Nina George - Das Lavendelzimmer

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  • Meine Meinung:


    Es gibt selten Bücher, bei denen ich nicht sofort einen Zugang finde, es aber eigentlich gut finde. Dieses ist so eines gewesen. Mag sein, dass es nicht der richtige Moment für dieses Buch war, aber da ich das über einen Monat gelesen habe, was für meine Verhältnisse ein sehr langer Zeitraum für ein Buch ist, ist es vielleicht nicht der richtige Lebensabschnitt gewesen.


    Das Lavendelzimmer besticht durch seine wunderbare Erzählweise. Jean, der tragische Held dieser Erzählung, ist gerade an dem Tiefpunkt seines Lebens angelangt, wobei er diesen kontinuierlich seit zwanzig Jahren beibehält und all das weil er sich nicht traut, sich einer Wahrheit zu stellen, die vermeintlich zu wissen vermag. Als Leser begleiten wir ihn, wie er Stück für Stück auf seiner schwimmenden Buchhandlung sich zurück ins Leben begibt. Dabei kommt es zu den verschiedensten spontanen Begegnungen, die jede für sich ganz wunderbar ist und teilweise auch sehr skurill. Durch die verschienenden Begegnungen trifft man als Leser viele verschiedene Menschen, die an unterschiedlichen Punkten in ihrem Leben stehen. Alle vereint, dass sie lebensbejahend und eine schöne melancholische Stimmung verbreiten.


    In ein paar Jahren werde ich das Buch noch einmal lesen, denn aus unerfindlichen Gründen, konnte ich mich nicht ganz darauf einlassen, obwohl ich nicht sagen kann woran es gelegen haben könnte. Denn eigentlich ist es ein Buch, dass in sich eine runde Handlung hat, bei der man nichts verändern möchte.

    Wer Bücher kauft, kauft Wertpapiere! - Erich Kästner<br /><br />SLW 2016 9/30

  • Sorry - ich bin hier ja noch ein Fazit schuldig…


    Es ist jetzt schon ein paar Wochen her, dass ich dieses Buch gelesen habe, und obwohl ich mit fortschreitendem Alter unter zunehmender Biblioamnesie leide und eigentlich sofort nach dem Zuklappen eines Buches vergessen habe, was ich gerade gelesen habe, ist mir dieses Buch noch erstaunlich präsent. Vielleicht liegt es daran, dass ich das Buch in einer Phase gelesen habe, in der ich relativ viel um die Ohren hatte und es mir wirklich geholfen hat, auch mal abzuschalten und an was Schöneres als den Alltag da draußen zu denken. (Jaja, murmelt der Eskapist in mir und nickt zustimmend.)


    Worum geht's im Buch? Für mich in erster Linie um die Frage: Was kann der Verlust einer geliebten Person aus einem Menschen machen? Und was kann der Mensch seiner Trauer über den Verlust folgen lassen? Blickt er rückwärtsgewandt und voller Nostalgie zurück und lebt in der Vergangenheit? Oder lässt er Vergangenes ruhen und schreitet voran, entwickelt sich weiter? Wann ist man bereit, Neues und neue Menschen in sein Leben zu lassen?


    Die Erzählung lässt den Leser teilhaben an der Entwicklung des Buchhändlers Jean Perdu, eines Mannes mittleren Alters, der viele Jahre zuvor von seiner Geliebten verlassen wurde und in seiner Trauer über die verlorene große Liebe emotional erstarrt ist, der die harte Schale, die er im Laufe der Jahre um sich herum aufgebaut hat, erst allmählich und mit Hilfe der Menschen um ihn herum wieder knackt und schließlich sprichwörtlich die Leinen kappt und in eine neue Zukunft schippert.


    Das Buch bietet einige interessante Charaktere: Neben dem Protagonisten, der eine schwimmende Buchhandlung auf einem alten Seine-Fährschiff betreibt, ist da noch Max, ein junger und aufgekratzter Autor, der vom Erfolg seines Debütromans völlig überwältigt wurde und mit dem plötzlichen Ruhm und der Aufmerksamkeit nicht richtig umgehen kann und die erstbeste Chance, dem Trubel zu entfliehen, gerne ergreift. Oder Perdus Vater, ein lebenslustiger Alter, der mir richtig Lust aufs Altwerden macht. Und schließlich Cathérine, Perdus neue Nachbarin, die den Stein erst ins Rollen bzw. das Schiff zum Fahren bringt. :zwinker:


    Das Buch hat mir alle Höhen und Tiefen geboten, sehr schöne, aber auch extrem peinliche Dialoge, wunderbare innere Monologe, aber auch Gedankengänge, bei denen ich hätte schreien können.


    Was hat mich also an diesem Buch so begeistert? In erster Linie einige wirklich interessante und schöne Gedanken über Liebeskummer, Verlust und Trauer, insbesondere gegen Ende des Buches. Darüber hinaus zahlreiche entspannte und teils auch wirklich humorvolle Dialoge über die Liebe, das Leben und das Lesen. Ich weiß nun auch, was heimliche Tango-Milongas sind, auf denen einander zuvor unbekannte Menschen engumschlungen Tango tanzen. Und vor allem lässt die Schilderung von Jean Perdus Bücherschiff natürlich das Herz eines jeden Bücherfreunds hüpfen. :smile:


    Ich hatte auch so manches Mal Tränen vor Rührung in den Augen. Zum Beispiel,



    *Schluchz* Hätte ich gar nicht gedacht, dass mir mal eine Liebesschmonzette einen Kloß im Hals verschaffen könnte.


    Allerdings haben mich gelegentlich einige Dinge beim Lesen stutzen lassen, so z.B.:

    Zitat

    »Kästner war ein Grund, warum ich mein Bücherschiff Literarische Apotheke nannte«, sagte Perdu.


    Darüber hinaus ein Freund von Goethe, Schiller und Ringelnatz? Ein französischer Buchhändler? Gut - das Buch ist von einer deutschen Autorin für deutsche Leser geschrieben, die wahrscheinlich eher Goethe, Kästner und Hesse gelesen haben als Voltaire, Balzac und Camus, da ist eben der Wiedererkennungswert höher.


    Und abgesehen von der vor einigen Wochen schon geschilderten Liebesszene, die für mich etwas too much war, gehen leider auch einige der (zu) zahlreichen Metaphern daneben. Da wurde die geliebte Frau nicht nur geküsst, meinetwegen auch leidenschaftlich, nein, da war es "eine solche Freude, sie endlich zu essen, zu trinken, zu spüren, zu liebkosen …"


    Die Schilderung der Fahrt über die französischen Flüsse hingegen war zwar sehr anschaulich und hat in mir als Frankreich-Anhänger so manche sentimentale Erinnerung wachgerufen, aber sie stand für mich nicht im Vordergrund der Erzählung, und auch das Kulinarische sowie die Rezepte im Anhang waren für mich als Kochlaien eher schmückendes Beiwerk. Für mich war die Entwicklung des Protagonisten, Jean Perdus, viel interessanter mitzuverfolgen.


    Die simple, aber doch immer wieder wahre Botschaft: Das Leben geht - bei aller Nostalgie und Trauer - weiter. Es bringt nichts, stehenzubleiben und zurückzublicken, an alten Erinnerungen festzuhalten. Da draußen wartet eine Welt, die entdeckt werden will. Und jetzt höre ich mich schon an wie einer dieser Ratgeberschreiber, die meinen, das Patentrezept für ein glückliches Leben gefunden zu haben. Deshalb höre ich an dieser Stelle auf. :breitgrins:


    Also: Wer keine Lust auf allzu dramatische und anstrengende Belletristik hat und ein paar Streicheleinheiten für die Seele gebrauchen kann, ist mit dem "Lavendelzimmer" gut bedient. Bis auf ein paar Schwächen eine unterhaltsame Lektüre.


    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

  • Hier kommt mein Verriss. Sorry, es tut mir sehr leid. Alle, denen das Buch gefallen hat, sollten jetzt besser nicht weiterlesen!!! Ich möchte bestimmt niemandem auf die Füße treten, aber ich mag mit meiner Meinung nicht hinter dem Berg halten. Nachdem so viele Leute dieses Buch so in den Himmel gelobt haben, war ich ziemlich enttäuscht.


    Ich glaube, ich habe seit Nachtzug nach Lissabon keinen solchen Schmarren mehr gelesen. Angeblich geht es ja hier um tiefe Gefühle, aber auf mich wirkt die übertrieben-bemühte Überemotionalität des Buches völlig unecht. Ein Satz ist schwülstiger als der andere, fortwährend werden Gemeinplätze und Klischees aufgezählt, dieses ewige "Männer sind so und Frauen so, Männer wollen dies und Frauen jenes" ging mir schon bald auf den Nerv. Woher weiß die Autorin so genau, was Männer und Frauen wollen, wie sie sind? Wie kommt sie dazu, derart plakativ zu verallgemeinern?


    Der Text strotzt nur so von überflüssigen unpassenden Adjektiven, von Vergleichen und Metaphern, die wohl originell sein sollen, für mich aber meistens hinkten. Das ging schon auf der ersten Seite los, als eine Frau zu Jean Perdu sagt:
    S. 11 "Sie sind der Kaschmir unter den Stoffen, aus denen Männer gestrickt sind."
    (Stoffe sind meistens gewebt und aus ihnen kann man eher etwas nähen als stricken - redet man vom Stricken, sollte man besser von Wolle sprechen).


    Und spätestens auf S. 41 habe ich mich gefragt, ob ich vielleicht eine Parodie lese und es nur noch nicht gemerkt habe. Hier versucht Perdu durch Textvergleiche herauszufinden, wer hinter einem Pseudonym steckt:
    "Perdu hatte es auf elf mögliche Namen gebracht: sieben Frauen, fünf Männer." :confused::ohnmacht:


    Mehrmals wird dem Leser klargemacht, dass Leute, die ihren Kopf zum Denken benutzen, ja wohl keinesfalls irgendwas empfinden können:


    S. 45 "Sie lebte in der Mathematik, einer Kulturtechnik, die Irrationalität und Einschätzungen verdrängte. Sie verbot sich, intuitiv zu urteilen und das Unmögliche für möglich zu halten.
    Aber das war nur der eine Teil, den Perdu erlauschte und sich merkte: Das, was die Seele unglücklich machte. Dann gab es noch den zweiten Teil: Das was die Seele glücklich machte..."

    (ok, schaut man das obige Zitat von S. 41 an, muss die Autorin wohl eine sehr glückliche Seele haben).


    S. 106 "...Eine von den St.-Germain-Intellektuellen, die alles im Kopf, aber nichts im Gefühl haben..."


    S. 166 "Er war anders als die Männer des Nordens, der Picardie, Normandie oder Lothringens, die an kolossaler Unfruchtbarkeit der Seele leiden. Was viele Frauen in Paris allerdings erotisch finden; als ob es eine sexuelle Herausforderung sei, einen Mann zu einem klitzekleinen Gefühl zu bringen!"

    Schon klar! Böse Logiker, die ihren Kopf benutzen, können ja gar keine Gefühle haben. Frauen, die sich mit Mathematik befassen, sind sowieso unglücklich und keine richtigen Frauen. Und Männer empfinden eh nichts... :rollen: Wenn jemand anders mit seinen Gefühlen umgeht, als es der Autorin recht ist, oder Gefühle nicht so offen zeigt, wird gleich unterstellt, er/sie hätte keine. Richtige Gefühle sind es offenbar sowieso nur dann, wenn es a) romantische Verliebtheit ist und b) sie denjenigen dazu treiben, jede beliebige Dummheit zu machen. :rollen:


    Auf diese Klischees reagiere ich mittlerweile sehr allergisch. Ganze Völker werden hier kollektiv abgeurteilt, damit es der Autorin auch ja ins Bild passt. Als Mann aus der Picardie, Normandie oder Lothringen wäre ich höchst beleidigt, pauschal "Unfruchtbarkeit der Seele" unterstellt zu bekommen.


    Manons Verhalten konnte ich kaum nachvollziehen, und Perdus Verhalten, für das ich anfangs noch Verständnis hegte:


    wird für mich spätestens dann unverständlich, als


    Ich habe mich beim Lesen mehr und mehr geärgert und ab der Stelle, als diese Frau ins Wasser springt,


    reichte es mir dann und ich habe den Rest des Buches nur noch überflogen, bis auf die letzten Seiten, die ich dann wieder etwas aufmerksamer gelesen habe.


    Die von MacOss im Beitrag über mir verspoilerte Sache fand ich denn auch reichlich unglaubwürdig. Die Absicht des Buches, eine Schilderung der Verarbeitung einer Verlusterfahrung zu sein, die MacOss so schön herausgearbeitet hat (danke!), wurde für mich leider von all den Ärgerlichkeiten fast völlig verdeckt. Irgendwann war ich beim Lesen vor lauter Ärger so gegen das Buch eingenommen, dass ich die schönen Szenen möglicherweise gar nicht mehr würdigen konnte.


    Das einzige, was mir gefiel, war die literarische Apotheke, in der es für jedes Problem das passende Buch gibt. Nicht ganz realistisch, denn jeder liest anders, aber schön! :smile: Auch die Idee der Schiffsreise quer durch Frankreich, quasi als Reise zurück ins Leben, hat mir eigentlich gefallen. Eine Leseratte gibt es dafür. Ansonsten kann ich wohl nur feststellen, dass dieses Buch nicht für mich geschrieben wurde.



    1ratten

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.

  • Meine Meinung
    Ich schließe mich kaluma an: das Buch wurde nicht für mich geschrieben. Trotzdem bewerte ich es ein wenig besser. Ich fand es schön, eine Liebesgeschichte aus der Sicht des Mannes zu lesen, das kommt nicht oft vor. Allerdings hat sich dieser Mann in der Vergangenheit ziemlich ungeschickt angestellt und wiederholt seinen Fehler in der Gegenwart dann noch. Die Reisen durch Frankreich haben mir gut gefallen, genauso wie die Art, wie er seine kleine Buchhandlung betrieben hat. Aber die Geschichte selbst fand ich nicht stimmig, deshalb hinterlässt Das Lavendelzimmer nur einen durchwachsenen Eindruck bei mir.
    2ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Ich hab heute mit dem Hörbuch angefangen und bin jetzt schon in dessen Bann. Obwohl ich heute nicht so fit bin freue ich mich auf meinen Spätdienst, denn dann kann ich weiterhören

    :biene:liest :lesen: und hört

    07/60

    2116 /25.525 Seiten


  • Die Grundidee hat mich gleich verzaubert - ein sanfter Buchhändler, der seinen Kunden in die Seele schaut und das passende Buch für jeden raussucht. Angesiedelt ist die Buchhandlung auf einem umgebauten Lastkahn, der viele Jahre in Paris vor Anker liegt. Welcher Buchfan würde hier nicht ins schwärmen kommen?


    Doch unser sanfter Buchhändler hat ein gebrochenes Herz. Seit 20 Jahren hat er das Zimmer nicht mehr betreten, in welchem er viele schöne Stunden mit seiner Geliebten Manon verbracht hat. Erst als er nach all diesen Jahren einen Brief von Manon liest, macht er sich auf die Reise, um endlich mit seiner Vergangenheit abzuschließen, bevor er wieder in die Zukunft schauen kann.


    Für mich war es über weite Strecken ein Roadtrip der besonderen Art, alleine schon weil Jean und sein Begleiter Max auf dem Bücherschiff gereist sind. Sie treffen unterwegs interessante Menschen und philosophieren dabei über die Liebe und das Leben.


    2/3 des Buches fand ich sehr schön und unterhaltsam zu lesen, auch wenn ich bei aller Romantik nicht immer alles nachvollziehen konnte. Doch irgendwann wurde es mir zu schwafelig und ich habe die Seiten nur noch überflogen, bis wieder etwas Handlung ins Spiel kam.


    Insgesamt habe ich diese gefühlvolle Geschichte sehr gerne gelesen.


    4ratten

  • Jean Perdu ist um die 50 und verkauft auf seinem Bücherboot Lektüre an Pariser Einheimische wie auch an Touristen. Das mag auf Außenstehende ziemlich romantisch wirken, doch Jeans Leben ist alles andere als das. Zwar gilt seine Leidenschaft der Literatur, und er hat eine besondere Gabe, seiner Kundschaft genau die Bücher zu empfehlen, die sie zu diesem Zeitpunkt in ihrem Leben brauchen, doch sich selbst kann er nicht helfen, endlich über den Verlust seiner großen Liebe vor über 20 Jahren hinwegzukommen. Seine Wohnung ist spartanisch eingerichtet, nachdem er vor Kummer das Mobiliar zertrümmert und vieles andere weggeworfen hat, abgesehen von einem Zimmer, in dem er alles weggesperrt hat, was ihn an Manon erinnert. Und auch in seinem Kopf hat er Manon weggeschlossen, will um jeden Preis vermeiden, alte Wunden wieder aufzureißen, und versagt sich gerade dadurch jegliche Chance, mit der Vergangenheit abzuschließen und endlich wieder nach vorne zu blicken.


    Als in seinem Mietshaus Catherine einzieht, kommt es zu einer Annäherung zwischen den beiden, doch bevor sich etwas Tiefergehendes entwickeln kann, öffnet Jean den letzten Brief, den Manon ihm damals geschrieben hat. Was darin steht, wirft ihn völlig aus der Bahn, und er macht spontan die Leinen los und fährt mit seinem Bücherschiff davon, mit kaum mehr an Bord als seinen Büchern, seinen Katzen und einem Jungschriftsteller in der Schaffenskrise. Diese Reise in den Süden Frankreichs führt ihn nicht nur auf Manons Spuren, sondern zwingt ihn schließlich auch, sich endlich "seinen" Themen zu stellen und nicht immer nur zu verdrängen.


    Die Geschichte eines Ausbruchs aus einer unglücklichen Lebensrealität und der darauffolgenden Selbstfindungsphase hat Nina George schon in ihrem Erstling "Die Mondspielerin" erzählt. Jean Perdus Probleme sind zwar anders gelagert als die der anderen Protagonistin, aber der Verlauf der Handlung ähnelt sich durchaus. Sympathisch-schrullige Weggefährten, eine schöne Gegend, kulinarische Genüsse und viel Frankreich-Flair spielen in beiden Büchern eine wichtige Rolle, nur dass hier die Wasserstraßen zwischen Paris und Südfrankreich und schließlich die Provence im Mittelpunkt stehen.


    An diesen Parallelen lag es jedoch nicht, dass mir Georges erstes Buch besser gefiel. Hier fand ich vieles ein wenig aufgesetzt: die aufkeimende Liebelei zwischen Jean und seiner Nachbarin ging mir zu schnell, die meisten Nebenfiguren waren mir ein bisschen zu verschroben-putzig (insbesondere die Lebensweisheiten versprühende Alleskönnerin), und es fügte sich oft alles ein wenig zu gut, etwa wenn Jean und sein Mitreisender es tagelang schaffen, sich ohne Bargeld oder Kreditkarten durchzuschlagen. Die Auszüge aus Manons Tagebüchern, die zwischendurch eingestreut werden, waren ziemlich schwülstig, und die ganze Auflösung ihres plötzlichen Rückzugs aus Jeans Leben war zwar schon berührend, aber auch ganz schön kitschig.


    Ein Buch, in dem mir die Atmosphäre wesentlich besser gefallen hat als die Handlung. Schön ist allerdings, dass sehr viel Liebe zum Lesen und zur Literatur aus den Zeilen spricht. Am Ende des Buches finden sich dann auch einige Tips aus Jeans "Literaturapotheke" für alle möglichen Lebenslagen sowie verschiedene Kochrezepte aus der provenzalischen Küche, eine wirklich schöne Abrundung des Romans, in dem sowohl gute Bücher als auch französisches Savoir-vivre eine wichtige Rolle spielen.


    3ratten

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen