"Politisch korrekte" Neuauflagen

Es gibt 275 Antworten in diesem Thema, welches 47.693 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Anubis.

  • Ich find's doof.


    Lieber wäre mir, man würde mit Fußnoten oder anderen erklärenden Informationen arbeiten. Macht man in der Erwachsenenliteratur ja auch, statt gleich den Originaltext zu ändern - und ich glaube nicht, dass man in irgendeiner Weise mehr Respekt für irgendwie "andere" Menschen erzeugt, indem man Bücher zensiert.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Ich finde, das kann man nicht pauschal entweder gutheißen oder verdammen. Als Erwachsene fände ich es schade, wenn man einen Text ändert, weil ich die ursprüngliche Bedeutung der Wörter kenne. Für Kinder finde ich es aber besser, wenn man manche Begriffe anpasst, weil sie die eigentliche Bedeutung wirklich nicht kennen. Wobei ich an dem Wort "Neger" nichts auszusetzen finde, es sei denn, es gibt einen Grund, dem Autor Rassismus zu unterstellen. Hinsichtlich neuer Bedeutung von Wörtern kenne ich den umgekehrten Fall, weil meine Kinder gerne mal "geil" sagen und die Oma anfangs pikiert war, denn sie bringt damit etwas ganz anderes in Verbindung als "cool".


    Auch schöne alte Werke der Erwachsenenliteratur werden neu übersetzt oder überarbeitet. Das ist nun mal der Zahn der Zeit. Es bleibt jedem selbst überlassen, zu welcher Ausgabe er greift.


    Fußnoten oder andere Erklärungsmöglichkeiten halte ich bei Kinder- oder Jugendbüchern für fehl am Platz. Wenn sie nicht eine Ergänzung zum Text darstellen, werden sie gerne übersehen.


  • Für Kinder finde ich es aber besser, wenn man manche Begriffe anpasst, weil sie die eigentliche Bedeutung wirklich nicht kennen.

    Ich halte das eher für Quatsch. In letzter Zeit bemerke ich immer wieder, dass Kinder deutlich unterschätzt werden. Kinder sind nicht so doof, dass sie nicht mal mit einem unbekannten Wort umgehen könnten. Im Gegenteil. Für sie ist das Erlernen neuer Wörter wesentlich einfacher. Wie sollen sie den sonst ihren Wortschatz vergrößern?
    Das viel zitierte "Schuhe wichsen" ist natürlich altmodisch und heutzutage eher selten verwendet und klingt für viele Kinder wohl komisch. Aber sie können die Tätigkeit aus dem Kontext selber erschließen. Ich denek nicht, dass ein Kind damit Schwierigkeiten haben wird. Wenn doch, dann fragt es eben die Eltern. Wobei "Die kleine Hexe" ja noch zu den Volesebüchern gehört und die Eltern sowieso erklärend eingreifen können. Ich denke mal der Ausdruck sorgt einfach nur einen Kicherer mehr, aber nicht für Unverständnis.


    Und gerade das Argument, dass die Kinder diese Begriffe nicht mehr verstehen würden ist ja das Hauptargument des Verlags. Das sehe ich bei dem Wort "Neger" allerdings nicht. Das versteht sicher jedes Kind. Es ist also eine rein politische Entscheidung. Ich bin sicher, dass Ottfries Preußler das keinesfalls rassistisch gemeint hat. Vor vielen Jahren haben die meisten Menschen mit diesem Begriff nichts Rassistisches verbunden. Da das aber heute so ist und eben auch viele Kinder mit ausländischem Hintergund dieses Buch lesen, halte ich es wiederum für nicht so schlimm das Wort zu ersetzen. Als Rücksichtnahme für alle kleine Leser.
    Man kann politische Korrekheit aber auch übertreiben und zu einem Problem stilisieren, wo wahrscheinlich gar keines ist.
    Ich denke keinesfalls, dass das Wort ein Kind negativ beeinflussen würde. Ich bin auch nicht zum Rassisten geworden, weil ich bei Pippi Langstrumpf noch vom Negerkönig und nicht vom Südseekönig gelesen habe. :rollen:


    Fußnoten würde ich aber dennoch als bessere Lösung empfinden. Gerade da "Die kleine Hexe" oft vorgelesen wird, wäre das die bessere Lösung. Dann könne die Erwachsnene das gleich als Aufhänger für eine Aufklärungsgespräch nehmen.
    Ich habe als Kind auch Fußnoten gelesen. Es sollen ja keine seitenlangen Monologe über Sprachentwicklung und Toleranz sein, sondern nur eine kurze Anmerkung. Wer sie nicht lesen will/kann, liest wohl überhaupt keine Bücher und ist insofern auch nicht von dem Problem betroffen.


  • In letzter Zeit bemerke ich immer wieder, dass Kinder deutlich unterschätzt werden. Kinder sind nicht so doof, dass sie nicht mal mit einem unbekannten Wort umgehen könnten. Im Gegenteil. Für sie ist das Erlernen neuer Wörter wesentlich einfacher. Wie sollen sie den sonst ihren Wortschatz vergrößern?


    Ich fand das z.B. bei Erich Kästners Büchern oder auch bei den alten Büchern meiner Mutter immer sehr reizvoll, dass da so schöne seltsame Wörter drin vorkamen ;)

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Eigentlich müsste man ja die Kinder selbst fragen, ob sie die Wörter verstehen oder nicht, oder sich aus dem Kontext die Bedeutung heraus holen können...
    Ich habe als Kind auch viele Kinderbücher meiner Eltern gelesen, in denen auch altertümliche Wörter und Begriffe vorkamen, im schlimmsten Fall habe ich halt meine Eltern gefragt, was denn ein bestimmtes Wort heißt.


    Ich fände es am besten, wenn man weiterhin auch den Originaltext verlegen würde und dem Käufer die Entscheidung überlässt, aber das ist wohl nicht sehr realistisch :zwinker:

    “Grown-ups don't look like grown-ups on the inside either. Outside, they're big and thoughtless and they always know what they're doing. Inside, they look just like they always have. Like they did when they were your age. Truth is, there aren't any grown-ups. Not one, in the whole wide world.” N.G.

  • Ich fand das z.B. bei Erich Kästners Büchern oder auch bei den alten Büchern meiner Mutter immer sehr reizvoll, dass da so schöne seltsame Wörter drin vorkamen ;)


    So ging es mir auch. Ich mochte diese Sprache schon immer furchtbar gern. Ich finde diese Umarbeitung blöd, deutsche Klassiker für Erwachsene werden ja auch nicht angepasst. :sauer:

    Die Literatur gibt der Seele Nahrung,<br />sie bessert und tröstet sie.<br /><br />:lesen:<br />Alfred Kerr: Die Biographie

  • Ich find das super!


    Ich bin tendenziell vielleicht ein bisschen zu politisch korrekt. Aber ich finde es wichtig, wenn man schon über Menschen mit einem Sammelbegriff sprechen muss, wenigstens den selbstgewälten zu wählen - also Samen statt Lappen, Inuit statt Eskimos und so weiter und so fort. Und "Neger" hat meiner Meinung nach nichts in einer Vorlesegeschichte zu suchen. Mir ist schon klar, dass das "damals", als Otfried Preußler seine Bücher geschrieben hat, völlig normal und harmlos war - aber heutzutage eben nicht mehr.


    Sprache ändert sich nun mal. Und da sind so viele Wörter betroffen. Ich weiß das - und erwische mich trotzdem öfter beim schmunzeln, wenn mir bei Jane Eyre (oder in sonst einem Klassiker) das Wort "gay" über den Weg läuft, in seiner ursprünglichen Bedeutung. Deswegen würde ich keine Überarbeitung fordern - aber das betrifft auch Erwachsenenbücher. Bei Knderbüchern finde ich das gut und richtig. Es gibt schließlich genug Eltern, die sich der Probleme solcher Sachen nicht bewusst sind, einfach vorlesen und alles unflektiert im Raum stehen lassen. Und ich glaub schon, dass das Folgen haben kann... Nicht im Sinne von "schlecht für die Entwicklung des Kindes" per se, sondern mehr eine gewisse Abstumpfung oder einfach nur fehlendes Bewusstsein für ein so sensibles Thema...


    Ich hatte das Problem beim Vorlesen von Jim Knopf - ich hab aber halt einfach statt "Neger" Schwarzer gesagt...

    [center]If I could go back in time, wouldn&#39;t change a damn thing in my life. Love the dumb things we do when we&#39;re young, but the best is yet to come...<br />[/center]

  • Ich sehe da einfach das Problem wo beginnt das und wo hört es auf? Auch die Bezeichnung Schwarzer z.B. ist im Grunde alles andere als politisch korrekt...
    Wenn es wirklich mit dem Autor abgesprochen ist mag das nochmal was Andres sein, denn der Autor kann ja nein sagen wenn er die Änderung für ungerechtfertigt hält und dann darf auch der Verlag nicht einfach mal so in den Text eingreifen.


  • Ich sehe da einfach das Problem wo beginnt das und wo hört es auf? Auch die Bezeichnung Schwarzer z.B. ist im Grunde alles andere als politisch korrekt...


    Das ist aber die Bezeichnung, die "sie" selber verwenden und auch bevorzugen. Ich selber habe keine schwarzen Freunde (nicht, weil ich es nicht will, sondern weil es sich einfach nicht ergeben hat), aber ich habe ein paar Freundinnen, die mit Schwarzen verheiratet sind und einen dementsprechenden Freundeskreis haben - alle sagen, dass eben "Schwarzer" der bevorzugte Begriff ist. Wenn man schon unbedingt auf ethnischen Unterschieden rumreiten muss und jemanden mit so einem Sammelbegriff anspricht...


    Wobei die Szene in der Kleinen Hexe ja schon ein ganz anderes Problem darstellt: eine andere Kultur als Verkleidung zu "missbrauchen". Es gab dazu letztes oder vorletztes Jahr mal eine schöne US-amerikanische Kampagne, "I Am Not A Costume". Es gibt genug Kostümalternativen, da muss man sich nicht als Schwarzer/Indianer/Mexikaner/Geisha etc. verkleiden... Wobei ich auch das unter "Andere Zeiten, andere Sitten" laufen lass...

    [center]If I could go back in time, wouldn&#39;t change a damn thing in my life. Love the dumb things we do when we&#39;re young, but the best is yet to come...<br />[/center]

  • Bei dem oben verlinkten Text sind für mich nachvollziehbare und schlüssige Argumente für die Anpassungen/Modernisierungen der Ausdrücke.


    Ich habe früher auch "alte Kinder- und Jugendbücher" meiner Eltern gelesen und... ja einige Ausdrücke waren komisch und seltsam. Gestört hat es nicht. In einer Neuauflage aber finde ich es nicht verkehrt.


    Man muss sich ja auch immer mal erinnern, dass sich Sprache mit der Gesellschaft ändert. Warum nicht diese Änderungen reflektieren? Wen die Urheber der Werke einverstanden sind und die Änderungen so sind, wie im verlinkten Text angegeben... für mich passt das gut :zwinker:


    Zum Punkt "Neger" hat der Verlag ja im Text erklärt, dass dieses Wort nicht durch "Verkleidung als Schwarzer" ersetzt wird, sondern durch eine andere Formulierung. ich denke, deshalb müssen wir uns nciht darüber streiten ob man besser Neger, Schwarzer, Farbiger, mensch afrikanischer Abstammung... oder wie auch immer.... schreiben sollte :zwinker:

    Gruss Petra


  • Ich sehe da einfach das Problem wo beginnt das und wo hört es auf? Auch die Bezeichnung Schwarzer z.B. ist im Grunde alles andere als politisch korrekt...


    Das stimmt. Witzigerweise ist nämlich genau das Beispiel der "Neger" eines, an dem man sieht, wie im Laufe der Jahre richtige Bedeutungsketten bzw. sogenannte Euphemismus-Tretmühlen entstehen und das eigentliche Problem immer das gleiche bleibt. Irgendwann nutzt sich jeder neu geschaffener Begriff - in seiner gesellschaftlichen Verwendung - wieder ab und wird negativ assoziiert.
    Früher waren es die Neger, dann Schwarze, Farbige, Dunkelhäutige, Afroamerikaner. Mittlerweile gilt keines dieser Wörter politisch korrekt, auch nicht der Afroamerikaner.
    Ich kenne übrigens Menschen, die sich von "Schwarzer" beleidigt fühlen, das ist wohl auch von persönlichen Erfahrungen und Vorlieben geprägt.


    Ein ähnliches Problem ist für mich ein tagtägliches in der Arbeit: Behinderte, Menschen mit Behinderung, Menschen mit Beeinträchtigung, Menschen mit Lernschwierigkeiten, es gibt dutzende Wortschöpfungen und die Diskussion darüber geht immer weiter. Sogar das Wort "Krüppel" galt irgendwann mal als relativ normal. Hier ist es auch schwierig nach einer "Selbstbezeichnung" zu fragen.
    Das gleiche im Bereich von psychischen Störungen/Erkrankungen und den davon betroffenen Menschen.

    “Grown-ups don't look like grown-ups on the inside either. Outside, they're big and thoughtless and they always know what they're doing. Inside, they look just like they always have. Like they did when they were your age. Truth is, there aren't any grown-ups. Not one, in the whole wide world.” N.G.

  • fünkschen
    Bei mir war das nur ein Beispiel dafür um eben zu sagen, wo beginnt es und wo hört es auf... Aber vom Verlag her wurde das ja wirklich durchaus schlüssig erklärt. Ich muss mal meine Geschwister darauf ansprechen. Vor allem wie mein Bruder mit Kinderbüchern umgeht in denen diese Worte vorkommen, da meine eine Nichte ja auch unter diese Bekleidung Neger fallen würde.


    Cemetry
    Ich habe einen Bruder und eine Schwester die beide keine Weiße Hautfarbe haben. Von daher ;) Wenn man es aber überkorrekt nimmt (was ich hier im Übrigen auch getan habe ;) ) wäre aber auch das schon eine fixierung auf die Hautfarbe. Deshalb finde ich es schwierig politisch korrekte Veränderungen in einem Buch vor zu nehmen, eben weil sich das ganz schnell ins unermessliche ausweiten kann.


  • Cemetry
    Ich habe einen Bruder und eine Schwester die beide keine Weiße Hautfarbe haben.


    Was genau genommen ja nicht heißen muss, dass sie auch "schwarz" sind... Um mal weiter überkorrekt zu sein... Deswegen hab ich wohl in meinen zwei Kulturwissenschaftskursen (ach, wie hab ich sie gehasst) gelernt, dass man am besten, wenn man's schon sagen muss, "white" und "non-white" sagt... Aber Tári hat da schon recht - das ist irgendwie ein Teufelskreis... Einer der vielen Gründe, warum ich versuche, Menschen nicht auf dieses Merkmal zu beschränken und schon gar nicht mit einem Sammelbegriff anzureden.


    Ich hab schon große Probleme mit meinem Freundeskreis - ich hab viele schwule Freunde. Und es gibt darunter durchaus welche, die nicht als "schwul" bezeichnet werden wollen, weil das Wort ihrer Meinung nach zu negativ konotiert und degradierend ist. So, und was sag ich jetzt? "Homo" ist irgendwie auch nicht besser. Das gleiche gilt allerdings andersrum - wenn ich über jemand heterosexuellen rede und die Notwendigkeit besteht, die sexuelle Orientierung dieser Person mitzuteilen, dann tänzel ich auch gerne mal rum. Vor allem, nachdem mir schon so Sachen wie "Sind da nur Schwule oder auch Normale?" rausgerutscht sind...

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  • Ich bin tendenziell vielleicht ein bisschen zu politisch korrekt. ... Mir ist schon klar, dass das "damals", als Ottfried Preußler seine Bücher geschrieben hat, völlig normal und harmlos war - aber heutzutage eben nicht mehr.

    Gerade durch die so oft übertrieben propagierte politische Korrektheit ist das Wort ja erst so böse geworden, was es vorher nicht war. Wir haben uns das Problem also selber generiert.
    Abgesehen davon ist es als Bezeichnung für dunkelhäutige Menschen ja sowieso zum größten Teil falsch. Denn "negroid" ist eine etwas veraltete wissenschaftliche Bezeichnung für einen Teil der afrikanischen Bevölkerung, die bestimmte Körpermerkmale aufwiesen und dazu gehört nur zum Teil die Hautfarbe.
    Holden hat völlig recht. "Schwarzer" objektiv betrachtet auch ein mehr als blöde Bezeichnung und sicher bald auch nicht mehr politisch korrekt. Aber letztlich ist es eben schwierig eine gute Bezeichnung zu finden.
    Ups. Jetzt habt ihr schon soviel dazu geschrieben! Wie Holden kenne ich auch Leute, die sich durch die Bezeichnung "Schwarzer" beleidigt fühlen. Was ich auch irgendwie nachvollziehen kann. Wer will auch ständig in Schubladen gesteckt werden, nur aufgrund des Aussehens?


    Am schönsten wäre es natürlich, wenn es überhaupt nicht mehr nötig wäre über das Aussehen zu sprechen, aber das liegt wohl nicht in der Natur des Menschen. Man überleg nur, was es für Mythen über Rothaarige etc. gibt. Und das findet jetzt auch niemand diskriminierend, wenn jemand mit seiner Haarfarbe tituliert wird.
    Die Optik ist bei uns eben ein wichtiger Sinn und zunächst einmal ist man beim ersten Eindruck oder eben literarischen Schilderungen auf das Aussehen angewiesen.


    Wobei ich die politische Begründung der Textänderung ja eben noch nachvollziehen kann. Die ist meinen Augen wesentlich vernünftiger und stichhaltiger als das Verständnisargument.
    Keiner möchte doch, dass sich ein Teil der kleinen Leser zurückgesetzt fühlt durch eine solche Bezeichnung. In Rücksicht auf alle Leser finde ich die Änderung also in Ordnung.
    Warum man Schuhe nicht mehr wichsen darf, erschließt sich in diesem Zusammenhang aber keineswegs.
    Und ist es wirklich so politisch unkorrekt, wenn sich Kinder als "Chinesinnen" verkleiden? Wenn ja, warum finden wir dann so viele Massenkostüme in diese Richtung? Dürfen Kinder zukünftig nicht mehr als Indianer zum Fasching, vorallem hier bei uns? Ist das wirklich ernsthaft so schlimm, wenn sich Kinder in Cowboy und Indianer-Fantasien stürzen? Hätte ich zum Fasching auch nicht mein Dirndl anziehen dürfen?
    Oder gilt das, weil ich gebürtige Oberbayerin bin, die es eben nach Berlin verschlagen hat?


    Wo hören wir irgendwann auf in unser Vorsicht auch ja niemanden zu beleidigen? Machen es wir nicht gerade erst durch diese Vorsicht zu einer Beleidigung, weil das heißt, dass wir den anderen ja doch als etwas "anderes" wahrnehmen statt nur als Mensch?


    Dennoch finde ich es gar nicht so schlecht, wenn Kinder gerade durch so eine Wortwahl auf gleich verschiedene Probleme hingewiesen werden. Zunächst einmal darauf, dass man sich sehr überlegen soll wie man einen anderen Menschen bezeichnet und zum anderen, dass sich Sprache eben ändert. Ich fand es als Kind immer sehr spannend (und oft auch lustig), wenn ich auf solche Worte stieß. Wie z.B. das Wort "Dirne" in Rotkäppchen (das fand ich immer zum Schießen!). In den von mir gelesenen Karl May Büchern gab es damals auch schon etliche Fußnoten, wo viele Dinge erklärt wurden. Und gerade bei Karl May findet man schon eher wirklich rassistische Aussprüche. Gerade die Fußnoten haben mich schon als Kind nachdenklich und neugierig gemacht. So habe ich mich damals, wegen eines mir komisch vorkommenden Satzes mal ein ganzes Wochenende mit der Geschichte der Türkei befasst.


    Und wenn man mit Textänderungen anfängt, wo hört es dann auf? Wer soll das noch kontrollieren? Wo hört das auf?
    Und wieso darf man das ungestraft bei Kinderbüchern machen und nicht bei Büchern für Erwachsene? Sind die literarisch weniger wert?


    Für mich bleiben die Fußnoten die beste Lösung des Problems.

  • Cemetry
    Nö^^ um den Begriff meiner Schwester zu nehmen: Sie sind beide mixed :breitgrins:
    Dein Beispiel zeigt das auch nochmal sehr gut, zu Mal schwul heute grade von Teens als Beleidigung benutzt wird.


    Mal sehen ob sich das Ganze bald auch auf andere Kinderbücher ausweitet. Dann wird es sicher eine etwas größere Debatte geben. Irgendwann werden dann in ein paar Bücher Mädchen eingebaut damit diese sich nicht benachteiligt fühlen weil sie nicht mit in der Klasse sitzen... (und umgekehrt wird aus der Hausmutter bei Dolly ein Hausvater) ;)


    Kiala
    :daumen: Das sehe ich genauso.
    Ich denke grade die Problematisierung von Begriffen macht einen Leser mündig und nicht das aussparen und so tun als ob es diese Begriffe nie benutzt worden sind.


  • Mal sehen ob sich das Ganze bald auch auf andere Kinderbücher ausweitet. Dann wird es sicher eine etwas größere Debatte geben. Irgendwann werden dann in ein paar Bücher Mädchen eingebaut damit diese sich nicht benachteiligt fühlen weil sie nicht mit in der Klasse sitzen... (und umgekehrt wird aus der Hausmutter bei Dolly ein Hausvater) ;)

    Ganz genau. Wo soll das enden?
    Wieso soll es mich diskriminieren, wenn in "Schloss Schreckenstein" nur Jungs rumturnen (im wahrsten Sinndes Wortes, wenn ich mich erinnere :rollen:) oder meinen Bruder, weil in "Dolly" nur Mädchen unterrichtet werden. Mich diskriminiert es nicht, aber es würde mich nicht wundern, wenn einige Leute das anders sehen würden und tatsächlich in paar Jahren solche Forderungen auftauchen. Schließlich wird bei Geschlechterdiskriminierung sogar jeweils die Hälfte einer jeden Bevölkerung angesprochen.


    Auch wenn ich nicht mehr die Jüngste bin, so bin ich doch bei weitem nicht so alt als dass ich nicht in gemischter Klasse unterrichtet wurde. Aber wieso ist es problematisch, wenn Kinder lernen, dass es früher mal anders war? Anstatt aber einfach irgendetwas umzuschreiben, kann man es doch zum Anlass nehmen darüber zu reden.
    Ich konnte jedenfalls schon als Kind sehr gut verstehen, dass gewisse Bücher nicht aktuell sind und deswegen einige Dinge anders sind als früher und es auch andere Begriffe gab. Die Kinder heutzutage sind sicher nicht dümmer als ich, als das sie das nicht auch verstehen und unterscheiden könnten.
    Ebenso wie sie verstehen können, dass es mal ganz früher überhaupt kein Telefon gab und das noch vor einigen Jahren nicht jeder ein Handy hatte oder einfach mal so nach Antworten googlen konnte.


    Als Kind fand ich ganz andere Dinge doof, ebenso wie heute. Warum gibt es explizite Mädchen- und Jungen-Bücher? Warum haben mich die Leute komisch angesehen, wenn ich ein "Jungen"-Buch gelesen habe? Ich habe das Gefühl, dass diese Einteilung in den letzte Jahren sogar noch eher verschärft wurde, während man gleichzeitig krampfhaft versucht den Inhalt möglichst korrekt zu gestalten. Aber warum sollten Autos nur Jungs interessieren dürfen und Pferde nur Mädchen? Wieso ist Liebe was für Mädchen, aber nicht für Jungen? Das finde ich persönlich diskriminierender als die krampfhaften Versuche in jedem Kinderbuch politisch korrekte Quoten-Gruppen auftreten zu lassen.
    Aber das führt vom eigentlichen Thema weg.


    Ich persönlich ärgere mich vorallem über das Streichen des "Schuhe wichsens". Das ist in meinen Augen völlig unnötig.


  • Und ist es wirklich so politisch unkorrekt, wenn sich Kinder als "Chinesinnen" verkleiden? Wenn ja, warum finden wir dann so viele Massenkostüme in diese Richtung? Dürfen Kinder zukünftig nicht mehr als Indianer zum Fasching, vorallem hier bei uns? Ist das wirklich ernsthaft so schlimm, wenn sich Kinder in Cowboy und Indianer-Fantasien stürzen? Hätte ich zum Fasching auch nicht mein Dirndl anziehen dürfen?
    Oder gilt das, weil ich gebürtige Oberbayerin bin, die es eben nach Berlin verschlagen hat?


    Genau genommen - ja. Ich würd's nicht als politisch unkorrekt bezeichnen - eher als unsensibel. Ich finde einfach - und ich bin mit dieser Meinung nicht alleine - dass sich das nicht gehört.



    Wo hören wir irgendwann auf in unser Vorsicht auch ja niemanden zu beleidigen? Machen es wir nicht gerade erst durch diese Vorsicht zu einer Beleidigung, weil das heißt, dass wir den anderen ja doch als etwas "anderes" wahrnehmen statt nur als Mensch?


    Meiner Meinung nach haben wir halt nicht darüber zu entscheiden, was die betroffene Person als Beleidigung auffassen darf/sollte und was nicht. Eine Freundin von mir findet es zum Beispiel extrem beleidigend, wenn man ihre Kinder als Mischlinge bezeichnet (sie sagt helle schwarze oder dunkelhäutige deutsche Kinder) - die andere findet alles andere "unnötiges Um-Den-Heißen-Brei-Reden". Und deswegen vermeide ich es zum eiinen, diese Sammelbegriffe zu verwenden - und wenn doch, frage ich nach, welcher okay ist.



    Und wenn man mit Textänderungen anfängt, wo hört es dann auf? Wer soll das noch kontrollieren? Wo hört das auf?
    Und wieso darf man das ungestraft bei Kinderbüchern machen und nicht bei Büchern für Erwachsene? Sind die literarisch weniger wert?


    Nein, die sind nicht weniger wert - ich finde aber auch einfach, dass ein Kinderbuch, das wie die Kleine Hexe relativ früh auch vorgelesen wird, nicht der nötige Rahmen für eine Diskussion über Linguistik, Political Correctness und Rücksichtnahme ist. So etwas MUSS man durchaus mit seinem Kind thematisieren - aber nicht beim Vorlesen, vor allem nicht, wenn's nur in einem Nebensatz erwähnt wurde.



    Mal sehen ob sich das Ganze bald auch auf andere Kinderbücher ausweitet. Dann wird es sicher eine etwas größere Debatte geben. Irgendwann werden dann in ein paar Bücher Mädchen eingebaut damit diese sich nicht benachteiligt fühlen weil sie nicht mit in der Klasse sitzen... (und umgekehrt wird aus der Hausmutter bei Dolly ein Hausvater) ;)


    Wenn man in einem Buch einzelne Worte wie eben "Neger" oder "durchgewichst" ersetzt, verändert man ja nicht die Geschichte an sich. Wenn jetzt aber bei Hanni und Nanni auf dem Mädcheninternat plötzlich Jungs wären, würde das die Sache durchaus ändern! Gendern halte ich auch für unnötig - und ich darf das sagen, ich gehöre zur betroffenen Gruppe... *G*



    Als Kind fand ich ganz andere Dinge doof, ebenso wie heute. Warum gibt es explizite Mädchen- und Jungen-Bücher? Warum haben mich die Leute komisch angesehen, wenn ich ein "Jungen"-Buch gelesen habe? Ich habe das Gefühl, dass diese Einteilung in den letzte Jahren sogar noch eher verschärft wurde, während man gleichzeitig krampfhaft versucht den Inhalt möglichst korrekt zu gestalten. Aber warum sollten Autos nur Jungs interessieren dürfen und Pferde nur Mädchen? Wieso ist Liebe was für Mädchen, aber nicht für Jungen? Das finde ich persönlich diskriminierender als die krampfhaften Versuche in jedem Kinderbuch politisch korrekte Quoten-Gruppen auftreten zu lassen.
    Aber das führt vom eigentlichen Thema weg.


    Stimmt. Einer der vielen Gründe, warum ich versuche, meinen Sohn zumindest halbwegs geschlechtsneutral zu erziehen. Gelingt mir allerdings auch nicht immer...



    Ich persönlich ärgere mich vorallem über das Streichen des "Schuhe wichsens". Das ist in meinen Augen völlig unnötig.


    Es geht nicht ums Schuhe wichsen, sonder darum, dass Kinder "durchgewichst", also vermöbelt werden - und kein Kind heutzutage mehr weiß, was das bedeuten soll. Schuhe wichsen liese sich aus dem Zusammenhang erschließen - aber "durchwichsen" nicht mehr. Vor allem, wenn es der erste Kontakt mit diesem Wort ist. In meiner Naivität geh ich jetzt einfach mal davon aus, dass kein Kind im Kleine-Hexe-Alter die moderne Bedeutung des Wortes kennt...

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    Einmal editiert, zuletzt von Cemetry ()

  • Inuit statt Eskimos


    Ist leider nicht so einfach. Wikipedia meint dazu:


    Die Bezeichnung Eskimo wird als Oberbegriff benutzt, der auch die entfernter verwandten arktischen Volksgruppen der Yupik und der Aleuten umfasst. Inuit ist deshalb kein Ersatz für den Terminus Eskimo und ist auch nicht im Wortschatz aller um den Nordpol lebenden Volksgruppen enthalten.


    Wenn ich meinem Hund in barschem Ton sage: "Liebes Hündchen!", zieht er den Schwanz ein. Wenn ich in ihn ihn höchsten Tönen lobe: "Du Lumpenhund!", kann er sich vor Freude nicht halten. Was ich sagen will: C'est le ton qui fait la musique. Das PC-Gezerr um einzelne Wörter führt zu nix. Es ersetzt den Neger durch den Schwarzen, durch den Farbigen, durch den Anders-Pigmentierten, durch den pigmenttechnisch Herausgeforderten ... Und immer findet sich einer, der das als Schimpfwort benutzen wird, und man muss wieder was Neues, vermeintlich "Neutrales"suchen. Wie heisst Eure Bundesfamilienministerin schon wieder?

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Ist leider nicht so einfach. Wikipedia meint dazu:


    Die Bezeichnung Eskimo wird als Oberbegriff benutzt, der auch die entfernter verwandten arktischen Volksgruppen der Yupik und der Aleuten umfasst. Inuit ist deshalb kein Ersatz für den Terminus Eskimo und ist auch nicht im Wortschatz aller um den Nordpol lebenden Volksgruppen enthalten.


    Ich mein aber nur den Inuit-Stamm. :pueh: :heybaby:
    Gut, wusste ich so nicht. Gott sei Dank ist das kein Wort, dass ich recht häufig verwenden muss...



    Wenn ich meinem Hund in barschem Ton sage: "Liebes Hündchen!", zieht er den Schwanz ein. Wenn ich in ihn ihn höchsten Tönen lobe: "Du Lumpenhund!", kann er sich vor Freude nicht halten. Was ich sagen will: C'est le ton qui fait la musique. Das PC-Gezerr um einzelne Wörter führt zu nix. Es ersetzt den Neger durch den Schwarzen, durch den Farbigen, durch den Anders-Pigmentierten, durch den pigmenttechnisch Herausgeforderten ... Und immer findet sich einer, der das als Schimpfwort benutzen wird, und man muss wieder was Neues, vermeintlich "Neutrales"suchen. Wie heisst Eure Bundesfamilienministerin schon wieder?


    Ähm. Du setzt gerade einen Menschen, der einer Minorität angehört (das betrifft ja mehr als nur Schwarze), mit einem Hund gleich.

    [center]If I could go back in time, wouldn&#39;t change a damn thing in my life. Love the dumb things we do when we&#39;re young, but the best is yet to come...<br />[/center]