William Shakespeare - Der Widerspenstigen Zähmung/The Taming of the Shrew

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  • Die Thematik (und vor allem die Art, wie sie hier behandelt wird) ist halt auch so gar nicht mehr zeitgemäß.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen






  • Dieses Stück hat mir nicht so gut gefallen. Es war streckenweise zu wirr durch die Verkleidungsspielche, deren Zweck ich noch nicht so richtig ergründen konnte. Ich hoffe auf einige erhellende Kommentare von euch. Die plötzliche Verwandlung von Katherine durch den Einfluss eines ihr fremden Mannes ging mir auch zu schnell vonstatten. Mir fehlen die Gründe, warum sie das tat.


    "Erhellende Kommentare" hab ich da wohl leider auch nicht zu bieten, denn das Stück gehört auch nicht zu meinen Lieblingsstücken und ich hab bisher auch noch keine Verfilmung gesehen, die mir die ganze Geschichte glaubhaft verkaufen konnte. Das von Valentine empfohlene Shakespeare Re-Told hab ich allerdings noch nicht gesehen. Mal sehen, ob die Bibliothek das im Angebot hat.


    Ich hab das Stück empfohlen, da in den meisten bisherigen Shakespeareleserunden immer die starken weiblichen Charaktere herausgehoben wurden (Beatrice, Portia, Emilia etc.) und dieses Stück auch im kulturellen Bewusstsein ein wenig in der Versenkung verschwunden ist. Einen wirklichen Reim kann ich mir auf dieses Stück nie machen und deshalb auch ganz gut verstehen, dass es bis vor ca. 20 Jahren so gut wie nicht aufgeführt wurde. Was es mir aber zeigt, ist, dass Shakespeare eben doch ein kommerzieller Schriftsteller war und kein literarisches Genie. Er wollte mit dem Theater Geld verdienen und wie macht man das in einem patriarchalen Gesellschaft besser als mit einem Stück, das die Frauen in ihre Schranken weist. Ich finde, es gibt die Tendenz, aus den Stücken zu schnell auf Shakespeares eigene Weltsicht zu schließen und die starken Kontraste zwischen seinen Femme Fatales und eben Katharina erinnern mich immer wieder daran, dass das doch nicht so einfach sein kann.


    Witzige Anschlusslektüre für irgendwann einmal ist übrigens das Stück The Tamer Tamed von John Fletcher, einem Zeitgenossen und "Mitarbeiter" Shakespeares, der eine Art Fortsetzung geschrieben hat. Dieses Stück zeigt die Ehe zwischen Katharina und Petruchio, wobei Katharina hier wieder zu einer starken Frau wird, die ihren Mann zwar liebt, aber doch ihren eigenen Willen hat. So sperren sich Katharina und ein paar andere Frauen zum Beispiel in einem Turm ein und drohen den Männern mit Sexentzug. Fletcher versteht die Waffen einer Frau. :zwinker:


    Und FunFact: Der Teeniefilm 10 Dinge, die ich an dir hasse basiert übrigens auch auf Taming of the Shrew. :breitgrins:

    "This was another of our fears: that Life wouldn't turn out to be like Literature" (Julian Barnes - The Sense of an Ending)

  • ...normalerweise lese ich die Stücke immer in einem Rutscht durch. Hier muss ich mich wirklich dazu aufraffen.


    Ach, aufraffen musste ich mich nicht. Es gab immer die Erwartungshaltung, dass bald Aufklärung erfolgt, da trieb mich die Neugier schon zum Lesen. Ich glaube, es ist ohnehin kürzer als die meisten Stücke, zumindest kam es mir so vor.


    @ Mrs.Dalloway
    Wir wollten mal etwas anderes von Shakespeare lesen, das hatten wir nun.
    Es ist wirklich, wie du schreibst: Das Thema ist bei den Männern damals bestimmt gut angekommen. Für uns sieht das natürlich ganz anders aus. Einerseits sind Frauen schon zu lange emanzipiert, um so ein Verhalten eines Ehemannes gutheißen zu können, andererseits erwarten wir Erklärungen, wenn es dann doch dazu kommt, dass die Frau plötzlich so vehement unterdrückt wird. So wie sich Katherine am Schluss verhalten hat, würde ich ja schon Gehirnwäsche dahinter vermuten :zwinker:.


    Ein bisschen traurig bin ich schon, dass ich nun ausgerechnet dieses Stück im Theater sehe, aber selbst wenn ich die Karte noch nicht hätte, würde ich mir die Gelegenheit nicht entgehen lassen. Shakespeare gibt es hier nicht so oft. Inzwischen habe ich mir noch eine englische Ausgabe zugelegt, die ich vorher lesen möchte, damit ich bei der Aufführung weningstens annähernd etwas verstehe.


    @ Valentine
    Danke für deinen Tipp. Ich werde auch mal in unserer Bücherei danach stöbern.

  • Im 4. Akt erste Szene:


    Petruchio lässt Katharina hungern und nicht schlafen. Das ist, wenn ich mich nicht irre, eine weit verbreitete Art von Folter. Wenn ich so etwas lese, dann werde ich wirklich sauer. Mir tut die Arme einfach nur noch Leid und so etwas soll eine Komödie sein? Vielleicht traf das ja den damaligen Geschmack der Männer.
    Auch im weiteren Verlauf ändert er nicht seine Art und Weise.
    Auch habe ich nicht verstanden, warum sich der Magister als Vincentino ausgeben soll. Auch das weiterlesen hat nicht wirklich Licht in die Sache gebracht.


  • Auch habe ich nicht verstanden, warum sich der Magister als Vincentino ausgeben soll.


    Diese Frage beschäftigt mich auch noch. In Shakespeare für Dummies ist folgende Erklärung zu finden:


    Zitat

    Bianca hat sich für Lucentio entschieden (für den echten, als Lehrer verkleideten Lucentio). Aber dessen Diener muss sich weiterhin verstellen, um Baptista nicht auf die richtige Spur zu bringen. Der Diener findet einen Reisenden, den er darum bittet, sich als Lucentios Vater auszugeben. Den braucht der falsche Lucentio, um den falschen Vater die Bürgschaft für Biancas Auskommen unterschreiben zu lassen.


    Das ist verständlich. Ich frage mich nur, wo der Autor des Shakespeare-Führers das gelesen hat.

  • So etwas ähnliches habe ich mich in der Schule immer bei Interpretationen gefragt, bei denen ich regelmäßig mit meinem Lehrer aneinandergeraten bin.

  • Ich habe das Stück übrigens beendet und ich war noch entsetzter vom letzten Akt, als sichtbar wird wie Katharinas Wille gebrochen wurde. Ihre Rede, dass die Frau dem Mann untertan sein soll und dass alleine darin ihre Bestimmung liegt, hat mich entsetzt, aber ich lebe anscheinend, um das zu verstehen, in der falschen Zeit.

  • Ihre Rede, dass die Frau dem Mann untertan sein soll und dass alleine darin ihre Bestimmung liegt ...


    Das war nun mal so in diesen Zeiten. Selbst heutzutage gibt es noch Völker mit dieser Einstellung. Mir fällt schwer zu verstehen, warum gerade Katherine sich so unterwirft. Anders kann ich es nicht bezeichnen, denn bevor sie ihren Gatten Petruccio kennen lernte, schien sie eine selbstbewusste Frau zu sein, die zumindest eine Vorstellung hat, was sie will. Dazu gehörte doch nicht das Heimchen am Herd.

  • Das war nun mal so in diesen Zeiten. Selbst heutzutage gibt es noch Völker mit dieser Einstellung. Mir fällt schwer zu verstehen, warum gerade Katherine sich so unterwirft. Anders kann ich es nicht bezeichnen, denn bevor sie ihren Gatten Petruccio kennen lernte, schien sie eine selbstbewusste Frau zu sein, die zumindest eine Vorstellung hat, was sie will. Dazu gehörte doch nicht das Heimchen am Herd.


    Nun ja, ihr wurde auf übelste Art und Weise der Wille gebrochen. Wenn ich da an den Entzug von Nahrung und Schlaf denke, dann kann man das wohl fast schon Folter nennen.

  • Ich habe gerade mal die Kommentare hier gelesen. Es ist mein Lieblingsstück von Shakespeare. Nun ich sehe mir die Stücke immer wieder im Theater an. Dieses wird selten gezeigt, weil es eben heute schwierig ist. Ich habe schon Interpretationen gesehen, wo alle Rollen von Männern gespielt wurden und die wörtlich Das Stück gezeigt haben, wobei aus der Komödie ein Drama wurde. Aber ich habe auch Interpretationen gesehen, wo eine andere Ebene gezeigt wurde (Shakespeare hat immer mehrere Ebenen, denn nicht nur das Volk sah seine Stücke, auch der Adel und ganz besonders die Queen). Es ist ja so, dass Katherine eine kluge Frau ist und sie sieht die Freier ihrer Schwester, die alles durch die Bank weg Laffen sind. Ihre Schwester denkt auch bei Hochzeit nur an das Fest und den Pomp der damit verbunden ist. Katherine mag nicht einem Manne untertan sein, der dümmer ist als sie. Petruccio ist das nicht. Er ist eigentlich ein feinfühliger und netter Mann, der sich wirklich in Katherine verliebt. Am Ende zeigen die beiden, was Liebe mehr vermag als alle Konventionen. So kann man es auch auffassen und so liebe ich es.