"Politisch korrekte" Neuauflagen

Es gibt 275 Antworten in diesem Thema, welches 50.245 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Anubis.

  • Wendy
    Du schreibst was ich ausdrücken wollte.


    @Nimue
    Mir fehlt jetzt die Zeit, die Links zu lesen. Ich werde es aber tun und mich wieder äußern (so ich sie denn öffnen kann).


    LG
    Alexa


  • Gut, ich habe keine Kinder, das muss ich zugeben. Aber ich würde meinem Kind ein Buch nicht in die Hand drücken, in dem es als "Arier" bezeichnet wird. Dass ihr das tun würdet mit der notwendigen Erklärung ist natürlich eure Sache :winken:


    ich habe auch keine Kinder und ich möchte einfach Danke sagen nimue, Du schreibst viele miener Gedanken gut auf und suchst das Matierial dazu :winken: das diese Argumente unterstützt.


    Wenn ich ein Kind hätte, würde ich ihm/ihr gern meine alten Kinderbücher vorlesen. Aber, ich wäre froh um so manche überarbeitete Auflage...


    Ein "durchgewichstes Kind" bekommt eine ganz andere Konnotation, wenn man sich (aus beruflichen Gründen z.B.) mal eine Weile mit dem Thema Kindesmissbrauch befasst... und ich denke, dass auch jemand wie Ottfried Preussler damit leben kann/könnte, dass diese Assoziation heute eben anders ist, als zur Entstehungszeit

    Gruss Petra


  • Mir fehlt jetzt die Zeit, die Links zu lesen. Ich werde es aber tun und mich wieder äußern


    Danke :winken:



    ich habe auch keine Kinder und ich möchte einfach Danke sagen nimue, Du schreibst viele miener Gedanken gut auf und suchst das Matierial dazu :winken: das diese Argumente unterstützt.


    Auch Dir danke :)



    Wenn ich ein Kind hätte, würde ich ihm/ihr gern meine alten Kinderbücher vorlesen. Aber, ich wäre froh um so manche überarbeitete Auflage...


    Eben. Mich macht es auch traurig, dass viele meiner Kinderbücher solche Begriffe beinhalten. Meine Alternative wäre definitiv: Keine Kinderbuchklassiker für meine Kinder.



    Ein "durchgewichstes Kind" bekommt eine ganz andere Konnotation, wenn man sich (aus beruflichen Gründen z.B.) mal eine Weile mit dem Thema Kindesmissbrauch befasst... und ich denke, dass auch jemand wie Ottfried Preussler damit leben kann/könnte, dass diese Assoziation heute eben anders ist, als zur Entstehungszeit


    Exakt.

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Ich muss sagen, dass ich am Anfang auch spontan gesagt hätte: Ach, Veränderungen? Brauch ich nicht.
    Tu ich auch immer noch nicht. Das Wort "Neger" habe ich als Kind nicht als Beleidigung aufgefasst. (Das Buch "10 kleine Negerlein" habe ich geliebt!) Das Wort "Nigger" hingegen schon. Und weit entfernt voneinander sind die Wörter nicht und ich glaube, in den letzten zwanzig Jahren sind die Wörter nochmal näher aneinander gerückt. Gestern habe ich den Film "Django" gesehen, wo das Wort "Nigger" inflationär gebraucht wurde. Verständlich, weil es die damalige Geschichte "abbildet" oder sagen wir benutzt. Jedes Mal ging mir das Wort unter die Haut. Ich kann mir gut vorstellen, wie das bei dunkelhäutigen noch krasser ist.


    Ich glaube, es gibt keinen Vergleich, den wir uns vorstellen können. Hier fiel das Wort "Schlampe" oder "Weib" für Frauen zum Vergleich. Ich glaube nicht, dass man das vergleichen kann, weil "Schlampe" anders verwendet wird und "Weib" zu harmlos ist. Aber wenn ich irgendwo lesen würde "ich verkleide mich als Weib", statt "ich verkleide mich als Mädchen/Frau", würde ich mich schon auch ein wenig angegriffen fühlen.
    Und selbst wenn ich es nicht tun würde, finde ich es okay, wenn andere das fühlen. Und auf Rücksicht vor diesen anderen ist mir eine Diskussion darüber vollkommen schnurz. Im Traum würde ich nicht daran denken, dies infrage zustellen und mich darüber aufzuregen.


    Eine solche Überarbeitung der Kinderbücher hat für mich mit Zensur überhaupt nichts zu tun. Preußler schrieb seine Hexe zu einer Zeit, in der das Wort noch nicht negativ besetzt war. Sprache ändert sich laufend und deswegen finde ich es Einzelfällen völlig in Ordnung, wenn die Sprache angepasst wird. Das hat für mich nichts mit Zensur zu tun, denn Preußler wurde ja nie verboten, das zu schreiben und ich glaube fest daran, dass er die Wörter oder Redewendungen heute anders wählen würde. Wo ist also die Zensur? Wo ich recht geben würde, es wäre ein Jammer, wenn man Groschen durch Zehn-Cent ersetzen würde oder bei Übersetzungen Kronen, Dollar, Pfund in Euro umwandeln würde, aber das passiert hier ja nicht.


    Rassismus ist ein heikles Thema. Wo fängt er an? Wo hört er auf?



    Mit sowas muss man wirklich aufpassen, denn das findet man durchaus auch bei Hegel und Konsorten. Ich will denen nicht unterstellen, dass sie rassistisch waren - es gab damals einfach ein anderes Denken. Das kann man akzeptieren, aber heute muss man einfach aufpassen. Die Gesellschaft hat sich weiter entwickelt und ist aufgeklärter. Wobei - wer weiß, was wir heute sagen würden, wenn Außerirdische auf die Welt kommen? Vielleicht würde wir sie auch erstmal als minderbemittelt bezeichnen, weil es/sie etwas Fremdes sind, was wir erst kennenlernen müssen.


    @Nimue
    Wenn dieser Leserbrief der Brief ist, den ich auf Facebook bereits gesehen habe, zweifel ich an der Authenzität. Vielleicht mag ein Kind den Brief geschrieben haben, aber auf jeden Fall hat ein Erwachsener diktiert. Die Sprache fand ich nämlich nur mäßig kindlich.

  • Eine solche Überarbeitung der Kinderbücher hat für mich mit Zensur überhaupt nichts zu tun. Preußler schrieb seine Hexe zu einer Zeit, in der das Wort noch nicht negativ besetzt war. Sprache ändert sich laufend und deswegen finde ich es Einzelfällen völlig in Ordnung, wenn die Sprache angepasst wird. Das hat für mich nichts mit Zensur zu tun, denn Preußler wurde ja nie verboten, das zu schreiben und ich glaube fest daran, dass er die Wörter oder Redewendungen heute anders wählen würde. Wo ist also die Zensur? Wo ich recht geben würde, es wäre ein Jammer, wenn man Groschen durch Zehn-Cent ersetzen würde oder bei Übersetzungen Kronen, Dollar, Pfund in Euro umwandeln würde, aber das passiert hier ja nicht.


    Rassismus ist ein heikles Thema. Wo fängt er an? Wo hört er auf?


    Eben. Irgendwann wurde hier in der diskussion gefragt, wo man denn dann noch die Grenze ziehen solle. Ja, genau. Wo zieht man sie? Wäre es für die Eltern hier ebenfalls ok, wenn Preußler die Kinder als "fettes Kind" oder als "Mongo" oder als "Spasti" oder einfach ganz banal als "geistig Behinderter" zum Fasching geschickt hätte?


    Mit sowas muss man wirklich aufpassen, denn das findet man durchaus auch bei Hegel und Konsorten. Ich will denen nicht unterstellen, dass sie rassistisch waren - es gab damals einfach ein anderes Denken.


    Wobei Hegel keine Kinderbücher geschrieben hat und Preußler kein Rassismus unterstellt wird. Da muss man schon ein bisschen differenzieren. Es geht hier auch nicht darum, dass "Onkel Toms Hütte" modifiziert werden soll. Sondern ein neuzeitliches Kinderbuch, in dem es keinerlei geschichtlichen Bezug gibt. Das Zitat oben stammt übrigens aus einem Kinderbuch (aus einem sehr bekannten ,sehr beliebten - auch von mir geliebten).


    Ob der Leserbrief echt ist oder nicht? Hm.. keine Ahnung. Ich finde die Sprache für eine 9-jährige jetzt gar nicht so unangemessen, aber darüber kann ich mir jetzt kein Urteiil erlauben. :winken:

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    Einmal editiert, zuletzt von nimue ()

  • Wir können es ja nun drehen und wenden wie wir wollen: Ein Schwarzer ist schwarz und ein Weißer ist weiß, sie sehen also unterschiedlich aus. Das hat mit einer Wertung rein gar nichts zu tun. Ich kann mich auch als Spanierin oder holländisches Käsemädchen verkleiden, sieht völlig anders aus als ich und ist schlichtweg keine Negativwertung.


    Genau darin sehe auch ich das Problem und doch, das hat sehr wohl etwas mit rassistischer Wertung zu tun.


    Wenn Weiße einfach nur weiß sind, weshalb machst du überhaupt den Unterschied zwischen Spanierin und Holländerin? Sind die nicht beide weißhäutig?


    Und Schwarze sind demnach einfach nur schwarz, egal ob Zulu, Kenianer, Aborigines, Schwarzamerikaner, Haitianer, Melanesier... und, und, und?


    Die Wertung besteht darin, wenn sich unsereins nicht die Mühe macht, diese Unterschiede hervorzuheben.


    Wenn alte Ausgaben von Büchern dies nicht getan haben, kann man dies noch knapp unter den damaligen historischen Begebenheiten der Gesellschaft entschuldigen. Für eine Neuauflage hingegegen sehe ich es als Versäumnis des Verlags, wenn er den Text in der alten Form druckt.


    Ich kann auch nicht nachvollziehen, weshalb die Änderungen für "die kleine Hexe" auf so viel Ablehnung stoßen, wenn es doch explizit Preußler bzw. seine Familie war, die die Textänderung wünschte? Dem Inhaber des Urheberrechts steht es nunmal zu, Texte abzuändern, und es ist ja auch keine Seltenheit, daß dieses Recht in Anspruch genommen wird. Ob es nun als "falsch" angesehen wird oder nicht, tut eigentlich nichts zur Sache. Warum also diese Aufruhr wenn nun ein paar Wörter geändert werden?

  • Mir fällt es ja schwer, mich bei dieser Diskussion auf den konkreten Fall um Preusslers Kinderbuch zu beschränken.


    Mit der Änderung des Buches kann ich ja leben, tut mir persönlich ja nicht weh. Ich kann ja auch die Argumente der Befürworter hier durchaus nachvollziehen. Mir wäre es nur wichtig, dass ein Stück Zeitdokument im Sinne des Orginaltextes erhalten bleibt (von mir aus in Bibliotheksarchiven), denn auch der Orginaltext sagt natürlich viel aus über die Zeit, in der er geschrieben wurde.


    Der Faktor, mit dem ich persönlich aber nicht so ganz gut leben kann, ist dieses sich Stürzen auf die Sprache. Wenn eine Änderung von Betroffenen so gewünscht wird, ist das die eine Sache, immerhin bin ich auch froh, nicht mehr durch die Bank als "Weib" bezeichnet zu werden.
    Ich frage mich dabei nur immer: und was dann? Wir haben an der Oberfläche gekratzt und darunter brodelt alles, wie gehabt.
    Zumindest ist mein persönlicher Eindruck, dass darüber hinaus nicht mehr wirklich viel in den Köpfen der Menschen geschieht. Und hier - über die Sprache hinaus - würde ich mir aber mehr Aufklärung wünschen. Deswegen setze ich die Prioritäten vielleicht auch anders, was sprachliche Veränderungen angeht. Einige habe ich mittlerweile ja auch selbst miterlebt und ehrlich gesagt nicht das Gefühl, es hätte sich etwas gebessert.
    Manche Änderungen kann ich auch überhaupt nicht nachvollziehen. Wieso zum Beispiel darf ich nicht mehr "Studenten" sagen, sondern muss "Studierende" sagen? Als Frau fühle ich mich von beiden angesprochen und könnte beim besten Willen nicht behaupten, eine der Formen würde mich diskriminieren.


    Vielleicht habe ich auch einen falschen Eindruck von allem, aber wir rühmen uns doch gerne damit, wie aufgeklärt und tolerant die Gesellschaft nicht sei, und in Wirklichkeit stecken da immer noch die gleichen Vorurteile, wie vor etlichen Jahren. Wir verstecken sie nur besser! Auch und vor allem hinter dem, was wir sagen und wie wir sprechen.
    Ein wenig Resignation steckt bei mir sicherlich auch mit drinnen, was sprachliche Änderungen angeht und damit vielliecht auch eine intuitive Abwehrreaktion, die ich dann auch selbst hinterfragen sollte/müsste/könnte. Das Wort "homosexuell" höre ich zum Beispiel von Jugendlichen als Beleidung schon mindestens genauso oft wie etwa "schwul" oder "Schwuchtel".
    Dieser Thread zeigt mir aber, dass ich persönliche Resignation zugunsten den Wünschen tatsächlich Betroffener hinten dran stellen muss.

    “Grown-ups don't look like grown-ups on the inside either. Outside, they're big and thoughtless and they always know what they're doing. Inside, they look just like they always have. Like they did when they were your age. Truth is, there aren't any grown-ups. Not one, in the whole wide world.” N.G.

  • Das Buch wird sicherlich in seiner Urform erhalten bleiben. Darin sehe ich kein Problem.


    Tja.. und was die Aufklärung betrifft. Dazu habe ich gerade ein sehr interessantes Video entdeckt, das zwar überhaupt nichts mit dem Thema zu tun hat, das aber mich erneut daran zweifeln lässt, dass Menschen logischen Menschenverstand zu nutzen wissen: Agraprofit

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • tári
    Das sehe ich auch so. Das Problem ist eher dieses sich hinter den neuen Verwendungen zu verstecken. Die Diskriminierung und alles was dahinter steckt gibt es immer noch... übrigens ist mein Bruder davon betroffen gewesen von der Uni her... (das am Rande erwähnt).


    Trotzdem kann man schon zeigen welchen Standpunkt man hat wenn man bestimmte Begriffe nicht benutzt.

  • Erst mal danke an nimue, dass Du den Thread wieder aufgemacht hast. Die ganze Diskussion hat mich nämlich die letzten paar Tage immer wieder beschäftigt und ich hätte es schade gefunden, mich nicht noch mal dazu äußern zu können.



    Wenn Weiße einfach nur weiß sind, weshalb machst du überhaupt den Unterschied zwischen Spanierin und Holländerin? Sind die nicht beide weißhäutig?


    Bei der Verkleidung als Spanierin oder Holländerin geht es ja nicht um die Hautfarbe, sondern um landestypische Kostüme. Daher ist der Vergleich hier, wie ich finde, nur bedingt geeignet.


    Mir geht es ein bisschen wie Avila mit dieser Diskussion hier. Ich stehe dazu, dass ich es generell doof finde, Originaltexte politisch korrekt umzubiegen, gerade wenn zur Entstehungszeit mit einem bestimmten Ausdruck, der heute negativ besetzt ist, nichts Böses/Rassistisches/Abwertendes gemeint war.


    Allerdings sehe ich die Anpassungen bei Kinderbüchern, gerade wenn sie mit Zustimmung des Autors geschehen, nun etwas differenzierter; wenn ein heute weitestgehend negativ konnotierter Begriff wie "Neger" im Original wertfrei gemeint war, mag es besser sein, ihn gegen einen weniger problematischen Ausdruck auszutauschen, weil man halt eben leider nicht damit rechnen kann, dass eine entsprechende "Aufklärung" der Kinder stattfindet, die das Buch lesen oder vorgelesen bekommen.


    Das gilt mMn aber nur für Bücher, die sich an jüngere Kinder wenden. Ab einer gewissen Altersstufe würde ich es eher begrüßen, wenn mit Fußnoten gearbeitet würde, wie ich es z.B. in Christine Nöstlingers "Gurkenkönig" vorgefunden habe, wo auch einmal das Wort "Negerkinder" verwendet wurde. Das schafft in meinen Augen viel eher das Bewusstsein für die Problematik, dass Sprache auch verletzen kann und dass es nie schadet, auf seine Ausdrucksweise zu achten, als wenn einfach mit einem anderen Begriff "drübergepinselt" wird (der vielleicht in einem bestimmten Kontext auch als Beleidigung verwendet werden könnte - siehe das genannte Beispiel mit "homosexuell").


    Da finde ich mich ganz gut bei tári wieder:



    Ich frage mich dabei nur immer: und was dann? Wir haben an der Oberfläche gekratzt und darunter brodelt alles, wie gehabt.
    Zumindest ist mein persönlicher Eindruck, dass darüber hinaus nicht mehr wirklich viel in den Köpfen der Menschen geschieht. Und hier - über die Sprache hinaus - würde ich mir aber mehr Aufklärung wünschen. Deswegen setze ich die Prioritäten vielleicht auch anders, was sprachliche Veränderungen angeht. Einige habe ich mittlerweile ja auch selbst miterlebt und ehrlich gesagt nicht das Gefühl, es hätte sich etwas gebessert.


    (...)


    Vielleicht habe ich auch einen falschen Eindruck von allem, aber wir rühmen uns doch gerne damit, wie aufgeklärt und tolerant die Gesellschaft nicht sei, und in Wirklichkeit stecken da immer noch die gleichen Vorurteile, wie vor etlichen Jahren. Wir verstecken sie nur besser! Auch und vor allem hinter dem, was wir sagen und wie wir sprechen.



    Tja.. und was die Aufklärung betrifft. Dazu habe ich gerade ein sehr interessantes Video entdeckt, das zwar überhaupt nichts mit dem Thema zu tun hat, das aber mich erneut daran zweifeln lässt, dass Menschen logischen Menschenverstand zu nutzen wissen: Agraprofit


    Unbelehrbare wird es schlichtweg immer geben. Da können wir als einigermaßen gebildete und einigermaßen tolerante Menschen uns noch so sehr die Köpfe heiß reden. Schön ist das natürlich nicht, aber wohl leider wahr.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





    Einmal editiert, zuletzt von Valentine ()


  • Unbelehrbare wird es schlichtweg immer geben. Da können wir als einigermaßen gebildete und einigermaßen tolerante Menschen uns noch so sehr die Köpfe heiß reden. Schön ist das natürlich nicht, aber wohl leider wahr.


    Natürlich wird es sie immer geben. Allerdings stellen sie die Regel und nicht die Ausnahme dar. Und was das an der Oberfläche kratzen betrifft: Warum nicht das Problem ganzheitlich angehen? Glaubt ihr denn wirklich, dass die einzige Aktion gegen Alltagsrassismus darin besteht, Kinderbücher von rassistischen Begriffen zu befreien? Da passiert schon noch eine Menge mehr, aber diese Anpassungen sind eben ein Teil davon :zwinker:

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.


  • Und was das an der Oberfläche kratzen betrifft: Warum nicht das Problem ganzheitlich angehen? Glaubt ihr denn wirklich, dass die einzige Aktion gegen Alltagsrassismus darin besteht, Kinderbücher von rassistischen Begriffen zu befreien? Da passiert schon noch eine Menge mehr :zwinker:


    Na, das hoffe ich doch sehr.


    Es ist halt einfach eine ziemlich schwierige Gratwanderung, das mit dem "niemanden beleidigen". Wer sich von was beleidigt fühlt, kann ja sehr unterschiedlich sein. Dein Beispiel mit dem Hitlergruß in England hätte ich für mich z.B. wohl unter "sehr seltsamer britischer Humor" abgehakt, während es Dich richtig mitgenommen hat. Umgekehrt kann man mich mit Worten zutiefst treffen, die kein Mensch aus irgendwelchen Büchern streichen würde.


    (Womit ich nicht sagen will, dass mir die Rassismusproblematik wurscht ist, überhaupt nicht.)

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  • Was ich übrigens so ein bisschen schade finde, ist das Gefühl, das ich habe: Nämlich, dass nur wenige hier auf meine Links und Zitate eingehen oder meine Fragen beantworten. Da stecken ja sehr viele Informationen drin.


    Übrigens fühle ich mich immer wieder an Diskussionen zwischen Allesessern und Vegetariern erinnert. Auch hier wird oft mit logischem Menschenverstand und dem antrainierten Wissen der Kindheit argumentiert: Kühe müssen doch gemolken werden, Schafe müssen geschoren werden und für Milch muss kein Tier sterben. Auch ich dachte das lange, aber inzwischen bin ich sehr weit in das Thema eingetaucht (Speziismus hat damit auch zu tun). Diese Aussagen stimmen halt einfach absolut nicht, aber trotzdem ist es schwer, den meisten Menschen so etwas klar zu machen. Logischer Menschenverstand? Hmmm... ich sehe ihn inzwischen sehr sehr skeptisch.

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Es ist halt einfach eine ziemlich schwierige Gratwanderung, das mit dem "niemanden beleidigen". Wer sich von was beleidigt fühlt, kann ja sehr unterschiedlich sein.


    Natürlich. Aber nochmal kurz erinnern: Es geht um ein Kinderbuch, das auch Kinder anderer Hautfarbe lesen (von denen tatsächlich der überwiegende Teil täglich rassistischen Bemerkungen ausgesetzt ist und die dann auch noch in einem Kinderbuch damit konfrontiert werden). In dem Kinderbuch wird ein Schimpfwort benutzt, das völlig neutral in der Handlung steht. Ein Buch, das nicht unbedingt vorgelesen, sondern auch eigenständig von der Zielgruppe gelesen wird. Die Anpassung tut niemandem, wirklich niemandem körperlich oder seelisch weh. Das Leseerlebnis für die Kinder, die das Buch völlig neu entdecken, wird trotzdem toll sein - oder bezweifelt ihr das? würde man Kinder fragen, ob man die Anpassung vornehmen soll, dann würden die meisten entweder sagen "Mir doch egal" oder "Ja, bitte" (was dann vermutlich von Betroffenen kommt, die sich beleidigt fühlen - und nein, natürlich fühlen sich nicht alle andersfarbige Kinder deshalb beleidigt. Manche sagen sicher auch "Mir doch egal"). Ich könnte mit euch wetten, dass kein Kind sich für den Verbleib dieser Phrasen so wie die Erwachsenen ins Zeug legen würde. Und geht es nicht um die Kinder? Sind sie nicht diejenigen, die man fragen sollte?

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  • Na, das hoffe ich doch sehr.


    Dito :daumen:

    “Grown-ups don't look like grown-ups on the inside either. Outside, they're big and thoughtless and they always know what they're doing. Inside, they look just like they always have. Like they did when they were your age. Truth is, there aren't any grown-ups. Not one, in the whole wide world.” N.G.


  • Ich könnte mit euch wetten, dass kein Kind sich für den Verbleib dieser Phrasen so wie die Erwachsenen ins Zeug legen würde. Und geht es nicht um die Kinder? Sind sie nicht diejenigen, die man fragen sollte?


    Natürlich nicht. Wenn du Kinder fragst, ob ein Wort in einer Geschichte, das abgewandelt wird, ein Problem ist, sagen bestimmt fast 100% nein. Kindern - gerade darum geht es hier doch, oder? - fehlt aber noch so viel Wissen über die Welt. Was kümmert es ein Kind, ob es solche Texte liest oder, gehen wir einen Schritt weiter, wirklich zensierte Texte, die immer noch spannende Geschichten erzählen?

    Jahresziel: 2/52<br />SLW 2018: 1/10<br />Mein Blog

  • Die anstößige Szene ist sicherlich rassistisch und das nicht mal (bzw. nicht nur) wegen des Gebrauchs des Wortes "Neger", sondern weil ein solcher (wie auch ein Türke und ein Indianer) nur aus einem Zirkus stammen kann und im normalen Leben keinen Platz hat. Abgesehen davon, dass "Neger" in dieser Situation auch unter damaligem Sprachgebrauch eh zu verallgemeinernd ist, "Schwarzer" wäre in der Szene schließlich ebenso rassistisch. Eine Verkleidung als traditionell gekleideter Massai, Zulu oder Aboriginee hätte meiner Meinung nach hingegen neben einem Frau Antje-Kostüm oder einer Flamenco-Spanierin oder einem Lederhosen-Bayer einen Platz finden können, weil es dann tatsächlich um ein Hineinschlüpfen in eine Person einer fremden Kultur geht, die sich nun mal eher an Kleidung und Frisur festmachen lässt (oder lassen sollte) als an optischen genetisch festgelegten Details



    Ich kann auch nicht nachvollziehen, weshalb die Änderungen für "die kleine Hexe" auf so viel Ablehnung stoßen, wenn es doch explizit Preußler bzw. seine Familie war, die die Textänderung wünschte?


    Das ist der Punkt, der bei mir anders ankommt und mir die Bauchschmerzen bei der Änderung bereitet. Für mich sieht es eher so aus als ob der Verlag auf Familie Preussler zugegangen ist und gesagt hat: "Neuauflage (=weiter Tantiemen!) nur mit Änderungen". Da mögen die Absichten ja womöglich noch so lauter gewesen sein, das Ergebnis gefällt mir prinzipiell nicht, auch wenn die Szene durch die Änderungen noch nicht mal den Charakter des Buches verändern wird.


    Ich frage mich aber auch so langsam, wer überhaupt diese ganze Debatte angeworfen hat. Hätte es überhaupt irgendwer gemerkt, wenn der Verlag einfach seine überarbeitete Neuauflage ohne Änderungsmitteilung auf den Markt gebracht hätte? Nützt die Debatte in irgendeiner Form den von Rassismus betroffenen? Wieviele Menschen überdenken womöglich ihr Verhalten und ihre Denkmuster und wieviele regen sich eher noch eine Schüppe zusätzlich über "besserwisserische Gutmenschen" oder "nervende Ausländer" auf?


    Ich habe jetzt gerade x-mal noch Zeilen hinzugefügt, umformuliert, gelöscht, weil ich nicht wirklich darstellen kann, was ich meine... *seufz*


  • Aber nochmal kurz erinnern: Es geht um ein Kinderbuch, das auch Kinder anderer Hautfarbe lesen (von denen tatsächlich der überwiegende Teil täglich rassistischen Bemerkungen ausgesetzt ist und die dann auch noch in einem Kinderbuch damit konfrontiert werden). In dem Kinderbuch wird ein Schimpfwort benutzt, das völlig neutral in der Handlung steht. Ein Buch, das nicht unbedingt vorgelesen, sondern auch eigenständig von der Zielgruppe gelesen wird. Die Anpassung tut niemandem, wirklich niemandem körperlich oder seelisch weh. Das Leseerlebnis für die Kinder, die das Buch völlig neu entdecken, wird trotzdem toll sein - oder bezweifelt ihr das?


    Das habe ich ja auch gar nicht bestritten ;)


    Gute Frage, die Du da stellst, illy ... ich fürchte auch, dass die Debatte an der Grundeinstellung der allermeisten Leute nichts ändern wird.

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