dass man es andererseits aber auch lesen kann, wenn man sonst nicht so viel mit aktueller Fantasy anfangen kann. :smile:


  • Among Others ist für mich eine schöne und interessante Story über das Erwachsenwerden einer Science Fiction- und Fantasy-Besessenen. Es hätte mir wahrscheinlich sogar ohne den fantastischen Touch gefallen. :zwinker:


    Ohne die fantastischen Elemente hätte es mir vermutlich sogar besser gefallen. Dann wäre einfach klar, dass es um ein Mädchen geht, das eine schlimme Zeit hinter sich hat, das sich in Bücher flieht (und unsere Wunschlisten wachsen lässt) und nicht darum, ob es Hexen und Feen gibt und ob sie zaubern kann oder nicht. Dieses Element war unnötig und hat für mich einfach nicht in die Geschichte gepasst.
    Dass Jo Walton den Hugo und Nebula Award damit abgestaubt hat, mag zwar nicht schlecht sein, aber als Fantasy oder Science Fiction Buch würde ich dieses Werk einfach nicht bezeichnen. Ich probiere mich demnächst mal an "Tooth and Claw" - das wurde mir als "Drachen, die wie Jane Austen sprechen" beschrieben. :breitgrins:

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  • "Drachen, die wie Jane Austen sprechen"


    :lachen: Dann bin ich mal gespannt auf deine Meinung dazu! Bei mir subbt noch "Farthing", aber das reizt mich im Moment nicht so, weil es der Auftakt einer Serie (oder Trilogie?) ist...

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    Der Klappentext (den ich um einen meiner Meinung nach unpassenden Satz gekürzt habe) fasst Ausgangssituation und Thema des Buches treffend zusammen, daher zitiere ich einfach mal:


    Zitat

    Die fünfzehnjährige Morwenna ist auf der Flucht − vor einer Mutter, die sich der finsteren Magie verschrieben hat, vor der staatlichen Fürsorge und vor der Erinnerung an den Tod ihrer Zwillingsschwester. Am schlimmsten trifft sie jedoch, dass sie ihre Heimat verlassen muss, das märchenhafte Wales, und damit ihre einzigen Freunde, die Feen und Geister, die dort in den Wäldern zu Hause sind.
    Auch ihr Vater, den sie nie gekannt hat, möchte sie nicht bei sich aufnehmen und schickt sie auf ein Mädcheninternat, wo sie mit der Verständnislosigkeit der Lehrer und dem maßlosen Ehrgeiz der anderen Schülerinnen fertig werden muss. Verzweifelt greift sie zu der Magie, die sie seit ihrer Kindheit begleitet, einer Magie, die niemand außer ihr sehen kann. Und zu ihren Büchern. In Science-Fiction- und Fantasy-Romanen findet sie mehr als nur flüchtigen Trost: Sie öffnen Tore zu anderen Welten, und das nicht nur im übertragenen Sinne.


    In einer anderen Welt ist ein Tagebuchroman, so dass wir als Leser unmittelbar an Morwennas Gedanken teilhaben können. Dass dieser Blickwinkel nicht unvoreingenommen ist, versteht sich von selbst. So liegt es auch beim Leser, die Geschehnisse zu hinterfragen und selbst zu bewerten. Eine zentrale Frage ist sicherlich, wie viel Magie tatsächlich in diesem Roman vorkommt. Jo Watson versteht es ausgesprochen gut, auf dem schmalen Grat zwischen Realität und Fantasie zu balancieren. Sind die walisischen Hügel tatsächlich die Heimat von Elfen oder sind diese Wesen nur die eingebildeten Freunde eines Mädchens, das traumatische Ereignisse verarbeiten muss? Ist Magie der Auslöser bestimmter Geschehnisse oder ein Erklärungsansatz, der –ähnlich wie Schicksal oder Karma - die Realität begründet? Diese und weitere Fragen lassen sich im Verlauf des Buches nicht eindeutig beantworten. Wer einen rein fantastischen Roman erwartet, dürfte wahrscheinlich enttäuscht werden.


    Vielmehr ist dieses Buch eine Geschichte über das Erwachsenwerden unter schwierigen Vorzeichen. Ob magisch bedingt oder nicht, eine grausame Mutter, der Tod der Zwillingsschwester und das Eingewöhnen in eine völlig neue Umgebung fernab der Familie sind sicherlich keine leichten Bedingungen. Und irgendwie ist Morwenna eben auch nur ein Mädchen, das Anerkennung sucht und von Freunden und der ersten Liebe träumt. Ihre große Stütze dabei sind Bücher und so wird ihre Liebe zu Büchern auf jeder Seite deutlich spürbar. Fans von Science Fiction und Fantasy dürften Freude an ihren Gedanken zu verschiedenen Klassikern der Genres haben, aber auch andere Werke fesseln ihre Aufmerksamkeit. Der Golkonda Verlag ist übrigens so nett, eine Liste der erwähnten Bücher bereit zu stellen. ;)


    Mit Morwenna selbst bin ich übrigens nicht wirklich warm geworden, da sie teils sehr überheblich und altklug daher kommt. Kein Wunder, dass sie es im Internat schwer hat, Kontakte zu knüpfen, und zu den Außenseitern gehört. Auch ihrer Familie gegenüber ist sie sehr wählerisch, wenn es darum geht, Sympathien zu verteilen. Es wird deutlich, dass sie sich bewusst abgrenzt, sei es aufgrund ihrer „Magiebegabung“ oder weil die anderen die vermeintlich falschen Bücher lesen. Ihre Liebe zu Büchern hat erzählerisch übrigens eine Schattenseite, da ihre Buchbetrachtungen kein Tempo aufkommen lassen, und ließe man ihre Gedanken zu Büchern weg, bliebe nur wenig Handlung. Auch die Charaktere erhalten nur wenig Platz sich zu entfalten, was ich aber aufgrund der Tagebuchform folgerichtig finde.


    Insgesamt also eine coming-of-age-Geschichte mit fantastischen Elementen, Bezügen zum SFF-Fandom und viel Liebe zu Büchern und Bibliotheken. Insgesamt leider untere Mittelklasse und nichts, was mich packen konnte. Die Ausgabe an sich ist jedoch wieder ein echter Augenschmaus aus dem Golkonda Verlag und mit Liebe zum Detail gestaltet.


    2ratten und eine Maus


    Schöne Grüße
    Breña



    Autorenname im Titel korrigiert. LG, Wendy

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges

    Einmal editiert, zuletzt von Wendy ()

  • Hallo Ihr Lieben,


    erst bei der Suche nach diesem Titel hier im Forum ist mir aufgefallen, dass dieses Buch ja schon etwas älter ist und jetzt anscheinend als Taschenbuch neu verlegt wurde? Ich habe auf jeden Fall die Taschenbuchausgabe gelesen und möchte euch hier auch meine Meinung schreiben:


    Die 15jährige Morwenna kann Feen sehen und über Umwege Magie wirken, obwohl ihre Art der Magie schwer nachweisbar ist, weil alles irgendwie auch ohne Magie erklärbar wäre. Bei einem schrecklichen Kampf gegen ihre eigene Mutter ist ihre Zwillingsschwester gestorben und sie selbst seitdem auf einen Stock angewiesen. Sie flüchtet sich vor ihrer Mutter zu ihrem getrennt lebenden Vater und wird von ihren wohlmeinenden Tanten auf ein Mädcheninternat geschickt. Dort versucht sie mit ihren schrecklichen Erlebnissen klar zu kommen und flüchtet sich dabei in die Welt der Bücher.


    Das Buch ist als Tagebuch von Morwenna geschrieben und liest sich auch die meiste Zeit über wie meine Tagebücher aus Teenagerzeiten: Welche Noten gab es in welchem Fach, welches Mädchen mag sie, welches nicht, welcher Junge ist interessant und der größte Unterschied zu meinem Tagebuch ist, dass Morwenna sehr viel über die Bücher schreibt, die sie liest. Sie ist ein großer Science Fiction und auch Fantasy Fan und schweift immer wieder ab zu irgendwelchen Autoren, ihren Büchern und philosophiert besonders gerne über die Inhalte der Bücher. Das ist zum einen sehr interessant, zum anderen kenne ich den Großteil der von ihr erwähnten Autoren nicht und konnte daher auch nur schwer ihren Ausführungen folgen. Wenn man alle Bücher, die sie erwähnt parallel nachlesen wollen würde, wäre man vermutlich erstmal jahrelang beschäftigt.


    Von der Magie gab es eigentlich nicht viel in dem Buch und das wirklich Außergewöhnlichste ist, dass Morwenna Feen sehen kann und auch mehr oder weniger Unterhaltungen mit ihnen führt. Es gibt ein paar magischere Momente, die ganz schön zu lesen waren, jedoch schnell auch wieder verpufften und die schreckliche Mutter wurde zwar immer wieder erwähnt, aber was genau an ihr so schrecklich ist, konnte ich ehrlich gesagt nicht so richtig nachvollziehen.


    Das Buch plätschert eher so vor sich hin und wer früher die "Hanni-und-Nanni"-Reihen gelesen hat, musste feststellen, dass die Reihe oft spannender war, als dieser Roman.


    Zu Morwenna selber habe ich auch keinen großen Bezug aufgebaut. Sie ist etwas eigen und durch das schreckliche Erlebnis, das irgendwann mal nebenbei abgehandelt wird, wohl auch traumatisiert, obwohl ihr Trauma bei mir nie richtig ankam. Irgendwie nimmt sie alles eher gleichgültig hin und zeigt nie so richtig heftige Gefühle. Bei einer Szene mit ihrem Vater war ich eher entsetzt und über ihre nüchterne Betrachtungsweise fast schon verstört. So etwas in einem Buch so gleichgültig abzuhandeln, finde ich schon eher fragwürdig.


    Das Ende bietet dann noch so eine Art Showdown, der aber wie das gesamte Buch eher vor sich hin plätschert und bei mir auch keine große Spannung mehr erzeugt hat.


    Alles in allem ist das Buch ganz interessant zu lesen, wenn man mal einen Überblick über einige Science Fiction und auch Fantasy Autoren bekommen möchte. Wer aber viel Magie oder Ähnliches erwartet, ist hier eher leider falsch.


    Dafür gibt es von mir noch 2ratten.


    Liebe Grüße
    Tammy :winken:

    &WCF_AMPERSAND"Jeder der sich die Fähigkeit erhält, Schönheit zu erkennen, wird nie alt werden.&WCF_AMPERSAND" (Franz Kafka)

  • Morwenna, meistens Mor oder Mori genannt, wächst mit ihrer Zwillingsschwester in Wales auf. Geprägt wurde die Gegend vom Bergbau und einer umweltschädlichen Fabrikanlage, die mittlerweile stillgelegt ist. Die Schwestern sind unzertrennlich; neben der bei Zwillingen meistens üblichen engen Bindung sind sie auch geeint durch die Fähigkeit, mit Feen (fairies) zu kommunizieren, und einen Zugang zur Magie.


    Doch als die beiden vierzehn sind, geschieht ein schrecklicher Unfall, bei dem Mori schwer verletzt wird und bleibende Schäden davonträgt, während ihre Schwester ums Leben kommt. Um sich dem negativen Einfluss ihrer Mutter zu entziehen, ergreift Mori irgendwann die Flucht und landet schließlich bei ihrem Vater, den sie bis dahin nicht kannte. Er schickt Mori auf ein piekfeines Internat, wo sie sich nur sehr bedingt wohlfühlt. Der einzige Trost ist die Literatur und die Tatsache, dass sie aufgrund ihrer Beinverletzung keinen Sport treiben kann und die (häufigen) Sportstunden somit in der Schulbibliothek verbringen darf.


    Die Mitschülerinnen mit ihren ungeschriebenen Regeln und Hierarchien geben Mori viele Rätsel auf, und oft fühlt sie sich unter ihnen wie ein Alien - doch was ihr am meisten Kopfzerbrechen bereitet, ist ihre durch und durch böse Mutter, die sie in Alpträumen heimsucht, und die Frage, was sie dieser Frau entgegensetzen kann, um endlich frei zu sein.


    Dieses Buch der von mir sehr geschätzten Jo Walton hat mich ziemlich zwiegespalten zurückgelassen, denn der eigentliche Fokus der Handlung - die Mutter, die dunklen Mächten zugeneigt ist und ihre Fähigkeiten, mit einer anderen Welt in Kontakt zu treten, für ihre eigenen egoistischen Zwecke benutzt - hat mich nicht so recht überzeugen können, auch wenn ich Moris Begegnungen mit den "fairies" interessant fand, gerade weil diese nicht so Tinkerbell-artig beschrieben sind wie sonst meistens. Moris tiefsitzende Angst vor dieser Frau ist gut getroffen, aber der phantastische Handlungsstrang und sein Ende waren eher so lala umgesetzt.


    Was ich hingegen wirklich großartig fand, war die große Liebe zu Büchern und Literatur, insbesondere SF, die aus so vielen Zeilen spricht. Jo Walton bricht eine Lanze für ihr Lieblingsgenre und man spürt, dass ihr das eine Herzensangelegenheit ist. Viele der angesprochenen Werke kannte ich nicht, was das Vergnügen vielleicht noch etwas gesteigert hätte, aber auch so hat es große Freude gemacht, zu lesen, wie Mori in Büchern ihre Zuflucht findet und dank dieser Leidenschaft schließlich auch die eine oder andere Bekanntschaft mit Menschen schließt, denen es egal ist, wie sie aussieht, wo sie herkommt, mit welchem Akzent sie spricht oder ob sie irgendwelche albernen Konventionen beherrscht.


    Sehr schön auf den Punkt gebracht ist das in meinen beiden Lieblingszitaten aus dem Buch, in denen sich bestimmt auch der eine oder die andere aus dem Forum wiederfinden kann:

    Zitat

    It doesn't matter. I have books, new books, and I can bear anything as long as there are books.

    Zitat

    "Bibliotropic", said Hugh. "Like sunflowers are heliotropic, they naturally turn towards the sun. We naturally turn towards the bookshop."

    Auch der Coming-of-Age-Part des Buches hat mir gefallen, ich konnte mich in vielen von Moris Gedankengängen ganz gut wiederfinden (und habe sie im Gegensatz zu den meisten Vorrednerinnen auch gar nicht als überheblich oder arrogant empfunden, sondern einfach nur als anders als die meisten ihrer Mitschülerinnen).


    Als Bewertung gibt es also ein Mittelding: 3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Valentine

    Hat den Titel des Themas von „Jo Walton - In einer anderen Welt / Among Others“ zu „Jo Walton - In einer anderen Welt/Among Others“ geändert.